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[Anruf] Ecki! rief sie. Schling nicht so, der Krieg ist vorbei! Wenn ich dich fressen sehe, kann ich mir vorstellen, wie du im Bett bist, Mann! (Ralf Rothmann: Stier, S.250)

[Selten] Heutzutage kann man Menschen, die sich kaum Gedanken über sich selbst machen, nicht genug schätzen, weil sie außergewöhnlich selten sind. Mein Freund aber vergaß fast, daß er überhaupt existierte. (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 6)

[Einkauf] Birga kaufte viel in diesem Geschäft; nicht wahllos, nicht im Vertrauen darauf, daß das, was Cecile führte, immer auf der Höhe des Geschmacks sein, nein, sie hatte einen ganz eigenen, weiträumigen Sinn, der Gegenstände der verschiedensten Herkunft zueinander brachte, daß sie nachher in der Wohnung zusammen einen tiefen ergaben, der reich an dunklen Echos war. (Martin Walser: Ehen in Philippsburg, S. 151)

[Vorstellung] Vor allem konnte ich mich damals nicht von den Vorstellungen von Helenas eigenartiger körperlicher Unfestigkeit und Weichheit freimachen, die nicht nur charakteristisch war für ihr Alter und die Tatsache, daß sie Mutter war, sondern vor allem für eine Art psychischer oder erotischer Wehrlosigkeit (die sie erfolglos hinter ihren selbstbewußten Redensarten zu verstecken suchte), für ihr erotisches "Ausgeliefertsein". (Milan Kundera: Der Scherz, S. 203)

[Bedürfnisse] Er brauchte den Stachel vielköpfiger Gesellschaft. Er brauchte Zuhörer. (Martin Walser: Ehen in Philippsburg, S. 150)

[Trotz] Am folgenden Tag (etwa eine Woche, ehe er nach Spanien reisen mußte) hatte er aus reinem Trotz eine Stunde im Britischen Museum verbracht und mürrisch die Mumien angestarrt. (John Metcalfe: Mr. Meldrums Manie)

[Strafen] Schon heute kann man füglich sagen, ist die Maschine ein würdiger Zwilling des weiland goldenen Kalbes geworden, denn wer sein Kind zu Tode quält, bekommt höchstens 14 Tage Arrest, wer aber irgendeine alte Straßenwalze beschädigt, muß drei Jahre ins Loch. (Joachim Kalka (Hrsg.): Die argen Bücher. Geschichten für vorwitzige Leser, S. 160)

[Abbau] Die Bestandteile von Mr. Meldrums Humor hatten sich schon vor längerer Zeit aufs katastrophalste zersetzt. (Joachim Kalka (Hrsg.): Die argen Bücher. Geschichten für vorwitzige Leser, S. 179)

[Einkauf] Wenn er einmal einkaufen ging, dann tat er es allein und auf keinen Fall in weiblicher Begleitung. Das hypnotisierter Hinstarren der Frauen auf ausgelegte Modeartikel, ihr abschätzender Blick auf die Preistafel, das konzentrierte und gleichzeitig zerstreute Auge, mit dem sie die Schaufenster großer Geschäftshäuser überfliegen, reizten seine Wut und seine Spottlust. (Carl Zuckmayer: Erzählungen, S. 87)

[Hauptsache] Nur eine andere alte Frau war da, eine sentimentale Alte, eine von der undulierten Sorte, die herumspringen und immer sagen: das Wichtigste ist, daß man im Herzen jung bleibt. (Herbert Rosendorfer: Das Messingherz, S. 512)

[Schon zufrieden] Wer aber die Tugend, die nur dem Mangel an Gelegenheit ihre Existenz verdankt, schmähen will, dem muß gesagt werden, daß es auf der Erde schon genug ist, wenn überhaupt Sünde unterbleibt, nach dem Gründen soll man da gar nicht mehr lange fragen. (Martin Walser: Ehen in Philippsburg, S. 52)

[Phase] "Auch ich war ein Linker-", warf Kessel ein. "Jeder war irgendwann im Leben einmal ein Linker." "Sie meinen: so wie man Mumps gehabt hat?" (Herbert Rosendorfer: Das Messingherz, S. 378)

[Weg] Ich bin verrenkt auf die Welt gekommen, wollte gerade werden und habe mich noch mehr verrenkt. (Ivan S. Turgenev: Neuland)

[In Herzen] "Was sagten Sie, Fräulein, was Sie gerne trinken möchten?" "Wodka, Whiskey, was immer Sie mir anbieten, vielleicht Gift." Mit Eis?" "Kein Eis. Das Eis habe ich im Herzen." (Isaac Bashevis Singer: Ein Tag des Glücks. Geschichten von der Liebe, S. 308)

[Wo Liebe ist] Ich kann verstehen, daß Sie sich darüber wundern, was sie in mir gesehen haben mag. Aber Sie kennen die Antwort: Liebe spielt sich zwischen Seelen ab, nicht zwischen Körpern. (Isaac Bashevis Singer: Ein Tag des Glücks. Geschichten von der Liebe, S. 242)

[Bevorzugung] "Wenn schon Wagner, dann gleich den Parsifal. Tristan ist mir zu wenig Kasteiung." (Herbert Rosendorfer: Das Messingherz, S. 186)

[Wennschon, dennschon] Wenn man schon auf der Welt sein müsse, gefragt habe einen ja keiner, könne man auch versuchen, etwas zustande zu bringen. (Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt)

[Farben] Das Auto war ein Ford von einer Farbe, für die violett schon fast nicht mehr der richtige Ausdruck war. Die Flacons verwerflicher Parfums, papierene Tragtaschen teurer Souvenirläden und seidene Unterhöschen exklusiver und etwas altmodischer Dirnen haben gelegentlich so eine Farbe, einen Farbton, weit entfernt von dem edlen Violett seltener Ordensbänder oder monsignorischer Schärpen, schon eher in der Nähe dessen, was als höllisch zu betrachten ist. (Herbert Rosendorfer: Das Messingherz, S. 37)

[Atmossphäre] Unbeschäftigt saß ich also da und begann schon jener trägen Passivität zu verfallen, die narkotisch jedem wirklichen Wiener Kaffeehaus unsichtbar entströmt. (Stefan Zweig: Buchmendel. Erzählungen, S. 197)

[Entdeckung] Hinters Licht geführt von allen Liebesgeschichten der Welt, entdeckte er plötzlich in jedem Frauengesicht eine milde, mehr oder weniger übermalte Mütterlichkeit - oder doch die leise Bereitschaft dazu. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 84)

[Deutlich] Die Kellnerin stellte einen Aschenbecher vor ihn hin mit einem lauten Bittesehr, das ihm wie der Befehl zu einem Dankesehr klang. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 82)

[In Florenz] Sie verbrachten noch ein paar Stunden in Florenz, ehe sie zurück nach Deutschland fuhren. Wie gewöhnlich war die Stadt voll von Touristen, die einander ausdrücklich übersahen, linkisch wie Bordellbesucher. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 61)

[Leiden] Natürlich ahnte er, daß er sich zu wichtig nahm, daß er sich überfrachtete mit sich selbst, daß er endlich einmal absehen müßte von seiner Person, um sie wieder wahrzunehmen. (Er war ja noch narzistisch in der Selbstzerfleischung, klagte sich nur an, um sich freizusprechen, stülpte seinen Charakterdreck hervor, unerbittlich penibel, um ihn gleich wieder unter den Teppich zu kehren. Er fand sich schlimm, im Grunde unmöglich, nur damit er sich im nächsten Augenblick trösten konnte: so schlimm war er nun auch wieder nicht.) (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 38)

[Richtig leben] Wer hatte geschrieben, daß es kein richtiges Leben im falschen gibt? Jedenfalls übersah er, daß so einen Satz nur schreiben kann, wer "richtig" lebt. - Manchmal fehlte ihm nichts zu seinem Glück als jemand, dem er dafür danken könnte. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 54)

[Freunde] Als sie einmal staunend bemerkte, daß er außer Lauter keine Freunde hatte, sah er einen geisterhaften Moment lang, wie sie einen Fuß zwischen seine Tür schob. Daß ein Mensch Freunde braucht: sie hielt es ihm vor wie eine schnell erlernte psychohygienische Grundregel, was ihn gleich feindselig stimmte. Freunde zu haben, war ihr offenbar der Beweis für irgendwas, für Umgänglichkeit womöglich (kein Wort für ihn, ein Würgemal).

[Taten] Laß uns was Normales machen und ein bißchen spinnen. Er kniete nieder vor ihrem belustigten Blick und löste ihre Strumpfhalter mit den Zähnen. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 38)

[Eifer] Ihre Wangen glühten, sie zeigte den Eifer eines Kindes, das noch nicht ins Bett wollte. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 30)

[Wortspiele] (...) Sauna (...), die, wie ich mich gut erinnere, meiner Umgebung auch als eine verdächtige und moralisch anrüchige Anstalt galt, vielleicht auch schon wegen des Namens, in dem ganz unübersehbar das Wort "Sau" enthalten war. Bei dieser volksetymologischen Ansicht spielte somit das Omen, der Fingerzeit, der im Namen lag, eine Rolle. Die Lateiner sprachen bei einer derartigen Beweisführung vom "argumentum ex nomine"... Sauna gleich Schweinerei. Dort also suhlten sich die Leute, fühlten sich wohl "wie tausend Säue". (Alois Brandstetter: Über den grünen Klee der Kindheit, S. 138f.)

[Meinung] Lesen und Studieren führten nach der Ansicht meines Vaters nahezu zwangsläufig in den Wahnsinn. (Alois Brandstetter: Über den grünen Klee der Kindheit, S. 96)

[Vergleiche] Im Gasthaus wurde vor allem Bier getrunken. Bier bedeutete die Abwechslung zum Haustrunk Most, Wein war den meisten zu teuer. hatte aber einer einen besonders guten Most, dann war das Beste, was man von diesem Most als Lob sagen konnte: Wie ein Wein! Und von der Farbe: Wie Öl! Der Vergleich mit dem Wein adelte also den Most. (Alois Brandstetter: Über den grünen Klee der Kindheit, S. 52)

[Wirkungen] Schmähungen von einer wirklich archaischen Beleidigungskraft fanden statt. (Alois Brandstetter: Über den grünen Klee der Kindheit, S. 16)

[Aussehen] Er trug zu jeder Jahreszeit einen langen, schwarzen Kaiserrock von so fleckig und brüchigem Aussehen, als wäre er schon geraume Zeit als Kleidungsstück einer honorablen Leiche im Grabe gelegen und dann wieder durch einen Altkleider-Tandler in den Handel gebracht worden. (Franz Werfel: Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig und andere Erzählungen, S. 44)

[Hulda] Hulda war in Friesack zur Pflege einer alten Erbtante, die sich übrigens, wie gewöhnlich in solchen Fällen, um viel langlebiger erwies, als Niemeyers angenommen hatten. Hulda schrieb aber trotzdem immer zufriedene Briefe, nicht weil sie wirklich zufrieden war (im Gegenteil), sondern weil sie den Verdacht nicht aufkommen lassen wollte, daß es einem so ausgezeichneten Wesen anders als sehr gut ergehen könne. (Theodor Fontane, Effie Briest, S. 200)

[Wendig] So rücksichtslos er im Punkte chevaleresker Liebesabenteuer war, so sehr war er auch wieder guter Kamerad. Natürlich, alles ganz oberflächlich. Einem Freunde helfen und fünf Minuten später ihn betrügen waren Dinge, die sich mit seinem Ehrbegriffe sehr wohl vertrugen. Er tat das eine und das andere mit unglaublicher Bonhomie. (Theodor Fontane, Effie Briest, S. 124f.)

