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[Lebensweise] Eine Weile starrte er auf ein paar fleckige Bananenschalen in der packpapierbraunen Biomülltüte neben dem Fensterbrett, dann auf dem Samenstrunk einer entkernten Paprika - sämtlich Spuren von Ricardas Ringen um eine Balance zwischen den Ansprüchen geistiger Arbeit und den Bedürfnissen ihres Körpers. Sollte das wirklich bis ans Ende ihres Leben so weitergehen? (John von Düffel: Houwelandt, S. 13)

[Signale] Für einen Moment hatte Ricarda aufgeschaut und ihm zur Begrüßung ein Lächeln geschenkt, freundlich, aber keine Brücke, über die er gehen mochte. Offenbar war der Zeitpunkt gerade ungünstig. (John von Düffel: Houwelandt, S. 55)

[Sparsamkeit] ... rechnete sie fest damit, von Jorge nach dem Verbleib des alten Brots gefragt zu werden. Sein Widerwille, Lebensmittel wegzuwerfen, auch wenn sie die Grenze der Genießbarkeit fast überschritten hatten, war der gesamten Familie noch in qualvoller Erinnerung. (John von Düffel: Houwelandt, S. 48)

[Mittel] Christian hatte ihn früher regelmäßig als abschreckendes Beispiel benutzt, um heiratsbeflissenen Freundinnen zu erklären, weshalb er nicht an Ehe und Familie glaubte. (John von Düffel: Houwelandt, S. 134)

[Gesten] ... fuhr sich mit einer flüchtigen Geste durchs Haar, um wenigstens den Willen zu einer Frisur erkennen zu lassen. (John von Düffel: Houwelandt, S. 20)

[Frisur] Der Ober brachte mir mein Seezungenfilet und Verna ihr Lammkotelett. Er schien nicht überrascht zu sein, als ich eine Flasche Champagner bestellte. Sein Haarschnitt war kurz und ordentlich und von der Art, die alle trugen, als ich jung war. Heute deutet er ausschließlich auf Homosexuelle und - eine andere Randgruppe, die als potentielles Einfallstor des Unheils mit Mißtrauen betrachtet wird - Soldaten. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 395)

[Küsse] Ich gab einer seltenen Regung nach und beugte mich hinunter und küßte sie. Verblüfft, entspannte sie erwidernd ihre Lippen, als ich mich bereits wieder löste. Trotzdem - wie angenehm war es und blieb es, sich zu einer Frau hinunterbeugen zu können! Bei Lillian hatte ich, wenn ich sie küßte, das Gefühl gehabt, einen anderen Mann, einen Parteigenossen, zeremoniell zu grüßen. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 316)

[Habitus] Gelangweiltsein auf die privilegierte Art, die Professorenfrauen zusteht. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 291)

[Bestrebungen] Man denke an seinen extravaganten Plan, die ganze Menschheit von der Denkmöglichkeit zu erlösen, daß es keinen Gott gibt. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 297)

[Ideen] Ed war im Begriff, Dale mit sanftem Widerwillen die entscheidende Frage zu stellen: "Haben Sie vielleicht noch, ähmm, ausgereiftere Ideen für den Einsatz des Computers bei Ihrer Suche nach" - er konnte seine Lippen unter dem minimalen, sozusagen entmythologisierten Schnurrbart nicht dazu bewegen, den bäurischen alten Einsilber auszusprechen - "dem Absoluten?" (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 267)

[Mimik] Ihr Mienenspiel hat jene jüdische Fähigkeit, abrupt eine transzendente Wärme auszustrahlen, einen vertrauenerweckenden Zauber wie die Wasserfontäne, die Moses aus dem Felsen am Berg Horeb schlug. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 255)

[Momente] "Sag mir", fragt sie mit der Anmaßung einer frischgefickten Frau, "wieviel bedeutet dir das eigentlich?" (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 16)

[Anzeichen] Sein wächsernes Gesicht wies neben den rosigen Aknestriemen am Unterkiefer nun auch dunkle, ergußartige Flecken unter den Augen auf - jene Schatten, anhand deren wir uns in der High-School neckend der übermäßigen Masturbation bezichtigt hatten. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 16)

[Sparsam] Esthers knauserige Thermostateinstellung... (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 163)

[Gefahr] Esther hat einschüchternd schlanke Hände mit Sommersprossen auf den Rücken und seit jüngster Zeit so lange Fingernägeln, daß ich ungewollt erdolcht zu werden fürchte, wenn sie sich nachts im Bett umdreht. "Sie Ärmste. Das klingt ja wie ein Alptraum." (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 135)

[Erinnerung] Moosbeerensaft deprimiert mich, er erinnert mich an Sümpfe, an Reformkost, an Kinder mit verfärbten Lippen und an alte Damen, die sich in staubigen Salons versammeln, um vereint dem letzten Kitzel ihrer Tage zu frönen. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 124)

[Tod] Er will, daß wir uns keine Sorgen machen müssen, was nach dem Tod mit uns passiert. Ich mach mir Sorgen, was vor dem Tod mit mir passiert." (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 82)

[Selbstsicherheit] Er war promiskuitiv in seiner von keinem Zweifel angekränkelten Gewißheit der eigenen Rechtschaffenheit... (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 124)

[Sprache] Wie die heutige Jugend generell hatte sie ein Vokabular, das jeder möglichen Disziplinierung vorauseilend entgegenwirkt. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 80)

[Förderung] "Fünf Komma zwei?" "Seeehr gut!" Er schmeichelte, er lockte. Der Lehrer als Hure, beim Hochkitzeln der mentalen Erektion. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 128)

[Kleinkinder] Die Haut von kleinen Kindern hat eine sanfte Fieberwärme, so einladend, daß ich einen Kuß auf das Ohr drückte. Seine komplexe Weichheit schockierte mich. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 85)

[Konkurrenz] Sie blies mir hin und wieder einen; früher, als wir neu füreinander waren und die Leidenschaft des Werbens sie beseelte, die weibliche Leidenschaft, eine Konkurrentin aus dem Feld zu schlagen und sich einen Beschützer zu sichern, konnte ich ihre Lippen kaum von meiner Hosentür fernhalten. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 59)

[Gestik] Die Art, wie ihre Frisur sich auflöste, Harrsträhnen sich seitlich lockerten, bezeugte ihre Bereitschaft zu einem Streit. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 58)

[Austausch] "Was wissen Sie von der Urknalltheorie?" "Sehr wenig", antwortete ich, wohl mit einem gewissen Anflug von agnostischer Glätte, "außer, daß sie offensichtlich allgemein akzeptiert wird." Er demonstriert Zufriedenheit mit meiner Antwort, getreu dem langbärtigsten aller Pädagogentricks: positive Verstärkung für den begriffsstutzigen Schüler. (John Updike: Das Gottesprogramm. Rogers Version, S. 19)

[Duldsam] "Einen Brief für Mr. Treverton", sagte der Bote und trat nervös von der Tür zurück. "Werfen Sie ihn über die Mauer, und scheren Sie sich weg!" antwortete eine grobe Stimme. Der Bote gehorchte beiden Aufforderungen. Er war ein sanftmütiger älterer Mann, und als die Natur sein Innerstes erschuf, hatte sie die Fähigkeit, Beleidigungen zurückzugeben, vergessen. (Wilkie Collins: Das Geheimnis des Myrtenzimmers, S 42)

[Essen] Das Wort "Sushi" hatte einen unguten Effekt auf seine Peristaltik. (John von Düffel: Houwelandt, S. 170)

[Deutsch] "In meinem Leben hat es soviel Glück gegeben", sagte er selbstkritisch und sah Rosamund an, "daß mein Mut, wenn es um Unglück geht, wenig gestählt ist. Und doch! Ich bin Deutscher. Meine ganze Nation besteht aus Philosophen." (John von Düffel: Houwelandt, S. 350)

[Betriebsblind] Als ein zu Selbstzweifeln neigender Mensch war er von vornherein gegen sich eingenommen und, abgesehen davon, betriebsblind. (John von Düffel: Houwelandt, S. 105)

[Wettbewerb] Jorge (...) verabscheute die Kumpanei der Kranken am Tresen von Luisa Meija. Es widerstrebte ihm, sich mit dem Siechtum der anderen gemein zu machen und sich einzulassen auf den heimlichen Wettstreit der Gebrechlichen um den Elendspokal. (John von Düffel: Houwelandt, S. 93)

[Vorbereitung] ... brütet Richard darüber, was das Familienleben eigentlich ist, was so ein Familienleben ausmacht. Und vor allem, warum praktische Ehewissenschaften einen nicht besser darauf vorbereiten, vom technischen Standpunkt aus, da man doch ganze Tage mit Familienleben zubringt. Ganze Wochenenden. Es ist ihm unerfindlich. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 75)

[No Chance] Er überlegte kurz, ob er nicht besser versuchen sollte, als erste Handlung des Tages eine Zigarette zu schnorren, doch sein Gegenüber machte ein zutiefst entmutigendes Nichtrauchergsicht. (John von Düffel: Houwelandt, S. 20)

[Reichweite] Frau Puwein und Herr Prikopa argumentieren mit Gründen, die bis zum Ende der Woche ausreichen würden, um sich als entschuldigt zu betrachten. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 386)

[Empor] Das also ist die nächste Generation, dieser kleine Spion und Abweichler, er hat das Klettern am Stammbaum einer windschiefen Familie erlernt... (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 382)

[Wichtige Dinge] 'Das Vergessen ist der beste Gehilfe des Henkers.' 'Man lebt nicht einmal einmal.' 'Das Leben besteht aus vielen Tagen. Dieser wird enden.' Im Konversationslexikon der Madame de Genlis, in einer Ausgabe aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, behandelt das einundfünfzigste und letzte Kapitel Gesprächsschablonen, die der Reisende auf dem Totenbett mit seinem Arzt wechseln soll. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 371)

[Wetter] Peter sagt: Ich verspreche euch vierzehn Tage schönes Wetter. Ich habe meinem Namenspatron einen Schnaps bezahlt, da wird er uns nicht im Stich lassen. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 19)

[Familie] Er sieht auch ein, daß zutrifft, womit ein Arbeitskollege ihn unlängst trösten wollte, nämlich daß es nicht ganz einfach ist, ein siebzehnjähriges Mädchen für sich zu gewinnen, wenn man das Unglück hat, ihr Vater zu sein. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 290)

[Alltag] Ingrid badet die Hände in Abwaschwasser, schichtet die Teller in den Reiter zum Abtropfen. Mitunter, wenn sie einen schlechten Tag erwischt, kommen ihr diese Kleinigkeiten schlimmer vor als Krieg und Winter. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 254)

[Poem] Sogar ein Tintenfaß steht dort, als werde jeden Moment jemand kommen, sich niedersetzen und aus der Luft die dadaistischen Gedicht abschreiben, zu denen sich der Staub zur Erheiterung der Hausgeister gruppiert. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 219)

[Hilfsmittel] ... mit einer Flasche krisenmildernden Kirschrums. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 191)

[Trinkspruch] Er macht sich ebenfalls ein Bier auf und stößt mit seinen Arbeitern an. Auf daß wir weniger Feinde haben, als Tropfen in der Flasche bleiben. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 185)

[Die und die] ... bekommt er ein schlechtes Gewissen, eine Art beschämtes Klassenbewußtseins bei dem Gedanken, daß die Reichen die Arbeit, wenn sie etwas Schönes wäre, nicht den Armen überlassen würden. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 185)

