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[Öde] Staubbraune Trübnis beginnenden Sonntagabends. (Reinhard Jirgl: Die Stille)

[Eingedrungen] Von Würmern pietätlos punktiertes Lindenholz. (Uwe Tellkamp: Der Turm, S. 269)

[Spuren] ... ins vergilbte Weiß der Postkarte (...); wie abgewischt von den löschenden Fingern der Zeit. (Uwe Tellkamp: Der Turm, S. 115)

[Sprache] Daß er nur an solchen Stellen sächselte, an denen noch jede echte Sachsenzunge, die sich auf das Glatteis des Hochdeutschen gewagt hatte, hoffnungslos gescheitert war... (Uwe Tellkamp: Der Turm, S. 43)

[Ärzte] Dr. Focke, der am St.-Joseph-Stift als Leitender Urologe arbeitete, war, wie viele Urologen, ein zu Tobsucht und sprachlicher Direktheit neigender Mann. (Uwe Tellkamp: Der Turm)

[Länder] Es gibt in Italien zwei Sorten von Verrückten - die einen halten sich für Jesus Christus, die anderen glauben, sie könnten erreichen, daß die Züge pünktlich fahren. (Tim Parks: Schicksal, S. 67)

[Vergangene Zeiten] Mollendruz, Leiter des Nazigrüppchens, der mit der Polizei Schwierigkeiten gehabt hatte. Mollendruz, der auf eigene Kosten ein Blättchen der Neonazis herausgab. "Das wahre Europa", dem das Heimweh nach dem Vorkriegsgepränge in Nürnberg und nach der Endlösung wie Rülpser aufstieß. (Jacques Chessex: Der Kinderfresser, S. 145)

[Familie] Ich glaube, daß der Gedanke, ein Großvater zu sein, ihm nicht angenehm ist. Sebastian behandelt ihn kühl, er hat aus Fernsehserien und Kinderbüchern eine Vorstellung von Großvätern, der Zobel nicht entspricht. Als seine Schlafenszeit gekommen ist und Amanda ihn auffordert, dem Großvater einen Kuß zu geben, gehorcht er wie ein Soldat einem unsinnigen Befehl des Vorgesetzten. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 351)

[Jagd] Es betritt ein maßvoll ergrauter Herr das Wohnzimmer, dem ich auf den ersten Blick ansehe, daß Frauengeschichten für ihn noch nicht erledigt sind. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 350)

[Argumente] Einmal, nach einem Streit, bei dem ich ihr unterlegen war, hat sie behauptet, meine Ansichten seien wie Nägel in einer bröckligen Wand, man könne nicht viel daran aufhängen. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 335)

[Verwechslung] Ihr Vater müsse das Opfer jener schrecklichen Männerkrankheit gewesen sein, hübsche Brüste und lange Beine fürs Paradies zu halten. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 322)

[DDR] "Wissense, was Wirdschaft is'?" Helmut Hoppe kippte einen Schnaps. "Ich will een Staubsauger - und kann mir aus fümf'n een aussuchen, ooch wenn er aussieht wie meine Frau. Und wissense, was Blanwirdschafd is? WennÄs nischema Staub gibt." (Uwe Tellkamp: Der Turm)

[Lebensalter] ... daß Frau Zobel inzwischen in einem Alter ist, in dem die Jahre doppelt zählen. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 94)

[Kinder] Wenn sie uns besucht, im Durchschnitt also dreimal die Woche, bringt sie gewöhnlich das Mädchen mit, eine perfekte Terroristin im Alter von fünf Jahren.. Angeblich spielen die Kindern dann miteinander, in Wirklichkeit sitzt Sebastian eingschüchtert in der Ecke, während Soja, so heißt Lucies Tochter, sein Spielzeug zertrümmert. (Jurek Becker: Amanda herzlos, S. 34)

[Geld] ... in Krisenzeiten, wie wir sie derzeit erlebten, in denen Besitz von Schwindsucht bedroht sei... (Günter Grass: Grimms Wörter)

[Schwierig] Als Twain gefragt wurde, was er von Hegel halte, antwortete er prompt, das könne er 'noch nicht abschließend beurteilen'; er habe erst zwei Bände von ihm gelesen. Die Satzaussage vermute er nun im dritten Band! (Karl Hugo Pruys: Die Republik der Phrasendrescher. Wortwörtliches einer verunglückten Sprache, S. 20)

[Sprache] Er hat einen Akzent, der mich bei Frauen veranlaßt, sie zu heiraten. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 255)

[Neigungen] Er rauchte so viele Zigaretten, daß, als er eines Tages die Marke wechselte, seine bisherige Konkurs machte. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab)

[Unterschiede] Mein Vater war einer, der Hunderternoten als Trinkgelder gab, ohne ihren Wert allzu genau kennen zu wollen. Die Mutter dagegen kannte die Tagespreise von Petersilie auswendig und vermochte eine Obligation von einer Aktie zu unterscheiden. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 257)

[Verachtung] In seinem Gesicht ein so konzentrierter Ausdruck von Verachtung, daß der Verf. sich nicht einmal mit Mühe die Illusion erlauben könnte, von dieser Verachtung ausgeschlossen zu sein. (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 294)

[Aufgaben] Sein ehemaliger Hausarzt, ein Dr. Windlen, achtzigjährig, längst über den Mythos des Arztgeheimnis erhaben, (...) ganz damit beschäftigt, den modischen Medikamentenwahn als Götzendienst zu entlarven... (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 92)

[Versagen] Erhard, der "auf Grund seiner extrem sensiblen nervlichen Disposition" (seine Mutter) an einer so rauhen Bildungseskaladierwand wie der Abiturprüfung gescheitert war... (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 72)

[Bewegung] Außerdem geht sie gern ins Kino, "um in Ruhe im Dunklen ein wenig zu weinen" (Zitat nach Marja van Doorn). Ein Film wie 'Befreite Hände' z.B. näßt zwei ihrer Taschentücher so sehr, daß Marja irrtümlich annahm, Leni habe im Kino einen Schnupfen gefangen. (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 51)