[Opfer] Seine letzte Lohntüte hatte er vor einem Monat bekommen, und seither hatte er sein Budget drastisch kürzen müssen, was so weit ging, daß er einmal die Woche abends zu Hause blieb, was für einen einsamen wie ihn, der die Anonymität in irgendwelchen vollen Pubs gewohnt war, ein erhebliches Opfer bedeutete. (Michael Curtin: Der Club der Weihnachtshasser, S. 90)

[Ehe] "Wie ich schon sagte, heirate wieder." Merkwürdig, dies aus Malcolm Mund zu hören. Schwule Männer waren so tolerant gegenüber dieser Institution, wünschten sie jedem außer sich selbst. (Michael Curtin: Der Club der Weihnachtshasser, S. 128)

[Wörter] Ich schlage mir mit dem Hammer auf den Daumen: Scheiße. Was für eine Lust. Wer hat denn die Zeit, zuerst nach dem richtigen Wort zu suchen. (Michael Curtin: Der Club der Weihnachtshasser, S. 62)

[Personen] Mrs. Herne Bays Mutter lebte einen Steinwurf - einen Glas-mit-selbstgemachter-Marmelade-Wurf - von ihr entfernt und sammelt Gasmasken aus den Weltkriegen. (Michael Curtin: Der Club der Weihnachtshasser, S. 62)

[Abbitte] "O, wie gern kniee ich mit umgehängtem Esel auf Erbsen, Vater Pfister!" (Wilhelm Raabe: Pfisters Mühle, S. 180)

[Anzeichen] Der leichte Dunst auf der sonnigen Ferne deutete tausendmal eher auf einen neuen Frühling als auf den nahen Winter hin. (Wilhelm Raabe: Pfisters Mühle, S. 178)

[Natur] Mit der Natur steht die Landjugend auf viel zu gutem Fuße, um sich viel aus ihr zu machen und sie als etwas anderes denn als ein Selbstverständliches zu nehmen; aber die Stadt - ja die Stadt, das ist etwas! Das ist ein Entgegenstehendes, welches auf die eine oder andere Weise überwunden werden muß und nie von seiner Geltung für das junge Gemüt etwas aufgibt. (Wilhelm Raabe: Pfisters Mühle, S. 13)

[Vorzüge] Es geschah an einem der wunderbaren Tage, die dem Anbruch der Weihnachtsferien mit angehaltenem Atem vorangingen, und die ich damals den schulfreien Zeiten ebenso vorzog, wie ich heute den Tag meiner Abfahrt einer langen Reise vorziehe. (Joseph Roth: Die zweite Liebe. Geschichten und Gestalten, S. 89)

[Befürchtung] Und mich kränkte der Rückfall der Männer, die das Äußerste gesehen hatten, in die billige Wehmut jenes Stanniols und Lamettas, das seit hundert Jahren das Geburtsfest des Heilands in ein bürgerliches verwandelt. Ich zitterte schon, um die Wahrheit zu sagen, vor dem heiligen Abend selbst, das heißt: vor seinen Begleiterscheinungen. (Joseph Roth: Die zweite Liebe. Geschichten und Gestalten, S. 101)

[Vergleich] Ein ungemütliches Schweigen entstand, bis Fräulein von Dussa wieder den Kopf erhob, nachdenklich zum Fenster hinaussah, wie sie stets tat, wenn sie etwas Geistreiches bemerken wollte und sagte: "In dieser Baronin Dachhausen ist etwas, das ich nie ganz verstehen kann. Ich will nicht sagen, daß sie ein Buch in fremder Sprache für mich ist, sie ist eher ein Buch, das aus einer fremden Sprache in meine Sprache übersetzt worden ist und in dem doch ein Rest von Unverständlichkeit zurückblieb." (Eduard von Keyserling: Abendliche Häuser, S. 99)

[Vorwurf] "Ihr wollt alle klar wie Kristall sein, eine jede hält sich für den berühmten tiefen See, dessen Wasser so klar ist, daß man bis auf seinen Grund sieht. Dabei weiß man von euch gar nichts. Übrigens ist das eine dumme Männergewohnheit, alles zu Ende denken zu wollen." (Eduard von Keyserling: Abendliche Häuser, S. 102)

[Frage] "Hast du lange gewartet, Franz?" Immer fragt man so idiotisch, wenn man genau weiß, daß man jemand lange warten ließ. Mein Kopf ist wirr, ich habe Angst und weiß noch nicht wovor. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 146)

[Strategie] Was sagte Heini mal? "Weiberfleisch und geschlachtetes Fleisch muß geschickt beleuchtet werden. Günstige Beleuchtung ist das oberste Geschäftsgesetz für Schlachterläden und Nachtlokale." (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 131)

[Flüssig] Sie haben mir vorhin zwanzig Mark gegeben, Manderscheid, ich kann Sie also noch zu einem Glas Bier einladen. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 117)

[Haremsfrauen] Früher hatte es dem Algin gefallen, daß die Liska die Natur einer Haremsfrau hat. Er hatte einen Haß auf Frauen, die arbeiteten, ohne es nötig zu haben. Denn fast alle hätten die Natur von Haremsfrauen, ohne es um Gottes willen zuzugeben. Sie lebten geistig und arbeitsam ihrer Natur zuwider, bekämen dadurch einen gereizten, unangenehmen Charakter - und um mal normal, ihrer Neigung entsprechend leben zu können, flüchteten sie in die Krankheit. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 105)

[Erwartung erfüllend] Heini sagt, Frauen sollen Krankenschwestern sein, nur Krankenschwestern haben Reiz für ihn. Sofort wird Liska krankenschwesternartig und sieht alle Menschen mit so sanftem traurigem Mitleid an, als müßten sie bald an einer gräßlichen Krankheit sterben. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 103)

[Einfach leben] Er lebt eben, was gibt's da zu sagen? Wenn man sich in Leben auflöst, hat man keine Worte. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 56)

[Rückstände] Denn es ist ja fast immer so im Leben: wenn man einem Menschen Beschwerlichkeiten machte, bleibt was Dunkles und Fieses an einem kleben, ganz egal, ob man Schuld hatte oder nicht. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 27)

[Vergleich] Feine Leute wollen ja auch immer bei was Feinem dabeigewesen sein - so bei Pressebällen und neuen Theaterstücken. Aber weil sie dafür viel Geld zahlen müssen, ist das Gedränge da meistens nicht so gefährlich wie bei den furchtbar vielen Volksmassen, die ja kein Geld haben und immer nur hinkönnen, wo es nichts kostet. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 26)

[Fantasie] Am Nachmittag und am Abend bis lang in die Nacht war Musik aus dem Inneren zu hören, und wir brauchten nicht mehr als die Phantasie von Schwerenötern, um uns vorzustellen, wovon wir ausgeschlossen waren. (Norbert Gstrein: Der Kommerzialrat, S. 14)

[Enttäuscht] Die Gerti wollte noch einen Vermouth trinken. Ganz tot und ausgelöscht sah sie auf einmal aus. Wie eben eine Frau aussieht, wenn sie gewartet hat mit aller Kraft und Sehnsucht, und es war umsonst. (Irmgard Keun: Nach Mitternacht, S. 24)

[Gezeichnet] Mein Gott! dachte ich sofort. Den haben die Spirochäten erwischt! Er hatte den trägen, wackligen Gang, den schlenkernden, stelzenden Schritt eines Mannes mit lokomotorischer Ataxie.Bei jedem Schritt hob er das Knie vor sich hoch in die Luft und setzte dann den Fuß heftig wieder auf den Boden, als wolle er ein gefährliches Insekt zertreten. (Roald Dahl: Kuschelmuschel, S. 33)

[Vergleich] Er ging schwerfällig zum vorderen Ende des Autos und sah dabei ungefähr so aus wie ein betrunkener SA- Mann, der im Zeitlupentempo im Stechschritt zu marschieren versucht. (Roald Dahl: Kuschelmuschel, S. 35)

[Abwechslung] Niemand hat sich in Oswalds Gesellschaft je gelangweilt, und vielleicht liegt darin - mehr als in allem anderen - die Erklärung für seinen Erfolg. (Roald Dahl: Kuschelmuschel, S. 16)

[Ephemer] Der wahre Grund, warum Oswald sich geweigert hatte zu heiraten, lag einfach darin, daß er sein Leben lang nie imstande gewesen war, seine Aufmerksamkeit länger auf eine einzelne Frau zu konzentrieren, als er zu ihrer Eroberung brauchte. War letzteres einmal geschehen, verlor er jedes Interesse an ihr und sah sich nach dem nächsten Opfer um. (Roald Dahl: Kuschelmuschel, S. 11)

[Nah und fern] In einem Dorfe erzählen sich die Bauern von ihren Nachbarn wahre und falsche Geschichten, aber die sonderbaren Kulturmenschen der modernen Großstadt, die zwar alles glauben, was in den Zeitungen über die Schlechtigkeit des Papstes oder über die Grausamkeiten eines Kannibalenhäuptlings zu lesen steht, erfahren in der Aufregung über soviel interessante Nachrichten gar nicht, was im Nachbarhause vor sich geht. (Gilbert Keith Chesterton: Father Brown kann nicht glauben. Detektivgeschichten, S. 148)

[Männer] Die Vitalität dieses Mannes war einfach unglaublich. Er war ständig unterwegs von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Frau zu Frau, und zwischendurch suchte er Spinnen in Kaschmir oder war in Nanking hinter einer blauen Porzelannvase her. Aber die Frauen kamen immer an erster Stelle. Wo er auch aufkreuzte, überall hinterließ er einen endlosen Schwarm von über die Maßen zerzausten und zerschlagenen Frauen, die aber stets wie die Katzen schnurrten. (Roald Dahl: Kuschelmuschel, S. 8)

[Gestalten] Gewandte Sprecher sind nicht immer gewandte Zuhörer. Gerade die geistreichen Leute erweisen sich bisweilen als begriffsstutzig. Pater Browns Freund und Besucher war ein junger Mann namens Fiennes, ein Enthusiast mit temperamentvollen blauen Augen; sein blondes Haar machte den Eindruck, als sei es nicht mit der Haarbürste, sondern vom Gegenwind des Lebens, das er durchraste, zurückgestrichen. (Gilbert Keith Chesterton: Father Brown kann nicht glauben. Detektivgeschichten, S. 126)

[Mutmaßend] Äußerlich war ich ein derartiger Abklatsch meiner Mutter, daß ich als katholisches Kind insgeheim glaubte, in gerade Linie vom Heiligen Geist abzustammen. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 469)

[Vergleich] Realismus... Es war von vornherein hoffnungslos, mit Flix eine intellektuelle Diskussion zu führen. Er würde sich nie mit den von ihm selbst benutzten Begriffen auseinanderzusetzen - hielt das sogar für überflüssig - und wurde in dieser Auffassung vom Gros seiner Künstlerkollegen unterstützt. Ungefähr so, wie wenn Physikstudenten sich gegenseitig Mut machen, indem sie sich daran erinnern, daß Einstein "auch so gut wie nie in die Vorlesung ginge"... (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 409)

[Über einen Kamm] Es war Dezember '59, ein neues Jahrzehnt stand vor der Tür, modernere Zeiten waren im Anmarsch... Der Stoff hatte ein gewagtes Muster. "Picasso" (Jeder Phantasiestoff mit grellen Farben hieß Picasso). (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 338)

[Habitus] Dieser kleine Zug um ihren Mund, ich erkannte ihn nur zu gut: Damit verdrängte sie alles, was schmerzlich und schamvoll war. Selbst wenn sein Messer in ihr stak, würde sie der Außenwelt noch diesen beruhigenden, begütigenden Zug zeigten. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 323)