[Sinnlos] Einen Moment lang sieht Richard das Gerüst der Welt wie bei einem mageren Menschen die Knochen. Er spürt, wie sinnlos, wie unmöglich alles ist und daß er irgendwann sterben wird. Ein Gedanke wie ein Spreißel im Kopf. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 84)

[Bienen] Die Königin wird in ihrem Leben nur einmal begattet. Fritz runzelt die Stirn: Warum züchtet man eine so freudlose Spezies? Das schlägt am Ende auf einen selbst. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 47)

[Demenz] ... habe ich vor einigen Wochen beobachtet, wie er beim Salatessen mehrmals Anstalten machte, eine auf den Teller gemalte Blattverzierung auf die Gabel zu laden. (Arno Geiger: Es geht uns gut, S. 32)

[Last] ...die Bürde des Dilettanten: das maßlose Zuviel an Ästhetizismus. (Gilbert Keith Chesterton: Ketzer. Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit, S. 209)

[Verträumt] Der Mann, der in seinem eigenen Gemüsegarten steht und für den am Gartentor die Märchenwelt beginnt, ist der Mann mit großen Ideen. (Gilbert Keith Chesterton: Ketzer. Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit, S. 47)

[Küche] Das Essen und die Getränke standen sehr schnell auf dem Tisch, auch hier wurden die Gerichte auf vielen kleinen Tellern serviert, auch hier wollte der Reigen nicht enden, Gemüse, Wurst, Käse, Pilze und Artischocken, Italiener sind vernarrt in das Tischlein-Deck-Dich, sagte sie, man kommt dem Land nahe, wenn man das Prinzip des Tischlein-Deck-Dich versteht. (Hanns-Josef Ortheil: Die grosse Liebe, S. 95)

[Zwang] ... so wie es unausweichlich ist, daß der Bürger beim Abspielen der Nationalhymne Haltung annimmt, obwohl es mit Sicherheit weder ihm noch seinem Vaterland Spaß macht. (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 263)

[Typus] Menschen wie er leben von den kleinen Gesetzen des Alltags. (Hanns-Josef Ortheil: Die grosse Liebe, S. 31)

[Vergleich] "Immer hieß es: 'Es stehe wissenschaftlich fest'. (...) Früher sagte man: 'Es steht in den Akten". Ich lasse dabei dahingestellt, wovor man sich tiefer verbeugen muß." (Theodor Fontane: Der Stechlin)

[Nägel mit Köpfen] "Nach der Hochzeitsnacht sagt ein englischer Lord zu seiner Frau: Lady, ich hoffe, Sie sind schwanger. Ich möchte diese lächerliche Bewegungen nicht noch ein zweites Mal wiederholen." (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 289)

[Bürokratie] ... angerührte Eifrigkeit der Bierhefe des Deutschen Geistes, nämlich der Bürokratie. (Herbert Rosendorfer: Die Erfindung des SommerWinters, S. 13)

[Belohnung] ... erst vor kurzem hatte er, über ein Jahr nach dem Einsatz in Rußland, den schlichtesten Orden, die Ostmedaille, für sein krankes Bein bekommen, ein Orden, der so unbedeutend war, daß er irgendwann nach dem Krieg ausgehändigt werden sollte, weil das Metall anderswo gebraucht wurde, jetzt hatte er nur einen Formbrief zur Verleihung und das Band gegeben. (Friedrich Christian Delius: Bildnis der Mutter als junge Frau, S. 82)

[Wahrnehmung] Je mehr man im Leben heuchelt, desto leichter wird es. Man geht pfeifend an den größten Katastrophen der 'Geschichte' vorbei, und man merkt sich die Noten, nicht die Märtyrer. (Veronique Olmi: Die Promenade, S. 78)

[Stimme] Was machst du? rief sie, ich genoß es, daß ihre Stimme so klang, als bluteten meine Pulsadern schon. (Markus Werner: Der ägyptische Heinrich, S. 27)

[Depression] Frau Anderson litt an Anfällen von Melancholie. Sie lag den ganzen Tag im Bett einer psychiatrischen Klinik in Deutschland, wenn es ihr besser ging, setzte sie sich auf. (Veronique Olmi: Die Promenade, S. 74)

[Emanzipation] Es sei ihr in den ersten Jahren ihrer Ehe immer alles recht gewesen, was ihr Mann gesagt habe. Erst im Krieg, als er weg war, sie mit den - dann drei - Kindern auf sich allein gestellt, habe sie eigene Meinungen zu entwickeln begonnen. Mein Vater habe das in seinen Urlauben mit Befremden festgestellt. (Herbert Rosendorfer: Die Erfindung des SommerWinters, S. 78)

[Ein Sohn] Gerard und Madame Claudine versuchten, das am Zaun angeschlossene Velosolex zu befreien, ich glaube mit einem großen Messer oder einer Schere, es klang ziemlich gefährlich. Madame Claudine liebt es, wenn sie Zeugen für ihr Unglück hat, und es war schwierig, ihr Gejammer nicht zu hören, ihr "Was hab ich dem lieben Gott getan, daß ich einen Sohn habe, der ein Schloß mit Schlüssel kauft?" (Veronique Olmi: Die Promenade, S. 71)

[Benennung] Ich muß frische Luft haben. Vielleicht das erste Zeichen von Hydropsie. Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter sind sie doch ein Segen. Wenn ich so zwischen Hydropsie und Wassersucht die Wahl habe, bin ich immer für Hydropsie. Wassersucht hat so was kolossal Anschauliches! (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 58)

[Trinken] Die gesamte Stadt schien auf den Beinen zu sein. Genau wie in jeder anderen englischen Kleinstadt an einem Samstagabend. Heerscharen von Leuten zogen von Pub zu Pub wie Gnus in der Regenzeit. Wir drei zogen hinterher. (Magnus Mills: Die Herren der Zäune, S. 96)

[Sportlich] Die Schritte des Obristen Muratow waren leicht und federnd, obwohl er zu solider Fülle neigte und deutliche Anzeichen vorgerückter Jahre aufwies. (Bulat Okudshawa: Merci oder Die Abenteuer Schipows, S. 114)

[Latent] Doch er hörte aufmerksam zu. Roux nahm an, daß er zu jenen leutseligen beleibten Männern gehörte, die den raisermesserscharfen, inquisitorischen Verstand, der hinter ihren gutmütigen Antworten steckte, erfolgreich zu verbergen wußten. (Brian Moore: Hetzjagd, S. 168)

[Gesellschaft] ... an der irrationalen Börse gesellschaftlicher Beliebtheit. (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 266)

[Grenzen] "Der Chef wird von Ihnen entzückt sein. Und vergessen Sie nie, sonntags in die Kirche zu gehn. So werden Sie von drei Seiten eingegattert sein, Familie, Arbeit und Religion. Der ideale Staatsbürger. Ein Leibeigener, ein Mann ohne Gesicht. (Manuel Puig: Verdammt wer diese Zeilen liest, S. 139)

[Halb, Halb] ... deine Tante Sanctissima drüben im Kloster Wutz (...) halb Königin Elisabeth, halb Kaffeeschwester, das is'ne Melange, mit der ich mich nie haben befreunden können. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 45)

[Kalauer] Ich bin eigentlich gegen Kalauer, die sind so mehr für Handlungsreisende. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 45)

[Innen] "Spätestens seit James Joyce wissen wir", sagte er, "daß das größte Abenteuer unseres Lebens das Fehlen von Abenteuern ist. Odysseus, der bei Troja kämpfte, über die Meere fuhr, sein Schiff selbst steuerte, auf jeder Insel eine Geliebte hatte - nein, das ist nicht unser Leben. Homers Odyssee hat sich nach innen verlagert. Sich verinnerlicht. Inseln, Meere, Sirenen, die uns locken, Ithaka, das uns zurückruft, das sind heute nur noch Stimmen unseres Innern." (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 125)

[Aktenkundig] ... steht der Name ihres Mannes (der noch immer auch ihr Name ist) mit Sicherheit auf der schwarzen Liste, und die Polizei hat ein ungebrochenes Interesse an jedem Dokument aus dem Leben ihrer Widersacher, selbst wenn diese tot sind. (In diesem Punkt irrt Tamina sich ganz und gar nicht: In den Akten der Polizeiarchive liegt unsere einzige Unsterblichkeit.) (Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen, S. 121)

[Gaben] Sie war fünfzehn, ziemlich klein, und sie hatte diese außerordentliche Gabe, unschuldig auszusehen, was ihr bei ihrer Karriere als Kleinkriminelle häufig half. Julies Fachgebiet waren Botengänge und Auftritte als Unschuld vom Lande. (Zizou Corder: Lee Raven, S. 120)

[Kompliment II] Er wolle, flüstert er charmant, sie weder für blöd noch für teuer Geld je verkaufen, sie sei nun einmal die einzige Bewohnerin auf Lebenszeit in seinem Herzen, und er hoffe, sie habe es dort so gemütlich wie möglich. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 251)

[Kompliment] Von Ägypten macht er sich abenteuerliche Vorstellungen. Morgen, schreibt er an Sybil, werde er in der Wüste eintreffen. Ihren Namen auf jedes Sandkorn zu schreiben sei ein würdiges Lebensziel. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 269)

[Kommunikation] Elviras Stimme hat wieder diesen Ton bekommen, der ein vernünftiges Gespräch mit ihr als unwahrscheinlich erscheinen läßt. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 283)

[Verfall] ... haben die Nelken und Rosen angeschaut, um nicht die Rollstühle und die Tragen, die zerstörten Gestalten zu sehen, die unglaubliche Fähigkeit des Körpers, zusammenzufallen, ehe er ganz aufgibt. (Veronique Olmi: Die Promenade, S. 215)

[Das geht nicht] Das geht nicht. Nein? Puccini schmunzelt. Sagt Giacosa auch immer. Es gehe nicht. Wegen dem und dem und dem und dem. Und geht dann doch. So vieles geht. Das meiste an einem vorüber. Ungenutzt. Man müßte mehrere Leben zur Probe führen, um dann das eine für gültig erachtete zu leben. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 156)

[Unterschied] "Erzählen Sie mir die positiven Dinge, die schlimmen kann ich mir inzwischen selbst vorstellen." (Manuel Puig: Verdammt wer diese Zeilen liest, S. 209)

[Vorgehen] "Haben wir Gäste?" fragte er einen der Familienschatten. "Zähl doch die Teller!" antwortete der Schatten mit einem Achselzucken. (Colette: Gigi; Erwachende Herzen, S. 38)

[Kuß] Sie sah nicht mehr vor sich, da sie beide Fäuste auf die Augenhöhlen preßte. Gaston war ihr nachgekommen und suchte in dem wohlverwahrten Gesicht ein Plätzchen für einen Kuß. (Colette: Gigi; Erwachende Herzen, S. 86)

[Geschlechter] Am ausgestreckten Arm hormonell verhungern... (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 244)

[Shocking] Narciso Gemignani. Ihr Gatte, wohnhaft in Lucca. Verstorben heute morgen, im sechsundvierzigsten Lebensjahr, an einem Herzschlag. So steht es hier. Wie bitte? Narciso? Narciso ist tot? Heute? Sie denkt nach, ihr schwirrt der Kopf, sie möchte anmutig in Ohnmacht fallen, es gelingt ihr nur nicht. Sie ist noch nie in Ohnmacht gefallen, anscheinend können das nur feine Damen, die solcherlei von früh an üben. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 84)