[Kategorien] Es kann hier nur angedeutet werden, was möglicherweise im Laufe des Berichts bewiesen wird: daß Leni ein verkanntes Genie der Sinnlichkeit ist. Leider lief sie lange Zeit unter einer Kategorie, die so bequem ist, daß sie gern verwendet wird: dumme Pute. Der alte Hoyser gab sogar zu, Leni heute noch in diese Kategorie einzustufen.(Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 31)

[Rauchen] ... vier provozierend vulgär in Asche gebettete Zigarettenkippen in einem weinlaubförmigen Keramikaschenbecher, der wahrscheinlich selten benutzt wird, in dem lediglich hin und wieder eine Prälatenzigarre erkalten mag. (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 29)

[Geld] Henges lebt "unter nicht unerfreulichen finanziellen Umständen." (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 15)

[Irregulär] Margets endokriner Haushalt ist so durcheinander, daß sie "sich nicht wundern würde, wenn plötzlich statt Tränen Urin aus meinen Augen käme". (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame, S. 12)

[Verwandtschaft] ... bin doch immerhin Ihr Verwandter, wenn auch nur ein ganz entfernter Verwandter, vielleicht, wie das Sprichwort sagt, "das siebente Wasser in der Suppe". (Fedor M. Dostoevskij: Arme Leute)

[Frühling] ... einmal schielte sogar die Sonne durch die Wolkendecke, um daran zu erinnern, daß fortgeschrittener Mai war. (Jochen Schimmang: Das Beste, was wir hatten)

[Auflauf] An der Theke stauen sich die Dämmerungstrinker. (Jochen Schimmang: Das Beste, was wir hatten)

[Rücksichtnahme] Sie umarmten sich, wobei sie den unechten Kuß von Frauen produzierten, die sich gegenseitig die Frisur nicht durcheinanderbringen wollen. (Brian Moore: Die einsame Passion der Judith Hearne)

[Aussichten] "Und was machst du, wenn das Geld vom Hausdverkauf auch verjubelt ist?", fragte Ulrich Goergen. "Ich meine, du kannst ja kaum mit der glücklichen Fügung rechnen, daß du danach passgenau stirbst."

[Prinzipien] "Ich habe noch nie etwas zum Antiquar gegeben", sagte Carl Schelling. "Das widerstrebt meinem archivarischen Grundgefühl." (Jochen Schimmang: Das Beste, was wir hatten)

[Alkohol] ... der offene Beichtstuhl alkoholumnebelten Gesprächs (Brian Moore: Die einsame Passion der Judith Hearne)

[Sprache] Ich hätte Sie für einen waschechten Rheinländer gehalten, sprachlich etwas abgeschliffen durchs intelektuelle Milieu..." (Jochen Schimmang: Das Beste, was wir hatten)

[Erfahrungen] Was muß man im Lauf des Lebens nicht alles begreifen lernen! Als erstes gleich jenes grelle Licht, in das man aus dem heimligen Fruchtwasser herausstürzt. Dann später zum Beispiel die vielen Buchstaben überall H-A- L-T-E-S-T-E-L-L-E oder M-I-G-R-O-S. Oder auch, was Papa oder Mama tun, wenn sie die Tür zumachen, und Mama miaut so komisch. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 159)

[Sportlich] Noch als sie siebzig war, gelang es ihr, sich die Waden zu küssen wie eine Schlangenfrau. Sie beeindruckte uns alle zeit ihres Lebens mit Spagaten, die sie jäh, während eines Stadtspazierganges, vorführte. (Luc Bondy: Am Fenster, S. 22)

[Wahrnehmung] Wir rauchen schon vor dem Frühstück je zwei Zigaretten. Meine Frau Adele liegt am Friedhof desselben Viertels beim Bucheggplatz, sie ist am Rauchen erstickt. Wenn ich vor ihrem Grab stehe, höre ich sie unter der Erde husten. (Luc Bondy: Am Fenster, S. 18)

[Online] Die Sehnsuchtsmaschinen des Internets. (Heinz Bude: Die Ausgeschlossenen)

[Haß] Er hatte die Faschisten so gehaßt, daß er, der nichts trank, im Mai 1940, als alle dachten, jetzt kommen sie, so tatkräftig mithalf, den Weinkeller leerzutrinken, daß er das einzige Mal in seinem Leben betrunken gewesen war. (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 113)

[Eingeprägt] ... schnalle mich beim Autofahren so automatisiert an, daß ich zuweilen sogar, wenn ich mich am Schreibtisch vor die Schreibmaschine setze, nach dem Gurt taste! (Urs Widmer: Auf, auf, ihr Hirten. Die Kuh haut ab, S. 105)

[Hotel] "Ich fand sie alle reich, bis ich ein Ehepaar klagen hörte, daß es sich kein besseres Hotel leisten könnte. Sie hätten am liebsten einen Stern höher geschlafen..." (Adriaan van Dis: Ein feiner Herr und ein armer Hund, S. 176)

[Verdorben] ... verdorbene Brühe, die in deiner Hirnschale schwappt. (Anna Katharina Hahn: Kürzere Tage)

[Einschätzung] Ach, Engelke, das Leben is doch eigentlich schwer. Das heißt, wenn's auf die Neige geht; vorher is es soweit ganz gut. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 336)

[Statistik] "Ich habe neulich was Statistisches gelesen." "Damen dürfen nie Statistisches lesen", sagte Dubslav, "es ist entweder zu langweilig oder zu interessant - und das ist dann noch schlimmer. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 326)

[Weit] ... große Generalbegeisterung für die Künste. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 282)

[Über die Briten] "Ein Kardinal, der freilich auch noch Gourmand war, soll mal gesagt werden haben: Schreckliches Volk; hundert Sekten und bloß eine Sauce'" (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 212)

[Glaubensbekenntnis] "Er war ungeniert von Natur und ein klein wenig überheblich. Als wichtigstes Ereignis seiner letzten sieben Jahre galt ihm sein Übertritt vom Pilsner zum Weihenstephan . "Sehen Sie, meine herren, vom Weihenstephan zum Pilsner, das kann jeder; aber das Umgekehrte, das ist was. Chinesen werden christlich, gut. Aber wenn ein Christ ein Chinese wird, das ist doch immer noch eine Sache von Belang." (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 281)