[Täuschung] Lehrer Meulendijckxs konnte lügen wie kein zweiter. Um uns christliche Botschaften anzudrehen, tischte er uns alle möglichen moralisierenden, angeblich aus dem Leben gegriffenen Geschichten auf, in denen er selbst die Heldenrolle spielte. Er präsentierte sie schamlos als wahre Begebenheit, doch die Stories waren so leicht durchschaubar, daß nicht einmal die einfältigsten Kinder darauf hereinfielen. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 321)

[Leiden] Es war unerträglich, jemanden, der sich selbst keine Schmerzen zugestand, so leiden zu sehen. Es schien wie eine Orgie verbotener Lust. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 343)

[Dialekt] "Albert sein Papke un Mamke kummen 'n houlen", johlten sie, wobei das "houlen" hämisch in die Länge gezogen wurde. Ihr ruppiger, platter Dialekt... der häßlichste, der in ganz Brabant gesprochen wurde. Als ob die Menschen sich mit einer Sprache behaftet fühlten. Jedes Wort wurde nicht nur bis aufs Mark jeglicher Zier beraubt, sondern außerdem auch noch mit größter Verachtung ausgespuckt, als ob es gallebitter schmeckte. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 320)

[Bedeutung] Meine Mutter öffnete die Tür zu meinem Zimmer und sagte leise: "Albert, mein Junge... du, es ist schon nach acht", was bedeutete, daß es auf acht zuging. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 280)

[Verlockend] Ich schloß die Jalousie jetzt ganz, und auch an den Balkontüren zog ich sicherheitshalber die Gardinen zu. Um das Bett herum breitete sich nun die Atmossphäre eines Krankenzimmers an einem warmen Sommertag aus. Der Duft von Apfelsinen und von Büchern, die den Kranken nicht mehr fesseln. Die Welt draußen lockt mit gedämpften Geräuschen... (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 199)

[Kostbar] Er wollte noch schnell bei der Studentischen Arbeitsvermittlung am Graafseweg reinschauen, um sich zu erkundigen, wie es mit Jobs aussah. Viel versprach er sich nicht davon. Wenn man ankündigte, arbeiten zu wollen, brachte man die Leute heutzutage in Verlegenheit. Sie kriegten 'nen Mordsschrecken. Mit so einem unbescheidenen Ansinnen störte man eine heilige Ordnung. Arbeit...! das war mittlerweile etwas so Kostbares... (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 152)

[Brücke] Zum Glück gab es den Alkohol, um uns ab und das Gefühl zu vermitteln, daß Bewegung in unserem Leben war. Die Sonntage und Samstage wurden immer dehnbarer, vorwärts und rückwärts, bis sich die Wochenenden schließlich über den Mittwoch hinweg die Hand reichen. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 29)

[Physiognomie] Manchmal, wenn ich nach einer verluderten Zeit und achtlosem Fasten spürte, daß ich an Gewicht verlor, bildete ich mir ein, das Schmächtige und Schwächliche von Thjum zu haben. Ich täuschte mich. Ich war zu breit. Mein kräftiger Körperbau stand mir im Weg. Nichts schien lächerlicher als jemand mit meinen Schultern in der Rolle des schwächlichen Jünglings. Thjums Statur hätte vielleicht den Dichter aus mir machen können, für den ich manchmal gehalten wurde. Mein Brustkorb war zu breit für Poesie... (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 28)

[Grund] Unser häufiges Aushäusigsein empfand ich als Verrat an dem Haus, das mit seinen großzügigen Wohnräumen und der ruhigen Lage der ideale Ort war, um sich endlich ernsthaft an die Arbeit zu machen. Es schien so, als ob dort, wo optimale Ruhe zum Lesen und Lernen herrschte, unsere Rastlosigkeit erst richtig in Gang käme. Eine miese Wohnsituation liefert wenigstens den Komfort einer Ausrede... Mit dem komfortablen Haus am Berg en Dalseweg war uns diese Ausrede genommen. Der Grund für unseren Oblomowismus mußte tiefer liegen. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 17f.)

[Grund] Weil Thjummi in seinen ersten Lebensjahren so schwach und in der Entwicklung zurückgeblieben war, wunderte es seine Eltern keineswegs, daß ihr Sohn einfach nicht anfangen wollte zu sprechen - bis ein Arzt entdeckte, daß die Zunge des Kleinen teilweise am Gaumen angewachsen war. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 14)

[Herkunft] Du kommst aus dem Arbeitermilieu, wo die Sprache nur zum Raunzen und Schnauzen dient und zu nichts anderem. Mit sechszehn warst du redegewandter als ein Professorsöhnchen. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 15)

[Niedergang] In dieser Nacht muß bei mir der Übergang von relativer Sorglosigkeit zu allgegenwärtigem Ekel stattgefunden haben, dem ich erst zwei Jahre später wieder entsteigen sollte, um danach um so tiefer darin zu versinken. Aus der Euphorie entwickelte sich ein bösartiger Rausch, der mich nicht mehr verlassen wollte, auch nicht, als ich schon wieder nüchtern war. (A.Th.F. van der Heijden: Fallende Eltern, S. 10)

[Mischmasch] Sein Sohn Alexander wuchs im Hafenviertel auf. Und weil in Odessa Russen, Ukrainer und Rumänen, Griechen und Bulgaren, Türken und Armenier, Zigeuner und Juden eng beieinanderlebten, sprach er ein Mischmasch aus vielerlei Sprachen, muß aber innerhalb seiner Jungenbande verstanden worden sein. Sosehr er sich später bemühte, Russisch zu sprechen, nie wollte es ihm ganz gelingen, sein von jiddischen Einschiebseln durchsupptes Ukrainisch von seines Vaters rumänischen Flüchen zu säubern. (Günter Grass: Im Krebsgang, S. 13)

[Ausgeglichen] Er lobte nur so viel, wie er durch Hohn gleich wieder zunichte machen konnte. (Martin Walser: Ohne einander, S. 14)

[Bedingungen] Von der Einrichtung des Heims ist auf dem Foto nicht viel eingefangen, die Plastelehnen der Stühle, das Teppichmuster - wieder Pflanzenstrukturen -, die weißen Gardinen, eingerahmt von steifen, gestreiften, vermutlich rotbraunen Kunstfaservorhängen, provozieren die Vermutung, daß sich Innenarchitekten der Altenheime dieser Welt auf ein gemeinsames Credo geeinigt haben: Allerweltsdesign macht Sterben leichter. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 343)

[Eingebettet] Attley verfügt über mehr Festigkeit, Hilfsbereitschaft und Gefühlstiefe als sehr viele andere Menschen, weil er den Typ jenes seltenen Engels und absolut selbstlosen Junggesellen verkörpert, der es zufrieden ist, vonganzen Konsortien eifriger Freunde in Trab gehalten zu werden. (Rudyard Kipling: Unheimliche Geschichten, S. 438)

[Zur Sicherheit] "Ihr redet wohl über Miriam?" fragte der Vater und trat herzu. Sogleich rückte die Mutter auf Ellbogenreichweite an ihn heran, denn er war in weiblicher Diplomatie nicht sehr bewandert. (Rudyard Kipling: Unheimliche Geschichten, S. 296)

[Trunkenheit] Meine Nüchternheit war nicht die beste, doch war ich gleichwohl nicht stärker betrunken als an jedem anderen Abend. Was nämlich daheim, in unsrer westlichen Welt, als arge Besäufniß angesehn wird, ist ja bei uns hier im Osten blos ein verzeihlicher Rausch. Deshalb war ich, wie etwan der große Shakespeare gesagt haben würde, gewissermaßen nur Nord-Nord-Östlich besoffen. (Rudyard Kipling: Unheimliche Geschichten, S. 9)

[Situationsphilosophie] Niederschmettern läßt sie sich nicht. Schon im nächsten Absatz ermutigt sie den Bruder, drückt die Hoffnung aus, er wäre tapfer, wie sie ihn kenne und brauche im Grunde keinen Trost. Sieh mal, Goethe sagte mal: 'Wie es auch sei, das Leben, es ist gut!' und das ist es doch wirklich. Situationsphilosophie, nennt sie diese Haltung, die ihr gestatte, aus jeder Lage das Gute herauszufinden. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 185)

[Durchdringend] Halte den Blicken stand. X-ray. Meine Seele, durchleuchtet auf Zahlungsfähigkeit. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 158)

[Am Morgen] Ein Bier zu viel am Abend, Kopfschmerzen am Morgen, Wecker nicht gehört, staubgrauer Himmel, Feiertag, Treppab stolpernd stopfe ich eine Banane zwischen die ungeputzten Zähne. Die Morgentoilette übernimmt der Petrus, Sturzregen, am Starbucks Cafe mein Bild in der Fensterscheibe, ein schwankender Waschbär mit Haarausfall. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 141)

[Gestalt] Der polnische Fahrstuhlführer mit dem mehlgrauen Gesicht entfaltet ungelenk das Scherengitter des Lifts. Er sieht aus wie ein vorzeitig gealteter Ballettänzer, der nicht abtrainiert hat. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 116)

[Insider] Der Tod ist eine Angelegenheit, über die nur die Toten Genaueres wissen. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 57)

[Bitte] Du mußt mir sagen, wenn ich mich wiederhole. Ich kenne zu viele alte Leute, die nicht mitkriegen, wenn sie mit ihren Erinnerungen langweilen. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 40)

[New York] Wir lassen Brooklyn links, Queens rechts liegen. Als die Skyline auftaucht, vergesse ich die Todesgefahr. Wow. Yeah, it's really a big apple. Mein Kidnapper grinst wohlgefällig, als habe er an jedem Wolkenkratzer mitgebaut. (Steffen Mensching: Jacobs Leiter, S. 8)

[Ordnung] Mutter: Wißt ihr überhaupt, was Ordnung ist? - Kornel: Die Dinge hinstellen, wo sie waren. - Petr: Die Dinge dort hinstellen, wo sie sein sollen. - Mutter: Ach, geht. Die Dinge dort hinstellen, wo sie sich wohlfühlen.

[Unterschied] Nur eine Armer kann genug haben. Ein Reicher nie. (Karel Capek: Die Sache Makropolus)

[Nachts] Ich leuchtete mir den Weg mit meiner Taschenlampe, auf den Mond ist in den Tropen kein Verlaß. Er war voll und fett, aber die Wolken, die grauen, schwarzen und violetten Wolken versauten ihm das Licht. (Michael Schulte: Bambus, Coca-Cola, Bambus, S. 110)

[Insider] Ich habe kürzlich einen jungen Hamburger Arzt kennengelernt, der mir sagte, er ginge nie zum Arzt, weil er wisse, "wie man's wird". (Michael Schulte: Bambus, Coca-Cola, Bambus, S. 54)

[Aversion] Ich kannte einen Mann, der Architekten derart haßte, daß er sich öfters zu dem Ruf hinreißen ließ: "Architekten sollte man erlauben, Mauern zu bauen - die, an denen sie erschossen werden." (Michael Schulte: Bambus, Coca-Cola, Bambus, S. 40)

[Wirkungen] Der Alkoholkonsum, auch wenn man nur Bier trinkt, kann schlimme Folgen haben, das mußte ich am nächsten Morgen einsehen, als ich im Büro der Singapore Airlines saß. Ich bin nicht übertrieben ordnungsliebend, aber im Suff sucht mich zuweilen der Drang heim, so herrlich aufzuräumen, daß selbst meine Mutter in Verzückung geraten wäre. (Michael Schulte: Bambus, Coca-Cola, Bambus, S. 22)

[Dialog unter Ehegatten] "Ich habe den Kaffee farblich deiner Seele angepaßt." "Warum ist dann keine Milch drin?" (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 76)

[Dauer] Die Pfützen stehen schon so lange, daß die Kaulquappen darin heranwachsen. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 62)

[Augenblicke] Nach wenigen Minuten bin ich von etwa zwanzig Kindern umlagert. Ich weiß nicht, wo sie herkamen, sie waren plötzlich da, so wie sich bei einem Verkehrsunfall in einer eben noch völlig unbelebten Straße in kürzester Frist unübersehbare Menschenmengen an der Unglücksstelle drängen. (Michael Schulte: Bambus, Coca-Cola, Bambus, S. 11)

[Wörterbuch] Der Architekt, der den Auftrag erhält, eine Satellitenstadt zu bauen, muß sich verpflichten, mindestens fünf Jahre in der von ihm geschaffenen Siedlung zu wohnen. // Das Buch, das meine Karriere am nachhaltigsten beeinflußt hat, sagte der Dichter, war das Sparbuch meiner Frau. (Michael Schulte: Elvis Tod. Szenen aus meinem Leben, S. 87f.)

