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[Orte] In der Diele, wo es so elefantenhaft nach Regenschirmen roch... (John Updike: Ehepaar, S. 253)

[Wissenschaft] Alles, was wir - alles, was wir tun, Wh-Whitman, ist doch nur St-tümperkram. Sie dürfen nicht g-glauben, das - ah- das Leben sei uns was sch- schuldig, wir qu-quetschen die alte N-Nutte einfach aus, so gut wir können, hm? (John Updike: Ehepaare, S. 105)

[Enttäuschungen] Janet war eine Frau, in der frühe Schönheit hohe Erwartungen genährt hatte. Sie blieben unerfüllt, und das hatte einen säuerlichen Idealismus mit sich gebracht, einen Idealismus, der nur dazu taugte, die Welt schlecht zu finden. (John Updike: Ehepaar, S. 162)

[Neurotisch] Angela sagte: "Du weißt doch, was 'neurotisch' ist. Du tust Dinge, von denen du nicht weißt, warum du sie tust. Du schläfst mit irgendwelchen Frauen, willst aber eigentlich deine Mutter umbringen." (John Updike: Ehepaar, S. 216)

[Nahrung] Die Salami, die er zum Lunch gegessen hatte, lag ihm wie kleingehackter Tod im Magen. (John Updike: Ehepaare, S. 100)

[Kleidung] Er rauchte Pfeife und trug eine Monteurhose, die so viele Taschen hatte wie eine Eisenwarenhandlung Schubladen. (John Updike: Ehepaare, S. 94)

[Anders gedacht] "Ich muß sagen, deine angemalte Freundin Janet mit ihrem Klopf-mich-auf-den-Hintern-Hosen macht ästhetisch keinen Eindruck auf mich." "Was für einen Eindruck macht sie denn auf dich, Fox?" "Daß sie weniger glücklich ist, als sie eigentlich sein sollte. Sie war als lustige dicke Person gedacht, und irgendwann ist schiefgegangen." (John Updike: Ehepaare, S. 82)

[Gesetzmäßigkeit] Aber eine Liebesaffäre möchte sich ausplaudern, möchte ihre Seligkeit mit der Welt teilen. Keine Handlung ist so geheim, daß sie nicht doch Beifall sucht. (John Updike: Ehepaare, S. 124)

[Enttäuschend] Janet war eine Frau, in der frühe Schönheit hohe Erwartungen genährt hatte. Sie blieben unerfüllt, und das hatte einen säuerlichen Idealismus mit sich gebracht, einen Idealismus, der nur dazu taugte, die Welt schlecht zu finden. (John Updike: Ehepaar, S. 162)

[Orte] Ben arbeitet in einem der Atomkraftwerke an der Route 128, die alle aussehen, als ob sie Eiskrem fabrizierten. (John Updike: Ehepaar, S. 65)

[Vergleich] Aus der anderen Tür zwängte sich Georgene Thorne mit einem Kind, das in einem lästigen Alter war und so dick gewindelt, daß seine Beine auseinanderstanden wie die Stelzen eines H. (John Updike: Ehepaar, S. 76)

[Statement] Ich habe nichts gegen mediokre Leute, vorausgesetzt, daß ich ihnen nichts beibringen muß. (John Updike: Ehepaar, S. 46)

[Vergleich] Auf der Brühe schwamm, in fötalem Frieden, eine Zitronenscheibe. (John Updike: Ehepaar, S. 32)

[Typen] Die Frauen, die sie in Cambridge gekannt hatten, waren größtenteils schlichte Quäkermädchen gewesen, die friedliche Ehen mit Strebern führten, oder solche, die auf abstoßende Weise mit eigenen Geistesgaben gepanzert waren, unnahbare Zigeunerschönheiten, mit hitzigen Meinungen über kubanische Unabhängigkeit und deutsche Schuld. (John Updike: Ehepaar, S. 45)

[Bestrebungen] Dann der Choral: "Wir erklimmen Jakobs Leiter". Piet hätte weinen mögen inmitten all dieser Yankees, die sich Mühe gaben, wie Sklaven zu singen. (John Updike: Ehepaar, S. 27)

[Ersatz] Das Haus war mit einem solchen Aufwand restauriert worden, daß es für Foxy die empfindliche Verletzlichkeit einer neubezogenen Wohnung hatte. Foxy konnte es nachfühlen, daß ein kinderloses Ehepaar seine Möbel verhätschelte. (John Updike: Ehepaar, S. 30)

[Gedanken] sprang vom ... Gedanken an seine Töchter über zur Erinnerung an seine Eltern, die so ungerecht, so andauernd tot waren. (John Updike: Ehepaar, S. 25)

[Gestalt] Auch er war nackt. Seine Hände, Füße, sein Kopf, seine Genitalien schienen für einen größeren Mann bestimmt: als ob sein Schöpfer, als er sah, daß der abkühlende Leib zu klein geraten war, ihm rasch noch eine letzte Dosis Plasma injiziert hätte, die dann an diesen Extremitäten zu massigen Klumpen geronnen war. Physisch hielt er sich wie jemand, der sich einer potenten Last bewußt ist, die arbeitsrauhen Hände leicht gekrümmt, den Akrobatenrücken ein wenig gebeugt. (John Updike: Ehepaar, S. 15)

[Realität] Den echten Sohn der Wüste sehen heißt, ihn für immer der Romantik zu entkleiden - sein Roß sehen heißt, voll Mitleid danach zu verlangen, ihm das Geschirr abzunehmen und es auseinanderfallen zu lassen. (Mark Twain: Die Arglosen im Ausland, S. 506)

[Augenblicke] Ich war an diesem Sonntagmorgen früh auf und ging zeitig zum Frühstück. Ich verpürrte einen ganz natürlichen Drang, einen gründlichen, langen, vorurteilsfreien Blick auf die Passagiere zu werfen, und zwar dann, wenn sie sich ungezwungen geben - und das ist beim Frühstück, wenn es im Leben menschlicher Geschöpfe überhaupt solch einen Moment gibt. (Mark Twain: Die Arglosen im Ausland, S. 22)

[Zivilisation] Wir besuchten das Gefängnis und sahen maurische Gefangene, die Matten und Körbe flochten. (Diese Sache, Verbrechen, nutzbar zu machen, riecht nach Zivilisation.) (Mark Twain: Die Arglosen im Ausland, S. 70)

[Parole] Besser stehend zu sterben (...) als auf den Knien zu leben. (Strugatzki: Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang)

[Momente] Das unbestimmte Entsetzen, das mich lähmte, verwandelte sich in einen ganz konkreten Alltagsschreck. (Strugatzki: Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang)

[Sinngebung] Von Gott haben wir uns losgesagt, doch auf unseren eigenen Beinen stehen, ohne Stütze, ohne Mythos-Krücken - das können wir noch nicht. (Strugatzki: Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang)

[Trinkerspruch] "Wer Tee trinkt, an dem ist Hopfen und Malz verloren". (Strugatzki: Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang)

[Mit der Urne] "Sie ist immer noch schön, nicht?" Ein sehr subjektives Urteil, doch stumm und fromm nickten wir. Und er hielt sich die Asche unter die Nase und sog sie ein wie Schnupftabak. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte)

[Hoffnungslos] Er hatte kurz nach dem Krieg eine Frau geheiratet, deren postnatale Depression offenbar auf ihre eigene Geburt zurückging. (Alan Isler: Klerikale Irrtümer, S. 36)

[Sex] "Du behälst das für dich, klar? Selbst das Vögeln - ich bin nun echt nicht frigid - doch das Vögeln, das ist irgendwie wie Masturbieren - nur daß der Vibrator Arme und Beine hat, und wenn man auf eine bestimmte Stelle drückt, kann er sogar sprechen, verstehste. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 160)

[Verknappung] Man hing an seinen Lippen. Es war, als weilte Jesus wieder unter uns und müßte all seine Gleichnisse für einen Kurzbericht der Tagesschau komprimiert herunterrattern. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 148)

[Anderswo] "Seine Mutter nannte sich Gräfin." "In Montenegro", sagte Paul, "ist man schon adlig, wenn man zwei Ziegen auf einer Bergweide besitzt." (Muriel Spark: Das Treibhaus am East River, S. 122)

[Natur] Kaum hörbar forderte ein Vogel die Stille mit einer gewagten Note heraus. (Tom Petsinis: Die Buchliebhaberin, S. 266)

[Abreagieren] Das Tagespensum an Zwistereien war erledigt, und wir schwelgten in den wenigen gemeinsamen Feindbildern, luden Flüche auf diesen und jenen, hauptsächlich auf literarische Berufsjuroren, die in unsrer Achtung noch weit unter den Führerscheinprüfern rangierten. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 144)

[Party] Allgemein wurde bemerkt, daß die Party einen gefährlichen Punkt erreicht hatte. Die meisten der Singles waren vergeben, das Büffet abgegrast bis zum letzten Aspikwürfel, langsam begannen ein paar der obligaten geltungssüchtigen Nichtskönner programmatisch unflätig zu werden. Je nachdem, welchen Stil sie vertraten, rüpelten sie die Gäste oder die Einrichtung an. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 145)

[Humor] Eine stadtbekannte Frauenrechtlerin vom militanten Flügel trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck: 'Ich schlafe nur mit Herzchirurgen und Showmastern - und selbst die kriegen keinen geblasen!' Das klang erfrischend. Die Achtziger waren vorbei, prompt konnte man sogar bei den Emanzen wieder Humor entdecken. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 132)

[Lügen] Die junge Dame lügt sogar übers Wetter das Blaue vom Himmel herunter. (Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes)

[Vergangenheit] "Es ist gut gewesen", sagte ich zu B. "Trotz allem. Es ist mir nichts mehr peinlich davon. Peinlich ist eher die wachsende Lust an der Erinnerung." "Ich versteh', was du meinst. Die Vergänglichkeit wird permanent großartiger. Kann nicht mehr viel los sein mit uns." "Prost!". (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 78)

[Irrtum] Erst als der Kaffee kam, hatte Arnold seine Koffer gepackt. Er war ruhiger geworden, offenbar weil er, wie so manche, dem heilvollen Irrtum erlag, daß gepackte Koffer schon eine zurückgelegte Reise garantieren. (Joseph Roth: Zipper und sein Vater)

[Veränderung] Ganz am Anfang ihrer Geschichte hatten sich Eckhard und Ruth gebadet, bevor sie miteinander schliefen. Jahre später badeten sie, nachdem sie zusammen geschlafen hatten. Und heute badeten sie nur noch. (Wilhelm Genazino: Die Ausschweifung)

[Geborgen] Sie öffnet eine Falte ihres Gewandes und entblößt ein rosa Busengebirge. Sie schiebt eine Hand in die Bergschlucht; ihre Eier sind wohlgeborgen. Sie hat sich angewöhnt, die Eier ihrer Seidenraupen zwischen und unter ihren Brüsten warmzuhalten; auch neugeborene Lämmchen nimmt sie an den ersten kalten Frühlingstagen mit in das riesige Bett ihrer Ahnen und legt sie dort ans Fußende, und noch so manch andere tut sie. Jetzt hüllt sie sich wieder in ihre Gewänder und schickt sich an, vom Sofa aufzustehen. (Muriel Spark: Das Treibhaus am East River, S. 42)

[Rechnung] Sie treffen einen Mann, der sagt, ich bin 1048 Jahre alt. Wie das? Ganz einfach, ich bin 60 Jahre alt, habe 12 Jahre im Zuchthaus und im Lager gesessen, und draußen ging das 1000jährige Reiche vorbei, als genau 1048 Jahre. (Uwe Timm: Rot, S. 126)

[Kommunikation] Wenn man ihr aber erklären will, was das bedeutet, interessiert es sie nicht. Man kommt nicht an sie heran. Sie sieht aus dem Fenster, und ich stehe da wie ein Krämer, der von Michelangelo eine überfällige Rechnung kassieren will, während er auf dem Gerüst steht und die Sixtinische Kapelle bemalt. (Muriel Spark: Das Treibhaus am East River)