[Beruhigung] Der Brief, in frischem Zorn verfaßt, soll ihr über die Fiebermarke getretenes Temperamentchen kühlen. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 162)

[Wohnen] Sie gestattete sich einen Seufzer, streifte ihre Gummihandschuhe über und begann ohne Bitterkeit, sich ihren Haushaltspflichten zu widmen. Ihr war es zu verdanken, daß die bescheidene Wohnung alterte, ohne schäbig zu werden. (Colette: Gigi; Erwachende Herzen, S. 41)

[Lebensalter] ... spätpubertäre Noch-Unausgesöhntheit mit den Fakten.(Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 39)

[Benachteiligt] Ihre größte Sorge war Ida, mit achtzehn einsachtundachtzig groß und zweihundertsiebzig Pfund schwer, plump und tiefschwarz, mit dicker Kartoffelnase und weit auseisanderstehenden Zähnen, immer diejenige, die das Seil schwingen mußte, wenn die Mädchen Seilhüpfen spielten. (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 407)

[Eine Dame] Sie hat in den letzten Jahren an Taille verloren, ihre Gestalt kann einschüchternd wirken, matronenhaft, beinahe bäuerlich. Ihre Züge sind streng geworden oder, wenn sie lächelt, verwaschen und von wachsgelbem Teint. Ihr Gestenkatalog läßt einiges jener Anmut und Grazie vermissen, die Giacomo an Damen von Stand so betörend findet. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 31)

[Diagnose] Der Arzt fühlt den Puls des Patienten. Hört mit einem eiskalten Stethoskop dessen Herzschlag ab. Puccini sinkt aufs Kissen zurück. Hört sich alles gutmütig an, behauptet Ledoux mit diesem Arztlächeln, das in südlicherer Währung einer Krokodilsträne entsprechen dürfte. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 21)

[Gunnar] Gunnar, ein Dickkopf, war schon beleidigt, wenn ihn nur jemand beim Vornamen anredete oder eine herzliche Begrüßung ihm gönnerhaft vorkam. Er hielt Bücherwissen für eine Afferei bürgerlicher Fatzkes, verleidete seinen Kindern den Schulbesuch. Der einzige Scherz, den er kannte, war eine bissige Replik für Leute, die ihn ärgerten: Geh doch dahin, wo ich herkomme! (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 601)

[Anschuldigung] Exotisches Gedudel, brutal, geschmacklos, mit über die Geduldsufer tretenden Längen. Sentimental und obzön. Puccini sei faul geworden, eitel, sei nicht mehr hungrig. (Helmut Krausser: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini, S. 26)

[Lehrreich] "Jedenfalls", sagte der Verwalter, "wenn nicht ab und zu mal was schiefgeht, woher sollte man dann wissen, wenn was gutgeht. Manchmal lernt man eben nur aus Rückschlägen. (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 540)

[Wendepunkte] ... die eine glühende Nacht war, in der ein Leben seinen Gipfel erreicht - und von da an geht's nur noch bergab. (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 395)

[Humor] Die beiden hatten einen gefährlichen Humor, die Sorte, bei der man das Lachen unterdrücken muß, um keine Schuld einzugestehen. (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 408)

[Konform] Er schwängerte sie in der Hochzeitsnacht, und sein Leben geriet in die uralten menschlichen Bahnen: Zeugung, Arbeit, die Krankheiten der Kinder, ihre kleinen Talente und Möglichkeiten. Zum erstenmal begriff er, daß er nicht anders was als andere Leute auch. (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 211)

[Schwierig] "Schlimmer geht's nicht, ein Kreuzworträtsel mit lauter asiatischen Flüssen und Golfspielern aus den dreißigern Jahren." (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 633)

[Ehe] Dann, wie ein Reisender, der plötzlich bemerkt, daß die Sonne im Westen schon untergeht und vom Tag nur noch ein, zwei Stunden Dämmerlicht bleiben, beschloß er zu heiraten. (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 95)

[Herbst] Leichter Dunst in der Ferne. Die Nähe übermäßig klar. Noch liegt erst ein zögerndes Gelb über den Laubbäumen, die nach einem nassen Sommer aquariumblau geworden sind. Erstes Rot im Kirschenlaub. Schilfblätter verdorren - sieht allerdings in der Bucht, merkwürdig umschrieben, wie eine chemische Einwirkung aus. Wäre nicht das erstemal, daß Herbezid verwendet wird. Kleine Vögel wispern im Gezweig. Die Landschaft rüstet sich zum Herbst. (Walter Vogt: Altern, S. 70)

[Haltung] Er saß gestern tatsächlich wieder einmal in der Sofaecke wie ein Spaghetti, das in der Pfanne klebengeblieben ist. (Walter Vogt: Altern, S. 248)

[Alkohol] Spät in der Nacht, als sie sich beide in die gelenkigere Jugend zurückgetrunken hatten... (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 592)

[Tiere] Die Insekten sind kleiner geworden, als sie vorübergehend, vor hundertfünzig, zweihundertfünzig Millionen Jahren, waren; hinterhältiger, ubiquitärer, unausrottbar, zahllos und zäh, Überlebende zukünftiger Apokalypsen. (Walter Vogt: Altern, S. 77)

[Amerika] Sie verachtete die amerikanischen Supermärkte mit ihren grellbunten Kartons und den schweren Blechdosen, die schrecklichen Kochbücher, die Dorothy sich kaufte, von geschminkten Weibern mit amerikanischen Namen, Betty Crocker, Mary Lee Taylor, Virginia Roberst, Anne Marshall, Mary Lynn Woods, Martha Logan, Jane Ashley, alles schmallippige Protestantinnen, die ihren Gästen ohne zu erröten bröselige Fertigteigkuchen vorsetzten, Dosengemüse ohne Geschmack und salzigen Büchsenbullen, das erbärmlichste Essen von der Welt! (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 95)

[Wetter] ... eine Flut, vor der ein Noah erschrocken wäre... (Annie Proulx: Das grüne Akkordeon, S. 95)

[Heruntergewirtschaftet] Der Wohnblock, zu dem ich geschickt worden war, bedurfte dringend einer Generalüberholung. Der Gips, mit dem die Risse im Putz zugeschmiert waren, zeigte seinerseits Risse, und sogar im der Schmutz auf der abblätternden Farbe war abgeblättert. (Jasper Fforde: In einem anderen Buch, S. 182)

[Outfit] Ms Flakk hatte ausnahmsweise mal kein rosa Kleid an, aber ihre Farben waren immer noch schrill genug, um einen Farbfilm auf vierzig Meter erblinden zu lassen. (Jasper Fforde: In einem anderen Buch, S. 239)

[Physis] Er war ungefähr fünfzig und graumeliert und seine Haut war so straff, als wäre sie für einen viel kleineren Schädel gemacht worden. (Jasper Fforde: In einem anderen Buch, S. 312)

[Kunst] Wußte er denn, ob ihm gegeben war, Menschen durch seine Kunst zu zwingen, wie dem Meister, der sich heute hier vernehmen ließ? Sieger zu werden über das Bedenkliche, Klägliche, Jammervolle des Alltags? (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)

[Familie] ... dieses kleine, allwissende Lächeln, das Großmütter wohl in der Oma-Schule beigebracht kriegen, wo sie auch Häkeln, Winterschlußverkaufstaktik und den unnachahmlichen Trick lernen, immer genau zu wissen, was man gerade im oberen Stock macht. (Jasper Fforde: In einem anderen Buch, S. 144)

[Erinnerung] Auch diese Erinnerung hatte ihre schwermutsvolle Süßigkeit, wie alles, was völlig vergangen war. (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)

[Wissenschaft] "Jalaudek...", wiederholte Heinrich mit deutlichem Ekel in der Stimme und sagte nichts weiter. "Ah", meinte Leo, "das ist ja der, der neulich in einer Debatte über den Volksbildungsverein diese prachtvolle Definition von Wissenschaft gegeben hat. Haben Sie nicht gelesen?" wandte er sich zu den andern. Diese erinnerten sich nicht. "Wissenschaft", zitierte Leo, "Wissenschaft ist das, was ein Jud vom andern abschreibt." (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)

[Mimik] Die Augen, wenn sie nicht eben mit einiger Absicht gütig oder klug schauten, schienen sich hinter den müd gewordenen Lidern gleichsam für den nächsten Blick auszuruhen. (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)

[Damals - heute] Wie immer ihre Schuldgefühle aussehen mögen, was immer sie haßt oder fürchtet, es ist nicht dasselbe. Was tun sie wegen AIDS, diese Mädchen? Sie können sich nicht einfach im Heu wälzen, so wie wir. Gibt es ein Werbungsritual, bei dem die Telefonnummern der jeweiligen Ärzte ausgetauscht werden? Für uns war die Schwangerschaft das furchterregende Element, die sexuelle Fallgrube, die Sache, die einen erledigen konnte. Heute nicht mehr. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 426)

[Politik] "Und wohin reisen Sie?" fragte Anna. "Nach Paris. ich will im Pasteurchen Institut arbeiten. Ich kehre wieder zu meiner alten Liebe zurück, zur Bakteriologie. Es ist eine reinlichere Beschäftigung als die Politik." (Arthur Schnitzler: Der Weg ins Freie)

[Lügen] "Das freut mich", kriege ich heraus. Im Zweifelsfall mit zusammengebissenen Zähnen lügen. Ich habe Glück, daß ich noch Zähne habe, die ich zusammenbeißen kann. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 482)

[Erhaben] Die Leute klatschen, und mein Bruder geht zum Podium. Er steht vor einer weißen Leinwand, räuspert sich, tritt von einem Fuß auf den anderen, setzt seine Brille auf. Jetzt sieht er aus wie jemand, der später einmal auf einer Briefmarke zu sehen sein wird. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 387)

[Fusel] Ich trinke ein bißchen von dem grauenhaften Wein, und dann noch ein bißchen und fühle mich besser; auch wenn ich weiß, daß ich mich nachher noch schlechter fühlen werden. Das Zeug schmeckt wie etwas, mit dem man vielleicht versuchen würde, einen Schmorbraten weich zu machen. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 409)

[Essen] Was wir essen, ist vage thailändisch: ein saftiges, würziges Hühnchen, einen Salat aus exotischem Laubwerk, rote Blätter mit kleinen purpurfarbenen Spritzern darin. Buntes Essen. Solche Dinge ißt man heutzutage... (Margret Atwood: Katzenauge, S. 315)

[Farben] Angeblich macht Pink die Feinde schwach, nachgiebig, läßt sie weich werden, vielleicht ist es deshalb die Farbe für kleine Mädchen. Ein Wunder, daß das Militär noch nicht darauf gekommen ist. Helme in blassem Pink, mit Rosetten, ein ganzes Bataillon, vorwärts zum Brückenkopf, raus aus den Gräben, alle in Pink. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 58)

[Szenarien] Ich gebe nicht gern Gepäck auf, am liebsten stopfe ich alles unter den Flugzeugsitz. Ganz hinten in meinem Kopf hat sich die Vorstellung festgesetzt, daß ich, wenn da oben etwas schiefläuft, einfach meine Tasche unterm Sitz hervorhole und mit einem eleganten Satz aus dem Fenster springe, ohne etwas von meinen Sachen zurückzulassen. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 56)