[Vermeidung] Sie war so verliebt in das Baby, daß sie mit ihm kein Theater mit Gegurre und Kindersprache machen wollte. (M. Spark: In den Augen der Öffentlichkeit, S. 34)

[Dummheit] In jener ersten Zeit, als sie beim englischen Film gefragt zu werden begann, hatte sie keine Möglichkeit herauszufinden, daß sie tatsächlich dumm war, denn es gehört nun einmal zum Wesen der Dummheit, daß sie ohne Spiegel am besten gedeiht. (Muriel Spark: In den Augen der Öffentlichkeit, S. 9)

[Gaben] Es gab nur wenige Rollen, die seinem schauspielerischen Talent entsprachen, sofern ein Talent, das nie genutzt wird, als vorhanden betrachtet werden kann. (Muriel Spark: In den Augen der Öffentlichkeit, S. 9)

[Vorsorge] Seit seinem ersten Schlaganfall nahm Dr. Zuckerman zusammen mit seiner Frau an den Freitagabendgottesdiensten teil. Zum ersten Mal in seinem Leben. Damit der Rabbi, der ihn einmal beerdigen würde, für ihn kein gänzlich Unbekannter war. (Philip Roth: Zuckermans Befreiung, S. 150)

[Venedig] Ich war mal in Venedig gewesen. Ich weiß, keiner der da nicht auch war. Keiner der nicht erzählt, daß er nur im Winter dahin fährt. Wenn die Touristen nicht da sind. Alle erzählen das. Und machen individuelle Gesichter dazu. (Sibylle Berg: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot, S. 70)

[Posen] Wenig später saßen wir beide im Wohnzimmer. Thomas sah die Post durch. Ab und zu blickte ich heimlich zu ihm hinüber, und ich dachte: Warum sitzen Männer immer so breitbeinig da? Warum müssen sie sich immer so genital präsentieren? (Maarten t'Hart: Die schwarzen Vögel, S. 302)

[Lösung] Wenn man Leonie ansieht, ist es gerade so, als ob alle Probleme für immer gelöst wären, wenn man nur ein einziges Mal mit ihr ins Bett dürfte. (Maarten t'Hart: Die schwarzen Vögel, S. 26)

[Beschränkt] Es sei an dieser Stelle bemerkt, daß das Leben des Dienstpersonals im georgianischen England nicht eben die Möglichkeit für ein breites Spektrum sozialer Kontakte bot. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 174)

[Vorsicht] Die Erfahrung hat Ned Rise eine Menge Dinge gelehrt - meist unangenehme. Eine Lehre zum Beispiel war, daß man seine Aktiva immer flüssig haben sollte. Und eine Schwimmweste zu tragen, wenn man mit hohem Seegang rechnet. Außerdem weiß er inzwischen, daß ein umsichtiger Unternehmer nie die Schuhe abstreift, beim Schlafen immer ein Auge offen hält und unter gar keinen Umständen Räume bestritt, die nur eine Tür haben. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 335)

[Nise-Regel] Nell dagegen begreift das Schicksal als eine ausschließlich negative Macht. Nach der "Rise-Regel" ("wenn wo was aufgeht, muß Hefe drin sein") rechnet er seit längerem mit einem Absturz. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 169)

[Kaffee] Einige der Kirchenältesten haben Traktate gegen den Kaffee ausgeteilt, Traktate, in denen gezeigt wird, wie er moralischen Verfall bewirkt und gleichzeitig das Gleichgewicht des Körpers sowie den göttlichen Plan der Regulierung des Appetits durcheinanderbringt. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 157)

[Masturbation] ... sich selber einen von der Palme schütteln. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 142)

[Gestalten] Ebo starrt die ganze Zeit in den Schatten hinein, immer noch schnuppernd. Die Frauen sind dick, mindestens vierzig. Ihre schweren Titten pendeln trächtig wie wassergefüllte Ballons. Wenn sie alle miteinander zwanzig Zähne zusammenkriegen, wäre es schon ein Wunder. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 140)

[Im Alter] Eine massige, rosige Gestalt hat sich am anderen Ende des Tisches erhoben. Baronet Sir Reginald Durfeys steht an der Schwelle des achten Lebensjahrzehnts, hat den Beginn des langsamen Rutsches ins Grab noch vor sich, der so viele seiner Altersgenossen griesgrämig und häßlich gemacht hat. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 136)

[Gesichter] "Aha, biste schon auf, ja?" Eine fast kahlköpfige Alte, ihr Gesicht ein Memento mori, spricht ihn an... (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 17)

[Saufen] Rise erwachte mit Kopfschmerzen. Er hat Gin getrunken - alias Zieht-dir-die-Hosen-aus, Blauer Ruin, Wacholderfluch - Entkräfter und Endstation der niederen Klassen, klar wie Säuferurin und beißend wie der Saft des Wacholders. (T.C. Boyle: Wassermusik, S. 16)

[Begutachtung] Ali war Maure. Er saß mit gekreuzten Beinen auf einem Damastkissen und begutachtete den blassen, pickligen Glutaeus maximus mit der Miene eine Gourmets, der soeben eine Fliege in seiner Vichysoise Glacee entdeckt hat. (T.C. Boyle: Wassermusik, S.13)

[Damals] Ein Agrarwissenschaftler, war in der DDR-Akademie, wurde dann abgewickelt. Einer von den gut dreißigtausend, die in irgendwelchen baufälligen Instituten herumhockten und vor sich hin forschten, über so aparte Dinge wie die Geschichte der Sonnenschreiber, oder sie erstellten die Grammatik des Altusbekischen, zählten die Steine der Ruinen von Theben. Wenn sie nicht damit beschäftigt waren, Berichte übereinander zu schreiben. (Uwe Timm: Johannisnacht, S. 15)

[Wunsch] Kubin wartete vor der Lifttür, und in der kurzen Umarmung spürte ich, daß er zugenommen hatte. Er sah müde, grau, ungesund aus. Komm rein, sagte er, schön, dich zu sehen. Aber diesmal alles streng vertraulich, ich möchte nicht wieder in einem Roman auftauchen. (Uwe Timm: Johannisnacht, S. 10)

[Arroganz] Wilbur Larch hätte ihm sagen können, daß er lediglich ein arroganter junger Arzt sei, der noch nie krank gewesen war - daß er sich der Junge-Ärzte-Krankheit schuldig machte, wenn er ein krankhaftes Überlegenheitsgefühl gegenüber allen Patienten an den Tag legte. (John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, S. 590)

[Momente] Homer Wells, einundzwanzig, in den Dampf über seinem heißen Tee pustend, saß da und wartete darauf, daß sein Leben begann. (John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, S. 428)

[Gebet] "O Herr, steh uns bei diesen Tag, bis die Schatten länger werden und der Abstand kommt und die geschäftige Welt verstummt und die Hast des Lebens vorbei ist und unsere Arbeit getan. Dann gewähre uns in deiner Güte ein Dach über dem Kopf und gesegnete Ruhe und endlich Frieden." (John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, 313)

[Berufsrisiko?] Er konnte Frauen schlecht in die Augen sehen, unser Wilbur Larch; er hatte zu viele von ihnen unter der grellen Lampe gesehen. Schwester Angela fragte sich manchmal, ob Dr. Larch wußte, daß er dazu neigte, Frauen zu übersehen; sie fragte sich, ob dies ein Berufsrisiko bei Gynäkologen sei oder ob Männer mit einer Neigung, Frauen zu übersehen, sich zur Gynäkologie hingezogen fühlten. (John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, 279)

[Duett] Wilbur Larch hätte sich gut vertragen mit Olive Worthington: sie war die geborene Sorgenmacherin. Zusammen hätten sie den Rest der Welt im Besorgtsein ausgestochen. (John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, 207)

[Reaktionsschnell] Ich heiratete, und sobald ich verheiratet war, sagte mein Vater, wenn er mit Fremden von mir sprach: "Meine Tochter Ginzburg". Denn er war immer sehr rasch bereit, veränderte Situationen auch sprachlich festzulegen und nannte Frauen, die heirateten, sogleich beim Namen des Mannes. (Natalia Ginzburg: Familienlexikon, S.118)

[Manko] Wie Lisetta war auch sie keine sehr geschickte Mutter; der Übergang von der nebelverschleierten Jugend in die Stürme der Erwachsenenwelt war auch für sie brüsk gewesen. (Natalia Ginzburg: Familienlexikon, S. 174)

[Unmöglich] "Wenn Gott eine koschere Welt haben will, dann muß Er sie selber schaffen." "Ich fürchte, auch Er würde nicht wissen, was man in diesem Fall tun könnte." (Isaac Bashevis Singer: Ein Tag des Glücks. Geschichten von der Liebe)

[Auf Reisen] Auf Reisen ging mein Vater mit meiner Mutter manchmal in Gemäldegalerien und räumte den "alten Meistern" wie Goya und Tizian eine gewisse Legitimität ein, weil sie allgemein anerkannt und bewundert wurden. Diese Museumsbesuche mußten jedoch rasch vonstatten gehen; er erlaubte meiner Mutter nicht, vor den Bildern stillzustehen. Lidia, komm, wir gehen! sagte er und zog sie weg; er hatte es auf Reisen immer sehr eilig. (Natalia Ginzburg: Familienlexikon, S. 51)

[Gangart] Sein Vater (...) tappte mit seinem abendlichen, wildlederweichen Gang ins Schlafzimmer zurück. (Vladimir Nabokov: Lushins Verteidigung, S. 8)

[Nach dem Herzinfarkt] Langsam ließ die Erschöpfung nach. Ich blieb müde. Die Müdigkeit ließ mich den Verlust meiner Autonomie verschmerzen, die Kanüle im Handgelenk, das Gesicht, das mich im Spiegel ansah, und daß beim Pinkeln die Hälfte danebenging. Ich dämmerte. (Bernhard Schlink: Selbs Mord)

[Ruckzuck] So ist das: Man macht dies, und man macht das, und auf einmal war's ein Leben. (Bernhard Schlink: Selbs Mord)

[Enttäuschung] Er sah nach guter Familie aus: klare, sensible, intelligente Züge, aufrechte Haltung, gemessene Bewegungen. Zugleich sah er melancholisch aus, und wenn sein Gesicht bei der Begrüßung oder bei einem Lächeln für einen Moment fröhlich wurde, fiel doch gleich wieder ein Schatten darauf und verdunkelte es. Es war nicht nur der Schatten der Melancholie. Ich entdeckte um seinen Mund auch einen verdrossenen, schmollenden Zug, eine Enttäuschung, als habe das Schicksal ihn um eine Verwöhnung betrogen, die es ihm versprochen hatte. (Bernhard Schlink: Selbs Mord)

[Fragen] Agi fragte, ohne eine Antwort haben zu wollen, und sie fragte in einem Ton, den ich nicht vergaß, weil er alles einfärbte, was Agi tat oder sagte. (Zsuzsa Bank: Der Schwimmer, S. 72)