[Vorteil] Ich sah in den Spiegel über dem Waschbecken und überlegte. Es ist gut, beim Überlegen in den Spiegel zu schauen. Man hat dann noch eine zweite Meinung. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 49)

[Frauen] "Frauen! Bekommen irgendwann 'nen Denkanfall, begreifen, was sie für ein verkorkstes Leben führen - und was ändern sie als erstes? Den Partner! Na danke!" (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 47)

[Ansinnen] Dirk fragte, ob er heute nacht hier bleiben könne, was angesichts der zwölf Quadratmeter meines Gartenhäuschens auf einen verwirrten Geisteszustand schließen ließ. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 46)

[Musik] Zum Bolero möchte ich mich bewegen, bewegen, sagte ich, zumindest bewegen. Höre ich den Bolero aber in einem Konzert, komme ich mir wie gewaltsam festgeschraubt vor, als handelt es sich um ein peinliches Ausharren- und Zuhören-Müssen, als werde man gezwungen, dem Liebesakt eines schönen Paares beizuwohnen, ohne sich auch nur räuspern zu dürfen. (Hanns-Josef Ortheil: Lo und Lu, S. 122)

[Schneemann] Dieses Bauen von Schneemännern ist mir aus der Kindheit noch gut in Erinnerung, es war eine lange, sich stundenlang hinziehende, anstrengende Arbeit, an deren Ende man durchnäßt und verschwitzt ein mollig-drolliges, aber meist auch etwas autistisches Wesen betrachtete, das nach der Fertigstellung gleich sentimental zu tropfen begann. (Hanns-Josef Ortheil: Lo und Lu, S. 24)

[Ehe] "Heiraten", sagt er, "das ist: in einen Sack hineingreifen, in dem viele Giftschlangen sind und ein einziger Aal. Jetzt heißt's: mit dem ersten Griff den Aal packen." (Luise Rinser: Baustelle. Eine Art Tagebuch, S. 110)

[Sublimiert] Da Goethe sich als Werther erschossen hat, kann er nun als Doktor Heinrich Faust achtzig Jahre alt werden. (Hartmut Lange: Tagebuch eines Melancholikers)

[Begleiterscheinung] Er wünschte sich eine Jahreszeit herbei, die seiner Niedergeschlagenheit geschmeichelt hätte. (Hartmut Lange: Das Konzert, S. 88)

[Einflüsse] Es war der heißeste Tag des Jahres, reihenweise hagelte es Kollapse und Frühgeburten... (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 23)

[Schon damals] Nach alter Sitte begannen die Zeitungen der abgelösten Regierung bereits das Land als rettungslos verloren hinzustellen und gehässige Bemerkungen (...) zumachen. (Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias)

[Geschmack] Sie gingen ins Speisezimmer hinunter. Und dort, angesichts des großen verzierten Eichenkamins, den - wie Karyatiden - zwei schwarze Nubierfiguren mit funkelnden Kristallaugen flankierten, fand Maria Eduarda den Geschmack Crafts exzentrisch, ja beinahe exotisch. Carlos verriet ihr auch nicht, daß Craft den richtigen Geschmack eines alten Atheners hatte. Er war ein Angelsachse, den ein Strahl südlicher Sonne getroffen hatte. (Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias)

[Kontinuität] "Es scheint, diese Stickerei nimmt nie ein Ende!" sagte er schließlich und war ungehalten darüber, daß sie sich so unbeschwert mit ihren Wollknäueln beschäftigte. Den Stickrahmen auf ihren Knien, antwortete sie, ohne aufzublicken: "Weshalb sollte es ein Ende nehmen? Das große Vergnügen besteht ja gerade darin, sich ständig damit zu beschäftigen, finden Sie nicht auch? Heute ein Stich, morgen ein Stich, so entsteht eine Verbindung. (Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias)

[Erlernt] Sie konnte schon den Ton der Vollschwester, den eines Stehenden zu einem Liegenden, forsch und nett im Vorübergehen. (Uwe Johnson: Zwei Ansichten, S. 61)

[Beschränkung] So beschränkt war der Eelende, daß er den Menschn, den er schlecht machn wollte, vor sich schtehen haabm habm mußde ! (Arno Schmidt: Kaff auch Mare Crisium, S. 264)

[Fixierung] Die Treppe war das Hauptidol ihres Daseins - nicht als ein Symbol glorreichen Aufstiegs, sondern als etwas, das schön poliert bleiben mußte, so daß ihr schlimmster Alptraum (nach einer zu großen Portion Kartoffeln und Sauerkraut) eine weiße Treppe mit schwarzen Stiefelspuren, erst rechts, dann links, dann wieder rechts und so weiter, war - bis hinauf zum Treppenabsatz. (Vladimir Nabokov: Gelächter im Dunkel, S. 17)

[Wortperle] "emotionales Gebrechen" (Jose Maria Eça de Queiroz: Die Maias)

[Wortperle] "... die Last bekümmerter Liebe". (Charles Dickens: Bleakhaus)

[Bestimmung] Er war dazu bestimmt, (...) einer jener literarischen Ärzte zu werden, die Krankheiten erfinden, an denen die einfältige Menscheheit sogleich zu sterben bereit ist. (Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias, S. 105)

[Jacke wie Hose] "... op Bonn op Pankow : wir ha'm nischt wie Gesinnunxterror !" (Arno Schmidt: Kaff auch Mare Crisium, S. 46)

[Bemerkung] "Wenn es 1 Gott giebt ? : zumindest hat er die Übersicht verloren." (Arno Schmidt: Kaff auch Mare Crisium, S. 48)

[Klarstellung] "Es geht um höhere Gewalt!" "Ich bin deine Frau, ich bin die höchste Gewalt, die du je zu spüren bekommst!" (Die Unglaublichen)

[Charme] Er war ein guter Unterhalter, mit jenem ganz leichten Stocken in seiner Sprechweise, dem besten Teil am Stottern, das selbst der abgestandensten Phrase frischen Charme verleiht. (Vladimir Nabokov: Gelächter im Dunkel, S. 10)

[Liebe] Ihre Liebe war von Lilienart; aber dann und wann entflammte sie, und zu solchen Zeiten wurde Albinus verleitet zu glauben, daß er einen anderen Liebespartner nicht nötig hätte. (Vladimir Nabokov: Gelächter im Dunkel, S. 12)

[Völlig unbedarft] Name? Jo. Hat keinen andern, soviel er weiß. Weiß nicht, daß jeder Mensch zwei Namen hat. Hat niemals von so was gehört. Weiß nicht, daß Jo die Abkürzung für einen längeren Namen ist. Glaubt, daß er lang genug für ihn ist. Findet nichts daran auszusetzen. Kann er ihn buchstabieren? Nein. Er kann ihn nicht buchstabieren. Hat keinen Vater, keine Mutter, keine Freunde. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 180)

[Ennui] Um nur die Wahrheit zu sagen, sie können gar nicht schnell genug abreisen, denn selbst hier hat sich Lady Ledlock zu Tode gelangweilt. Konzert. Matinee, Oper, Theater, Spazierfahrt, nichts ist Mylady neu unter dieser abgenutzten Sonne. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 189)

[Angewohnheit] Das war eine kleine Angewohnheit von ihr - Fragen zu stellen über Dinge, die in ihrer Gegenwart bereits erschöpfend diskutiert worden waren. Es war reine Nervosität von ihr, nicht Stumpfheit oder Mangel an Aufmerksamkeit; und meistens bemerkte sie, noch während sie ihre Frage stellte und hilflos am Satz hinunterschlidderte, daß sie die Antwort die ganze Zeit gewußt hatte. (Vladimir Nabokov: Gelächter im Dunkel, S. 9)

[Kategorien] Er pflegte zu bemerken, daß es zwei Klassen wohltätiger Leute gäbe; die einen, die wenig tun und viel Lärm machen, die andern, die gar keinen Lärm machen und viel tun. (Charles Dickens: Bleakhaus, S. 127)

[Außer sich] Ich hatte absolut keine Lust, zu mir zu gehn, wollte außer mir sein. Wie die letzten Proleten betranken wir uns an einer der Bars. Harte Drinks auf ex. Suizidale Sauferei. (Helmut Krausser: UC, S. 163)

[Zeiten] Die Zukunft war damals meine Sehnsucht, so wie heute die Vergangenheit mein Heimweh ist. (Arnold Stadler: Sehnsucht, S. 11)

[Wirkungen] ...der anästhesierende Einfluß der Gewohnheit. (Jochen Schmidt: Abschied aus einer Umlaufbahn)

[Bedarf] Für die Kinder wünscht man sich einen Himmel, dachte Ruth. Nur um sagen zu können: "Daddy ist im Himmel, Graham." (John Irving: Witwe für ein Jahr, S. 649)

[Unberührt] Mr Fletcher war einer jener traurigen, zurückhaltenden Menschen gewesen, denen nach ihrem Tod niemand etwas nachsagen kann und die zwischen Gut und Böse hindurchgehen wie zwischen Hecken am Rande eines breiten Weges. (Julien Green: Mont-Cinere, S.13)

[Distanz] Der Tod ihres Mannes war für Mrs. Fletcher kein Grund zu ernstlicher Trauer. (Julien Green: Mont-Cinere, S. 16)

[Lächeln] Die Frau starrte mich an, und ich lächelte mein Alte- Damen-Lächeln (ich habe ein Lächeln für kleine Mädchen, eins für ältere Damen). (Ralf Rothmann: Stier, S. 349)

[Resigniert] "Sagen Sie Ihrem ungehobelten Miststück von Frau, sie soll aufhören, meine Freundin anzuschreien. Sagen Sie ihr, sie soll lieber ihren Wichser von Sohn anschreien!" "Junge Dame", sagte Pers Vater, "meine Worte haben schon seit Jahren keine erkennbare Wirkung mehr auf meine Frau." (John Irving: Witwe für ein Jahr, S. 370)

[Vor/Nachteil?] Wenn ich sie zu beschreiben versuche, wirkt sie immer etwas langweilig, was leider das Stigma guter Menschen zu sein scheint. (Helmut Krausser: UC, S. 326)

[Versäumnis] "Sie scheinen mir jemand zu sein, der für Größeres geboren wurde, aber im Kleinen gelebt hat." (Helmut Krausser: UC, S. 307)

[Ausdünstungen] Er schwitzte. Und sein Schweiß stank. Wie eine Männerumkleidekabine zwei Tage nach dem besten Basketballspiel der Saison. (Helmut Krausser: UC, S. 403)

[Gestus] Auf dem Flur stand Oberarzt Voigt und hörte einer Besucherin zu: Er machte das seriöse, Mitgefühl simulierende Gesicht, das Ärzte zu den Visiten aufsetzen, während sie innerlich ganz woanders sind. (Ralf Rothmann: Stier, S. 348)

[Gesellschaft] Wo der verinnerlichte Mensch die Gesellschaft majorisiert, entsteht jene Verkehrsform, die, weil der eigene Reichtum gelassen und ruhig macht, nur freundlich distanziert ausfallen kann. (Hartmut Lange: Tagebuch eines Melancholikers)

[Angemessen] "Wie hieß er nochmal, dieses Schwein im Anzug?" "Miereck." "Netter Name. Ich hoffe, er ist gestorben?" "1931. Ein Pferd hat ihm mit dem Huf den Kopf zertrümmert." "Gut so. Es gibt Todesarten, die einem richtig Spaß machen können." (Philippe Claudel: Die grauen Seelen, S. 119)

[Kleines Glück] Ein Blatt vom Baum fallen sehen, es aufheben und ihm für seine Färbung danken. (Helmut Krausser: UC, S. 160)