[Gesundheit] Früher habe ich gejoggt, aber das ist nicht gut für die Knie. Von zuviel Beta-Karotin kriegt man eine orangefarbene Haut, von zuviel Kalzium Nierensteine. Gesundheit tötet. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 56)

[Betitelung] Andrea schreibt für eine Zeitung. "Es ist für das Ressort Modernes Leben", sagt sie. Ich weiß, was das heißt, das waren früher die Frauenseiten. (Margret Atwood: Katzenauge, S. 111)

[Hilfe?] Valerie erbot sich, mir beim Kochen zu helfen, doch stellte sich bald heraus, daß sie zu den Leuten gehört, die zur Pfirsichzeit Pfirsiche in Dosen kaufen, und Knoblauchsalz benutzen, wenn man den Knoblauch frisch kaufen kann. (Joseph Heller: Überhaupt nicht komisch, S. 293)

[Nervig] Ihr vorherrschendes und abstoßendstes Laster ist, daß sie bis zum Beweis des Gegenteils alle Leute nett findet. (Joseph Heller: Überhaupt nicht komisch, S. 157)

[Hygiene] Ich meinerseits vergesse gelegentlich, Ungenießbares wegzuschmeißen, und was ich da übersah, hätte wohl manchmal aus eiger Kraft zum Kühlschrank hinaus und der Müllabfuhr entgegenkrabbeln können. (Joseph Heller: Überhaupt nicht komisch, S. 293)

[Entscheidungen] Unser Büro lag unmittelbar neben der Fabrik, wo ein Dutzend Arbeiter jene Möbel herstellten, die man kauft, um sich sein Leben lang darüber zu ärgern, wenn man sich nicht entschließt, sie nach drei Tagen zu Anmachholz zu zerschlagen. (Heinrich Böll: Nicht nur zur Weihnachtszeit, S. 30)

[Essen] Das Madri ist eines dieser Restaurants, in denen der Kellner fünf Minuten braucht, um die Liste der Spezialitäten des Tages vorzulesen. (Malcolm Gladwell: Blink!: Die Macht des Moments, S. 176)

[Absicherung] Die Visitenkarte meines Psychiaters sollte ich zukünftig zwischen die Kreditkarten klemmen. (In meinem Alter und meiner Lage braucht man, wenn man nicht konfessionell abgesichert ist, jederzeit die Möglichkeit therapeutischer Notversorgung.) (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 239)

[Lotto] Die Chancen gingen gegen Null. Man spielt nicht, um zu gewinnen, sondern um den Glauben nicht zu verlieren, das Leben könnte sich noch einmal grundlegend ändern. (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 184)

[Vorteile] Das schöne an einer Glatze war, daß man sich die Fettfinger daran abwischen konnte, wenn man mit den Händen aß, ohne sich die Haare schmutzig zu machen. (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 181)

[Signale] Es klopfte an der Tür. Energisch. Im Zeitalter der Klingel ein Privileg der Polizei. (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 109)

[Grenzen] Mein Glaube an die Menschheit, der nie sehr groß war (und seinen Zenit vermutlich in meinem zehnten Lebensjahr überschritt)... (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 104)

[Verquer] ... erging sich weiter in Spekulationen, indem er mir einzureden suchte, er hätte bei unserem Telefonat bemerkt, daß ich in keiner Lage stecke, die das Wort Gleichgewicht treffend beschriebe. (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 92)

[Technik] Die Jungen fuhren zur Christ Church und wurden in ein Büro geführt, wo sich der Pfarrer mit einer Addiermaschine abmühte. Er wirkte ungehalten über die spärliche Hilfe, die ihm die göttliche Vorsehung in praktischen Angelegenheiten zuteil werden ließ. Honoras Bitten lehnte er freundlich, aber entschieden ab. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 373)

[Straight on] Das Geheimnis seines klaren, robusten Wesens bestand darin, daß seine Entwicklung nie durch kleinliche Überlegungen behindert worden war. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 281)

[Fantasie] ... stopfte Wissenslücken mit dem Mörtel der Phantasie. Vielleicht ist die Kunst zu lügen die eigentliche Voraussetzung für ein biographisches Talent? (Steffen Mensching: Lustigs Flucht, S. 68)

[Namen] Knast, das sagte schon der Name, war doch wirklich ein harter Ast im Lebensbaume. (Hans Fallada: Wer einmal aus dem Blechnapf frisst, S. 334)

[Vorsicht] ... verschwand mit dem sachten und vorsichtigen Schritt der regelmäßig Betrunkenen, die wissen, daß sie auf sich aufzupassen haben, treppab. (Hans Fallada: Wer einmal aus dem Blechnapf frisst, S. 304)

[Eigenschaften] ... ein schwieriger Mensch war - mit den Höhenflügen und Bruchlandungen einer gefühlvollen Natur. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 334)

[Arbeit] Elisabeth verdiente Lebensunterhalt für sich und Tochter mit Kleidernähen. Arbeitete Tag & Nacht. Augenlicht ruiniert. Mund immer voller Stecknadeln. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 274)

[Musik] Der Graf setzte sich an den Flügel und spielte ein Potpourri jener rührseligen Musik, die bei Cocktailpartys zum Besten gegeben wird und die in ihrer Süßlichkeit so durchschaubar, in ihrer vorgeblichen Leidenschaftlichkeit so kraftlos und süßlich ist, daß sie die Ohren eines wahrhaft Liebenden beleidigen muß. Plötzlich gingen alle Lichter aus. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 267)

[Begegnung] Unten in der Rotunde sah Moses eine große graue Ratte. Die beiden wechselten einen Blick, dann tappte die Ratte, zum Laufen zu fett oder zu überheblich, in die Bibliothek. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 272)

[Hölle] Habe fast den ganzen Tag mit diesen Idioten Dante Alighieri verbracht, ihm erklärt, wie alles funktioniert, sogar eine Werksführung mit Vergil organisiert. Wahrscheinlich war es ein Fehler, ihn unter Vertrag zu nehmen. Abgesehen davon, scheint er die ganze Sache nicht ernst zu nehmen und bezeichnet mein Zuhause als “göttlich”. Der Mann hat einfach kein Taktgefühl.” (Nicholas D. Satan: Das Tagebuch des Teufels, 1307)

[Signale] Er schob den General im Rollstuhl zum Aufzug und drückte den Knopf für den zweiten Stock. Der Aufzug fuhr langsam nach oben, und die Kabel knarrten jämmerlich, doch Moses, den wieder unbeugsame Vorfreude erfüllte, war taub für die Warnsignale solcher Aufzüge - der Fahrstühle in Wohngebäuden, Schlössern, Krankenhäusern und Lagerhallen, die, altersschwach und qualvoll anzuhören, unserer Vorstellung von Verdammnis nahezukommen scheinen. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 270)

[Vorzeichen] "Ich komme nicht zum Bahnhof", hatte Honora im gleichen Ton gesagt, wie wenn die Beerdigung eines Angehörigen bevorstand. (...) Sie war in einem Alter, in dem sie Züge nur noch als Maschinen für Trennung und Tod betrachtete. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 115)

[Komplimente] "Es gibt kein Härchen an meinem Körper, das nicht im Dienst für dich weiß geworden ist. Warum also schikanierst du mich?" (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 110)

[Typen] Es war ein Gesicht, das seine Geschichte ziemlich deutlich zum Ausdruck brachte - sie war eine von zwei Schwestern, hatte keine Kinder, konnte in puncto Ordnung unbeugsam sein und sammelte wahrscheinlich in bescheidenem Rahmen Glastiere oder englische Kaffeetassen. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 232)

[Sprache] "Diese Servietten sind zwar schicklich, aber nicht nützlich", sagte Mrs. Wapshot, die bei Tisch zumeist solche Plattitüden, Sprichwörter und abgedroschenen Wortspiele von sich gab. Sie gehörte zu den Frauen, die nur in Redensarten sprechen können. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 67)

[Wortperlen] Prophetengemurmel des Baches. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 92)

[Outfit] Mrs. Young war klein und rundlich, in Pelzwerk, Handschuhe und einen mit Perlen bestickten Hut gekleidet - anscheinend eine jener wohlhabenden Frauen mittleren Alters, deren Hohlköpfigkeit einen tragischen Anstrich hat. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 118)

[Jugend] Sie war jung - in Leanders Augen noch ein Kind -, nicht hübsch, doch in der vollen Blüte ihrer Jugend, deshalb spielte das keine Rolle. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 82)

[Jugend] "Hallo". Er sprach mit einer schauerlichen Bassstimme, die zeigen sollte, daß er ins Reich der Männlichkeit eingetreten war, doch Rosalie wußte, daß er noch vor den Toren stand. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 66)

[Urban] Emmet Cavis war als Handelsvertreter der Goldperlenfabrik nach St. Botolphs gekommen. Er hatte die Bewohner des Städtchens mit seiner Weltläufigkeit und seiner eleganten Kleidung beeindruckt, denn damals gehörte es zu den Aufgaben eines Vertreters, für die Menschen in abgelegenen Ortschaften das stürmische, schillernde Stadtleben zu verkörpern. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 46)

[Laute] Einen einzigen Makel hatte Mikimaus' rechtsfüßige Gewalt und den nutzten die Territorialen gnadenlos aus. Nach jedem Schuß entlud der Riese seine ganze Kraft und Freude in einem Schrei, der musikalisch zwischen dem Brunstruf eines Stieres und dem Bremsgeräusch eines Fünfundzwanzigtonners mit Anhänger auf steil abschüssiger Straße lag. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 234)

[Krieg] Kaffee und Platzregen. An Augustnachmittagen muß das so sein. Im Fernsehen kommt Osijek, sogar die Drau wird gezeigt. Vielleicht ganz schön, aber wenn um dich herum Häuser brennen, kannst du schlecht schön sein. Der Krieg wird ausgeschaltet, als Opa Slavko kommt. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 202)

[Typen] Sie hatte flachsgelbes Haar und war hübsch - mit ihren langen Beinen, ihren üppigen Brüsten und dem feurigen Blick wirkte sie selbst in einem Chorgewand, wie sie es früher gelegentlich getragen hatte, unbekleidet und liebesbereit. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 35)

[Momente] Als sich eine Wolke vor die niedrig stehende Sonne schiebt und das Tal sich verfinstert, fühlen sich alle einen Augenblick ganz unbehaglich, als würden sie begreifen, daß sich über die Kontinente des Verstandes Dunkelheit legen kann. (John Cheever: Die Geschichte der Wapshots, S. 40)

[Krankheit] AIDS ist eine stolze Krankheit, sie kennt nicht einmal Kleinbuchstaben und gibts sich nicht ab mit so etwas wie Husten und Hundestreicheln. Ihr ist unser Blut wichtig. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 175)

[Städtebashing] Gestern ist mir auch zum ersten Mal ein Wort auf Bosnisch nicht eingefallen, "Birke", ich mußte es nachschlagen: "breza". Birken wachsen hier in einem Park, den man Kruppwald nennt. Ganz Essen ist eigentlich eine Riesengarage und man möchte dem Unkraut zwischen den Bordsteinen danken, daß es hier aushält. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 140)

[Laute] Ihre Stimme klang wie die letzte Klaviertaste rechts. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 90)