[Schätzung] Wenn ich den Heiligen hier so sehe, taxier ich ihn höchstens auf eine Dattel täglich. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 261)

[Politik] ... ein sich in der Wolle gefärbter Konservativer. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 180)

[Mangelhaft] "Koseleger voll Vertrauen! Na, dann geht es gewiß in die Brüche. Wo Koseleger amen sagt, das ist schon so gut wie die Letzte Ölung. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 170)

[Knapp] Er ist amüsant, wenn auch ein bißchen auf der Wippe. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 92)

[Mimik] Sie nahm ziemlich viel vom intensiven Charme ihrer Augen zurück, ihr (...) Rosenmund verzog sich säuerlich (...) als bewußt angewandte psychologische Dusche. (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame)

[Sublimiert] ... hochgezüchtete zölibatär-platonische Erotik. (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame)

[Gesten] ... eine Kniebeuge hinpfuschend. (Heinrich Böll: Gruppenbild mit Dame)

[Abstammung] "Ein Mann wie Sie, der es trotz seines Liberalismus fertigbringt, immer seinen Adel bis wenigstens dritten Kreuzzug zurückzuführen..." (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 82)

[Aussehen] Das Fräulein von Schmargendorf war klein und rundlich, einige vierzig Jahre alt, von kurzem Hals und wenig Taille. Von den sieben Schönheiten, über die jede Evastochter Verfügung haben sollte, hatte sie, soweit sich ihr "Kredit" feststellen ließ, nur die Büste. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 80)

[Schwanger] "Sie sah brillant aus. Eigentlich ist sie nicht hübsch, Blondine mit großen Vergißmeinnichtaugen und etwas lymphatisch; auch wohl nicht ganz gesund. Aber sonderbar, solche Damen, wenn was in Sicht steht, sehen immer besser aus als in natürlicher Verfassung, ein Zustand, der allerdings bei der Katzler kaum vorkommt. Sie ist noch nicht volle sechs Jahre verheiratet und erwartet mit nächstem das siebente." "Das ist aber doch unerhört. Ich glaube, so was ist Scheidungsgrund." (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 68)

[Kommunikation] Katzler, ein vorzüglicher Herr, aber auf dem Gebiete der Konversation doch nur von einer oft unausreichenden Orientierungsfähigkeit. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 26)

[Voraussetzungen] "Der Rex sieht wirklich verdeubelt gut aus, ganz das, was wir früher einen Gardeassessor nannten. Und fromm, sagst du - wird also wohl Karriere machen; 'fromm is wie 'ne unterlegte Hand.'" (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 47)

[Nachrichten] Ich kann Telegramms nicht leiden. Immer is einer dod, oder es kommt wer; der besser zu Hause geblieben wäre. (Theodor Fontane: Der Stechlin, S. 12)

[Namen] Namensmanscherei verwirrt bloß. Was ein Märkischer ist, der muß Joachim heißen oder Woldemar. Bleib im Lande und taufe dich redlich. (Theodor Fontane: Der Stechlin)

[Aussehen] Er war nicht rasiert. Er hatte das vernachlässigte und zugleich saubere Aussehen jener Männer, die die Sorge um die eigene Toilette ihrer Frau übertragen haben. (Emmanuel Bove: Ein Mann, der wußte, S. 38)

[Latenz] Im selben Moment erschien Emily. Sie betrachtete ihren Bruder mit der Miene einer Person, die dauernd mit dramatischen Appellen in Trab gehalten wird, jedoch gemerkt hat, daß es gar nie ernst ist. (Emmanuel Bove: Ein Mann, der wußte, S. 31)

[Essen] ... kehrte er in die Küche zurück und briet sich zwei Eier. Als sie fertig waren, trug er sie ins Zimmer. Das Mittagessen trennte den Morgen nur dank einiger Vorstellungskraft vom Nachmittag, denn es dauerte fünf bis zehn Minuten. (Emmanuel Bove: Ein Mann, der wußte, S. 11)

[Physiognomie] Die dicke Frau lächelte ihn an: Ihr fehlte ein Vorderzahn, und sie hatte die blassen Gaumen eines Vasco da Gama am vierzigsten Tag einer Vitaminmangelkrankheit. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 182)

[Tragik] Tragische Geschichten von Vermögen, die sich im Casino in Luft aufgelöst hatten, machten an Familienabenden, im schaurig hohlen Tonfall von den Barden des Stammes erzählt, die Runde. Tante Mane, die historische Achtzigjährige, deren Lächeln sich im Zickzack den Weg durch vertrocknete Schminke und Cremes bahnte, hatte das Silber des Hauses beim Bakkarat verschwinden lassen und benutzte einen Pfandschein anstelle des Personalausweises. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 180)

[Gemüt] ... ehemaligen tapsigen Priesterschüler mit der Seele einer Abtshaushälterin. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 128)

[Interieur] Die Matratze kennt noch meine Schlafgewohnheit. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 116)

[Familiebande] Im Haus gegenüber wohnte zwischen Katzen und Fotos mit Widmung von jeweils angesagten Bischöfen eine alte, von ihrem einäugigen Dienstmädchen unterstützte Tante, zwei verehrte Squaws des Familienstammes, die Weihnachten von ungläubigen Verwandten, welche über ihre kämpferische Langlebigkeit überrascht waren, auf Ausflügen besucht wurden. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 111)

[Tristesse] Die Praxis des Zahnarztes lag in einer Zone Lissabons, die so fade war wie eine Hepatitisdiät und in der Blumenverkäufer die Körbe mit ihren sterbenden Frühlingen auf den Bürgersteig stellten. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 103)

[Geräusche] Zwischen den Maschen der Geräusche erahnte man die konkave Textur der Stille. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 104)