[Vorteile] ... besaß eine seltene Form von Verlierer-Charme, der es einem erlaubte, ihm immer wieder zu verzeihen. (Helmut Krausser: UC, S. 156)

[Unterwerfungsmechsnismus] Viele Frauen reagieren praktisch wehrlos, sobald man ein Instrument gut beherrscht. Das ist kein Klischee, ist schlicht und einfach wahr. Oft noch die unmusikalischsten unter ihnen haben eine Art eingebauten Unterwerfungsmechanismus, der auf handgemachte Klänge anspricht. Du spielst auf dem Klavier etwas, und es ist, als spielten deine Finger mit den intimsten Stellen der Zuhörerinnen, als besäßen Frauen etwas wie eine natürliche Demut vor der Magie der Pianisten. (Helmut Krausser: UC, S. 146)

[Routine] ... gewisse unvermeidliche Manipulationen auf Toilette. (Heinrich Böll: Fürsorgliche Belagerung, S. 42)

[Heraus] Aus dem Alter, in dem einem jeder weibliche Körper etwas bedeutet, und seis nur deswegen, weil man danach eine Kerbe in den Bettpfosten schnitzt, aus diesem Alter war ich gottlob raus. (Helmut Krausser: UC, S. 136)

[Ausmaße] So lange Finger! Der kann sich beide Ohren mit einer Hand zuhalten. (Ralf Rothmann: Stier, S. 277)

[Wirkungen] Da hat sich ein Bestattungsinstitut gemeldet. Die Preise für Beerdigungen sind tödlich. (Antonio Lobo Antunes: Einblick in die Hölle)

[Zeit] Die Uhren strickten gierig die nicht enden wollende Zeit zu einem ängstlichen Schal aus Sekunden. (Antonio Lobo Antunes: Einblick in die Hölle)

[Fokusiert] Pfleger Geel, zwei Zentner, besaß neben der zupackenden Fühllosigkeit, die das Personal der Chirurgie allgemein kennzeichnete, einen ausgeprägten Sinn für männliche Schönheit, und so hingabevoll er einen verrenkten Leistungssportler oder einen bleichen, herzoperierten Jüngling umsorgen konnte, so gleichgültig waren ihm weibliche Patienten. (Ralf Rothmann: Stier, S. 276)

[Blicke] und sah mich an wie ein Cockerspaniel, der in den Hauptwaschgang geraten war: Kann jedem passieren. Tut mir leid. Entschuldige. (Ralf Rothmann: Stier, S. 260)

[18] Laß und über was Ziviles reden, ja? Genau! sagte Meier, langte über den Tisch und streichelte Sonjas Wange. - Wie fühlt man sich denn nun, mit achtzehn, liebe Cousine? Noch Kälbchen? Oder schon Kuh? Sie streckte ihm die Zunge heraus und er nickte. - Bißchen belegt. Bestätigt übrigens meine Theorie. Kaum sind die Menschen erwachsen, werden sie krank. Wenn die Träume aufhören, fängt das Trauma an. (Ralf Rothmann: Stier, S. 223)

[Momente] ... die mit eucharistischem Appetit zu den Kuchen gebeugten Priester. (Antonio Lobo Antunes: Einblick in die Hölle, S. 18)

[Hemmung] Mir wurde unbehaglich. Klagten andere Menschen ihr Leid, litt ich Qualen an der Vorstellung, sie wollten einen Trost von mir, zu dem ich mich selten in der Lage sah; zu groß war die Angst vor dem falschen Ton. (Ralf Rothmann: Stier, S. 176)

[Wirkungen] Munitioniert mit schlechten Filmen, zog meine Phantasie selbst das Abstruseste in Betracht. (Helmut Krausser: UC, S. 82)

[Verzicht] Glück, das sich als solches erst erweist, nachdem es längst verloren ist, und durch eigene Schuld, wird zur Folter, zur Peitsche aus der Vergangenheit. Aber im Glauben, an nichts von alledem zu denken, hieße, frei zu werden, tötet man die letzten Rest Glut in sich ab. (Helmut Krausser: UC, S. 76)

[Einmal noch] Jeder, bei dem bisher nichts geklappt hat, kann noch was ganz Neues versuchen. Einmal noch. Man trifft sich vielleicht zum letzten Zeitpunkt, an dem es für manche nicht todpeinlich wird. (Helmut Krausser: UC, S. 55)

[Vorlieben] Ich verschaue mich gern in Mauerblümchen, Graumäuse, Seelchen, Landschulfräulein und leicht unterernährte Strohhalmkauerinnen, deren gewagteste erotische Phantasie bereits aus Sex bei Licht besteht. (Helmut Krausser: UC, S. 24)

[Sinnsuche] Das muß doch dem Dümmsten klar sein: so kann die Welt nicht immer gewesen sein. (dem Hören nach aus Klaus Hoffers Roman "Bei den Bieresch".

[Musik] Ich wußte nicht, was mir fehlte, und hatte keine Ahnung, was mir helfen konnte; nur Musik linderte meine rätselhaften Leiden, besonders die von den Freunden so geschmähte klassische Musik - jede Droge war doch nur ein Destilat aus Beethovens "Kreuzersonate". (Ralf Rothmann: Stier, S. 82)

[Wetter] Der Januar bescherte wie immer den einen Tag, an dem die Leute sagten, die Luft rieche nach Frühling. (Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung, S. 114)

[Musik] Für mein Londoner Debut standen Strauss' Metamorphosen und Bruckners Neunte auf dem Programm. Entrückungsmusik, mit mehr als einem Bein im Jenseits. (Helmut Krausser: UC, S. 14)

[Trinken] Er strömte warmes Wohlbefinden aus, denn er hatte unterwegs im Anker einen oder zwei gehoben. (Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung, S. 113)

[Laute] Jetzt war im oberen Flur ein schwaches Wispern, Schaben und Klopfen zu hören, und ein Gegenstand schien hin und her gezerrt zu werden, wie ein schweres Katzenspielzeug an einem Strick. Wie immer redete Florence sich auch diesmal nicht ein, das habe nichts zu bedeuten. "Dir geht es doch gut, Christine, oder?" Das kleine Mädchen sagte ja. Unerklärlicherweise antwortete sie in ihrer 'besten' Stimme, derjenigen, die ihre Klassenlehrerin immer dann hören wollte, wenn Florence Nightingale oder die Jungfrau Maria gespielt wurden. (Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung, S. 81)

[Ein Schlag] Als Florence, immer noch ängstlich bedacht, das Kind nicht zu kränken, ihm aufmunternd zulächelte, lächelte Christine zurück, so daß zwei abgebrochene Schneiderzähne sichtbar wurden. Sie waren im letzten Winter abgebrochen, und zwar ganz komisch, als die Wäsche auf der Leine steif gefroren war und Christine von einem vereisten Unterhemd einen Schlag ins Gesicht bekommen hatte. (Penelope Fitzgerald: Die Buchhandlung, S. 66)

[Glaube] "Ich habe einen Onkel, der ist Pope, der glaubt so fest, daß er, wenn er bei Dürre aufs Feld geht, um Regen zu erbitten, einen Regenschirm und einen Ledermantel mitnimmt, damit ihn auf dem Rückweg der Regen nicht durchnäßt. Das nenne ich Glauben! (Anton Cechov: Das Duell)

[Zeitvergeudung] "Ein Glaube ohne Taten ist eine tote Sache, aber Taten ohne Glauben sind noch schlimmer, nur Zeitvergeudung, weiter nichts." (Anton Cechov: Das Duell)

[Abstände] Am besten ging es, wenn wir uns auch tagsüber sahen. Wenn der eine den ganzen Tag über fort gewesen war und wir uns erst abends wiedersahen, trat immer ein kritischer Moment ein. Das geschah stets irgendwann nach dem Abendessen, wenn der erste Bericht von dem Kaffee, kurz vor den Fernsehnachrichten, es entstand eine Art Ebbe, das Wasser zog sich zurück, die Steine wurden sichtbar. (Lars Gustafsson: Der Tod eines Bienenzüchters, S. 54)

[Verwechslung] Das Lehrerseminar war wirklich sehr anspruchslos, ich hatte lediglich ernsthafte Schwierigkeiten, Orgel spielen zu lernen, diese verdammten Pedale wollten mir nicht recht gehorchen, und als ich dann etwa zehn Jahre später Autofahren lernte, beklagte sich der Fahrlehrer darüber, daß ich die Pedale des Autos behandelte als seien es Orgelpedale. (Lars Gustafsson: Der Tod eines Bienenzüchters, S. 46f.)

[Unentbehrlich] "Liebt sie dich?" "Ja, sie liebt mich insoweit, als sie in ihrem Alter und bei ihrem Temperament einen Mann braucht. Sie würde sich von mir genauso schwer trennen wie von ihrem Puder oder ihren Haarwickeln. Ich bin für sie ein unentbehrlicher Bestandteil ihres Boudoirs? (Anton Cechov: Das Duell)

[Ausmaße] Als mir die Post wegen meines Umfangs eine eigene Postleitzahl verpassen wollte (...) (Ernie J. Zelinski: Die Kunst, mühelos zu leben)

[Einschränkung] Es waren nun bald zwanzig Jahre vergangen, seit Mrs Paley sich zum letztenmal selbst die Schuhe zuschnüren oder sie auch nur hatte sehen können, denn das Unsichtbarwerden ihrer Füße war insofern mehr oder minder genau mit dem Tod ihres Gatten, eines Geschäftsmannes, zusammengefallen, als Mrs Paley bald nach diesem Ereignis dick zu werden begonnen hatte. (Virginia Woolf: Die Fahrt hinaus, S. 207)

[Sprache] Da schiebt Carla ihren Wagen schon über die Kreuzung, Jörg liegt ruhig wie meist, wenn er gefahren wird, läßt die Augen wandern. Manchmal spricht ihm Carla etwas vor. Richtige, klare Sätze sind das, kein Kleinkinderwelsch. Carla hat sich vorgenommen, mit Jörg von Anfang an wie mit einem vernunftbegabten Wesen zu sprechen, Lampe und nicht Guckelicht, essen und nicht bababmachen. (Erich Loest: Schattenboxen, S. 46)

[Zustand] Mein Herz steckte voll Angst und Forcht, die Schenkel voll Müdigkeit, der leere Magen voll Hunger, das Maul voll Durst, das Hirn voll närrischer Einbildung und die Augen voller Schlaf. (Grimmelshausen: Simplicissimus, S. 20)

[Sonntag]  Gurgeln im Bad, Jörg kräht, der Wasserkessel pfeift, es ist ein Sonntagmorgen wie aus der Fernsehreklame, wenn der Hahn kräht, die Sonne feixt, das Tischtuch auf der Terasse strahlendweiß schimmert, mordsgesunde Kinder ihre Prachtgebisse in Margarinestullen schlagen. Carla stürmt herein und duftet nach Seife und Frische und reißt das Fenster auf. (Erich Loest: Schattenboxen, S. 99)

[Beschäftigung] Eines Abends malten wir in die Asche am Kamin - so maßlos langweilen wir uns! - die Anfangbuchstaben der Frauen, um deretwillen wir ehedem die unsere Eigenliebe demütigendsten Torheiten begangen hatten. Ich erinnere mich, der Anstifter dieser Liebesprobe gewesen zu sein. (Stendhal: Amiele, S. 11)

[Nachteil] "Das Schlimmste daran, daß man aus der Oberschicht stammt, ist, daß man nie Freunde hat, die bei Eisenbahnunglücken umkommen." (Virginia Woolf: Die Fahrt hinaus, S. 131)

[Sex] Spätestens nach zehn Jahren Ehe ist Sex wie Zähneputzen. Und zwar exakt wie Zähneputzen. Irgendwann benutzt Ihre Frau dafür sogar ähnliche Elektrogeräte. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 101)

[Frauen] Sie habe Frauen ja gern, doch wo Gefühle im Spiel seien, da seien sie wie die Fliegen um den Honigtopf. (Virginia Woolf: Die Fahrt hinaus, S. 364)

[Beurteilung] Eine meiner Kolleginnen zum Beispiel sagt, ob sie jemanden mag oder nicht, erkennt sie daran - wie war das noch? - acj ja, daran, wie jemand beim Frühstück guten Morgen sagt. Bei mir vergehen Jahre, bis ich mich zu einer Entscheidung durchgerungen habe. (Virginia Woolf: Die Fahrt hinaus, S. 303)

[Zu sicher] Wir waren so sicher, daß unter dem Zeugnis für unsere Lebensprüfungen eins "bestanden" stehen würde. (Christa Wolf: Nachdenken über Christa T.)