[Betroffen] "Ichpersönlich", sagte meine Mutter, wenn sie anderer Meinung sein wollte und "erschütternd", wenn sie mal wieder sehr besorgt war. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 90)

[Räumlichkeit] Ein so winziges Täschchen wie ihres hatte ich noch nie gesehen, der Lippenstift paßt hinein, aber dann wird es eng für die Kopfschmerztablette. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 89)

[Erfahrung] Zoran (...) reinigt mit winzigen Bürsten die beiden Panesamig- Rasierer. Meister Stankovski behauptet, die seien besser als Panasonic - schärfer und billiger, und Hand aufs Herz: woher sollen Japaner auch wissen, was Bärten gut tut? (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 57)

[Schweine] Ein Spanferkel zu fangen, ist nicht einfach! Weil Schweine schnell sind und gut in den Kurven liegen. Und weil Schweine mitdenken! (...) Das Schwein sieht das gewetzte Messer und rechnet zwei und zwei zusammen. Es sagt sich: in Ordnung, jetzt aber nichts wie weg hier. Panik und Instinkt wohnen im Schweinkopf Tür an Tür. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 45)

[Typen] Tante Gordana, eine blonde Insel im dunklen Haarmeer unserer Familie, wird von allen Taifun genannt, weil sie viermal lebendiger lebt als normale Menschen und achtmal schneller läuft und vierzehnmal hektischer redet. Sie legt die Strecke von der Kloschüssel zum Waschbecken im Sprint zurück und hat an der Ladenkasse alles ausgerechnet, bevor es die Kassiererin überhaupt eintippen kann. (Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert, S. 12)

[Wetter] Am Morgen regnete es noch immer; es war ein sanfter, eintöniger Regen, verzagt wie das Dasein einer Witwe. (Georges Simenon: Maigret verliert eine Verehrerin, S. 141)

[Mißtrauen] Eine Frau wie Juliette Boynet würde sich sogar vor ihrem Schutzengel in Acht nehmen. (Georges Simenon: Maigret verliert eine Verehrerin)

[Zutaten] ... während sich die Zutatenliste vieler Bäckereien wie ein Webeprospekt für eine Chemiefabrik ausnimmt. (Michael Baeriswyl: Chillout. Wege in eine neue Zeitkultur, S. 182)

[Kleidung] ... schwarze Strümpfe und schwarze Lederschuhe. Sie war immer gut angezogen. Ihre Generation muß die letzte gewesen sein, für die es selbstverständlich war, sich um Hüte Gedanken zu machen. (Ian McEwan: Saturday, S. 223)

[Neigung] Er neigte nicht nur wie ich zum möglichst anwendungsfreien Theoretisieren. (Rayk Wieland: Ich schlage vor, daß wir uns küssen, S. 142)

[Typen] Türsteher vor Bars und Clubs - wie überall die gleichen eminent dumpfen Existenzen, die Kraftsport machten, öfter mit beiden Beinen im Gefängnis waren und sich ansonsten bemühten, so auszusehen wie Modern Talking in Aspik. (Rayk Wieland: Ich schlage vor, daß wir uns küssen, S. 71)

[Körper] Lilli schlüpfte aus ihrem Oberteil und dem Minirock. Ein hübscher schwarzer Bikini schmückte eine Figur, von der Gott sicher geträumt hatte, als er an Adams Rippe herumbastelte. Mann, war sie schön! Ich mußte echt alles geben! (Jaromir Konecny: Doktorspiele, S. 107)

[Outfit] Beas Aufmachung hatte ihm die schöne Sprache verschlagen. Wie uns anderen auch! Beas Kleider konntest du in 'ner Streichholzschachtel verpacken. (Jaromir Konecny: Doktorspiele, S. 31)

[Outfit] ... trägt er echt peinliche Klamotten: rosa Seidenhemden, grüe Schlangenlederschuhe mit 'ner Spitze, die jeden Arschtritt zum Todesstoß macht. (Jaromir Konecny: Doktorspiele, S. 24)

[Pädagoge] Meine Mutter war Lehrerin, sie legte großen Wert darauf, mir den Barbaren auszutreiben. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 360)

[Schadenfreude] Die Wärme der Schadenfreude flutete seinen Körper. Aber gleich darauf folgte auch schon das Mitgefühl, ich bin ein solidarischer Mensch, der doch nur darauf wartet, gerade an einem Tag wie diesem einen zu finden, dem es noch elender geht. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 333)

[Ehe] Zähle lieber die Drinks, bevor du jemandem einen Heiratsantrag machst. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 281)

[Zäsur] Mein Leben ist gerade im Begriff zu zersplittern wie ein willkürlich angefahrener Knöchel. Stimmt es, daß du gekündigt hast? Ja. Das heißt: nein. Aber ich werde es, sobald ich wieder gesund geschrieben sein werde. Falls es jemals dazu kommt. Ich glaube, sagte Miriam, als man sagte, du sollst den Knöchel hochlegen, meinte man nicht: für den Rest deines Lebens. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 266)

[Löschwasser] Janda hatte die Nudeln zu scharf gemacht, das Löschwasser, hier: selbst gemachter Johannisbeerwein (In wessen Garten haben wir die gepflückt? Vergessen) war kratzig und hatte astronomische Prozente. Selbst Kinga mußte sich räuspern. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 222)

[Bart] Sie hockte sich in die blaue Plastikwanne und rasierte sich, wo sie nur konnte. So, sagte sie anschließend. So! Zu Abel: Bin ich schön? Ja, sagte der scheue Exstudent. (Deine Oberlippe ist wie ein Reibeisen, aber ich bete dich an.) (Terezia Mora: Alle Tage, S. 156)

[Zähne] Sie lachte. Keiner ihrer Zähne berührte seinen Nachbarn. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 135)

[Architektur] Es handelt sich eigentlich nicht um ein Gebäude, sondern um zwei, ineinander geschoben, jeder in die Hohlräume des anderen greifend. (...) Von außen sieht es aus wie ein 'Kolossaldenkmal zu Ehren des rechten Winkels'. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 94)

[Provinz] Vom Bauernstamm gewachsene Lehrer, Richter, Uhrmacher stellen die übliche versnobte Provinzaristokratie, verbissene Gähner in Konzertabonnents. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 24)

[Sommer] Draußen sammelte sich eine letzte Brüllhitze, als würde der scheidende Sommer mit hochrotem Kopf noch einmal das Maul aufreißen und einen (...) heiß und verächtlich anhauchen. (Terezia Mora: Alle Tage, S. 11)

[Ehe] Die am häufigsten anerkannten Scheidungsgründe sind: eins: Untreue, zwei: Unfruchtbarkeit, drei: Kriminalität, vier: Geisteskrankheit. Nur die besten schaffen alle vier. (Terezia Mora: Alla Tage)

[Test] Der Luxus, im Halbschlaf die Vorstufen der Psychose in Sicherheit erkunden zu können. (Ian McEwan: Saturday, S. 37)

[Lärm] Seine Ehefrau (...), die Lärm sosehr gehaßt hatte, daßsie beim Auseinanderfalten der Zeitung einen Nervenzusammenbruch bekam. (Antonio Lobo Antunes: Die Leidenschaften der Seele, S. 352)

[Zorn] Ich zerriß die Schnürsenkel, warf die Schuhe gegen die Kacheln und schwor mir, einen Vorwand zu finden, den Laden schließen zu lassen, der mir diese perversen Dinger aufgezwungen hatte, die mit riesigen Schnallen bestückt waren wie die Stiefel der Prinzen in den Zeichentrickfilmen, die vom Pferd steigen, um Prinzessinnen auf die Stirn zu küssen, die in Glassärgen schnarchen. (Antonio Lobo Antunes: Die Leidenschaften der Seele, S. 219)

[Wirkungen] ... aber nachdem die Hündin verschwunden war, sprach die Ehefrau Euerehren monatelang nicht mit ihrem Mann, bewegte sich mit ersterbenden Augen in Pantoffeln und einem verschossenen Morgenmantel entmaterialisiert durch die Zimmer, richtete sich angesichts der Zänkereien der Kinder zu geisterhaft ätherischer Gleichgültigkeit auf. (Antonio Lobo Antunes: Die Leidenschaften der Seele, S. 88)

[Anmache] ... zog dann die Hemdmanschette vor, weitete den Brustkrob, reckte das Doppelkinn vor, richtete die Schulterpolster auf und warf der Fußpflegerin, die ihn verständnislos anstarrte, einen ultimativen Blick zu, in dem die Versprechung multipler Ekstasen, feuchter Bettücher und in der Ebbe der Kissen in alle vier Himmelsrichtungen ausgestreckter Körper lag. (Antonio Lobo Antunes: Die Leidenschaften der Seele, S. 53)

[Versteckt] ... hinter einem Käfig aus Weidenruten versteckt, in dem ein krankes Wachtelpaar auf seinen Federn hockte wie zwei Chorherren, die während der Homilien schläfrig mit dem Kopf nickten. (Antonio Lobo Antunes: Die Leidenschaften der Seele, S. 64)

[Medizin] Der Arzt hat meine Leber zum Vorwand genommen, um mich auf eine Diät mit Brunnenkresse und Wasser zu setzen. (Antonio Lobo Antunes: Die Leidenschaften der Seele, S. 6)

[Spitz] Zugegeben, es sah gut aus, dieses cremefarbene, rot gegürtete, einem Unterrock ähnelnde Fähnchen aus Satin, zu dem Sarah Cowboystiefel trug, ebenfalls rot; es hätte bloß etwas länger sein können. Auch daß sich kein Büstenhalter darunter abzeichnete, kriegten die durchweg betrunkenen Rocker natürlich sofort spitz, und angesichts der Muskeln, der vollen Bärte und verengten Augen ringsum wurde mir, als ginge ich mit einem Rollbraten im Arm durch Bärengebiet. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 198)

[Verschworen] Und wir nickten einander schmunzelnd zu, wie Geschwister nach heimlichen Bettgefummel. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 197)

[Partnerschaft] Wie ihm die ganz wilde, ganz unvernünftige Passion fürs Schöne fehlte, konnte ich mir kaum vorstellen, daß sie sich von so dämonischen Gefühlen wie Haß oder Liebe in die Wolken reißen ließen. Ihre Ehe nannten sie denn auch 'Partnerschaft' und würde es zumindest befremdlich finden, wenn sich einem schon beim Wortklang die Herzhaar sträubten. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 192)

[Zielscheibe] "Einmal kam so ein Journalist in den Labour Club. Er sagte zu Dai: 'Wissen Sie, das ist der erste Labour Club, den ich sehe, in dem kein Bild von Tony Blair an der Wand hängt." Da sagt Dai: 'Wir mußten es abhängen, es hing zu dicht an der Dartscheibe.' Darauf der Journalist: 'Warum haben Sie das Foto denn nicht woanders aufgehängt?' Und Dai antwortete: 'Ganz egal, wo wir das Foto hingehängt haben, es hing immer zu dicht an der Dartscheibe.'" (Ray French: Ab nach unten, S. 326)

[Architektur] Der Platz war in den sechziger Jahren gebaut worden, auf dem Höhepunkt der britischen Liebesaffäre mit dem Beton. (Ray French: Ab nach unten, S. 11)

[Konformität] Ich spürte körperlich jene bierdunstige Nestwärme, die am Stammtisch in Bösartigkeit umschlägt, wenn einer sich nicht so verhält, wie man es von allen erwartet. (Karl-Heinz Ott: Ins Offene, S. 62)