[Definition] "Wagen Sie es nicht noch einmal, mich wahnsinnig zu nennen, Mycroft. Ich bin nicht wahnsinnig, ich bin lediglich … nun ja, wie soll ich sagen? Moralisch anders gepolt, weiter nichts." (Jasper Fforde: Der Fall Jane Eyre)

[Bestätigung] Bekanntlich sind alle Menschen wild auf Anekdoten und Sonderbarkeiten, die ihnen bestätigen, daß sie selbst auf der besseren Seite sind. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 325)

[Orte] Es war eine gute Idee, eine Stunde vor Beginn herzukommen, denn fremde Orte erschließen sich am besten, wenn man sie zu ungelegener Zeit aufsucht, dann, wenn sie noch ungerüstet und ganz für sich sind. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 316)

[Hoffnungslos] Inspektor Turners Hoffnung, ihrem Traummann zu begegnen, der sie ehelichte und von dessen Geld sie leben konnte, zerschlug sich immer wieder, weil ihr Traummann entweder trank, log oder schon vergeben war. (Jasper Fforde: Der Fall Jane Eyre)

[Physis] Er war im letzten Jahr noch schwerer und beleibter geworden. Es sah aber nicht unangenehm aus, weil er einen mächtigen Kopf und große kraftvolle Hände hatte. Es steckte genug Willenskraft und Geist in ihm, um seine Körperfülle zu beleben. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 296)

[Erkennbar] Gleich hinter dem Eingang steht der Kaufhausdetektiv, erkennbar an seinem seriösen Anzug und seinem schläfrigen Ernst. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 261)

[Kompliment] Du bist der einzige Mensch, der mich mir selbst zurückgeben kann. Alles, was ich sein möchte, kann ich nur sein, wenn ich es Dir bringen darf. Als ich Dich noch nicht kannte, hast du mir schon gefehlt. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 232)

[Verkannt] Irgendwo hatte er gelesen, daß die meisten Menschen unfähig seien, eine langsam sich anbahnende Katastrophe zu erkennen. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 221)

[Beschreibung] Sie war schlank, allenfalls mittelgroß, eine zarte Person, die sich bewegte wie jemand, der in seine Gedanken versunken ist und es der unbewußte Erfahrung seines Körpers überläßt, sich im Raum, in der Gegenwart zurechtzufinden. Immer war sie gleichzeitig in der Gegenwart und außerhalb von ihr. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 25)

[Ausgeblendet] Nie zuvor hatte sie daran gedacht zu heiraten, nicht, weil sie es ablehnte, sondern weil sie annahm, dies sei, wie das ganze übrige normale Leben, für sie nicht vorgesehen. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 24)

[Anzeichen] Etwas wallt in mir auf wie die Ankündigung von Glück. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 21)

[Taktik] Ich gehe auf meine Tür zu, schließe auf und von innen gleich wieder ab, nicht weil ich Angst habe, überfallen und beraubt zu werden, sondern um an den Schlüssel zu denken, wenn ich das Apartment wieder verlasse. Das ist einer der Tricks, die man sich angewöhnt, wenn man alleine lebt. (Dieter Wellershoff: Der Liebeswunsch, S. 19)

[Verortung] Im Familienkreis rief ihr Durchbrennen große Aufregung hervor. "Wenn sie wenigstens aus Madrid fortgegangen wären", sagte ihr Bruder Paco, der geographisch geprägte Moralvorstellungen hat. (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb, S. 216)

[Kommunikation] Don Jose Sierra behandelt seine Frau weder gut noch schlecht. Er behandelt sie wie ein Möbelstück, zu dem man manchmal, weil man halt wunderliche Einfälle hat, redet, als sei es ein Mensch. (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb, S. 197)

[In Rage] Perita hatte hochrote Wangen, die Brust wogte, die Stimme klang heiser, das Haar war in Unordnung und die Augen funkelten. Sie war von einer eigenartigen Schönheit, wie eine eben begattete Löwin. (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb, S. 112)

[Lasten] Eine drückende Last scheint die Luft zu beschweren und legt sich auf die Herzen. Die Herzen schmerzen nicht. Sie können Stunde um Stunde leiden, ein ganzes Leben lang, ohne daß nur irgendeiner mit Sicherheit feststellen kann, was eigentlich los ist. (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb, S. 15)

[Getränke] Im Cafe von Dona Rosa trinkt Don Jose stets sein Gläschen. Er ist kein Geck und auch kein armer Teufel von der Sorte, die sich an Milchkaffee halten muß. Die Wirtin begegnet ihm mit einiger Sympathie wegen der gemeinsamen Vorliebe für den Ojen-Schnaps. "Ojen ist das beste von der Welt. Er tut dem Magen gut, ist harntreibend und kräftigend. Er reinigt das Blut und vertreibt das Gespenst der Impotenz." (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb, S. 11)

[Vergleich] Es gibt Leute, die geben ihrem Schweigen das verträumte Gehabe vager Gedankengänge. Es gibt andere, die sich mit abwesendem Gesichtsausdruck in Erinnerungen ergehen. Ihre Gesichter zeigen den Ausdruck erniedrigter Tiere, des zärtlichen, demütig bittenden, müde gewordenen Tieres. Die Hand an der Stirn, den Blick voller Bitterkeit, wie ein Meer bei Ebbe. (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb)

[Nachdenkend] Die Gäste stützen die Ellbogen auf den alten, den verkrusteten Marmor der einfüßigen Tischchen und sehen die Wirtin vorübergehen, fast ohne sie zu bemerken. Währenddessen denken sie flüchtig über diese Welt nach, die leider nicht so ist, wie sie sein könnte, diese Welt, in der langsam eigentlich alles schiefgeht, ohne daß man sich erklären kann, warum. Vielleicht nur wegen einer unbedeutenden Kleinigkeit. (Camilio Jose Cela: Der Bienenkorb, S. 7)

[Kommunikation] Die beiden wechselten ein paar Worte - der Tagelöhner und der Sommerurlauber -, und dann blieb nur noch das Medium gemeinsamen Schweigens, das zwei, die zufällig nebeneinander arbeiten, verbindet. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 232)

[Damals] Der "Nor'easter" ist ein Zug, dem die Eisenbahngesellschaft diesen Namen zu einer Zeit gegeben hatte, als ihre Direktoren noch vom Mysterium des Reisens durchdrungen waren. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 227)

[Vergleich] Alice Malloy hatte dunkles, strähniges Haar, und sogar ihren Mann, der sie inniger liebte, als er sich eingestand, erinnerten ihre hageren Züge manchmal an den verregneten Torweg eines Mietshauses, denn ihr Gesicht war länglich, leer und schwach erleuchtet, ein Tummelplatz für die bescheidenen Freuden und Nöte kleiner Leute. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories)

[Gestalten] Er war immer noch schlank - er achtete auf sein Gewicht -, und die kraftvoll ferdernden Schritte, mit denen er morgens zum Bahnhof ging, wiesen ihn als Sportler aus. Seine Haare waren dünn, und seine Augen sahen morgens manchmal blutunterlaufen aus, aber dadurch wurde der Zauber eigensinniger Jugendlichkeit, den er ausstrahlte, kaum beeinträchtigt. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 106)

[Wetter] Der Ausbruch des Gewitters stand unmittelbar bevor, und alles lag in einem sanften Halbdunkel, als wäre schon die Dämmerung hereingebrochen und als sollten wir lieber schlafen und träumen, statt uns gegenseitig schlechte Nachrichten zu bringen. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 73)

[Bestandsaufnahme] Die abgewirtschaftete Menschheit trampelt auf ihren unausgegorenen Seelen herum und läßt sie bei Einbruch der Nacht in seinem Zustand zurück, der einem Gefängnisaufstand zum Verwechseln ähnlich sieht. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 94)

[Augenblicke] Er war müde, er hatte seine Geschäftssorgen, und der Anblick seiner Frau, die gerade Schweineschnitzel in die Pfanne legte, erschien ihm wie eine Verlängerung seines langweiligen Tagespensums. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories)

[Ein Ruf] Die Hallorans waren gute Freunde von ihnen, ein älteres Ehepaar von märchenhaftem Reichtum, das sich darin zu sonnen schien, daß man sie kommunistischer Neigungen verdächtigte. Sie waren eifrige Weltverbesserer, aber sie waren keine Kommunisten. Trotzdem nahmen sie es gern und mit freudiger Erregung zur Kenntnis, wenn ihnen, wie es mitunter vorkam, subversive Tätigkeit vorgeworfen wurde. (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 35)

[Augenblicke] Es war einer jener Sonntage im Hochsommer, an denen alle Leute herumsitzen und sagen: "Ich hab gestern abend zuviel getrunken." (John Cheever: Der Schwimmer. Stories, S. 25)

[Am Ende] Nach Parraya gibt es nichts mehr, es ist gleichsam ein Sammelbecken für den Abschaum, eine Kloake, in dem die unterschiedlichsten Rückstände der westlichen Neurose abgeschwemmt werden. Ob man homosexuell, heterosexuell oder auch beides ist, Pattaya ist der Bestimmungsort der letzten Chance, anschließend bleibt nur noch der Verzicht auf jegliches Begehren. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 332)

[Gezeichnet] ... ein verhältnismäßig junger, aber grämlicher Mann (Gastritis oder schwere Kindheit)... (Christoph Hein: Das Napoleon-Spiel, S. 65)

[Im Krankenhaus] Das Personal des Krankenhaus schätzte mich nicht sonderlich, es fand mich vermutlich zu träge; sogar im Krankenhaus, bis hin zum Sterbebett, ist man gezwungen, den Leuten etwas vorzumachen. Das Pflegepersonal sieht es gern, wenn es bei dem Kranken auf undiszipliniertes Verhalten und einen gewissen Widerstand stößt, den es zu brechen gilt. selbstverständlich zum Besten des Kranken. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 322)

[Kinder] Nun ja, wenn es nötig war, sollte sie eben ein Kind von mir bekommen: Ich wußte, daß sie auf diesen Gedanken kommen würde, das war unvermeidlich. Dem Wesen nach war ein Kind wie ein kleines Tier, wenn auch mit einem Hang zur Gemeinheit; sagen wir, es war so etwa wie ein kleiner Affe. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 305)

[Gegen Kinder] Ehrlich gesagt habe ich immer eine gewisse Abneigung gegen Kleinkinder gehabt; soweit ich wußte, handelte es sich um kleine häßliche Ungeheuer, die unbeherrscht schissen und unerträgliches Gebrüll ausstießen. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 304)

[Unterschied] Im Gegensatz zu den Aristokraten erhoben die Reichen nicht den Anspruch, sich von der übrigen Bevölkerung durch ihre Natur zu unterscheiden; sie erhoben nur den Anspruch, reicher zu sein. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 282)

[Unfähig] Als ich später an diese glückliche Zeit mit Valerie zurückdachte, an die ich seltsamerweise nur wenig Erinnerungen behalten sollte, sagte ich mir, daß der Mensch wirklich nicht für das Glück geschaffen ist. Um die konkrete Möglichkeit des Glücks realisieren zu können, müßte sich der Mensch vermutlich ändern. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 154)

[Vater] Ein Kakerlak lag auf dem Rücken mitten auf dem Nachttisch, man konnte seine Beine deutlich erkennen. Der brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen, wie mein Vater gesagt hätte. Mein Vater ist Ende 2000 gestorben; er hat gut daran getan. Auf diese Weise hatte sich sein ganzes Dasein auf das 20. Jahrhundert beschränkt, für das er ein abscheulich charakteristisches Element dargestellt hatte. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 84)