[Definition] ... das Altern, die Krankheit des Lebens. (Gundolf S. Fryermuth: KryoKonserven)

[Ausnahme] Die Einnahme von Scotch, mittags um halb zwei, gehörte nicht zu dem, was mir der Arzt verschrieben hatte. (Paul Auster: Nacht des Orakels, S. 170)

[Fehler] "Wenn Sie so alt sind wie ich, werden Sie erkennen, daß die Welt von herrlichen Dingen geradezu birst. Ich finde, dann begehen die jungen Menschen einen schweren Fehler - daß sie sich nicht erlauben, glücklich zu sein. (Virginia Woolf: Die Fahrt hinaus, S. 64)

[Voraussetzungen] Die 10 Kriterien für Fernseheignung: bekannter Name, aktuelles Thema, skandalträchtige Ansichten, Meinungsfreude, rhetorische Fertigkeit, ergiebige Biografie, narrative Kompetenz, Vertreter einer Szene, diskurskompatibel (Delius: Die Königsmacher, S. 259)

[Moskau] "Dick ist er, dick! Ein Moskauer Geldprotz! Es heißt ja nicht umsonst, daß Moskau tiefer liegt als ganz Rußland, denn alles rollt nach Moskau." (Iwan Turgenjew: Neuland)

[Theatralik] Kallomejzew spielte den artigen Schmoller und hüllte sich in Schweigen. (Iwan Turgenjew: Neuland)

[Notgedrungen] Sie war eine Jungfer, und zwar eine sehr keusche Jungfer. Kein Wunder, wird eingedenk dessen, was über ihr Aussehen gesagt wurde, so mancher Skeptiker meinen. (Iwan Turgenjew: Neuland)

[Wetta Wetta Wetta] ... eine schwüle Hitze, tropisch, wie sie nur in den Nichtropen sein kann. (Friedrich Dürrenmatt: Notizen zu Hans Falk)

[Gestus] Vater hat den Fernseher noch nicht eingeschaltet, steht auf dem Balkon auf einer Leiter und gipst eine Latte ein, zeigt sei Do-it-yourself-Gesicht, grübelnd, eifrig, skeptisch. (Erich Loest: Schattenboxen, S. 34)

[Gestalten] Ein Verkorkster, auch im Gemüt, war Ghigo; einer, der beim bloßen Erscheinen schon einen Geruch kleinlicher Bosheit verströmte. (Gesualdo Bufalino: Klare Verhältnisse, S. 22)

[Ausgeweitet] Sogar seine Stimme klang brüchig vor ahnungsvoller Melancholie. (Gesualdo Bufalino: Klare Verhältnisse, S. 30)

[Sex] So kam es, ohne daß es jemand tatsächlich gewollt hätte, daß ich in der Nacht des 15. August 1990 in der Mulde zwischen zwei Sandhügeln nicht ohne technische, aber mutig angegangene Schwierigkeiten in den Armen des Kommisars Curro die Jungfäulichkeit verlor. (Gesualdo Bufalino: Klare Verhältnisse, S. 124)

[Argwohn] Amielens erster Gedanke angesichts einer Tugend war der Argwohn, Heuchelei vor sich haben. (Stendhal: Amiele, S. 93)

[Rekrutierung] Ich muß den biederen Hautemare auf meine Seite bringen. Leute seines Schlages rutschen vor einem Geldstück auf den Knien. (Stendhal: Amiele, S. 100)

[Relativ autark] Solange es mein Lektor durchgehen läßt, bin ich jenseits von Grammatik und Rechtschreibung an keine Regel gebunden, die ich nicht selbst aufgestellt habe. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 14)

[Das Meer] ... das Meer, ohne das sich keine Landschaft wahrhaft schön nennen darf. (Stendhal: Amiele, S. 7)

[Malkunst] Es gibt ein Bild, auf dem die Eltern als junges Paar gemalt sind, von einem Maler, der über das Geheimnis verfügte, verzauberte Bilder hervorbringen zu können, obwohl er mit der Technik des Malens Probleme hatte. (Urs Widmer: Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr, S. 89)

[Divergent] Nie hat es zwei Liebende gegeben, die mehr auseinander strebten. Er liebte die Schrift und sie das Grüne. Er gab Hundertnoten als Trinkgelder und sie kannte die Tagespreise für Petersilie. (Urs Widmer: Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr, S. 88)

[Zeitvertreib] Eines Abends malten wir in die Asche am Kamin - so maßlos langweilten wir uns! - die Anfangsbuchstaben der Frauen, um deretwillen wir ehedem die unsere Eigenliebe demütigendsten Torheiten begangen hatten. (Stendhal: Amiele, S. 11)

[Landschaften] In diesem Land voller Schlünde und Klüfte, in das ich nun heimgekehrt bin. Wo jeder Horizont eine jähe Fluh ist. Wer den Himmel sehen will, bezahlt seine Sehnsucht mit einem steifen Genick. (Urs Widmer: Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr, S. 137)

[Heftig] Ich bin ein Weltmeister im Projizieren, ich schaffe es sogar, das Wetter mit meinem Seelenschmerz zu verwechseln. (Urs Widmer: Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr, S. 131)

[Vergleich] Das Leben in Deutschlands Absturzkneipen kann von dostojewskischer Zärtlichkeit sein. (Helmut Krausser: Die Zerstörung der europäischen Städte, S. 25)

[Eigenschaften] ... verhetzte Verspanntheit eines Jungmanagers. (Urs Widmer: Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr, S. 120)

[Gezeichnet] Di Tassis Art hatte ihn abgestoßen. Er war gefühlskalt und unberechenbar. Aber an Di Tassi mochte der gesammelte Schmutz kleben, der sich durch eine erfolgreiche Karriere in Fürstendiensten zwangsweise ansammelt: Immerhin war es doch vertrauter, bekannter Schmutz. Man roch den Gestank, und er war einem zwar unangenehm, aber eben doch vertraut, auch wenn man ihn verabscheut. (Wolfgang Fleischhauer: Das Buch in dem die Welt verschwand, S 256)

[Gestalten] Pjotr Petrowitsch gehörte zu jenen Leuten, die in Gesellschaft überaus liebenswürdig sein können und auf den Ruf der Liebenswürdigkeit besonderen Anspruch erheben, die aber sofort, wenn auch nur das geringste nicht nach ihrem Geschmack ist, alle ihre guten Eigenschaften verlieren und eher Mehlsäcken als gewandten und die Gesellschaft belebenden Kavalieren gleichen. (Fedor M. Dostoevskij: Schuld und Sühne, S. 399)

[Nicht so einfach] Wenn man einen Menschen logisch überzeugen kann, daß er eigentlich keinen Grund hat zu weinen, so wird er aufhören zu weinen. Das ist doch klar. Oder meinen Sie, daß er nicht aufhören wird?" "Dann wäre das Leben allzu leicht", antwortete Raskolnikoff. (Fedor M. Dostoevskij: Schuld und Sühne, S. 569)

[Aussagefähig] Es ist ein Fehler, wenn man versucht, die besten Gedanken in menschlicher Sprache zum Ausdruck zu bringen. Wenn wir uns in die höheren Regionen von Gefühl und geistigem Genuß erheben, dann sind sie nur noch aus so grandiosen Hieroglyphen ablesbar, wie sie uns hier umgeben." (Nathaniel Hawthorne: Der Marmorfaun, S. 251)

[Unklarheit] Joey fragte sich, ob Maureen ihre Tage hatte. Das würde vielleicht erklären, warum sie so bescheuert drauf war. Aber dann fiel ihm ein, daß sie erst letzte Woche geflaggt hatte, und er fragte sich, ob Frauen zweimal in einem Monat ihre Tage haben konnten. So was war ihm zwar noch nicht zu Ohren gekommen, aber man wußte ja nie. (Jason Starr: Die letzte Wette, S. 111)

[Versäumnisse] "Vielleicht würde dir auffallen, wie deine Frau aussieht, wenn du wenigstens ab und zu mal Sex mit ihr hättest." "Mom!" "Weißt du, als du dein Eheversprechen abgelegt und 'bis daß der Tod uns scheidet' gesagt hast, da hieß das auch 'habt Sex, bis der Tod euch scheidet'." (Jason Starr: Die letzte Wette, S. 234)

[Glück] Alles auf der Welt hing eindeutig vom Glück ab. Manche gewannen im Lotto, andere gingen über die Straße und ihnen fiel ein Kühlschrank auf den Schädel, der Rest der Welt lag irgendwo zwischen diesen Extremen. (Jason Starr: Die letzte Wette, S. 44)

[Furcht vor] Nichts konnte mich so verdammt hilflos machen wie Pförtner. Entweder gehorchte ich ihnen blind, wie ein Kind, oder ich brüllte sie an. Und vor Damen hinter Kassenschaltern habe ich eine Heidenangst. (Lars Gustafsson: Das Familientreffen, S. 129)

[SO nicht] 'Sie muß jetzt über dreißig sein', dachte er. 'Und wenn sie noch zehn Jahre damit verbringt, ihren Mißmut zu pflegen, ist das Leben vorbei.' (Hartmut Lange: Die Wattwanderung, S. 44)

[Konstant] 'Irgendwie', dachte er, 'hat mich die Neigung, an den Dingen immer nur die unheimliche Seite zu sehen, nie ganz verlassen.' (Hartmut Lange: Die Wattwanderung, S. 32)

[Belastungen] "Natürlich", fuhr ich fort, "bilden intelligente Menschen eine der kleinsten Minderheiten. Sie müssen den ungenierten Schwachsinn, die offenkundige Idiotie dessen ertragen, was populär ist. Für einen intelligenten Menschen ist Popularität die vielleicht größte Beleidigung. (John Irving: Rettungsversuch für Piggy Sneed. Sechs Erzählungen und ein Essay, S. 157)

[Beschreibungen] Ihre Augen paßten zu ihrem Kostüm: ein unheimliches Morgendämmerungsgrau. Sie hatte eine vollendet geformte Nase, in deren Löchern sicher nie ein Härchen zu sprossen wagte. (John Irving: Rettungsversuch für Piggy Sneed. Sechs Erzählungen und ein Essay, S. 52)

[Vebreitungen] In allen Gegenden der Welt kann man sich eine erstaunliche Vielzahl von Krankheiten des Harn- und Genitalsystems einfangen, deren wachsende Verbreitung eine der Segnungen des Massentourismus ist und die sich jeden Sommer als vielleicht größter Importschlager des Landes erweisen. (John Irving: Rettungsversuch für Piggy Sneed. Sechs Erzählungen und ein Essay, S. 36)

[Verhärmt] Neugierig musterte er sie. Sie schnaufte ein bißchen wie ein zu fetter Hund, und ihre kleinen, zartblauen Augen heftete sich an Wilfreds glattes Gesicht. Es ließ sich nicht sagen, wie sie in ihrer Jugend ausgesehen haben mochte; aber jetzt, im erbarmungslosen Straßenlicht, schien ihr armes, schlaffes, fleckiges Gesicht vom Tod angeboxt worden zu sein. (Julien Green: Jeder Mensch in seiner Nacht ab, S. 335)