[Zeitung] Damals lebte Oma noch, die sich jeden Morgen im Stehen über den Stubentisch beugte, um, wie sie sagte, die Zeitung zu studieren. Während ihr Kopf sich kreisend über den ausgebreiteten Blättern bewegte, zischelte sie Unverständliches und beendete ihre Lektüre täglich mit dem Seufzer: "Was es in der Welt nicht alles gibt! Am besten bleibt man daheim!" (Karl-Heinz Ott: Ins Offene, S. 12)

[Natur] In diesen hellen Märztagen verwandelt sich das Land in einen lichten Garten, der, wenigstens auf den zweiten Blick, dem Auge eine milde Schönheit gewährt. (Karl- Heinz Ott: Ins Offene, S. 8)

[Tiere] Sitzende Katzen können etwas sehr Strenges haben. (Dirk Kurbjuweit: Zweier ohne, S. 84)

[Zeit] "Herrgott!", sagte Anne. "Du machst dich des schwersten Vergehens schuldig, das es gibt." "Und das wäre?" "Zeit verschwenden", antwortete sie. "Ich weiß", sagte Patrick. "Es war ein schrecklicher Schock, als mir irgendwann klar wurde, daß ich zu alt war, um jung zu sterben." (Edward St. Aubyn: Nette Aussichten, S. 175)

[Geschenke] Diese Art von Kristallvasen, die man kauft und zu einem fünfzigsten Geburtstag verschenkt, die der Empfänger seinerseits zu einem anderen Gedenktag verschenkt und so weiter, bis man an seinem eigenen sechzigen Geburtstag eine Kristallvase bekommt, die der, die man einst kaufte und zu einem fünfzigsten Geburtstag verschenkte, so sehr gleicht, daß man unmöglich erkennen kann, ob es diesselbe ist oder nicht. (Lars Gustafsson: Frau Sorgedahls schöne weiße Arme, S. 72)

[Veränderung] "Diese Party fängt an, mit auf die Nerven zu gehen. Früher haben Männer mir erzählt, wozu Butter beim Sex gut sein kann - heute erzählen sie mir, daß sie Butter aus ihrer Ernährung gestrichen haben." (Edward St. Aubyn: Nette Aussichten, S. 155)

[Mimik] Der Mann zog grübelnd die Brauen zusammen. Hätte sein Nachdenken ein Geräusch gemacht, wäre jetzt das Rappeln leerer Flaschen im Kasten zu hören gewesen. (Ralf Rothmann: Milch und Kohle, S. 41)

[Verlust] Kurz vor acht kam er jeden Morgen am Steuer des Leichenwagens an, den Ganglion ihm freundlicherweise als Dienstwagen zur Verfügung gestellt hatte. An diesem Morgen war er zu früh und stand vor verschlossener Tür. Seine Schlüssel hatte er schon vor langer auf dem Friedhof verloren, als er ein Loch für den Dorftrottel grub, den eine Rechenaufgabe mit Dezimalstellen niedergestreckt hatte. (Joel Egloff: Leichenschmaus, S. 14)

[Ekel] Ein sehr ehrgeiziger und unangenehmer Bauer, Skallen von Gyrta, der Typ, der willig seine Enkel an den Höchstbietenden verkaufen würde, wenn er dadurch sein Bankkonto bereichern könnte. (Lars Gustafsson: Frau Sorgedahls schöne weiße Arme, S. 214)

[Eigenschaft] Der Hagelsturm war im Grunde nur eine Bestätigung für das, was ich erlebt hatte. Damals hatte ich einen sehr deutlichen Hang zum Solipsismus, in dem Sinn, daß ich gern glaubte, daß alles, was geschah, gegen mich gerichtet sei. Gegen mich und keinen anderen. (Lars Gustafsson: Frau Sorgedahls schöne weiße Arme, S. 192)

[Fähigkeiten] Er hatte die liebenswürdigste Art der Welt, anderen Menschen nicht zuzuhören... (Lars Gustafsson: Frau Sorgedahls schöne weiße Arme, S. 105)

[Momente] Wie sehr man auch versuchte am Abgrund zu leben, dachte Patrick und betrat den anderen Fahrstuhl, es war sinnlos, mit Leuten konkurrieren zu wollen, die glauben, was sie im Fernsehen sehen. (Edward St. Aubyn: Schlechte Neuigkeiten, S. 220)

[Unkenntnis] Debbie hatte ihn mitten in einem Streit einmal angeschrieen, "Weißt du eigentlich, was Liebe ist, Patrick? Hast du auch nur die leiseste Ahnung?" Und er hatte müde geantwortet, "Wie oft darf ich raten?" (Edward St. Aubyn: Schlechte Neuigkeiten, S. 200)

[Beleidigungen] "Es gibt auf der ganzen Welt keine Mülltonne, die dich geschenkt nehmen würde". (Edward St. Aubyn: Schlechte Neuigkeiten, S. 183)

[Bedauern] Der Fette Mann (in einer eigens vergrößerten Anklagebank im Old Bailey stehend): "Es ist in der Tat mein Unglück gewesen, Sir, in einem Zeitalter der Diäten und Kuren zu leben." (Edward St. Aubyn: Schlechte Neuigkeiten, S. 103)

[Stufen] ... verhaltene Berühmtheit, die alles ist, worauf ein lebender Philosoph hoffen kann. (Edward St. Aubyn: Schlechte Neuigkeiten, S. 35)

[Abwägend] Mrs Hickmann war geneigt, Patrick die offenkundige Ziellosigkeit seines Lebens und die unheilvolle Blässe seines Teints nachzusehen, sobald sie in Betracht zog, daß er über ein Einkommen von jährlich einhunderttausend Pfund verfügte und einer Familie entstammte, die, obwohl sie seitdem nichts auf die Beine gestellt hatte, den Einfall der Normannen auf der Siegerseite erlebt hatte. Es war nicht perfekt, aber es reichte. Patrick war ja auch erst zweiundzwanzig. (Edward St. Aubyn: Schlechte Neuigkeiten, S. 12)

[Damals] Zu jener Zeit - sie würde später in diesem legendären Jahrzehnt zu Ende gehen - empfand man Jungsein noch als Bürde, als ein Kainsmal der Bedeutungslosigkeit, einen leicht peinlichen Zustand, der mit der Hochzeit ein Ende fand. (Ian McEwan: Am Strand, S. 11)

[Pilgerreise] Ich glaub', jetzt krabbeln sie langsam in den Bus zurück. Fürchterlich. Also - ich möcht' ja nichts sagen, hab' ja selber eine Mutter, und man wird in eigener Person nicht jünger im Lauf der Jahre - aber so eine Ansammlung... schon deprimierend. Meine Wenigkeit - also ich, wenn ich so sagen darf, habe das Durchschnittsalter der Pilgergruppe auf die Hälfte gedrückt, glaube ich. (Herbert Rosendorfer: Die Kellnerin Anni, S. 65)

[Hilfe] "... mußte ich mit einem Studenten reden, dessen Doktorarbeit in schweres Fahrwasser geraten war. Der Titel der Arbeit lautete 'Abaelard, Nietzsche, de Sade und Beckett', das zeigt schon, vor welchen Problemen er stand." (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 149)

[Taktisch] "Ach Gott, Kinder sind so süß", sagte Bridget und lächelte Eleanor an. "Eleanor", fügte sie im selben Tonfall hinzu, als müßte man ihr zum Lohn dafür, daß sie Kinder süß fand, einen Wunsch gewähren, "könnten Sie mir sagen, welches Zimmer wir haben, weil ich sehr gern raufgehen, ein Bad nehmen und auspacken würde." (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 115)

[Mittel] "Verdammt", sagte er laut. Er hatte plötzlich jegliche Geduld mit seinen Rheumaschmerzen verloren und beschloß, nach oben in Eleanors Bad zu gehen, ins pharmazeutische Paradies. Er nahm sehr selten Schmerzmittel, denn er bevorzugte ständige Alkoholzufuhr und das Bewußtsein der eignenen Heldenhaftigkeit. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 104)

[Frust] Einen Moment lang quälte ihn ein Gefühl der Absurdität und Machtlosigkeit; er kam sich vor wie ein Bauer, der zusehen muß, wie sich ein Schwarm Krähen seelenruhig auf seiner Lieblingsvogelscheuche niederläßt. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 92)

[Körperlich] "Weiß der Teufel, wieso wir gestern Abend so lange geblieben sind. Diese Frau zu meiner Rechten war absolut abstoßend. Vermutlich hat ihr irgendwer vor langer Zeit gesagt, daß sie ein hübsches Kinn hat, also hat sie beschlosssen, sich noch eins wachsen zu lassen, und dann noch eins..." (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 57)

[Launen] Er machte den mürrischen Eindruck eines Mannes, der sich darauf freut, Geflügel den Hals umzudrehen. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 51)

[Schmeicheln] Wie so viele Schmeichler war er sich nicht bewußt, daß er die Menschen nervte, denen er zu schmeicheln suchte. Als er dem Hölzernen Herzog vorgestellt wurde, quoll ein blubbernder Strom von Konplimenten aus ihm hervor wie aus einer umgekippten Sirupflasche. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 47)

[Mimik] Wenn er zu lächeln versuchte, konnten sich seine violetten Lippen nur kräuseln und krümmen wie ein modriges Blatt, das ins Feuer geworfen wird. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 46)

[Fehler] Er hatte David Melroses Selbstsicherheit immer bewundert, für den über den guten Geschmack noch das Selbstvertrauen ging, Fehler zu machen, weil sie die eigenen waren. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 39)

[Note] ... eine Eins im Fach Aufbegehren. (Kathrin Schmidt: Du stirbst nicht, S. 102)

[Refugium] Es war einer jener Tage, an denen er seine Sekretärin sagen ließ, er sei beschäftigt, um dann im Club zu trinken, außer Reichweite der fiebrigen Kinder und der Frauen, die ihren Kater als Migräne ausgaben. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 16)

[Typen] Sie war achtundzwanzig, sah aber mit ihrem einfach geschnittenen, glatten, blonden Haar jünger aus. Er fand ihre verwirrte, erschöpfte Art hübsch, doch was ihn erregte, war ihre Ruhelosigkeit, die stille Verzweiflung einer Frau, die sich unbedingt in eine wichtige Aufgabe stürzen will, aber keine findet. (Edward St. Aubyn: Schöne Verhältnisse, S. 15)

[Namen] Angelow - der Engelsname kommt häufig in Bulgarien vor. Wir führten in unserem Troß gleich drei davon mit, einen in der Kiste, zwei lebendig, allerdings mit flottem "ff" am Schluß, jener alten Umschrift, die dem Namen mehr Dynamik verleiht. Ein Engel mit "w" am Ende wirkt schlapp, fliegt nicht, kaum vom Boden losgekommen, landet er weich und plump im Schmodder. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 243)

[Markierung] Das Do-Not-Disturb-Schild war rasch an den Türknauf gehängt. Ich beschloß, für alles Weitere nicht mehr in Frage zu kommen... (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 234)

[Emotionen] Wir waren erregt und zugleich gehemmt, versuchten der Gärung der Gemüter durch frivole Sprüche Herr zu werden, aber an der Umständlichkeit, mit der wir uns winzige Rühreiportionen von den Kellnern ausbaten und dabei grundlos ins Lachen fielen, war zu merken, daß etwas Unheimliches in uns hineingriff. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 235)