[Bedienung] Dem Freund gelang es schließlich, das Interesse eines Kellners zu wecken, dem eine Vielzahl von Rufen die Sporen gaben und der vor Anspannung zitterte wie ein Pferd, das, von gleichzeitigen, widersprüchlichen Befehlen gereizt, voll banger Ratlosigkeit die spärliche Haarmähne schüttelte. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 73)

[Benennung] Zahnarzt - Gaumenentvölkerer. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 37)

[Medizin] Brausetabletten, die den Durchfall zukorkten, dem Sodbrennen jedoch die Zügel schießen ließen. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 36)

[Beziehung] - Je besser man die Männer kennt, um so mehr lernt man die Haushaltsgeräte schätzen, war ihre Antwort. Ich lebe in wilder Ehe mit einem Zweiflammenherd, und wir sind glücklich. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 32)

[Gestik] Von weitem schickte ihnen Nelia die obszönste Geste aus ihrem elementaren Repertoire einer Nonnenschule herüber. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 32)

[Hin und wieder] Hin und wieder haben wir das Glück, auf einen Menschen wie sie zu stoßen, der uns nicht trotz unserer Fehler mag, sondern mit ihnen, in einer zugleich mitleidslosen und brüderlichen Liebe, Reinheit von Bergkristall, Morgenröte im Mai, Velasquezrot. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 30)

[Leiden] - Deolinda, sagte er zu ihr, ich bin ganz unten angekommen. Sie schüttelte ihr spitzes, gütiges Schildkrötengesicht: - Ist denn dieser Abstieg nie zu Ende? Der Arzt hob in pathetischem Bibelflehen die Manschettenknöpfe zur abgeschuppten Mörteldecke, in der Hoffnung, daß die absichtliche Theatralik einen Teil seines wahren Leidens verbergen würde. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 29)

[Flucht] - Sie riesengroßes Arschloch, artikulierte sie im zerstreuten Tonfall einer Fünfzigjährigen, die mit den Freundinnen redet und dabei die Strickmaschen zählt. Der Psychiater beeilte sich, diese günstige Stimmungslage auszunutzen, um heimlich in den Schützengraben des Verbandszimmers zu fliehen. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 29)

[Beginn] ... wann hatte bei ihm die Scheiße angefangen? Er blätterte rasch die Kindheit seit dem fernen September der Geburtenzange durch, die ihn aus dem uterinen Aquariumsfrieden herausgeholt hatte. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 27)

[Geräte] ... während sich im Stockwerk darunter der Rüssel des Ameisenbärstaubsaugers raubtierhaft, von der Frau des Hausmeisters geführt, deren herbstliches Ausehen durch das Ungemach von Gallensteinen betont wurde, die eßbaren Teppichfransen einverleibte. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 26)

[Allein] Seit er sich vor fünf Monaten von seiner Frau getrennt hatte, lebte der Arzt allein in einer Wohnung, die mit einer Matratze und einem stummen Wecker dekoriert war, der von Geburt an um sechs Uhr nachmittags gelähmt war, eine Mißbildung, die ihm behagte, da er Uhren haßte, in deren Inneren die tachykardische Feder eines bangen Herzchen schlug. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 21)

[Gebranntes Kind] Öfter noch als vom Krieg sprach er von den Jahren der Wirtschaftskrisen, die er als junger Mann noch miterlebt hatte. Seine Sparsamkeit war von einer Art, die mit seiner Generation ausstarb und nicht mit Geiz gleichzusetzen ist. Gern genehmigte er sich einen guten Tropfen und andere Annehmlichkeit, doch die Nägel im Haushalt wurden wieder gerade geklopft, das Schokoladenstanniol gebügelt und bis zur Wiederverwendung bei den Geschenkbändern aufbewahrt. (Klaus Walther: Was soll man lesen? Ein Lese-Verführer, S. 92)

[Wirkungen] Er begann allmählich, wie ein asozialer Vagabund auszusehen, an dessen wohlrasiertem Bart man die Asche einer ordentlichen Vergangenheit erkannte. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 95)

[Taktik] Wenn der Arzt seine misogynen Anfälle hatte, klassifizierte er die Frauen immer aufgrund der Zigaretten, die sie rauchten. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 96)

[Alkohol] Eine Flasche Branntwein beleuchtete die leere Küche mit dem Votivlicht eines Zirrhoseglücks. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 21)

[Gestik] Der Mann hörte sie nicht mehr: Sein Körper behielt die diensteifrige, vermeintlich aufmerksame Fragezeichenrundung eines dritten Abfertigungsbeamten bei, die Stirn, in der alle geographischen Gegebenheiten seines Gesichts zusammenliefen wie Passanten zu einem Epileptiker, der sich eidechsengleich auf dem Bürgersteig windet, furchte sich mit aseptischem beruflichem Interesse. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 20)

Martinitz: Ins Fegefeuer kommst du so und so. Slawata: Bei dieser Ehe!? Niemals! (Michael Schulte: Goethes Reise nach Australien. Erzählungen, S. 69)

[Gerüst] Das Ei genau fünf Minuten kochen lassen, das Kunststück täglich erneut fertigbringen trotz des Defekts in der Minutenuhr. Die haltbaren Genüsse. Das Gerüst, welches das Leben auch über tote Zeiten trägt. (Christa Wolf: Störfall, S. 14)

[Erziehung] Der Arzt schrieb auf seinen Block: Scheißkerl, alle nur möglichen Schimpfworte, zog einen Strich darunter, als wollte er eine Summe bilden, und fügte in Großbuchstaben SCHEISSE hinzu. Die Krankenschwester, die ihm über die Schulter schaute, wich einen Schritt zurück: Schußfeste katholische Erziehung, nahm er an, während er sie abschätzend ansah. Schußfeste katholische Erziehung und Jungfrau aus Familientradition: Die Mutter hatte wahrscheinlich zur heiligen Maria Goretti gebetet, als sie gezeugt wurde. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 15)

[Blicke] Die Achtzigjährigen richteten farblose Glasaugen auf ihn, die leer waren wie Aquarien ohne Fische und in denen der zarte Algenflaum eines Gedankens mühsam im trüben Wasser nebliger Erinnerungen kondensierte. (Antonio Lobo Antunes: Elefantengedächtnis, S. 15)