[Strategien] Das einzige Vernünftige, was er tun könne, so glaubte er, sei, in den Straßen herumzulaufen, einer Straße zu folgen, dann der nächsten, dann wieder der nächsten. Es gab in der Stadt genügend Straßen, um mit der zähesten Verzweiflung fertig zu werden. (Julien Green: Jeder Mensch in seiner Nacht ab, S. 317)

[Personen] Sie saß da und schwieg, und Wilfried beschaute mit einer der Neugier benachtbarten Empfindung dieses Gesicht einer vermögenden, glücklichen Frau mit zarter Haut, makelloser Stirn, mit wie von Sehnsucht glattgebügelten Wangen und strengem, selbstgenügsamem Mund. (Julien Green: Jeder Mensch in seiner Nacht ab, S. 51)

[Menschen] "Du bist anders geworden", sagte er unvermittelt. Er hatte die gleich Größe wie Wilfred, war aber breiter in den Schultern, und sein blasses Gesicht wirkte erschöpft. Die schmale Stirn, starrköpfig wie die eines griechischen Gottes unter dem Goldgewell des Haars, lieh seinem allzu regelmäßigen Gesicht eine gewisse Vornehmheit; aber der kurzen Nase und den maulenden Lippen fehlte es an Charakter. (Julien Green: Jeder Mensch in seiner Nacht ab, S. 18)

[Toller Fund] Weißt du wirklich nicht, was du mit dieser Caesara O'Shea bekommen wirst? Abgesehen vom schönsten Geschöpf auf Erden? Würde, Nathan. Mut. Kraft, Poesie. Herrgott nochmal, du bekommst den Inbegriff Irlands!" "Mary, auch ich lese die Filmzeitschriften. Wenn's nach denen geht, hat Miss O'Shea Großvater den Torf gestochen, mit dem Maria Magdalenas Hütte geheizt wurde. (Philip Roth: Zuckermans Befreiung, S. 101)

[Ablenkung] Er war wenigstens imstande gewesen, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf das eigene, am Trog der Trivialitäten bis zum Bersten voll gestopfte Ich. (Philip Roth: Zuckermans Befreiung, S. 127)

[Zu zeitig] Er war einer jener frühreifen Grünschnäbel, die nachsichtige Universitäten viel zu früh in den harten Kampf der Welt stoßen und glauben machen, daß sie Männer seien, weil sie Doktoren sind. (Benito Perez Galdos: Dona Perfecta, S. 69)

[Licht] Laternen durchlöcherten in großen Abständen das Dunkel. (Julien Green: Jeder Mensch in seiner Nacht ab, S. 196)

[Morgen] Alles aber, was nicht "schwierig" oder "unvergleichbar" und auf diese Weise totzuschlagen war, wurde bei uns zuhause gewöhnlich auf "morgen" verschoben, dieses Lieblingsdatum aller Schwachen, denen Trost verheißt, daß "morgen" im allgemeinen "niemals" bedeutet. Wie viele Formeln gab es aber nicht, um unter dem Deckwort "morgen" nein zu sagen! (Fritz Zorn: Mars, S. 38)

[Otto] Sie blickte auf Otto hinunter. Selbst im Schlaf sah er vernünftig aus, obwohl das übermäßig verdrehte Bettzeug nahelegte, daß die Vernunft - im Schlaf - ihren Preis gekostet hatte. (Paula Fox: Was am Ende bleibt, S. 63)

[Vergleich] "Dein Küchenschwamm sieht aus wie eine zerfressene Leber", rief Leon aus der Küche. (Paula Fox: Was am Ende bleibt, S. 111)

[Zirkelschluss] Erwin ging nie ins Theater, da er an Klaustrophobien litt. Man riet ihm, sich in einer Gruppentherapie von diesem Leiden heilen zu lassen, wozu Erwin sich außerstande sah, denn in einer Gruppe in einem Zimmer hätte er es nicht ausgehalten, da er an Klaustrophobie litt. (Michael Schulte: Elvis Tod. Szenen aus meinem Leben)

[Früher] In welch lärmender Zerstreuung habe ich früher gelebt. In welch dümmlicher Munterkeit. Die Ahnungslosigkeit des eingebildeten Gesunden. (Uwe Timm: Kerbels Flucht, S. 126)

[Auf dem Bau] Auf dem Bau hat er, wie er erzählte, drei Monate Leitungen verlegt, auf Akkord. Das hält doch keine Sau aus, sagte er und kippte sich wieder einen hinter die Binde. Kriegste einen weichen Keks. Lag abends im Bett, konnte mir nicht mal ein Bierchen einflöten, schon war ich weg. (Uwe Timm: Kerbels Flucht, S. 60)

[Diskrepanz] In mir ein Gefühl der Kälte, während draußen alles warm ist und hell illuminiert. Die Empörung darüber, daß dieses Wetter so gar nicht zu meinem Gemütszustand passen will. Warum soll dieser häßliche Riß in mir nicht auch durch den ganzen Kosmos gehen. (Uwe Timm: Kerbels Flucht, S. 31)

[Empathie] "Sich den Tod eines Menschen vorzustellen ist leichter als den hundert oder tausend", murmelte der Baron. "Multipliziert, wird das Leiden abstrakt. Und sich Abstraktes zu Herzen zu nehmen ist nicht leicht." (Mario Vargas Llosa: Der Krieg am Ende der Welt)

[Intellektuelle] "Alle Intellektuellen sind gefährlich", pflichtete Moreira Cesar bei. "Sie sind schwach, sentimental und fähig, mit den besten Ideen die schlimmsten Schurkereien zu rechtfertigen. Das Land braucht sie, aber es muß mit ihnen umgehen wie mit scheuenden Pferden." (Mario Vargas Llosa: Der Krieg am Ende der Welt, S. 278)

[Signale] Das Zweite, das ihm auffiel, war, daß sie Floskeln benutzte, die Less bislang für die zwischenmenschlichen Passagen von Kinofilmen reserviert glaubte, nützliche Standardleitungen, die signalisierten, man könnte ab sofort weghören, ohne Nennenswertes zu verpassen. (Andre Kubiczek: Junge Talente, S. 210)

[Bretterknaller] Beck blieb vor einer Spätverkaufsstelle stehen, verschwand in dem Laden und kam mit zwei Flaschen Apfelwein wieder raus, ein Bretterknaller für sozial Gestrauchelte und Brigadefeiern. (Andre Kubiczek: Junge Talente, S. 177)

[Kommunikation] Das Zimmer war jetzt warm. Sie gingen rüber, setzten sich in die Sessel, tranken den Rotwein und hörten Musik. Nur noch ab und zu tauschten sie Worte aus, so wie man jemandem einen kleinen Gegenstand aufhebt und reicht, den er auf der Straße verloren hat. Less versuchte, die vergehende Zeit am Pegel der Weinflaschen abzulesen, das schien ihm das Verläßlichste. (Andre Kubiczek: Junge Talente, S. 104)

[Kampftrinken] Aus der Imbißbude rief jemand 'Letzte Runde!' Unter die Menschen kam plötzlich Bewegung. (...) Sie schlugen ihre Bierflaschen gegeneinander. Die Veranstaltung artete jetzt in ein Kampftrinken aus. Die meisten Gäste hatten gleich mehrere Flaschen Bier gekauft und sie in Reihe vor sich aufgestellt, davor, auch in Reihe, Schluckis mit klarem Schnaps: eine Schachfiguren für Säufer. (Andre Kubiczek: Junge Talente, S. 69)

[Taten und Folgen] Less hatte noch nicht die Zeit gefunden, sich Gedanken über seinen heutigen Auftritt zu machen, über die Folgen, die seine modische Randale in nächster Zeit nach sich ziehen würde. Denn mindestens ein Jahr noch mußte er es hier aushalten, dann konnte er sich eventuell mit der Ausrede eines ausgefallenen Lehrberufs in die nächstgrößere Stadt absetzen. (Andre Kubiczek: Junge Talente, S. 14)

[Beschimpft] Du tust mir leid, Scheinfeld, denn du bist ein verwirrter Idiot. Mein Vater hätte über einen wie dich gesagt, daß es gnädig von Gott war, die deine Eier in einen Sack zu packen, sonst würdest du die auch noch verlieren. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 357)

[Konserviert] Frau Klebanow war Witwe, und obwohl sie sich Mühe gab, schnell zu altern, hatte ihr Gesicht Züge einstiger Schönheit bewahrt, von der Sorte, die auf Erlösung harrt. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 289)

[Richtig saufen] Zusammen getrunken haben sie. Langsam, langsam, nicht viel, bloß so ein bißchen um die Wette. Kein Wettbewerb, wer zuerst besoffen umkippt, wie die Gojim es gemacht haben, sondern wer zuerst den andern anblickt und lächelt. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 201)

[Vorfreuden] Mosche hörte sie, ging auf den Hof und prüfte Atmung und Lenden der Kuh. Ein dicker Schleimfaden kam bereits unter ihrem Schwanz hervor. "Nu, Kinder", sagte er, "wünscht euch ganz fest, daß wir eine Kalbe kriegen." "Was macht das aus?" fragte Naomi. "Ein Bauer freut sich, wenn ihm im Kuhstall Mädchen und im Haus Jungen geboren werden", sagte Mosche. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 178)

[Seltene Verwandte] Verwandte der Sorte, die erst nach dem Todesfall aufzutreten pflegen - dem Toten selbst nie bekannt gewesene Cousins und Cousinen... (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 176)

[Geizig] "Weißt du noch, wie die Alten im Dorf gesagt haben? 'Lieben kostet kein Geld.' Ich hab diesen Spruch ja so gehaßt. Wenn lieben kein Geld kostet, warum geizen dann alle so mit der Liebe?" (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 162)

[Volle Dröhnung] Er lauschte mit Genuß dem Gesang der Kanaris und erzählte dem Albino, die Fellachen würden ihre Distelfinken und Banduks mit Umbus füttern. "Das sins Haschischsamen", erklärte er, "der Banduk nimmt das Umbus in den Schnabel, vergißt, daß er im Käfig sitzt, und schon ist er fröhlich, singt wie ein Bräutigam und pfeift auf die ganze Welt." (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 138)

[Vermittler] "Der Koch ist nichts als ein Heiratsvermittler", sagte Jakob abschließend. "Zwischen Fleisch und Gewürzen?" fragte ich. "Nein. Zwischen der Mahlzeit und dem, der sie ißt", antwortete Jakob, wischte sich die Hände an der Schürze ab und setzte sich mir gegenüber. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 116)

[Vorgehen] "Die Menschen benutzen das, was sie haben, auch wenn es nicht genau paßt", erklärte Onkel Menachem, "sie lächeln, wenn man weinen müßte, ziehen die Pistole, wenn eine Ohrfeige am Platz wäre, und wachen eifersüchtig über ihre Liebhaberinnen, statt sie zum Lachen zu bringen." (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 57)

[Schicksal] Jakob legte mir die Hand auf die Schulter und sagte: "Das Schicksal bereitet keine Überraschungen, Sejde. Es trifft Vorbereitungen, setzt Zeichen, schickt sogar Spione voraus, aber nur wenige Menschen haben Augen, Ohren und Verstand für diese Dinge." (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 46)

[Bleibend] Mein dritter Vater, nämlich Jakob Scheinfeld, legte mir die Hand auf die Schulter und lud mich zum Abendessen ein. "Alle Geschenke sind nix wert. Geld geht aus, Kleidung zerreißt, Spielzeug zerbricht, aber ein gutes Essen bleibt im Gedächtnis haften, das heißt, es geht nicht verloren wie andere Geschenke. Aus dem Körper weicht es sehr schnell, aber aus dem Gedächtnis sehr langsam." (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 19)

[Ansichtssachen] Manche sagen, Zweck jeder Geschichte sei es, Ordnung in die Wirklichkeit zu bringen - nicht nur chronologisch betrachtet, sondern auch der Wichtigkeit nach. Andere sagen, jede Geschichte entstände nur, um Fragen zu beantworten. In der Schule meinte der Lehrer einmal, die Geschichte von Adam und Eva im Paradies erkläre uns, warum wir Schlangen hassen. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 41)