[Gastronomie] Auf der Terrasse verkündeten zwei einsame Plastiktische und drei Plastikstühle, wenn man unbedingt wolle, dürfe man sich hinsetzen. Aus einem verborgenen Winkel des Gebäudes trieb Rumen eine Bedienerin auf und bestellte Tee. Sie kam eine halbe Stunde später herangeschlurft, brachte lauwarmes Wasser und drei mumifizierte Kommunistenbeutel auf einem schmierigen Tellerchen. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 231)

[Musik] Wir wandern am Strand entlang in der Hoffnung auf ein Lokal mit Terrasse, von der aus man aufs Meer schauen kann. Noch nie habe ich einen so häßlichen Strand gesehen. Überall Drecksbuden mit dröhnender Musik, die Art von Musik, mit der man einen Bürgerkrieg anfängt. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 182)

[Unterkunft] Nach vielen vergeblichen Versuchen landen wir in einer zwar kleinen, aber nicht minder häßlichen Herberge. Es muß Jahre her sein, daß die Fenster das letzte Mal geputzt worden sind; Graufilm auf den Scheiben, der das Sonnenlicht giftig reflektiert. Stickluft herrscht in der Kammer. Bei geöffnetem Fenster dringt der Maschinenlärm der Baukolonne von gegenüber mit Wucht herein. Meine Migräne, die auf solche Unterkünfte nur wartet, sie flackert in genüßlicher Vorfreude. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 161)

[Architektur] Die üblichen verwahrlosten Kästen mit schiefgerosteten Balkonen, langen Pilz- und Rostnasen, mit Röhren, die als krumme Haken von den Wänden wegragen. Triefäugige Nässeflecken um die Fenster, ausnahmslos alle Blöcke befallen von der Gebäudelepra, mit Staatsgeschwulsten, Staatsschrunden schon zur Welt gekommen... (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 117)

[Mimik] Wolfi grinste, was den kläglichen Eindruck erweckte, er tue es unter der Zuchtrute einer Gesichtsrose. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 112)

[Sprache] Wer hett' des denkt, sagte er in seinem lauwarmen Vertraulichkeitsschwäbisch... (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 107)

[Gestalten] ...bulgarische Großmutter .... dieses einmeterneunundvierzig hohe, nach Nivea duftende Hutzelprinzeßchen, das entweder mit sich selbst beschäftigt war oder mit aufgerissenen Uhu-Augen ihren geliebten Sohn verfolgte... (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 10)

[Hunde] ... die den Dackel mit Hilfe von Chloroform außer Gefecht setzten (in Unkenntnis seines Charakters hatten die Verwandten einen rabiat kläffenden, zähnefletschenden Verteidiger von Haus und Hof vor Augen; wir verrieten ihnen nicht, daß er Fremde freundlich begrüßt und mit einer Wurst zum Geschenk jeden Finsterling schwanzwedelnd ins Haus geleitet hätte).(Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 99)

[Gaben] Da ich als einzige in der Familie einen geschärften Sinn für die wahren Peinlichkeiten des Lebens besitze... (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff)

[Wunschdenken] Großeltern, Großtanten, Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen waren (und sind, sofern sie noch leben) davon überzeugt, unser Vater sei vom bulgarischen Geheimdienst ermordet worden. Die Theorie ist einfach zu schön, um unwahr zu sein. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 97)

[Hunde] Gebellt wird draußen nur noch vereinzelt, von einem Verschlag zum anderen kommt die Antwort mit Verzögerung, da werden Hundedenkpausen eingelegt, und danach ertönt schwächliches Genörgel, so ein ödes Pflichtgebell alter Rüden. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 90)

[Farbe] Schwarz. Dieser todschicke Universumston. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 84)

[Erkenntnis] Es gibt Minuten, da ist die Welt einfach nur schön und sonst nichts, sagt meine Schwester und wackelt mit dem Kopf, als wäre diese Erkenntnis zu gewaltig für ihren armen schmalen Schädel. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 57)

[Gewohnheiten] Meine Schwester und ich bewohnen verschiedene Zimmer. So weit geht die Schwesternliebe nicht, daß wir zusammen ein Zimmer nähmen. Auch die Gewohnheiten erlauben es nicht. Meine Schwester schläft nachts wie befohlen. Sie ist im Besitz der dafür nötigen Gewissenleichtigkeit. Ich bin mit dem Wachfluch belegt, wandere herum, kann zwischen Lichtaus und Lichtan kein Ende finden. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 32)

[Mimik] Was immer uns Rumen zeigt, meine Schwester quittiert es mit einem lieblichen Lächeln. Ich kenne dieses Lächeln genau. Meine Schwester setzt es auf, wenn sie im tiefsten Inneren angeödet ist. Es ist ein die Welt ihrer Lieblichkeit versicherndes Lächeln, das kommentarlos bleibt und keinerlei Anteil nimmt. Die trockene, in Zucker erstarrte Version ihres Lächeln. (Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, S. 14)

[Ehe] Wie ihm die ganz wilde, ganz unvernünftige Passion fürs Schöne fehlte, konnte ich mir kaum vorstellen, daß sie sich von so dämonischen Gefühlen wie Haß oder Liebe in die Wolken reißen ließen. Ihre Ehe nannten sie denn auch "Partnerschaft" und würden es zumindest befremdlich finden, wenn sich einem schon beim Wortklang die Herzhaare sträubten. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 18)

[So gehts auch] Seit ich diese Pflanze hasse, wächst sie. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 175)

[Bunt] Die Werke von Hubsis Schwester, bescheiden mit "Aramis" signiert, waren nicht nur so bunt, daß sich das Geschrei der Vorhölle wie ein Domchor gegen die akustische Umsetzung der Farben ausgenommen hätte... (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 173)

[Baukunst] ... sah die Villa nicht gerade anheimelnd aus; neben üblichem Schnickschnack einer fußkalten Gebärdenarchitektur, dreieckigen Fenstern ... (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 171)

[Wirkung] ... mit ihrem lang anhaltenden Pssst!, das sich wie Seelenspray über alles Unbotmäßige legte. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 169)

[Rituale] Meine Eltern essen Punkt zwölf Uhr zu Mittag. Schon eine Verspätung von Minuten kann Grund für lausige Kräche und haarsträubende Taschendramen sein: Denen dann Besäufnisse folgen, trotzige, in getrennten Räumen. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 119)

[Probleme] Die Sache ist die, daß man mir nicht trauen konnte. Ließ man mich auch nur eine Minute aus den Augen, schon steckte ich in Schwierigkeiten. Und alle meinten, daß ein hoher IQ das schlimmer macht und nicht besser. (Liz Jensen: Das neunte Leben des Louis Drax, S. 11)

[Kyptisch] Und wenn sie damals auch noch das meiste vor sich hatte, lächelte sie immer so, als hätte sie schon alles hinter sich. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 77)

[Mimik] Ihre Gesichtsausdrücke, in Beton übersetzt, hätten zwei perfekte Brückenpfeiler ergeben. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 68)

[Besser gewesen] Dich hätt dein Vatter besser inne Hecke tropfen lassen. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 69)

[Stur] Herr von Wertheimer hatte kein Einsehn. Mit der ungerührten Miene eines Mannes, der gewillt ist, sich durch keine Erniedrigung einschüchtern zu lassen, gab er pausenlos seinen Geist zum Besten. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 81)

[Stimmen] Oh Mann, sagte sie mit schlafzarter Stimme. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 28)

[Vergleiche] Es gibt Menschen, die erinnern an Vokale; andere ähneln Konsonanten. Hiller stand da wie ein Fragezeichen. (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 18)

[Anstrengungen] ... über seinen hierarchischen Schatten springen (nach Liz Jensen: Das neunte Leben des Louis Drax, S. 49)

[Mißlich] Leichen mit Schluckauf sind dem Image eines Krankenhauses nicht unbedingt zuträglich. (Liz Jensen: Das neunte Leben des Louis Drax, S. 9)

[Begründung] ... Mythos von Seefahrern (...) als Produkt von zu viel Zeit auf zu viel Ozean. Salzwasserirrsinn. (Liz Jensen: Das neunte Leben des Louis Drax, S. 9)

[Zeitbedingt] Wir schrieben das vorletzte Kriegsjahr und so waren die Leckerbissen, die man zum Tee servierte, von zweifelhafter Köstlichkeit. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 16)

[Profi] Wenn seine Rolle vorsah, daß er weinte, fing er normalerweise an, wenn er den Regieassisten "Ruhe, bitte" sagen hörte. "Kamera läuft", sagte der Tontechniker. Jacks Gesicht war tränenüberströmt. Wenn dann der Regisseur (und sei es Wild Bill Vanvleck) "Action" sagte - dann konnte Jack weinen wie ein Weltmeister. Schon beim Lesen des Drehbuchs stiegen ihm Tränen in die Augen! (John Irving: Bis ich dich finde, S. 595)

[Gegebenheiten] .. die unvermeidlichen eingeborenen Künstler älteren Datums. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 28)

[Artfremd] Er machte sich aus nichts Sorgen, und, - ein seltener Fall bei einem reichen Mann, - selbst die Angst vor Verarmung blieb ihm fremd. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 53)

[Stringent] Einige unter den Stadtvätern waren der Meinung, ein Krematorium müsse mit einer feierlichen Einäscherung eröffnet werden. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 26)

[Für die Sinne] Sie trank eine Cola light und rauchte eine Mentholzigarette, so daß ihr künstlich aromatisierter Atem über ihn hinwegstrich wie der Rauch einer brennenden Pfefferminzfabrik. (John Irving: Bis ich dich finde, S. 583)

[Benennung] ... Wülste um ihre Taille, die sich als 'Haltegriffe' bezeichnete. (John Irving: Bis ich dich finde, S. 399)

[Nahe beieinander] Sie lachte jenes spröde Lachen, das Jack als Wegbereiter für Tränen kannte. (John Irving: Bis ich dich finde, S. 156)

[Fantasie] Taoeerer-Pieters verschwundenes Bein war eines der quälendsten Geheimnisse von Jacks Kindheit. Daß seine Mutter ihm nie verriet, wie er es verlor, war ein Geschenk an Jacks Phantasie. (John Irving: Bis ich dich finde, S. 120)

[Urteil] "Was für eine Frau ist Muriel Halligan?" "Eine Amerikanerin." Und in seinem Mund nahm das Wort das volle Ausmaß seiner Bedeutung an. (Georges Simenon: Maigret auf Reisen, S. 137)

[Scham] Er führte seinen Gedanken nicht zu Ende. Das war der zweite Milliardär, den Maigret an diesem Tag zu Gesicht bekam, und er war ebenso nackt wie der erste, was ihn allerdings nicht im Mindesten zu stören schien. Auf den Fotos in der Keksdose waren auch viele Leute nur spärlich bekleidet gewesen, so als nehme mit steigendem gesellschaftlichen Rang das Schamgefühl ab. (Georges Simenon: Maigret auf Reisen, S. 83)

[Lob] Zu einer Zeit, wo derartiges noch nicht Klischee der zeitgenössischen LIteratur war, pries er in Vorträgen, ja sogar als Redner auf öffentlichen Plätzen die Dirne und hob sie in seinen Tiraden hoch über das weibliche Haustier. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 16)