[Wirkungen] ... als würden unsere Gedanken sich wundreiben an einem äußerst trickreich versteckten Geheimnis. (Christa Wolf: Störfall, S. 23)

[Prägnant] Leute, die mit wuchtigen Alltagsschritten durch die Straßen wandelten. (Arthur Schnitzler: Sterben. Erzählungen 1880-1892, S. 24)

[Herbst] Spätherbst mit einer kalten und frechen Sonne... (Arthur Schnitzler: Sterben. Erzählungen 1880-1892, S. 58)

[Frühling] Der Frühling (...) blüht einem zudringlich ins Gesicht... (Arthur Schnitzler: Sterben. Erzählungen 1880-1892, S. 59)

[Frauen] Nicht etwa, daß er sie geheiratet hätte - so trivial schließt ein großer Künstler seine interessantesten Abenteuer nicht ab! (Arthur Schnitzler: Sterben. Erzählungen 1880-1892, S. 24)

[Atmossphäre] Der Abend loderte noch still mit breiter schon gedämpfter Glut und silbernen Wolkenflammen (war aber zu faul zum Figurenlesen). (Arno Schmidt: Schwarze Spiegel)

[Sünde] dick werden : die Sünde wider den heiligen Körper ! (Arno Schmidt: Schwarze Spiegel)

[Verbindung] Bei Sloterdijk kästnerts in den Überschriften ("Lebensgefühl im Zwielicht", "Schule der Beliebigkeit"), und ganze Kapitel scheinen Prosafassungen Kästnerscher Chansons zu sein ("Zur Psychosomatik des Zeitgeistes", "Bombenmeditation" etc.) (Christoph Hein: Öffentlich arbeiten. Essais und Gespräche, S. 142)

[Profession] Im roten Hinterzimmer eines Bordells saß rittlings auf einem langen, schmalen Tisch die abgewrackte Hure, die "Das Sparschwein" genannt wurde. Vorn war sie abgewirtschaftet, abgefuckt, doch hinten verdiente sie noch etwas Geld, indem sie die Münzen, die Besucher über den Tisch zu ihr rollen ließen, in dem Schlitz dessen auffing, was eins eine Goldgrube und jetzt eine Sparbüchse ohne Boden war. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 459)

[Befreit] Endlich erlöst von der kleinbürgerlichen Qual, sich Tischmanieren befleißigen zu müssen, schrien sich die Stundenten mit vollem Mund an, die Gabel in der rechten Hand, die linke unter dem Tisch... Hier, in dieser Garküche, tobte der Aufstand gegen die elterlichen Anstandsregeln. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 334)

[Lebensstufen] "Wie alt warst du da eigentlich? Jedenfalls warst du ein Kind, das noch von nichts eine Ahnung hat." Die ewige Unterschätzung dessen, was ein Kind in den ersten Lebensjahren imstande ist aufzunehmen und zu behalten und zu lebenslanger Nostalgie oder lebenslangem Groll erstarren zu lassen. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 316)

[Mimik] Er zuckte mit den Achseln, schmollte noch ein bißchen und gähnte dann gespielt. Dieses Gähnen kannte Albert nur zu gut an ihm: Gemeint als Zeichen seiner Gleichgültigkeit, gähnte der Mann damit seine ganze Erleicherung heraus. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 299)

[Vorbild?] Albert wunderte sich über die Feigheit seines Vaters, die derart subtil war, daß das poröse Gemüt des Jungen sie unbemerkt aufsaugen und als Baustoff für sein eigenes Leben einlagern konnte. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 152)

[Säuferhunger] Sein Versprechen, "gegen halb zwei" zu Hause zu sein, hielt er pünktlich ein, allerdings nicht mittags, sondern nachts. Die "Sonntagshose", auf die sein Söhnchen nicht einmal hatte 'zeigen' dürfen, war dann versaut durch Mayonnaisebatzen, von den Pommes getropft, mit denen er seinen vom Bier und Genever hervorgetriebenen Säuferhunger gestillt hatte. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 91)

[Wetter] Der Wind, der ihm entgegenprallte, wollte ihm mehr zum Einatmen geben, als er ausatmen konnte. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 89)

[Bauernschlau] "Das Wetter schlägt heute noch um. Paß nur auf. Es wird ein ganzes Stück kühler. Das hab ich heute morgen schon gespürt. Tja, Mann, Bauern... Laß die Jungs vom Wetterdienst ruhig quasseln." (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 73)

[Konfessionen] ... das alles lag noch im Schatten der hohen Hecke, die ihren Garten von dem der Familie Lopik trennte. Protestanten: Die Hecke konnte gar nicht hoch genug sein. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 50)

[Essen] Während die Reichen insgeheim bereits wieder von Weiß- auf Vollkornbrot umstiegen, hatten die Arbeiter, nachdem sie hundert Jahre nur Roggenbrot gekaut hatten, endlich das schneeweiße Luxusbrot zum Greifen nah vor sich. Sie waren reich. Und am leckersten auf frischem "Feinbrot" fanden ihre Kinder nicht Kümmelkäse oder Tomatenscheiben, sondern "Mäuschen", gestoßene bunte Anisstreusel, Schmalz mit Zucker sowie einen Karamellaufstrich namens 'Jacky'. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 47)

[Bedingung] Der Geist braucht, hatte Goebbels gesagt, erstklassige Menus, sonst ist er einfallslos, krittelnd. Ein leerer Magen vertieft jeden Schatten ins Rabenschwarze. Darum müssen in den zentralen Propagandastellen gute Köche arbeiten. Kein Berufsstand ist durch gutes Essen so bestechlich wie die Arbeiter der Stirn. (Uwe Timm: Die Entdeckung der Currywurst, S. 62)

[Defizit] Ich fragte mich, wie es möglich war, daß manche Menschen zumindest mit den mechanischen Problemen des Lebens fertig wurden, während andere, meine Familie zum Beispiel, auf Lebenszeit zu schlecht funktionierenden Autos und schlecht geheizten, toilettenlosen Behausungen verdammt schienen. (John Updike: Der Zentaur, S. 288)