[Nervenkrieg] Das benutzte Geschirr stellten sie einfach in der Spüle ab, und sie entwickelten im Lauf der Zeit einen beinahe sportlichen Ehrgeiz im Nichtabwaschen, im Warten darauf, daß der andere die Nerven verliere und angeekelt zur Bürste greifen. (Andre Kubiczek: Junge Talente, S. 110)

[Nur wenig] "Du mußt wissen, Sejde, es braucht keine großen Dinge, um Freunde zu sein, auch fürs Hassen genügen sehr kleine Gründe, und sogar für die Liebe." (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 29)

[Sprüche] Das ist eigentlich die ganze Geschichte. Oder wie Tatmenschen in ihrem widerwärtigen Brustton der Überzeugung zu sagen pflegen: "Das wär's unterm Strich". (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 15)

[Patriarch] Art meines Tagesablaufs oder Stundenplans: Neun Uhr dreißig aufstehen, waschen, rasieren und zum Frühstück gehen; dies auf Verlangen meines Onkels, der sich als die Sonne seines Hauswesens zu betrachten und alles in den Wachzustand zu versetzen beliebte, sobald er selbst sich erhob. (Flann O'Brien: In Schwimmen-zwei-Vögel, S. 211)

[Ausdruck] Es gibt Gelegenheiten, zu denen die Falten um das menschliche Auge wie verwittertes Gestein aussehen und das Auge selbst einen so wilden Ausdruck animalischer Gefühle zeigt, daß man diesem Starren ratlos gegenübersteht. (John Cheever: Marcie Flints Schwierigkeiten,. Stories, S. 200)

[Trauer] Am nächsten Tag zog Renee ein schwarzes Kleid an und nahm eine Taxe zum Beerdigungsinstitut. Sobald sie die Tür öffnete, fiel sie einem behandschuhten und dienstbeflissenen Pförtner in die Hände, dessen Beileidsbezeugungen auf eine tiefere und beständigere Trauer abgestimmt waren, als ihr jemals zu empfinden gegeben sein würde. (John Cheever: Marcie Flints Schwierigkeiten,. Stories, S. 127)

[Nachts] Von der eigentümlichen Erregung, die nach Mitternacht in der Luft liegt, wenn das Großstadtleben in die Riege von Betrunkenen und Wachmännern übergeht, hatte er sich schon immer angesprochen gefühlt. (John Cheever: Marcie Flints Schwierigkeiten,. Stories, S. 94)

[Tief] Helen leidet an dem trostlosen Gefühl, an einem schönen Tag zuviel gelesen zu haben, und sieht mit mattem Blick auf ihren Vater und das Zimmer. (John Cheever: Marcie Flints Schwierigkeiten,. Stories, S. 185)

[Konkurrenz] Ein Geräusch. Ellen. Sie weinte. Ach ja. Das Gute an den gewöhnlichen Entsetzlichkeiten dieser Welt ist, daß sie gegen einander konkurrieren. Jede will die entsetzlichste Entsetzlichkeit sein. Aber durch ihr Gegeneinander überfordern sie unsere Empfindungskraft so sehr, daß wir fast schon wieder ruhig zusehen können, wie sie sich um das Vorrecht, uns zu quälen, streiten. (Martin Walser: Ohne einander, S. 221)

[Bedarf] Wenn Sylvio ängstlich fragte, wieviel sie wieder geraucht habe, sagte sie: Soviel wie hineingehen in eine Nacht. (Martin Walser: Ohne einander, S. 68)

[Warten] Dann lag sie im Morgengrauen und wartete darauf, daß das Valium ihr Asyl gewähre. (Martin Walser: Ohne einander, S. 68)

[So ist das] Die einen produzieren Glamour, die anderen kratzen ihn ab. (Martin Walser: Ohne einander, S. 73)

[Ein Rohling] Dem Roman dient die Erzählung der zurückgekehrten Frau. Darin erscheint der Freund als ein ichsüchtiger, herrschsüchtiger, hochempfindlicher Rohling, der es sich dank seiner Tüchtigkeit, also seines gesellschaftlichen Ranges, leisten kann, alle Leute, mit denen er lebt, zu Stichwortgebern für seine Ich- Opern herabzuwürdigen. (Martin Walser: Ohne einander, S. 77)

[Vergleich] Der Mond hängt in den Wolken wie eine höheren Orts ausgespuckte Hostie. (Martin Walser: Ohne einander, S. 68)

[Vergebens] Nach den ersten Tassen Wein hatte sie immer das Gefühl von Begabung gehabt. Das ließ sich weder durch Weitertrinken noch durch Nichtmehrtrinken aufrecht erhalten. Es sank einfach dahin. Ließ sich nicht benutzen. (Martin Walser: Ohne einander, S. 67)

[Spleen] Jedes kleine Schmerzsignal wuchs bei Ernest zum seriösen Leiden, das er grell herumtrug, bis er einen Arzt fand, der dieses Leiden in Pflege nahm. (Martin Walser: Ohne einander, S. 47)

[Stimmen] Die Frauenstimme an Ernests Apparat. Das war doch nicht seine Tochter. Die hatte zwar auch diese gedehnte Sprechweise, die durch eine Art Verhauchtheit einen edlen Jammerton produziert. (Martin Walser: Ohne einander, S. 34)

[Faltenreich] Dieser Rechtsverdreher hatte eine hübsche Bürgerin von Paris geheiratet, auf die er so eifersüchtig war, daß er sie wegen der kleinsten Falte im Bettlaken, für deren Entstehung sie keine bündige Erklärung wußte, umgebracht hätte, was natürlich sehr übel gewesen wäre, sintemalen es auch oft genug ganz anständige Falten gibt. (Honore de Balzac: Die teure Liebesnacht)

[Vereinfachung] Der ermüdend umständliche Plauderer. Ob er nun rühmte oder vernichtete, er tat es immer nach Art der Werbung. Die Wiederholung von Simplem machte ihn erfolgreich. Wer ihm zuhörte, durfte denken, da er den Erlkönig verstehe, verstehe er auch etwas von Literatur. (Martin Walser: Ohne einander, S. 26)

[Look] Er hielt seinen Bartwuchs immer auf dem Verruchtes signalisierenden Zweitagestand. (Martin Walser: Ohne einander, S. 26)

[Dann gleich] Wer überhaupt eine Seele hat, hat dann gleich mehrere Seelen; was wäre sonst dabei, eine Seele haben? (Rolf Vollmann: Der Roman-Navigator, S. 281)

[Unterschied] Shenja ist außer sich. Ljalja ist genauso alt wie Sascha. Beide sind dreizehn, aber sie ist ein Mädchen. Das sind offenbar verschiedene Zeitrechnungen. Sascha hat nur die Astronomie im Kopf. Er liest Bücher, bei denen Shenja nicht einmal die Kapitelüberschriften versteht. (Ludmila Ulitzkaja: Die Lügen der Frauen, S. 56)

[Stärker] "Es gibt Kräfte, Lucius, die unendlich viel mächtiger sind als Vernunft und Wissenschaft." "Welche?" fragte Cotta. "Die Unwissenheit und die Torheit", antwortete Aristäus. (Anatole France: Erzählungen, S. 185f.)

[Bedingung] Nur die Toren, o Dorion, gründen ihre Glückseligkeit außerhalb ihres Machtbereichs. (Anatole France: Erzählungen, S. 120)

[Erkenntnis] Er lachte. "Ganz recht, mein Freund, ganz recht. Die Herausforderung eurer Generation ist es, der großartigen Mittelmäßigkeit zu entkommen. Genauer, die Prüfung besteht darin, die Erkenntnis auszuhalten, daß dies unmöglich ist." (Georg M. Oswald: Im Himmel, S. 148)

[Richtige Wahl] Die Frage des richtigen Autos für unsere Mission kam auf, und die Wahl fiel auf Bennies Opel Commodore, der unter allen Wagen, die bei Schmidts standen, sicher der spektakulärste war. Er hielt souverän die Waage zwischen einer brüchigen, längst vergangenen Grandezza und Bennies irgendwie erleuchtetem Gammlertum. (Georg M. Oswald: Im Himmel, S. 121f.)

[Lügen] "Ich habe heute Geburtstag." Daran, wie sein Gesicht für einen ganz kurzen Augenblick durcheinander geriet, erkannte ich, daß er log, als er antwortete: "Das weiß ich, glaubst du, ich vergesse deinen Geburtstag? Alles Gute!" Als Anwalt ist es für ihn alltäglich, aus dem Stegreif Lügen zu erfinden, gegen die man sich nicht wehren kann." (Georg M. Oswald: Im Himmel, S. 114)

[Reizend] Seine Rede war von jener untertänigen Höflichkeit, die zu Ohrfeigen oder noch anderen Brutalitäten aufzufordern schien. (Friedrich Glauser: Der Tee der drei alten Damen)

[querweldein] Er ging fort, ohne zu wissen wohin, geradewegs querweldein. (Sylvie Germain: Das Buch der Nächte, S. 53)

[Augen zu!] In Wahrheit trieb Efzes Leben langsam und zielstrebig in eine Katastrophe hinein, die nicht anzuerkennen er seine meiste Kraft brauchte. (Wilhelm Genazino: Die Kassiererinnen, S. 110)

[Erkenntnis] Die Tatsache, daß ich auf der Welt bin, ist das größte aller Wunder. (Daniil Granin: Das Gemälde)

[Perplex] Das plötzlich Kleinlaute an Dr. Wolters war mir peinlich. Vermutlich war es das Zeichen für seine Überzeugung, zu den wirklich entscheidenden Ereignissen stets zu spät zu kommen. (Wilhelm Genazino: Die Kassiererinnen, S. 105)

[Eindimensional] Das war doch fällig, oder?, fragte er. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr mir dieser Dr. Wolters auf die Nerven geht. Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, redet er über Hegel und Schopenhauer, über die Sprechakttheorie, über die Seinsgelassenheit oder über den unbewegten Beweger! Ich kann's nicht mehr hören! Als könnte man sein ganzes Leben lang immer mit dem gleichen Kochlöffel im gleichen Topf herumrühren! Grauenhaft! Dieser Bildungskrüppel! Diese Blindschleiche! (Wilhelm Genazino: Die Kassiererinnen, S. 107)

[Eskapismus] Ich wollte fliehen, weil mir der Tag zu kompliziert geworden war... (Wilhelm Genazino: Die Kassiererinnen, S. 97)

[Zustände] Tagsüber brannte an seinem Platz eine kleine Gasflamme; da die Männer keine Streichhölzer besitzen durften, mußten sie hier ihr Zigaretten oder ihre Pfeifen anzünden. (Die Tabakration, die ihnen jede Woche zugeteilt wurde, stammte von der Zollbehörde; alles, was in den Häfen als Schmuggelware beschlagnahmt wurde, landete beim Innenmisterium und wurde an die Gefängnisse und staatliche Irrenanstalten verteilt.) (Simon Winchester: Der Mann, der die Wörter liebte. Eine wahre Geschichte, S. 149)

[Trügerische Ruhe] Mit dem Auge eines Inspizienten betrachtete sie das Gebäude und war von jener Ruhe durchdrungen, die sich nur bei völliger Verkennung der wahren Sachlage einstellt. (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten, S. 158)

[Auf einer Stufe] "Nein, nein." Sie sprach besänftigend zu ihm, so wie man mit einem Kinde spricht, das man gerade daran hindern konnte, Marmelade in den Eintopf zu rühren. (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten, S. 143)

[Vegleich] Die Clubleiterin traktierte ihren Wagen so, wie ein Mann von ihr traktiert worden wäre, hätte sie einen besessen. (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten, S. 140)