[Timing] Ein Kakerlak tauchte auf, als ich gerade in die Badewanne steigen wollte. Genau der richtige Moment für einen Kakerlak, um in meinem Leben aufzutauchen; besser konnt er es gar nicht treffen. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 52)

[Männer] Die Männer leben nebeneinander wie die Rinder; es gelingt ihnen höchstens von Zeit zu Zeit, gemeinsam eine Flasche Schnaps zu kippen. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 27)

[Veränderung] Als junges Mädchen hatte sie einen Preis in Beredsamkeit gewonnen; das reifere Alter aber schien ihre stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten auf einen einzigen Ton, den der Entschuldigung, reduziert und sie in ihrem Verhalten auf einige wenige Gebärden beschränkt zu haben, die von der Furcht, Ärgernis oder Mißfallen zu erregen, verwischt schienen. (Truman Capote: Kaltblütig, S. 32)

[Eindruck] Ich räumte das Geschirr vom Frühstückstisch, brachte es in die Küche und spülte es ab. Das macht immer Eindruck, wenn ein Mann stumm und ernst und wie selbstverständlich traditionelle Frauenarbeit verrichtet; bei konservativen Frauen weckt derlei Mutterinstinkte, und die weiblichen Mitglieder progressiver Zirkel begrüßen jede männliche Küchenaktivität als Meilenstein in ihrem verbitterten Kampf. (Michael Schulte: Die endgültige Spülbürste, S. 62)

[Unangemessen] "... ich ängstige mich doch beinah und kann keinen rechten Trost darin finden, daß Hulda Niemeyer immer sagte: Wenn man sich ängstigt, ist es besser, als wenn man hofft. Was meinst du dazu?" "Für eine Pastorentochter nicht ganz auf der Höhe." (Theodor Fontane: Effie Briest, S. 171)

[Blicke] Er starrte die Serviererin mit dem Blick eines Hundes an, dem soeben eingefallen ist, wo er den Knochen vergraben hat. (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves, S. 227)

[Autorität] Bei Tante Agatha fühlte ich mich immer, als hätte ich Gelatine dort, wo mein Rückgrat sein sollte. Sie ist eine außerordentlich energische Person. Ich könnte mir denken, daß Königin Elisabeth I. so ähnlich gewesen ist. Wenn sie mich im Bann ihrer funkelnden Augen festhält und sagt "Spring, Bürschchen" oder dergleichen, dann würde ich es tun, ohne jede weitere Diskussion. (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves)

[Völlig fertig] Ich ging zurück und fand ihn in den Kulissen auf einer Kiste sitzend. Er schwitzte ziemlich verschwenderisch und sah aus wie der angekreuzte Unfallort im Polizeibericht. Die Haare standen ihm zu Berge, seine Ohren hingen herab, und beim ersten bösen Wort wäre er zweifellos in Tränen ausgebrochen. (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves)

[Begierig] Er ist einer dieser Käuze, die sich auf jede Schwarzseherei förmlich stürzen, wenn sie auch nur den geringsten Anlaß haben. (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves, S. 165)

[Gezeichnet] Gleich nachdem wir unser Geld zu einem hübschen 100:12 gesetzt hatten, wurde Harold einem strengen Trainingsprogramm unterworfen. Es war ein anstrengendes Geschäft, und ich verstehe jetzt, warum die meisten erfolgreichen Trainer grimmige, schweigsame Männer sind, die alle aussehen, als hätten sie im Leben schwer gelitten. (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves, S. 163)

[Abstand] "Ich höre, daß dieses Pferd das Rennen nicht gewonnen hat." "Nicht gewonnen! Das Roß war so weit hinten, daß es fast beim nächsten Rennen als erstes eingelaufen wäre." (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves, S. 128)

[Gute Aussichten] Es gibt offenbar, wie ich festgestellt habe, eine Lebensregel, die besagt, daß just die Dinge, von denen einem am meisten graut, fast nie so schlimm enden, wie man es befürchtet hat. (Pelham G. Wodehouse: Der unvergleichliche Jeeves, S. 119)

[Profil] Josip erinnerte mich an eine lästige Dostojewski- Figur. Er hatte winzige wasserblaue Äuglein hinter dicken Brillengläsern. Sein ganzes Gesicht war zugewuchert mit flachsfarbenem Werg. Nur die Nase ragte heraus wie ein Fleischpfeil, und wenn er den Mund aufmachte, wobei sich das Werg teilte, kam mieselsüchtiges Gemecker heraus. (Sibylle Mulot: Einen Mann für sich allein, S. 149)

[Warnung] "Nett von Ihnen", sagte er. "Aber geben Sie sich nicht zuviel Mühe. Ich leide an Atrophie des Gefühls." (Sibylle Mulot: Einen Mann für sich allein)

[Ersatz] "Andrea soll sich zwei Siamkatzen angeschafft haben. Der Arme. In Wirklichkeit sucht er natürlich eine Frau. Aber so sind die Neurotiker. Statt der längst überfälligen Therapie kaufen sie sich ein Haustier. (Sibylle Mulot: Einen Mann für sich allein, S. 140)

[Gebauchpinselt] Fons massierte mir den Bauch, und ich hielt ihm kurzgefaßte feministische Vorträge. Er sehen die Frau nur als Gefäß seiner Lust, sagte ich. Fons schnurrte vor Behagen. Er schätzte diese Art von Predigten. (Sibylle Mulot: Einen Mann für sich allein, S. 36)

[Mißtrauen] Merkwürdig dieses tiefe Mißtrauen gegen den italienischen Mann. Woher kam es doch nur? Es war ein Mißtrauen, das ich nicht gegen den holländischen, norwegischen oder verheirateten Mann hatte, aber gegen den spanischen, argentinischen und venzolanischen jederzeit aktivieren konnte. (Sibylle Mulot: Einen Mann für sich allein, S. 24)

[Josef] Josef war bebrillt, spitznasig und blaurasiert. Er hatte etwas von einem Lateinschüler, den das Schicksal in eine Postauslaufstelle verschlagen hatte. (Sibylle Mulot: Einen Mann für sich allein, S. 17)

[Beben] Simone bebt. 'Beben' ist ein wunderbares Wort für bestimmte Zustände bestimmter Leute. Susanne bebt nie. Yvonne auch nicht. 'Beben' ist ein Wort wie ein Küken. (Paulus Hochgatterer: Über Raben, S. 70)

[Im Kino] ... daß ich mich im Kino immer an den Rand der Reihe setze, immer am schrägsten zur Leinwand, so daß die Schauspieler sich überlagern, es unmöglich ist, die Untertitel zu entziffern, der Vorhang am Ausgang kippte mir einen kleinen eisigen Tropfen in den Nacken, der Lautsprecher brüllte teigige Dialoge, die mich nicht schlafen ließen, wenn in La Carouna mal ein Komma Sonne erscheint, dann versteckt es sich sofort mit einem Eskimoschrecken ganz tief in den Bäumen... (Antonio Lobo Antunes: Anweisungen an die Krokodile, S. 438)

[Trübselig] Es gibt einige U-Bahn-Stationen, die diese Einsamkeit ausstrahlen, geradeso als wären sie irrtümlich gebaut worden und in Wahrheit braucht sie keiner. (Paulus Hochgatterer: Über Raben, S. 44)

[Trunkig] Es war mein Vater mit Zigarre, der aus dem Cafe zurückkam, er versuchte den Mantel an die Garderobe zu hängen, und die Garderobe wich aus, er hielt den Mantel weg, und die Garderobe kam heran, meine Mutter erschien in der Diele, und die Garderobe bekam einen Schreck und bewegte sich nicht mehr, mein Vater nutze den Vorteil, schätzte Entfernungen ab... (Antonio Lobo Antunes: Anweisungen an die Krokodile)

[Taktik] Faß das nicht an, Celina, und mich, nachdem sie mich geschlagen hatte, unter Tränen umarmte und ihre Wange gegen meine preßte und mir Karamelbonbons anbot, die übliche Art der Erwachsenen, sich zu entschuldigen. (Antonio Lobo Antunes: Anweisungen an die Krokodile, S. 295)

[Vergesslich] Der Alte starrte mich sorgenvoll an, schlägt in seinem Gedächtnis nach, aus dem die Jahre ganze Seiten herausgerissen haben und die verliebenen mit Flecken des Vergessens überzogen haben, die sind dunkler als die Buchstaben. (Antonio Lobo Antunes: Anweisungen an die Krokodile, S. 140)

[Fitness] Ich liege schlammbedeckt in einer Badewanne, trete auf Verzweiflungsfahrrädern in die Pedale, färbe mir die Haare, stopfe noch mehr Draht in den Büstenhalter, biete der Cellulitis mit burmesischen Algen Paroli. (Antonio Lobo Antunes: Anweisungen an die Krokodile, S. 82)

[Zerstreuung] Muß mich zerstreuen. Ging aus, um mich zu zerstreuen, geriet auf eine Beerdigung. (Fedor M. Dostoevskij: Bobok)

[Lebenswille] Kein Mensch ist wirklich und bis ins Innerste stark. Warum sollte denn ausgerechnet ich nicht am Leben hängen? Es ist so groß und wunderbar. Es gibt so viel Himmel darin und hohe Marmorwolken und Sonne und Mond und die Erde voll Menschen da unten. Ich bliebe so gern. Es gäbe viel zu tun, selbst wenn es unbedeutend wäre, und sogar, wenn ich nichts täte, ich wäre doch da und würde sehen, hören, atmen, essen. (Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung, S. 274)

[Nachschub] Inzwischen hat sie wieder geheiratet, einen Produzenten kleiner gelächtertriefender Fernsehserien. Im Grunde ist es doch seltsam, daß der Vorrat an scheußlichen Menschen nie zur Neige geht; immer und immer erstehen sie neu, lachend, vielbeschäftigt, erfolgreich, die Fürsten Babylons. (Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung, S. 33)

[Jesus] An der Ostwand, hinter einem niedrigen Holzaltar, blickte ein kubistisch zersplitterter Christus ungehaglich um sich; er hatte ein gelbes Gesicht und sah aus, als hätte er Zahnschmerzen. (Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung, S. 24)

[Benennung] Von da an waren Beerholm und ich allein. Ich nannte ihn 'Beerholm', mit einer gewissen respektvollen Ironie. 'Vater' wäre ja schlecht möglich gewesen, und 'Manfred' (er hieß Manfred) ist wirklich kein Name, mit dem man jemanden anreden kann. (Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung, S. 18)

[Schicksal] Ellas plötzlicher Tod ereignete sich in einer Region, in der sich Schicksal, Irrsinn und Statistik auf das Unangenehmste berühren. Ella Beerholm, die Frau, die ich vermutlich einmal "Mama" genannt habe, wurde an einem freundlichen Frühlingstag vom Blitz erschlagen. (Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung, S. 15)

[Unberechenbar] Sie schien zu glauben, mein Vorrat an Ideen sei unerschöpflich. Sie hatte mit ruhiger Stimme gesprochen, ohne das geringste Anzeichen von Furcht. Frauen haben diese Gabe, in brenzligen Situationen besonders mutig aufzutreten. Es ist ein Teil ihrer Unberechenbarkeit. (Pelham G. Wodehouse: Ein Goldjunge, S. 278)

[Aussichten] Das Leben ist so geübt darin, seinen Überaschungen eine Wendung ins Enttäuschende zu geben. (Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung, S. 13)

[Situation] Mrs. Drassilis verkörperte den Typ Frau, den ich nicht ausstehen kann. Sie war eine Witwe, der man ihrer Meinung nach unzureichende Mittel hinterlassen hatte; sie war dementsprechend habgierig und mit nichts zufrieden. Sloane Square und South Kensington sind bevölkert von Frauen dieser Art. Ihre Lage erinnert an die eines Seemanns aus alten Zeiten: Wasser, überall Wasser, aber keinen Tropfen zu trinken. (Pelham G. Wodehouse: Ein Goldjunge, S. 51)