[Respekt] "Papa, warum bist du so -" Er wollte sagen: "dumm", aber Reminiszenzen an das vierte Gebot hemmen seine Zunge. (John Updike: Der Zentaur, S. 273)

[Mißbraucht] Andere Menschen zum Beispiel sehen sie beide als Arena zur Selbstbestätigung an. (John Updike: Der Zentaur, S. 256)

[Erfahrungen] Er ist zu jung, um die unmerklichen Überschneidungen im Gesicht einer Frau zu erkennen, aus denen man Erwartung und Einwilligung lesen kann. (John Updike: Der Zentaur, S. 254)

[Skepsis] Sie mißtraut allen Geistlichen und Männern, die zu gut erzogen sind. (John Updike: Der Zentaur, S. 250)

[Wirkung] Scharfe Tritte züchtigten die Treppe. (John Updike: Der Zentaur, S. 137)

[Mimik] Mein pflichtschuldiges Lachen verdorrt mir steif auf dem Gesicht... (John Updike: Der Zentaur, S. 132)

[Widerstand] Sie runzelte gedankenvoll die Stirn, mein armes, dummes, kleines Mädchen, und mühte sich, ein paar Trostworte für mich aufzutreiben, für mich, der ich so unendlich erfinderisch war, wenn's darauf ankam, Tröstungen zu entgehen. (John Updike: Der Zentaur, S. 129)

[Frauen] Sie war schön gewesen als junge Frau, und ihre Augen waren nicht alt geworden. Ihre traurige Lage schien sie jeden Tag von neuem zu bedrängen. (John Updike: Der Zentaur, S. 78)

[Pingelig] Mein Vater brachte für Unterhaltungen eine höhlentiefe Bereitschaft zur Genauigkeit mit, die Fremde verzagt machte. (John Updike: Der Zentaur, S. 91)

[Behutsam] ... räusperte sich so behutsam, als sei sein Schleim Japanpapier. (John Updike: Der Zentaur, S. 74)

[Tonart] "Peter". Mein Mutter sagte das in dem Ton, der keine Wahl mehr zuließ. (John Updike: Der Zentaur, S. 70)

[Fies] Die Foglemans gehören zu der Sorte, die einem das Herz auffressen und den Rest in den Ausguß schütten. (John Updike: Der Zentaur, S. 269)

[Feeling] ... wechselte sein Herz die Tonart. (John Updike: Der Zentaur, S. 24)

[Marotten] Sie hatte sonderbare Marotten. Während ihrer Flitterwochen in Stresa kam sie während ihrer letzten Nacht dort (sein New Yorker Büro forderte dringend seine Rückkehr) zu dem Schluß, daß in Hotels ohne Notausgänge die letzte Nacht statistisch die gefährlichste war, und in der Tat sah ihr Hotel auf eine massive, altmodische Art überaus brennbar aus. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 95)

[Über die Bande] Aus irgendeinem dunklen Grund war ihr Tonfall ironisch und insgesamt unerquicklich, wenn sie in Gegenwart anderer mit ihrem Mann sprach. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 95)

[Erinnerung] Jedes Gesprächsthema blieb im klirrenden Frost ihres aufgeräumten Kopfes für alle Zeit bewahrt. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 94)

[Traum] Was die Wiederkehr bestimmter Alptraumthemen anging, konnte er es mit den besten Irren aufnehmen. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 86)

[Nachts] Er konnte nicht glauben, daß anständige Leute die Art obszöner und absurder Alpträume hatten, die seine Nacht zerschmetterten und den ganzen Tag über nachklangen. Weder die zufälligen Nacherzählungen schlechter Träume, die er von Freunden zu hören bekam, noch die Fallgeschichten in freudschen Traumbüchern mitsamt ihren lachhaften Aufklärungen glichen auch nur annähernd der komplizierten Gemeinheit seiner fast allnächtlichen Erfahrung. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 82)

"He, Cassie, wie spät ist es?" "Auf welcher Uhr?" (John Updike: Der Zentaur, S. 69)

[Wirkungen] Wie viele überreife und immer noch ansehnliche Künstlerinnen schien ihr nicht in den Sinn zu kommen, daß ein großer Busen, ein faltiger Hals und der auf eine Basis von Kölnisch Wasser gegründete Geruch abgestandener Weiblichkeit auf einen empfindsamen Mann abstoßend wirken könnten. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 36)

[Unerfahren] Wie viele junge Männer von dunklem Genie, die in einem Packen von Geldscheinen die ganz faßbare Massigkeit unmittelbarer Vergnügen spüren, besaß er keinen Sinn fürs Praktische, keinen Ehrgeiz, zu Geld zu kommen, und keine Bedenken hinsichtlich der Mittel zu seinem künftigen Unterhalt. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 27)

[Alterung] Sein Vater, ein Mann von sechzig Jahren, kleiner als Hugh und auch fülliger, war seit dem dem nur wenig zurückliegenden Tod seiner Frau unappetitlich gealtert; von seinen Sachen ging ein charakteristischer schwacher, aber unverwechselbarer Geruch aus. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 18)

[Körperhaltung] ...während ... der Spiegel ... den Herrn aus Massachusetts reflektierte, der ein langes, mageres, kummervolles Gesicht mit einem leicht vorstehenden Unterkiefer hatte und dessen Mund von einem Paar symmetrischer Falten gerahmt war, alles in allem ein zerfurchtes, vierschrötiges, bergsteigerhaftes Ensemble von Zügen, hätte die melancholisch gebeugte Körperhaltung nicht jeden Zoll dieser phantastischen Majestät Lügen gestraft. (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge, S. 11)

[Diktat] Wie flatterte das Herz, wenn er diktierte, die großen, fremden, nie gehörten Worte sprudelten, Sturzbäche erstaunlicher Satzgefüge, prachtvoll exotische Klänge, lateinische Namen, Sätze, labyrinthisch gebaute, mit kunstvoll verborgenenen Prädikaten, die manchmal unerklärlich verlorengingen. (Joseph Roth: Der blinde Spiegel)