[Etwas anders] Gefügig nahm ich es hin, daß das Hauptgeschehen der erinnernden Onanie nicht der Sexualität galt, sondern der scheiternden Wiedereroberung des Verlorenen. (Wilhelm Genazino: Die Kassiererinnen, S. 70)

[Vergleich] "Ja, Herr Ellenberger". Die rothaarige Kellnerin ließ sich die Hand tätscheln. Sie sah aus wie eine Katze, die gerne schnurren möchte, aber auf der Suche nach einem ruhigen Platz ist, wo sie dies ungestört tun kann. (Friedrich Glauser: Wachtmeister Studer, S. 32)

[Momente] Selina lagerte elegant in ihrem Sessel, unberührt von der Gefahr, sie könnte eine alte Jungfer werden. (Muriel Spark: Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten, S. 107)

[Manko] Ich wurde nämlich auch nicht anerkannt. Überhaupt war es damals so, daß keiner den andern anerkannte. Das gehörte zum guten literarischen Ton. (Valentin Katajew: Das Gras des Vergessens, S. 38)

[Bedingung] Albert bedankte sich bei dem Alten, der das Wort "Stalker" sehr langsam und mit italienischer Betonung ausgesprochen hatte. Albert kannte den Film. Es gab ein paar Filme, die mußte man gesehen haben, wenn man in bestimmten Berliner Kreisen als Mitglied der menschlichen Gattung bestehen wollte. (Hans-Ulrich Treichel: Der irdische Amor, S. 213)

[Knapp vorbei] Gerichtserfahrung als mehr oder minder Unbeteiligter, als Zeuge etwa, kann nicht schaden, und so ist es eine hochinteressante Angelegenheit, wenn die Mutter unter dem Einfluß von Barbituraten und Obstschnaps mit einem Schürhaken die Nachbarin verprügelt. Da das Opfer keine schweren Verletzungen zu beklagen hat, besteht keine Gefahr, daß das häusliche Idyll durch Inhaftierung eines Familienmitglieds zerstört wird. (Thomas Glavinic: Wie man leben soll, S. 40)

[Zum ersten Mal] Wenn man zum ersten Mal beim Geschlechtsverkehr zum Höhpunkt kommt, gibt man keinen Laut von sich und wendet das Gesicht ab. Zu groß ist die Gefahr, akustisch an Vieh beim Schlachten zu erinnern. Und das Mienenspiel beim Orgasmus, das man aus gewissen Filmen kennt, ist in den seltensten Fällen intelligent zu nennen. (Thomas Glavinic: Wie man leben soll, S. 38)

[Zustände] Da die Mutter faul und dem Alkohol ergeben ist, was neben ihrem Hang zur Promiskuität den Vater bewogen hat, das Weite zu suchen, steht auf dem Frühstückstisch nur ein Aschenbecher, aus dem es qualmt. (Thomas Glavinic: Wie man leben soll, S. 11)

[Gewichtsprobleme] Sie ist vom Typ her die Frau, die immer zunimmt, egal, was sie ißt. Sie nimmt sich zusammen, sie nimmt zu. Sie schaut im Kochbuch nur die Fotos an und nimmt zu. Sie nimmt vom Treppensteigen zu. Also nascht sie, und zwar aus Verärgerung, denn es soll wenigstens schmecken, wenn sie schon zunimmt. (Wolf Wondratscheck: Mozarts Friseur)

[Im Arm] Sie war das erste Baby, das er je im Arm gehalten hatte; er hatte gedacht, es würde ein prekärer Augenblick sein, regiert von der Angst, man könnte etwas so Kostbares, Zerbrechliches fallen lassen, doch nein, noch im kleinsten Säugling war eine anhaftende Kraft, ein Etwas, das sich einem aus eigenem Zutun in die Arme und Hände einpaßte und alle Angst verscheuchte. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 359)

[Ein freier Geist] Schlaftabletten waren für sie das Selbstverständlichste von der Welt. Sie war, wie man es bei Theologenfrauen häufig findet, ein eigenartig freier Geist, ihr eines Auge war ständig zugekniffen zum Schutz gegen den Rauch, der von der permanent im Mund gehaltenen Zigarette aufstieg, und sie hatte das glückliche fortgeschrittene Alter erreicht, da die medizinische Wissenschaft keine Bedenken mehr hat, süchtig machende Medikamente zu verschreiben. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 264)

[Aura] Der Großvater war von einer Aura mit Grazie getragener Niederlage umgeben gewesen, die der Junge liebenswert gefunden hatte. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 326)

[Der Schwiegervater] Das Haus war von Kiefernwäldern umgeben, in denen dem Vernehmen nach Bären ihr Spukwesen trieben, und mein Schwiegervater, ein Theologe, der so liberal war, daß er sowohl Paul Tillich als auch Reinhold Niebuhr für neoorthodox hielt, hatte sich in langen Jahren zarter Gesundheit daran gewöhnt, von einem Haushalt umgeben zu sein, der in jedem Augenblick respektvoll um sein Wohlergehen besorgt war. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 263)

[Mangel] Er dachte über die Schluchten nach, die zwischen Menschen gähnten, selbst zwischen solchen, die einander offiziell zu engster Vertrautheit übergeben waren. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 216)

[Was denn nun?] Die Idee, noch einmal die Frau zu wechseln, elektrisierte ihn insgeheim, aber unter praktischen Gesichtspunkten sprach alles dagegen. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 211)

[Zu viel?] Vielleicht würde ein Kind sie zur Ruhe bringen, dachte Allenson. Sie näherte sich jetzt dem Alter, wo es jetzt oder nie hieß, was das Schwangerwerden anging. Aber der Gedanke an noch ein Wesen, das von ihm abhängig war und dessen kleines Leben über seines hinaus in die Zukunft ragte wie ein Sprungbrett, machte ihn ganz schwindlig. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 13)

[Eingriff] Treppen führten, an geschlossenen Haus- und Museumstüren vorbei, ins umliegende Waldland hinauf, wo ein Gebirgsbach dazu überlistet worden war, einen Goldfischteich zu bilden. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 206)

[Barmherzig] "Wie hübsch es hier ist", erwiederte er und setzte hinzu: "Und was für ein Traumschatz du bist." "Warum lügst du?" fragte sie. Er hielt es nicht für nötig, darauf zu antworten, Leute lügen, um barmherzig zu sein. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 199)

[Einschränkung] "Bitte vergiß nicht, daß selbst der Unwürdigste unter uns das Recht auf Leben hat." - Ja, aber dieses Recht sie ganz schön ausgenutzt!" (Alfred Hitchcock: Der Fremde im Zug)

[Anfällig] Paklin, ein eitler Mensch, der keine Widerrede liebte und ein Sperlingsgesicht hatte. Er krankte an einer Schwäche: Schmeicheleien machten ihn kopflos und weich wie Butter. Schmeicheleien schlagen die Menschen bekanntlich stets mit Blindheit und Idiotie. (Fjodor Gladkow: Der Polyp)

[Blutrünstig] "Ich kenne einen, der hat sich die Knochen dreiundzwanzigmal gebrochen." "Autounfall?" "Lauter Kleinigkeiten. Er fällt aus dem Bett, Rippe ab. Er tritt mit dem Fuß falsch auf, Knöchel hin. Er rutscht in der Badewanne aus –" "Badewanne ist gefährlich." "Ja – Schädelbasisbruch." "Das ist unpraktisch. Frisch geduscht, rinnt ihm schon wieder das Blut aus den Ohren heraus." (Wolf Haas: Der Knochenmann)

[Spanner] ... wie die kleinen Buben gern in den Schwimmbadkabinen auf die andere Seite hinüberspechteln. Du wirst lachen, aber da gibt es Wunderkinder, die können noch keinen Meter schwimmen, aber sie könnten sofort einen Lehrstuhl für Gynäkologie übernehmen. (Wolf Haas: Der Knochenmann)

[Kriecherei] Es ist aber auf der Horvath-Vernissage gar nicht soviel anders zugegangen als damals im Salon von der Polizeipräsidentin. Weil dort sind die jungen Polizisten dem Polizeipräsidenten derart in den Arsch gekrochen, daß am nächsten Banktag die Vaseline-Aktien explodiert sind. (Wolf Haas: Der Knochenmann)

[Fertigkeit] Der Palfinger hat seine Zigarette so genau ausgedämpft, als wollte er die Feinmechaniker- Olympiade damit gewinnen. (Wolf Haas: Der Knochenmann)

[Situationen] Wenn du heute in einen vollen Bus einsteigst, hast du als Neuer sowieso das Gefühl, die anderen Leute sind schon immer dagewesen. Wenn dich dann auch noch einer komisch anschaut, kann es vorkommen, daß du dich ertappt fühlst, wenn du dazu tendierst. (Wolf Haas: Der Knochenmann)

[Schlaf] Heute haben die Menschen oft ein unglaubliches Getue mit dem Schlafen, das beste Bett muß es sein, alles mit dem Bio, und absolute Ruhe natürlich, und das Zimmer ausgependelt, weil die Wasseradern sollten am besten sofort einen Bogen machen, nur weil die Herrschaften ihren Arsch irgendwo hinlegen. (Wolf Haas: Der Knochenmann)

[Abenddämmerung] Es war um die Stunde, da die Sonne Gestalt annimmt, da die formlose Lichtmasse zur sichtbar sinkenden Scheibe wird, deren sattere, mildere Glut das Auge duldet. (Thomas Mann: Tristan)

[Feststellung] Wollen wir uns mal nicht so wichtig nehmen. Denken die Pessimisten, die eigentlich Realisten sind, weil sie erkannt haben, daß es keine andere Spezies gibt, die so habgierig, boshaft, verkommen und neurotisch ist wie der Mensch. (Sibylle Berg: Ende gut)

[Relax] ... saß man mit warmen Füßen vor dem Fernseher und wartete auf die Tröstungen seitens mütterlicher Ansagerinnen. (Pierre Magnan: Laviolette auf Trüffelsuche, S. 177)

[Fleißig] Er behielt eine Shakespeare-Ausgabe mit flexiblem dunkelbraunen Einband, in der die Silberfischchen einige Seiten zu Spitzendeckchen zerknabbert hatten. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 158)

[Häuser] Häuser haben wie Menschen ihre schwachen Zeiten. Häuser können stärker sein als die Menschen, die in ihnen leben und sie halten, jedenfalls für eine gewisse Zeit. Häuser können schwächer werden als ihre Bewohner und von ihnen Fürsorge und Zuwendung brauchen, eine andauernde Aufmerksamkeit. Bedrohlich wird es, wenn die Schwachzeiten von beiden zusammenfallen. (Christa Wolf: Sommerstück, S. 193)

[Fähigkeit] Jan setzte seine Fähigkeit ein, sich aus jedem Gespräch nach Belieben innerlich zurückzuziehen. Was sollte jetzt zum Beispiel das Palaver über die Grippewelle. (Christa Wolf: Sommerstück, S. 108)

[(Un)Wirkung] "Ja, ich habe Pops Mundwerk geerbt", räumte sie ein. "Es ist ein Fluch, glaub mir. Wenn du genug redest, verlierst du das Gefühl dafür, daß du was tun mußt." (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 144)

[Novum] Es scheint, sagte Ellen, als seien wir die erste Generation, die eine Art von schlechtem Gewissen empfindet angesichts der Schönheit der Natur. (Christa Wolf: Sommerstück, S. 57)

[Dekadent] Er traf auf einen gealterten Fürsten, der mit dem Szepter die Fliegen vertrieb, eine Blechkrone mit Glasrubinen auf dem Kopf trug, den Apfelmusatem eines Diabetikers hatte und auf der Bank eines gotischen Fensters hockte, das zu den Galeonen seines Schwadrons geöffnet war, die er mit Grippemelancholie lustlos betrachtete. (Antonio Lobo Antunes: Die Rückkehr der Karavellen, S. 132)

[Schnell entschlossen] Er gab sich keinen Überlegungen hin, warum er seine Milliardärslaufbahn gegen das Hungerdasein eines arbeitslosen Einwanderers in den Slums von New York oder Chicago einzutauschen bereit war und was er drüben anfangen würde. Jens Bott war fest überzeugt, daß Philosophieren bloß für Benediktinerlikör zubereitende Mönche und russische Intellektuelle tauge und daß sonstige Sterbliche deren Privileg nicht antasten sollten. (Ilja Ehrenburg: Trust D.E.)