[Gestus] Ihre Beine waren nicht eigentlich schön, sondern eher etwas zu dick; aber sie präsentierte sie in schwarzen Seidenstrümpfen auf eine triumphale Manier, die jeden Zweifel an ihrer Schönheit kategorisch verbot. (Klaus Mann: Mephisto, S. 80)

[Mimik] Seine fahle Miene mit der Hornbrille zeigte jene steinerne Ruhe, zu der sich sehr nervöse und sehr eitle Menschen zwingen können, wenn sie sich von vielen Leuten beobachtet wissen. (Klaus Mann: Mephisto)

[Porträt] Eine junge Frau in einem einfachen blauen Kleid betrat den Raum. Sie war klein und graziös, ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt, hübsch und lebhaft. Sie wirkte wie jemand, der es gewohnt ist, sich in einer schwierigen Welt zurechtzufinden. Sie hatte klare ruhige Augen, einen sensiblen, aber festen Mund und ein energisches Kinn - das Kinn eines Menschen, der Kummer erfahren und ihm tapfer die Stirn geboten hat. (Pelham G. Wodehouse: Ein Goldjunge, S. 30)

[Attitüde] Sie hat die versponnenen Angewohnheit, jeden Satz mit einem Fragezeichen zu beenden, nicht als Fragende, sondern wie über die eigenen Worte verwundert. (Amos Oz: Black Box, S. 307)

[Machospruch] Wenn du im Kopf bloß zehn Prozent von dem hättest, was in deinem BH steckt, wäre Einstein persönlich bei dir in Abendkurse gelaufen. (Amos Oz: Black Box, S. 211)

[Klavierspielen] ... bekam ich Klavierunterricht bei Frau Aladrovic- Suhomirska. Ich spielte 'Im Kloster' von Rahmanjinov, den 'Tanz der Zwerge' von Grig und ein Liederpotpourri mit dem Titel 'Nach Belieben'. Frau Aladrovic-Suhomirska war stocktaub, aber mit Blick auf die Tasten konnte sie erkennen, worum es ging. Sie zählte: "Einecke, zweiecke, dreiecke, vier" und klopfte dazu mit einem Stöckchen. Gelegentlich, ihrer inneren Stimme lauschend, schlief Frau Suhomirska ein. Ich ging dann sofort zum Finale über, des Weckens wegen. (Bora Cosic: Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution)

[Topleistung] In Sachen Verzweiflung bist Du ja eine weltbekannte Koryphäe. (Amos Oz: Black Box, S. 10)

[Schutzfunktion?] Warum findet sich da draußen nie jemand, der mit starker Hand eingreift, der genügend Mitleid hat, um mich wie durch Gedankenübertragung erst sieben mal siebenundsiebzigmal die Zunge im Munde umdrehen zu lassen, bevor ich etwas sage, statt mich in unangenehme Situationen zu bringen, aus denen ich ausnahmslos als Verlierer hervorgehe, die Schande auf der Stirn und die Verzweiflung im Herzen? (Jean Rouaud: Die ungefähre Welt, S. 216)

[Wenn, dann] Das Leben war für jemanden, der darin seinen Platz fand, gar nicht so unangenehm. (Jean Rouaud: Die ungefähre Welt, S. 185)

[Migräne] Die Vorstellung, in den Flammen zu schmoren, erschien mir als Roßkur gegen meinen Kopfschmerz gar nicht so abwegig. Alles war angenehmer als das Gefühl, daß sich unter der Wurzel jedes einzelnen Haares eine Tretmine befand, als diente die zu einem Bunker umfunktionierte Hirnschale als Experimentierraum für ein neuartiges Sprengstoffsortiment. (Jean Rouaud: Die ungefähre Welt, 181)

[Verwandt] Die Zugehörigkeit zur Bruderschaft jener, die nicht für die heutige Zeit taugen, brachte uns zwangsläufig einander näher. (Jean Rouaud: Die ungefähre Welt, S. 40)

[Einbildung] In der Kantine forderte er zum erstenmal seit Monaten die Große Salatplatte. Er mochte diese dekorierte Essigspeise für Sekretärinnen nicht, aber er hatte einen Moment die Vorstellung, von Vitaminen belebt zu werden, Aktivität zu spüren, mehr Schwung zu kriegen in die erlahmenden Schreibttischarme. Eine Sekunde lang glaubte er, die Frische einkaufen zu können, die der Kopfsalat versprach, die auffällig rote Beete. (F.C. Delius: Ein Held der inneren Sicherheit)

[Speisen] Sie verzehrten indes die liebe Gottesgabe unter Geräuschen, mit denen ein Anderer unschwer das Gegenteil verrichtet hätte. (Arno Schmidt: Caliban über Setebos)

[Katzen] Die siamesischen Katzen trafen am Nachmittag ein. Aus einer Münchner Tierhandlung. Expreß und mit einer ausführlichen Gebrauchsanweisung. Drei kleine Katzen! Sie hüpften fröhlich im Appartement 7 hin und wieder, balgten sich zärtlich, tätowierten die Stubenmädchen und hatten, bereits nach einer Stunde, zwei Gardinen und einen Gobelinsessel erlegt. (Erich Kästner: Drei Männer im Schnee, S. 50)

[Vorboten] Hilde lachte. Johann nahm eine Zigarette. Der Geheimrat setzte sich. "Nehmt Platz, Kinder! Ich habe euch etwas mitzuteilen." Hilde meinte: "Sicher wieder etwas Originelles." "Entsetzlich", stöhnte die Hausdame. (Sie litt an Ahnungen.) (Erich Kästner: Drei Männer im Schnee, S. 21)

[Natur] Die abgestürzte Sonne hinter einer Eichensäule festgerannt; Beide bluteten. (Arno Schmidt: Caliban über Setebos)

[Konsequent] "Seine einzige Tochter ist mit einem Schulmeister davongelaufen", fuhr der Wärter fort. "Jetzt wälzt sich der einst adlige Vater in der eigenen Scheiße." "Sie war wahrscheinlich verliebt", warf eine der Taftfrauen ein. "In der Tat, Ma'am. Ein Wahnsinn ruft oft den nächsten hervor." (Thomas Wharton: Salamander)

[Zwiegespräch] Wie immer, wenn er die letzten Arbeiten an einem Buch verrichtete, flüsterte er den unbelebten Materialien, die er in Form brachte, leise ermunternde Worte zu. (Thomas Wharton: Salamander, S. 295)

[Nicht zwangsläufig] "Abbé, Ihr seid ein gutaussehender Mann und ein sehr guter Schriftsteller. Aber jeder Leser wird Euch sagen, daß dies noch keine Voraussetzungen für guten Geschmack sind." (Thomas Wharton: Salamander, S. 85)

[Aufgeklärt] Sie bekam zwar keine Heiratsanträge, doch auf einem großen Ball nahm eine alte ungarische Adelige Irena beiseite und sagte ihr, sie solle dankbar für ihr ungewöhnliche Aussehen sein. Wir besitzen die Schönheit, die ungewöhnliche Männer anzieht, und das sind natürlich die einzigen Männer, die man kennen sollte. (Thomas Wharton: Salamander, S. 29)

[Fortführung] ... der Egoismus der Natur: das Tote zu verscharren und über ihm neues Leben zu erschaffen ... (Aleksandar Tisma: Die Schule der Gottlosigkeit, 85)

[Am Ende] Selbstredend laß'ich mich ma verbrenn': die Tootn brauchen den Lebmdn nich auch noch äußerlich den Platz weg zu nehmen! (Arno Schmidt: Caliban über Setebos)

[Ängste] So weit war ich noch nich mit'n Nerven runter wie KAFKA, der sich vor jeder verschlossenen Tür einmachte, weil womöglich was dahinter sein könnte. (Arno Schmidt: Caliban über Setebos)

[Sommer] Der Morgen kündigte einen jener heißen Septembertage an, die einen glauben lassen, der Sommer wolle ein letztes Mal mit allen seinen Flammen auflodern. (Julien Green: Dixie, S. 354)

[Ansichten] "Ich weiß, daß wohlerzogene Leute keinen Körper haben. Sie nennen das eine Person!" "Entschuldige bitte, aber man gehört, ob man will oder nicht, seiner Zeit an." (Julien Green: Dixie, S. 256)

[Ersatzriege] Im De Soto schien sich nichts verändert zu haben. In einem Rahmen aus weißen Tischtüchern und Blumensträußen unter bemalten Zimmerdecken liefen die Kellner fast genauso schnell hin und her wie früher, nur ein klein wenig durch das Alter gebremst, denn die Tablettkünstler waren an der Front. (J. Green: Dixie)

[Gerufen] Ohne auch nur einen Augenblick zu verlieren, schickte Charlie Jones der teuren Abwesenden eine Depesche in jenem halb schmeichlerischen, halb befehlenden Stil, der die Frauen aus der Fassung brachte. "Frei, aber ohne Amelia, ich sterbe. Komm sofort hierher." (Julien Green: Dixie, S. 248f.)

[Das zieht sich] Elizabeth fragte sich, was sie tun sollte. Während des Krieges nahmen die Stunden in Savannah Ausmaße an, die keinem Uhrwerk bisher bekannt waren. Die Pendeluhr im kleinen Salon mußte überwacht werden, denn Elizabeth hatte sie im Verdacht, stehenzubleiben, sobald niemand zu ihr hinschaute. (Julien Green: Dixie, S. 169)

[Witterung] "Aus Liverpool, über Vermittlung von Lord Lyons teilt Charlie Jones uns mit, daß die assyrische Flotte stärker sein wird als ursprünglich angenommen." Miss Charlotte erbebte. "Assyrisch?" fragte sie, denn sie witterte die Bibel, wie ein reinrassiger Spürhund von edlem Stammbaum, der nach Hochwild schnüffelt. (Julien Green: Dixie, S. 141)

[Ziele] Sie ließen den Blick über ihre alltägliche Umgebung schweifen und entwarfen ein so delikates Bild von ihr, daß man hätte erschauern können. Als Lieblingsopfer wurde, wegen der tausend Facetten ihrer stets ruhelosen Heimtücke, Miss Llewelyn auserkoren, doch nicht weniger köstlich war die tugendhafte Miss Charlotte, welche es sich angelegen sein ließ, mit ihren frommen Betrachtungen, die Jugend düster zu stimmen und alle Feste zu verderben. (Julien Green: Dixie, S. 122)

[Tod] Von Kleinigkeit zu Kleinigkeit bewegte man sich auf den Tod zu, falls man sich nicht gegen einen unbekannten Willen auflehnte. (Julien Green: Dixie)

[Interieur] Das Zimmer mit dem hohen Plafond und der ein wenig strengen Schlichtheit war dennoch um eine gewisse Eleganz bemüht: so schmückte etwa eine Überdecke aus malvenfarbener Seide das Säulenbett mit dem weißen Baldachin. Ein paar an den nackten Wänden aufgereihte Stühle mit gerade Rückenlehne verliehen dem Raum eine nüchterne Note; dagegen brachte ein großer Polstersessel aus schwarzem Leder als einziges Zugeständnis an Müdigkeit oder Faulheit, etwas viktorianisches England in eine Ecke. (J. Green: Dixie)

[Briefeschreiberin] "Im übrigen hat der Brief an mich auch eine Einlage. Da! Schwester Judith scheint sich, wie gewöhnlich, nicht ganz kurz gefaßt zu haben. Im Briefeschreiben ist sie noch ganz die Dame des vorigen Jahrhunderts, obschon sie dem unsrigen angehört und sich sogar den Tag von Austerlitz als ihren Geburtstag ausersehen hat. Beiläufig die wenigst patriotische Tat ihres Lebens." (Theodor Fontane: Graf Petöfy, S. 147)