[Klein geblieben] Die Wände des Speisesaals waren mit hellem Holz ausgeschlagen. Auf den stabilen Holztischen waren weiße Tischdecken ausgebreitet. Es gab Patienten, die sich nicht genierten, eilig wie Kinder die Plätze an der Fensterseite zu besetzen. In diesen Personen erkannte Abschaffel die klein gebliebenen Angestellten, die nicht damit aufhören konnten, aus der Aufrechnung solcher kleiner Vorteile den Tagessinn ihres Lebens herauszuschlagen. (Wilhelm Genazino: Falsche Jahre)

"Ich kenne keine Polizisten. Ich gehe ihnen aus dem Weg. Sie sind eine gefährliche Bande. Die Schnelligkeit ihrer Beförderung hängt von der Zahl der Leute ab, die sie in Schwierigkewiten bringen. Und sie haben eine Methode, die ehrbarsten Leute in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. (Flann O’Brien: Das harte Leben, S. 71)

[Reue] All seine geistigen Anstrengungen waren vom Scheitern bedroht. Es war, als baute er, watend im Schlamm, suchend nach festem Grund, Luftschlösser auf. Ach, könnte Reue die Zeit zurückdrehen! (Nagib Machfus: Zuckergäßchen)

[Hass] Nach vierzigjähriger Feindschaft sahen die beiden Gegenspieler einander in einem Torweg der Rue Saint- Honore wieder. Die Franzosen sind ständig viel zu zerstreut, um einander längere Zeit hindurch zu hassen. (Honore de Balzac: Ursule Mirouet)

[Tradition] Jedes amerikanische Symphonieorchester, das etwas auf sich hält, hat einen deutschen Chefdirigenten. Es ist schon vorgekommen, daß Dirigenten verpflichtet wurden, die auf die neunzig zustrichen und längst pensioniert waren; sie mußten nur deutscher Nationalität und noch in der Lage sein, einen Taktstock zu halten. (Michael Schulte: Die Flaschenpost des Herrn Debussy, S. 101)

[Äußeres] Alle Freunde und Bekannten, ja sogar die Eltern, hätten ihren Kopf gewettet, daß Wanda niemals einen Mann abkriegen würde. Jeder, der das verheiratete Paar sah, war schlagartig überzeugt, Wanda müsse über sagenhafte innere Werte verfügen. (Michael Schulte: Die Flaschenpost des Herrn Debussy, S. 92)

[Erbe] Eine glückliche Wendung seines Schicksals verdankte er dem Umstand, daß seine schwindsüchtige Mutter eine Woche vor ihrem röchelnden Ableben einen größeren Lottogewinn eingestrichen hatte, den er neben ein paar Sperrmüllmöbeln, dem gerahmten Öldruck "Der gute Hirte" und einem achtzehnjährigen Cockerspaniel erbte. (Michael Schulte: Die Flaschenpost des Herrn Debussy, S. 61)

[Unscheinbar] Du fragst dich, warum dich niemand mag; nun, das liegt daran, daß du niemand bist! In einem Zimmer siehst du aus wie ein Stück Tapete! Beim Essen nimmst du schlagartig die Farbe und das Muster der Tischdecke an! Und auf einem Familienfoto bist du nirgendwo zu sehen, weil selbst eine Maschine dich nicht der Mühe des Entwickelns für wert befindet. (Frank Adam: Die 666. Reinkarnation oder Shit happens, S. 95)

[Einflüsse] Karin war das Produkt jahrelanger Indoktrination grüner Lehrpersonen, die den Kindern von der ersten Klasse die Realität des Bösen an der Umweltverschmutzung und die des Guten am Kampf gegen die Atomkraft verdeutlicht hatten. (Christian Mähr: Semmlers Deal, S. 136)

[Job-los] In seinem Alter war die Arbeitssuche Vollbeschäftigung. (Christian Mähr: Semmlers Deal, S. 131)

[Reinfall] ... reingefallen auf einen Typen, dem das Wort "Versager" mit großen Blockbuchstaben auf die Stirn tätowiert war. (Christian Mähr: Semmlers Deal, S. 81)

[Medien] Er zwang sich, den Artikel noch einmal zu lesen. Kein Zweifel. Das war die "Neue Zürcher Zeitung", also zeitungsmäßig wie die Bibel. (Christian Mähr: Semmlers Deal, S. 75)

[So oder so] "Weißt du, was meine Kritiker sagen?" "Neee, was denn?" "Selbst wenn ich auf dem Wasser laufen würde, sagten die. Der kann ja noch nicht mal schwimmen." (Heinz Strunk: Fleckenteufel, S. 55)

[Verbraucht] ... hatte durch eine lange Reihe von Abenteuern eine ganz schöne Patina angesetzt. (Georges Simenon: Drei Zimmer in Manhattan, S. 40)

[Zu Zeiten] Flitterwochenverbote... (Wilhelm Raabe: Horacker)

[Frau] ... eine belesene Frau mit heiklem Nervenkostüm, (Hans Pleschinski: Ostsucht. Eine Jugend im deutsch- deutschen Grenzland, S. 29)

[Essen] Öko-Gericht im Speisewagen, genauer: der Sellerie-Taler von Bioland mit Möhrengemüse. So viel Gesundheit! Der Taler, das sind zwei Medaillons aus einer gebackenen Masse, die einmal eine sporadische Berührung mit einem Sellerie erfuhren. Die Möhren haben jede Verbindung zu Gottes Design gekündigt und liegen jetzt in einem Saft aus Emulgatoren, Aromen, künstlichen Farb- und Konservierungsstoffen. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 191)

[Unterwegs] Dahinter folgt ein Koloß auf einem viel zu kleinen Fahrrad. In einem Körbchen hinten drauf fährt er ein Kind aus, ein gutmütig in die Felder blickendes, das aussieht, als sei es immer noch stolz, den Wettlauf auf die mütterliche Eizelle gewonnen zu haben. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 153)

[Essen] Der neueste Einfall der Erlebnisgastronomie, das sind eisenschwere Orangensaftpressen am Frühstücksbuffet. Sie geben dem Frühstück so etwas Handwerkliches und fordern gleich nach dem Aufwachen den Heimwerker im Mann. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 80)

[Damals] ...Trümmerfrau, die sich als Mädchen die Nylonnähte auf die Wade malte. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 81)

[Contenance] ... daß sie nie in ihrem Leben eine rasche Bewegung gemacht habe. Selbst als eine Tages der Blitz in ihr Haus einschlug, verließ sie das Haus gemessenen Schrittes. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 79)

[Farben] "Ich habe den Kaffee farblich deiner Seele angepaßt." "Warum ist dann keine Milch drin?" (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 76)

[Gezeichnet] Seine bemitleidenswerte Freundin, blaß, sie hat eine schwere Nacht gehabt. Das letzte Glimmen Hübschheit jedenfalls muß spätestens um die Morgenstunden in ihrem Gesicht erloschen sein. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 73)

[Betitelung] ... kaspischer Seegurkentaucher. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 73)

[Einschätzung] "Womöglich hat sie die erste Mrs Royce vergiftet, damit sie ihn sich krallen konnte." "Also, ich glaube, sie hat ein gutes Herz." Auf den Blick und das Schweigen meiner Mutter hin fügte er hinzu: "Vielleicht ist sie ein bißchen langweilig." "Langweilig? Das Testbild im Fernsehen ist nicht dagen." (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 221)

[Schadenfreude] Er blickt aus dem Fenster mit dem Behagen eines Mannes, der auch gerne Eisläuferinnen stürzen sieht. (Roger Willemsen: Deutschlandreise, S. 12)

[Reste] Ihr kurz geschnittenes Haar war von einem unnatürlichen, leuchtenden Strohgelb, das sich gar keine Mühe hab, überzeugende zu wirken; es besagte lediglich: Vergeßt nicht, daß ich früher mal blond war - annähernd blond jedenfalls. Eher eine Gedächtnisstütze als eine Haarfarbe, dachte Janice. (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 72)

[Sucht] Es gibt ehemalige Raucher, die eine angebotene Zigarette ablehnen und dabei sagen: "Blas den Rauch in meine Richtung." (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 123)

[Kalauer] Warum haben Lokführer nie Kinder? Weil sie vor der Einfahrt immer die Bremse ziehen. (Julian Barnes: Der Zitronentisch, S. 97)

[Stuhlgang] Verstopfungsächzer. (Meir Shalev: Im Haus der Großen Frau, S. 246)

[Letzter] Beim Contest glamouröser Situationen würde die unsere den letzten Platz belegen, hinter dem Schäferhund, der gelähmt ist und seine Hinterläufe in einem Wägelchen nach sich zieht. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 225)

[Tiere] ...freudige Erregung trächtiger Mücken. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 183)

[Herein] Es klopfte an der Tür, was ich um diese Zeit nur mit dem Ausbruch eines Nuklearkrieges, über den uns jemand informieren mochte, entschuldigt hätte. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 173)

[Orte] Der Zug fuhr am See entlang, nach Lorcarno, ein Ort, der trotz aller Versuche, ihn zu bebauen, bis der Tod einträte, immer noch wirkte wie in einem deutschen Ferienfilm aus den Fünfzigern. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 119)

[Fies] Ich kam an einer sich fotografierenden Gruppe Touristen vorbei, und es gelang mir, mit verzerrtem Gesicht ins Bild zu springen. Ein guter Tag. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 76)

[Kleine Freuden] Zwei Stahlbeton-Jogger zischen an mir vorüber, ich vermeine ihren Schweiß spritzen zu sehen. Reste alten Feuers kehren für Sekunden zurück, und behende stelle ich einem der Vorbeilaufenden ein Bein. Er fällt wie ein Baum, und fast bekomme ich für Sekunden gute Laune. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 73)

[Minimum] Von meinen geringfügigen sozialen Verhaltensstörungen abgesehen, versuchte ich das Leben eines leisen Menschen zu führen, der sich in karierte Kaschmirdecken drapiert und in reizenden Bibliotheken aufhält. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 56)

[Unbeliebt] Verabschiedete sie sich, war es immer, als wäre eine Regenwolke abgezogen. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 41)

[Orte] Die Leute in diesen Häusern, die der letzte Fluchtort für all diejenigen waren, die nicht einmal die unterste Stufe des gesellschaftlichen Lebens betreten hatten... (Maarten 'tHart: Der Flieger, S. 238)

[Konstatierend] "Du und ich, wir beide wissen nur allzu gut, auf welcher Seite dein Butterbrot bestrichen ist." (Maarten 'tHart: Der Flieger, S. 254)

[Trauer] "Nein, nein", sagte mein Vater, "hier wird nicht geheult, keine Tränen. Nicht hier im Bahrhäuschen. Hier wird schon genug geweint. Schlimm genug, daß man nach einem Begräbnis manchmal die Motorpumpe über dem Wassergraben einschalten muß, um den Grundwasserspiegel wieder sinken zu lassen. (Maarten 'tHart: Der Flieger, S. 210)

[Schule] An einem solchen Abend plagte ich mich, inzwischen bereits in die zehnte Klasse der Oberrealschule vorgedrungen, mit meinen Mechanikeraufgaben. Mechanik fiel mir schwer. All diese geheimen Kräfte auf schrägen Ebenen - ich konnte sie einfach nicht begreifen. (Maarten 'tHart: Der Flieger, S. 194)

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