[Widerpart] Je angeregter die Stimmung wurde, je freier der Ton, desto deutlicher wurde erkennbar, daß alle männlichen Sympathien der schweigend und lächelnd dasitzenden Hiller galten. Sie strömte die Stallwärme aus, die Männern so guttut. In ihrer Dunkelheit konnte der männliche Witz leuchten. Hier war die Schwächste, die Männern ihre Kraft bestätigt, die Weichheit, deie Männlichkeit hart werden läßt. (Günter de Bruyn: Babylon. Erzählungen, S. 34)

[Indizien] Sie sagte doch immer, es gefiele ihr so, daß ihm schon auf dem College die Haare ausgingen. Sie hielt das für ein Zeichen von Ernsthaftigkeit. Es war für sie ein Beweis dafür, daß sein Gehirn arbeitete, um die Menschheit zu retten. Alle, die als Hauptfach Sozialwissenschaften hatten, wollten die Welt retten. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 87f.)

[Augenblicke] Die Sonne der Jugend sprenkelte ihre Erinnerungen, indes Arlene von Zeit zu Zeit steif ihre Beine auf dem Sofa zurechtrückte und Fredericks tiefer in den Sessel und in alkoholische Milde sank und der Himmel mit seinen ziehenden Wolken in Abendbläue eintauchte. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 86)

[Neigung] Sie hat eine Schwäche für Idealisten gehabt. Gewerkschaftsführer, abtrünnige Priester (...) - diese Heilsbringertypen. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 87)

[Belohnung] Er und Berenice hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, wenn der Frühling naht, für einige Wochen auf eine warme Insel zu fliegen, um sich dafür zu belohnen, daß sie wieder einen New-England-Winter durchgestanden hatten. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 71)

[Vergleich] War erotische Leidenschaft in Wahrheit nicht ebenso mechanisch wie ein Verbrennunsmotor? (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 55)

[Gourmet] Zählt lieber die Tierarten auf, die demnächst aussterben werden (drei davon gehören traditionell in die Bouillabaisse, weshalb es ihm auch persönlich lieber wäre, sie stürben nicht aus) ... (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 114)

[Urlaub] Er hätte Lust, sie zu fragen, ob sie nicht nächsten Sommer einmal zu zweit wegfahren, die Schwiegermutter kann ihre Hysterie an den Kindern austoben, und wir beide einfach mal weg für zehn Tage; die Vorstellung, mit seiner eigenen Frau allein zu verreisen, am Ende in diese Martigues, wo es im Grunde ganz schön war, langweilig, aber schön, kommt ihm komisch vor, und es käme ihm komisch vor, seine Frau so etwas zu fragen, aber Lust hätte er schon. (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 105)

[Einsicht] Ihm kam der Gedanke, daß das Dasein nichts anderes sei als eine stete Folge von Gelegenheiten, mit dem Leben davonzukommen. (Gabriel Garcia Marquez: Die böse Stunde)

[Kinder] Fred und Betsy hatten drei, Carlyle und Germaine sechs. Sechs! Das war sogar damals, in der Zeit, als es noch kein Ökologiebewußtsein gab, für Nichtkatholiken eine Menge. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 49)

[Finessen] Der Barbier drückte ihm den Kopf nach vorn und fuhr schweigend mit der Arbeit fort. Zwischendurch ließ er die Schere in der Luft klappern, um einen Überschuß an handwerklicher Kunstfertigkeit abzureagieren. (Gabriel Garcia Marquez: Die böse Stunde)

[Feststellung] Dem Restaurator fällt auf, daß das Leben eine Summe von Gewohnheiten ist, nicht von Anfang an natürlich, aber so ab der Mitte; zu Hause ist, wo man den Lichtschalter im Dunkeln findet. (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 98)

[Vorwüfe] Endgültig aufgebracht ist der Restaurator jedoch durch den pikierten Hinweis, es gäbe Männer, die könnten ihre Hemden auch selber waschen, sogar von bügelfähigen Männern habe man in und um Yverdon schon gehört. Vulgärfeminismus hatte er von seiner künftigen Frau nicht auch noch erwartet, die Schokoladenflecken in einem Buch über lombardische Baudenkmäler können ihn schließlich auch nicht mehr überraschen, sie erbittern darum nicht minder. (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 96)

[Vergleich] Sie richtete ihren ruhigen Blick auf mich. So blicken Vögel, wenn sie keine Angst haben. (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 414)

[Jämmerlich] Pavel betrachtete ihn still und aufmerksam. Wie er aussah, wie merkwürdig! ganz eingeschrumpft und mager, vor Kälte zitternd in seinen dünnen Kleidern und dabei das Gesicht feuerfarbig wie ein Lämpchen aus rotem Glas, in dem ein brennender Docht schwimmt. Das Öl, von dem dieses jämmerliche Dasein sich näherte, war der Branntwein; der einzige Trost, der es erquickte, ein gedankenloses Lippengebet. (Marie von Ebner-Eschenbach: Das Gemeindekind)

[Diskrepanz] Er ging mit Schritten wie ein Gymnasiast und mit den Augen eines Seeräubers. (Klabund: Marietta)

[Phrasen] ... sie hat mein Herz gestohlen, wie es in den Romanen immer heißt, meistens um die fünfzigste Seite herum, wenn die Liebeserklärung nahe ist. (Klabund: Der kleine Lorbeer)

[Abneigung] Thionville ist genau die Stadt, in die ich schon immer nicht wollte. (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 88)

[Körper] Sichtbarlich treibt Viszman keinerlei Muskelsport und ist anderthalb Köpfe kleiner als dieses Monster von einem Leibwächter, der ihn leicht umhusten könnte. (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 62)

[Zeichen] Ein Blick auf meine Schuhe, und jedes Gericht der Welt wird mir meinen Antikapitalismus umstandslos glauben... (B. Vanderbeke: Ich will meinen Mord)

[Forderung] Es gibt den Zufall, aber er gehört nicht in Bücher, er hat gefälligst im Leben zu bleiben. (Birgit Vanderbeke: Ich will meinen Mord, S. 10)

[Mond] "Der Mond benimmt sich heute empörend auffällig", stellte er mit einem melancholischen Blick auf den fahlen Nachthimmel fest. Äcker und Sträucher lagen weißbestaubt von Licht. Es war eine Lichtstimmung wie an schwülen Sommertagen kurz vor Sonnenaufgang. (Klabund: Das Mädel)

[Studenten] Damals hockte in der kleinen Stadt ein verbummelter Student der Jura, der wohl zwölf Semester auf seinem krummgebogenen Rücken schleppte. Nachdem sein Vater erst kürzlich fünftausend Mark Schulden schweren und schmerzenden Herzens für ihn bezahlt hatte - gab er ihm nun zum letzten Male Geld, daß er sich in der Ruhe der Ländlichkeit auf sein Examen vorbereite. (Klabund: Das Lächeln der Margarete Andoux)

[Gestalten] Eine Wasserstoffblondine mit rundem Gesicht, glanzlosen grauen Augen und Spuren von Aknenarben auf den Wangen, hielt sie sich mit einer gewissen liederlichen Bravour, hatte aber so gar nichts Bezauberndes, keinen Charme, der das Interesse an ihr über längere Zeit wach halten konnte. (Paul Auster: Das Buch der Illusionen, S. 220)

[Handicap] "Oh, das ist nichts Ungewohntes. Ich bin in deinen Augen ein Genie, einhöchst begabter Mensch, der alles weiß, alles tun könnte, nur daß sich unglücklicherweise seine Trägheit als stärker erweist, nicht wahr?" (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 308)

[Kälte] Das ohnmächtige Quecksilber stürzte unter dem Einfuß seiner Umgebung immer tiefer. Und selbst die Eisbären im Zoo fanden langsam, daß die Direktion des Guten zuviel tue. (Vladimir Nabokov: Lushins Verteidigung, S. 236)

[Personen] Ihre Mutter, reichlich gepudert und angetan mit einem tief ausgeschnittenen Kleid, das wie in alten Zeiten den engen Spalt zwischen ihren hochgeschobenen Katharinenbrüsten erkennen ließ, hielt sich wacker und duzte ihren Schwiegersohn sogar, so daß Lushin anfangs gar nicht begriff, mit wem sie sprach. (Vladimir Nabokov: Lushins Verteidigung, S. 206)

[Natur] Nach dem Mahle gingen alle auf die Terasse, um Kaffee zu trinken. Es herrschte prächtiges Wetter; vom Garten wogte der süße Duft der eben jetzt voll erblühten Linden heran; die Sommerluft, ein wenig erfrischt vom dichten Schatten der Bäume und von der Feuchte des nahen Teiches, atmete schmeichelnde Wärme. (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 285)

[Tristesse] ...in einer Ecke des Raumes hing ein kleines schwarzes Jackett, das der Beamte während der Dienststunden mit einer Lüsterjacke vertauschte, und von seinem Tisch ging eine Atmossphäre von lila Tinte und der gleichen transzendenten Hoffnungslosigkeit aus.

[Gestalten] "Einen Scherz verübeln, wie könnte man das? Denken wir bloß an Iwan Illitsch; er trägt bei uns den Scherznamen 'Schmiegsame Seele", weil er einfach zu nichts nein sagen kann. Na, und fühlt sich Iwan Illitsch deshalb gekränkt? Nie!" (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 273)

[Mütter] Sie bestellte sich etwas und probierte eifrig Bänder aus. Die Mama schaute ihr dabei zu, die Hände über dem Bauch gefaltet, die Nase ein wenig hochgereckt und mit jenem dümmlichen und hündischen Lächeln auf dem Gesicht, das man einzig und allein liebenden Müttern verzeiht. (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 134)

[Komplimente] Ihre Haare waren von sattem dunklem Gold, die großen Augen tiefbraun; ihre Haut war wie mattes Gold. Und diese Farben nahmen die Kühle der ebenmäßigen Züge von ihrem Antlitz und schenkten ihm Wärme, Fülle und eine grenzenlose Anziehungskraft. "Sie sind die schönste Frau, die ich je gesehen habe." "Und wie vielen Frauen haben Sie schon das gleiche gesagt?" "Ziemlich vielen. Aber deshalb ist es nicht weniger wahr, wenn ich es jetzt behaupte." (William S. Maugham: Oben in der Villa, S. 23)

[Musik] "Also, Geige finde ich gräßlich", rief die Alte. "Wie ein Mensch daran Gefallen finden kann, daß jemand mit Haaren aus einem Pferdeschwanz auf Därmen von toten Katzen herumkratzt, bleibt mir ewig ein Rätsel." (William S. Maugham: Oben in der Villa, S. 22)

[Momente] Nachdem wir alle ziemlich viel geschwatzt hatten, breitete sich plötzlich Schweigen aus. In solchen Momenten, sagt man, schwebt lautlos ein Engel vorüber. (Iwan Turgenjew: Drei Begegnungen, Erzählungen, S. 9)

[Erfahren] Die Gastgeberin schenkte ihm noch einen ihrer lächelnden Blicke, in denen die ganze Nachsicht einer betagten Sünderin lag, die ihre unartige Vergangenheit weder vergißt noch bereut, und zugleich der Scharfblick einer Frau, die diese Welt so genau wie ihren Handteller kennt und weiß, daß kein Mensch besser ist als nötig. (William S. Maugham: Oben in der Villa, S. 18)


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