[Forderung] ... verlangte, wie die meisten Künstler, ein weibliches Weib, bei dem er seine Launen austoben, aber auch Trost und Erholung finden könnte... (Joseph Roth: Der Vorzugsschüler)

[Ordnung] Hofrat Sabbäus Kreitmeyr war, wie die meisten Gelehrten alten Schlages, ein Pantoffelheld, er fand alles für richtig, was seine würdige Gemahling anordnete, und glaubte an sie wie an die alleinseligmachenden Regeln der lateinischen Grammatik. (Joseph Roth: Der Vorzugsschüler)

[Lebensstufen] ...da noch um sie der Zauber knospender Jugend wehte... (Joseph Roth: Der Vorzugsschüler)

In ihrer nicht zu unterdrückenden Fruchtbarkeit verzweigte sich die Familie so schnell, daß der Pfarrer nicht mitkommen konnte. (A.F.Th. van der Heijden: Das Gefahrendreieck, S. 437)

[Geeignet] ... dachte Anton Wanzl über die weitere Richtung seiner Studien nach. Theologie! Dazu hätte er sich vielleicht am besten geeignet, dazu befähigte ihn seine blasse Scheinheiligkeit. (Joseph Roth: Der Vorzugsschüler)

[Komplementär] Seine Hemdbrust ersetzte an Reinheit, was seinem Charakter von dieser Eigenschaft fehlte. (Joseph Roth: Der Vorzugsschüler)

[Humor] "Willst du", rief Lothar, "überall den Maßstab darnach, was den Weibern gefällt, anlegen, so mußt du alle Ironie, aus der sich der tiefste ergötzlichste Humor erzeugt, ganz verbannen; denn dafür haben sie, wenigstens in der Regel, ganz und gar keinen Sinn." (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 214)

[Ungenügend] Zusammen hatte Gabriel Stieglecker sechshundertundfünfundsiebzig Kronen im Monat. Und davon starb er nun schon drei Jahre und fünf Monate lang. (Joseph Roth: Karriere)

[Fragil] Sie hängte eine Tafel an das Haustor, an der mit komischen, hilflosen Buchstaben, die jeden Augenblick vom Papier herunterzufallen und auf dem harten Pflaster zu zerbrechen drohten, geschrieben stand... (Joseph Roth: Barbara)

[Mimik] Hatte der nicht auch zuletzt all seine Heiterkeit verloren und machte solch ein verdammtes Arzeneigesicht, auf dem man hätte lesen mögen: 'Alle Stunde einen Eßlöffel voll?' (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 157)

[Der gewisse Punkt] Wo ist der Punkt zu finden, in dem ein Mädchen, das sich durch irgendeine Eigentümlichkeit im Leben festgestellt hat, plötzlich sich selbst sagen soll: "Ich bin nicht mehr das, was ich war; die Farben, in die ich mich sonst putzte, sind frisch und jugendlich geblieben, aber mein Antlitz ist verbleicht!" Darum - man dulde! - man ertrage! (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 21)

[Standpunkt] Du bleibst dir immer gleich, indem du, ewig die Meinung wechselnd, immer die Opposition bildest. (E.T.A Hoffmann: Die Serapionsbrüder, S. 21)

[Musik] Oben in der Werkstatt singt Hoftölpel "Love Letters In the Sand". Er hat sie als Single mit Pat Boone, wir hören sie jeden Abend auf dem Plattenspieler im Wohnzimmer, bis Großmutter findet, daß es genug ist. "Wenn ihr die Platte weiter so oft hört, dann habt ihr euch irgendwann zur B-Seite durchgepflügt", sagte Puer. (Iselin C. Hermann: Sommer war es, S. 126)

[Mimik] Es war unmöglich, ihr Alter zu erraten. Ihre Zähne wirkten falsch, und ihr Gesicht war von einer überraschenden Glätte, als wäre es geliftet worden, aber das hielt ich für unwahrscheinlich. Möglicherweise hatte sie es kraft schierer Willensanstrengung selbst geliftet. (Anatole Broyard: Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village, S. 48)

[Orte] In New York City hatte die Psychoanalyse etwas Unvermeidliches. So wie man die U-Bahn nehmen mußte, um irgendwohin zu gelangen. Die Psychoanalyse lag in der Luft wie Feuchtigkeit, wie Rauch. Man konnte sie fast riechen. (Anatole Broyard: Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village, S. 58)

[Liebe] Ich hatte mir vorgestellt, Liebe zu machen sei eine Art Frage und Antwortspiel, aber bei uns führte es nur zu weiteren Fragen, bis es so aussah, als hätten wir uns in eine philosophische Debatte verstrickt. Statt der sprichwörtlichen Trauer nach dem Sex empfand ich so etwas wie semantische Verzweiflung. (Anatole Broyard: Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village, S. 17)

[Städte] Von ihm [W.H.Auden] stammt der Satz, daß die Kunst, in New York City zu leben, darin besteht, bei Rot über die Straße zu gehen. (Anatole Broyard: Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village, S. 19)

[Mit 26] Obwohl ein großer Teil vom Village schäbig war, störte mich das nicht. Ich dachte, Charakter sei 'a priori' eine Form von Schäbigkeit, ein Oberflächenverschleiß. Ich betrachtete diese Schäbigkeit als unsere amerikanische Version der Ruine, als Relikt einer kurzen Geschichte. Die Tristesse der Gebäude war Literatur. Ich war sechsundzwanzig, und Trauer war ein Aufputschmittel, ja ein Aphrodisiakum. (Anatole Broyard: Verrückt nach Kafka. Erinnerungen an Greenwich Village, S. 17)

[Dinge] Sie sagte: "Es müßte etwas für die Sachen erfunden werden, die zu nichts zu gebrauchen sind, die man aber auch nicht wegwerfen kann." So war es: Die Gier, mit der sich die Dinge in die Lebensräume fraßen, die Menschen zurückdrängten und einkesselten, beängstigte Fermina Faza so lange, bis sie alles irgendwohin gepackt hatte, wo es nicht zu sehen war. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 422)