[Bedürfnisse] Übrigens käme die Wahrsagerei wieder in Mode, was auch gut und erklärlich sei, denn je freier der Mensch werde, desto nötiger werd' ihm der Hokuspokus. (Theodor Fontane: Graf Petöfy, S. 47)

[Glaubensstur] "Und dann ist sie Lutheranerin oder Calvinistin, oder was weiß ich, und wird also sehr wahrscheinlich an der ewig wiederkehrenden protestantischen Ungezogenheit kranken, ihre ketzerischen Naivitäten in einem Tone vorzutragen, als ob ein Appell unmöglich sei." (Theodor Fontane: Graf Petöfy, S. 16)

[Wetter] Es war Ende Januar, einer jener unfreundlichen Tage, wo der Himmel nicht weiß, ob er nebeln oder nieseln soll. (Theodor Fontane: Graf Petöfy, S.6)

[Skepsis] George rief im Zentrum von Ramallah an, um ein Taxi zu seinem Haus zu bestellen, das mich nach Jerusalem fahren sollte. Der Fahrer war ein verwittert aussehender alter Mann, der schrecklich schläfrig zu sein schien, wenn man bedachte, daß es erst sieben Uhr abends war. Ich überlegte laut, ob Georg sein Bestes getan hatte. (Philip Roth: Operation Shylock. Ein Bekenntnis, S.184)

[Wirkung] Er spürte jene eigentümliche Mattigkeit in allen seinen Gliedern, die man nach starker Spannung und überwältigender Traurigkeit empfindet. (Oskar Maria Graf: Erben des Untergangs, S. 163)

[Frauenpower] In allen Ländern gibt es gewisse bemerkenswerte Frauen, die, wo auch immer sie erscheinen, so vollständig von dem sie umgebenden Raum Besitz ergreifen, wie ein großer Mime Besitz von der Bühne ergreift. (W. Collins: Jezebels Tochter, S. 62)

[Anziehend] Sie senkte wieder ihren Blick und glitt aus dem Zimmer. Von hinten bot sie den denkbar vorteilhaftesten Anblick. Selbst Herr Keller - von Natur aus der Schaustellung weiblicher Anmut unzugänglich - folgte ihr mit dem Blick und mußte feststellen, daß die Figur Haushälterin ohne Fehl und Tadel war. (W. Collins: Jezebels Tochter, S. 204)

[Gesund] Bob dagegen war meines Wissens so gesund, wie ein Mann seines Alters bei dem Leben, das er führte, nur sein konnte. Nur zwei- oder dreimal im Jahr wurde er daran erinnert, daß er auch einen Magen hatte, der durch den Weißwein auf eine harte Probe gestellt wurde. (Georges Simenon: Der grosse Bob, S. 39)

[Gestalten] Da es an jenem Samstag heiß war, möchte ich wetten, daß Lulu im Unterrock dasaß, dick wie sie war, litt sie unter der Hitze und hatte immer Schweißränder an ihren Kleidern. Wenn ich sie dick nenne, könnte ein falscher Eindruck entstehen. Denn durch ihren kleinen Wuchs wirkte sie viel dicker, als sie in Wirklichkeit war. Ich sollte sie besser als pummelig beschreiben, und ich habe auch schon gehört, wie Freunde sie mit einer Puppe verglichen. (Georges Simenon: Der grosse Bob, S. 6)

[Bei Stimme] Lulus Stimme klang gewöhnlich sonor und ein wenig heiser, sie schien jederzeit zu einem Spaß aufgelegt und immer bereit, im nächsten Augenblick in Lachen auszubrechen. An sich hatte sie eine ordinäre Stimme, doch sie sprühte immer vor Vitalität, so daß man unwillkürlich von ihrer guten Laune angesteckt wurde. (Georges Simenon: Der grosse Bob, S. 6)

[Ausgedient] Vielleicht wird das in Zukunft so ein müssen: die Empfindung kommt nicht mehr dank den alten Mitteln zustande. Die alten Mittel werden verbraucht sein. Ich meine die Liebe. Die Liebe wird verbraucht sein. Also wird man andere Mittel suchen müssen. (J.M.Coetzee: Der Meister von Petersburg, S. 120)

[Gelegenheiten] Eine schreckliche Hoffnungslosigkeit überkommt ihn, die - er weiß nicht, wie - mit der Tatsache zusammenhängt, daß er keine Ahnung hat, wie spät es ist, deren Kern aber in der wachsenden Gewißheit liegt, daß er nie wieder nachts hinausgehen wird, weil draußen ein Hund heult, daß er eine Gelegenheit verpaßt hat, sich selbst, so wie er ist, hinter sich zu lassen und so zu werden, wei er noch sein könnte. (J.M.Coetzee: Der Meister von Petersburg, S. 88)

[Trübe Ausssichten] Was das Leben auf der anderen Seite angeht, darein setzt er kein Vertrauen. Er rechnet damit, die Ewigkeit an einem Flußufer zu verbringen, unter Scharen von anderen toten Seelen, die alle auf ein Fährboot warten, das niemals kommt. Die Luft wird naß und kalt sein, das schwarze Wassser wird ans Ufer schwappen, die Kleider werden ihm am Leib verfaulen und vor die Füße fallen. (J.M.Coetzee: Der Meister von Petersburg, S. 22)

[Zuteilung] Das Minimumprogramm fürs Paradies, das mein Freund Juri einmal entwickelt hat - jedem Kind ein Eis, jeder Frau eine Blume, jedem Mann ein Bier... (Wladimir Kaminer: Schönhauser Allee, S. 178f.)

[Exklusiv] ... Männer von erlesener Beschäftigung, denen es wiederum nicht auf bloßes Amüsement ankommen konnte, sondern auf Erzeugung höherer, ihm noch nicht zugänglicher Stimmungen. (Martin Walser: Ehen in Philipsburg, S. 53)

[Vergleich] Ich sah aus wie einer von denen, die sich um neun Uhr morgens in der Eckkneipe einfanden und für die der Tag um zwölf abgehakt war. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 236)

[Leere] Nichts Gutes ahnend, begab ich mich zu meinem Kleiderschrank, der mich angähnte wie mein Kühlschrank ein paar Minuten zuvor: leer. Entweder hatten die Motten den Krieg gegen meine Sachen bereits gewonnen oder sie hatten ihn aus Mangel an Material gar nicht erst angefangen. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 235)

[Vorstellung] Die schweißtreibenden Feuilletons verschiedener Zeitungen, die ich mittlerweile neben den schweißtriefenden Fitnessperiodika konsumierte, hatten mir einen ungefähren Begriff davon verschafft, was Nadine für ihren Roman wollte: Ein paar Gestalten, die an ein paar Orten rumlungerten und ein paar Sätze redeten, die den alten Goethe im Grab rotieren lassen würden wie Spaghetti auf den Gabel. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 225)

[Sinnlos] Es war einer dieser Tage, an deren Ende man das Gefühl hatte, nicht aus dem Bett gekommen zu sein, in dem man schon wieder drin lag. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 226)

[Kontinuität] Ich hatte schwach begonnen und sofort stark nachgelassen. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 226)

[Momente] Sein Sohn namens Brendan lag bereits im Bett. Roberto machte sich ein Bier auf, setzte sich an den Küchentisch und verfolgte Vanessas Vorbereitungen für den Abend. Sie kam ein paar Mal in die Küche, jedes Mal in anderer Verkleidung, schenkte sich Prosecco nach und redete dummes Zeug, das Roberto mit jener Ironie abzufedern versuchte, für die Vanessa aufgrund ihres protestantischesn Elternhauses nicht emfänglich war. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 169)

[Notwendigkeit] "Daß du immer so verdammt gut drauf sein mußt - manchmal ist es wichtig, den Schmerz zu spüren." (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 166)

[Automatismus] Es ist fünf Minuten nach drei. Falls es jemanden noch nicht aufgefallen ist: der Blick geht automatisch zur Uhr, wenn Ärger in der Luft liegt. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 154)

[Frauentypen] Elfe M. war eine Opferlamm-Frau, das sah man auf den ersten Blick. Unsere Mutter hatte uns mal die sieben Frauentypen erklärt, die es gab: Kumpeltypen zum Beispiel oder bissige Stutenfrauen. Die Opferlamm-Frauen ziehen absichtlich Unglück an, damit sie hinterher von allen getröstet werden. (Amelie Fried: Taco und Kaninchen, S. 163)

[Typen] Mit einem lauten "Hallo, Nadine" auf den Lippen trat ein Mensch an uns heran, dessen wäßrige Augen hinter ein Paar sechseckiger Brillengläser funkelten. In 'Die Zeitgeist' tauchten Leute wie er in der Rubrik "Intellektuelles Leben" auf, schon des Tweedjacketts wegen und weil sie Wörter wie Idiosynkrasie benutzten, wenn sie ihren Putzfrauen Anweisungen gaben. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 155)

[Kurierfahrer] "Herr Müller?" Ein typischer Bote stand vor der Tür. jung, wichtigtuerisch, ausgebeutet und mit einer albernen Uniform bekleidet. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 63)

[Fernsehen] Es war keine gute Zeit, um fernzusehen: auf den meisten Kanälen wurde herumgeschrien, gefuchtelt und gestammelt, oder es liefen Reportagen über die Zuneigung einer Gans zu einem Schäferhund oder den abgeschnittenene Arm einer arglosen Patientin, die sich eigentlich zum Zwecke der Brustvergrößerung ins Krankenhaus begeben hatte. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 62)

[Zugehörig] Seit kurzem allerdings hatte sie ein zweites Eisen im Feuer, eine heiße Sache, die ihr die Weihen des höheren Journalismus einbringen konnte, eines Journalismus für Akademiker, wie Argus all die abfällig bezeichnete, die ihre Art der Berichterstattung für ambivalent hielten. (André Kubiczek: Die Guten und die Bösen, S. 33)

[Durchschaut] Wenn man die Tricks des Schicksals durchschaut, macht man alles nur noch schlimmer. So erstaunlich die Lebensweisheiten sind, die ich hier an euch weitergebe - sie sind auch ein Fluch. Warum? Ich sag's euch: Sobald man weiß, was passieren kann, wartet man drauf, daß es passiert. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 100)

[Erkenntnisse] Mich beschleicht eine Erkenntnis; Leute, die dümmer sind als man selbst, haben am Ende das Sagen. Schaut euch doch nur an, wie's läuft. Ich will ja nicht behaupten, daß ich ein Genie bin oder so, aber diese Vollspasten kontrollieren jede meiner Bewegungen. So langsam glaube ich, daß nur die Dummen sicher sind in dieser Welt, die mit der Herde trotten, ohne immer über alles nachzudenken. Ich dagegen muß mir über den kleinsten Scheiß Gedanken machen. Schaut mich doch nur an. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 100)

[Schicksalslieder] Schon mal jemandem aufgefallen, wie sich jedesmal, wenn einem was passiert im Leben, wenn man sich verliebt oder so, ein Lied daran knüpft? Schicksalslieder sind das. Paßt bloß darauf auf. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 84)

{Vergleich] Ihre Stimme rubbelt auf meiner Kükenschale herum wie Kosmetikwatte. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 79)

[Impression] Durch das Fenster lockt mich das Tageslicht mit einer Melodie von geschmolzenem Fruchteis, das auf den Bürgersteig tropft, und dem Geist winziger Tränen. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 79)

[Richtiger Riecher] Das Timing dieser Ladys ist erstaunlich, das muß ich sagen; als hätten sie einen Skandalradar oder so was. (DBC Pierre: Jesus, von Texas, S. 63)


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