[Befürchtung] Er traute sich nicht, verbotene Spielchen mit einer Frau anzufangen, die ihm zu oft bewiesen hatte, daß sie die abgewandte Seiten des Mondes kannte. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 403)

[Verrückt] Diese Frau beschloß ihr Leben im Irrenhaus Divina Pastora, wo sie senile Verse von so hemmungsloser Obszonität deklamierte, daß sie isoliert werden mußte, damit sie nicht die anderen Verrückten restlos irre machte. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 380)

[Liebe] Bei ihr lernte Florentino Ariza, was er schon oft unbewußt durchlitten hatte: daß man in mehrere Personen gleichzeitig verliebt sein kann und, ohne eine zu betrügen, in alle gleich schmerzlich. Verlassen in der Menge am Kai, hatte er sich in aufwallender Wut gesagt: Das Herz hat mehr Kammern als ein Bordell. Er war beim Abschied in Tränen aufgelöst gewesen. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 379)

[Eifersucht] Eifersucht hatte sein Haus nie kennengelernt: In über dreißig Jahren ehelichen Friedens hatte Doktor Urbino sich wiederholt öffentlicht damit gebrüstet, daß er, und das traf bis dahin auch zu, einem schwedischen Streichholz gleiche, das sich nur an seiner eignenen Schachtel entzünde. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 347)

[Religion] Senorita Barbara Lynch, Doktorin der Theologie, war die einzige Tochter des Pastors Jonathan B. Lynch, eines protestantischen Geistlichen, der, schwarz und eingefallen, auf einem Maultier durch die ärmlichen Weiler der Marisma ritt und die Botschaft eines der vielen Götter predigte, die Doktor Juvenal Urbino klein schrieb, um sie von seinem Gott zu unterscheiden. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 338)

[Übertreibung] Immer hatte sie Kopfweh, oder es war immer zu heiß, oder sie stellte sich schlafend, oder sie hatte wieder einmal die Regel, die Regel, immer die Regel. Das führte dazu, daß Doktor Urbino, um sich einmal ohne Beichte Luft zu machen, in der Vorlesung die Behauptung wagte, daß Frauen nach zehnjähriger Ehe bis zu dreimal wöchentlich ihre Periode hätten. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 293)

[Foto] Der Kleine mit dem Kapitänsmützchen, der neben ihm stand, war Onkel Leon XII. Auf dem anderen Foto war sein Vater inmitten einer Gruppe von Kämpfern in wer weiß welchem der vielen Kriege zu sehen, er hatte das längste Gewehr von allen und einen Schnurrbart, der sogar auf dem Bild nach Pulver roch. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera)

[Ständchen] ... ließ das Klavier der Musikhochschule auf einen Maultierkarren schaffen, um Femina Daza eine Serenade vorzutragen, die Geschichte machte. Sie wachte bei den ersten Takten auf und mußte nicht durch die Spitzengardinen des Balkonfensters schauen, um zu wissen, wer diese außergewöhnliche Huldigung angeregt hatte. Sie bedauerte nur, nicht den Mut anderer verärgerter Jungfrauen zu haben, die den Nachttopf auf den Kopf des unerwünschten Verehrers geleert hatten. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 170)

[Verkorkst] Die beiden Schwestern waren trotz ihres natürlichen Charmes und ihrer Begabung zum Frohsinn nur noch Klosterfleisch. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 150)

[Verdrängung] Er war noch zu jung gewesen, um zu wissen, daß das Gedächtnis des Herzens die schlechten Erinnerungen ausmerzt und die guten erhöht und daß es uns dank diesem Kunststück gelingt, mit der Vergangenheit zu leben. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 148)

[Physis] Im Gegensatz zu dem, was seine Korpulenz vermuten ließ, hatte er das einer Rosenknospe gleichende Schwänzchen eines Cherubs. Doch mußte es sich um einen glücklichen Defekt handeln. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 91)

[Arzt] Den Platz gegenüber belegte Doktor Lacides Olivella, ein Mann in den Fünfzigern mit femininem Gebaren, der sich sehr gut gehalten hatte und dessen fröhliche Laune in keinerlei Beziehungen zu seinen treffsicheren Diagnosen stand. (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 53)

[Lebensstufen] ... an der Wegbiegung zum Alter ... (Gabriel Garcia Marquez: Liebe in den Zeiten der Cholera, S. 45)

[Einschätzung] "Wissen Sie, was Ihr Problem ist, Lehmann?" "Nein." "Ihr Problem ist, daß Sie immer nur bis zur nächsten Wand denken, Lehmann. Und dann glauben Sie noch, Sie hätten den Durchblick." (Sven Regener: Neue Vahr Süd, S. 334)

[Glauben] Die Menschen glauben große Wahrheiten eher in unwahrscheinlichen Gewändern. Bestünde Aussicht, daß ich die Mehrheit der Frauen für eine vorübergehende Verwandlung gewinnen könnte, falls ich mich ans Kreuz schlagen ließe, wäre mir vielleicht auch dieses Mittel recht. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 683)

[Damals] Zu der Zeit, als er heiratete, schafften sich die Frauen die Existenzprobleme vom Hals, indem sie heiraten. Ein Mann konnte sich die arthalber nicht vom Hals schaffen, er mußte sich stellen. Erfolgreich sein. Stark. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 571)

[Phantasie] "Phantasterei ist Flucht, ein Zeichen für Kapitulation. Ich sagte: "Im Gegenteil, sie ist ein Zeichen von Souveränität. Ja, von souveränem Wirtschaften mit den Gegenständen der Realität, wie Kinder es beispielsweise in ihren Zeichungen tun." (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 331)

[Empathie] Er war ein anempfindendes Wesen: eine Rarität unter Männern. Fähig, aus Sympathie krank zu werden. Wenn ich ihm mitteilte, daß mir mein Rücken weh tat, konnte ich erwarten, daß er bald auch in seinem Schmerz spürte. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 329)

[Einflüsse] Natürlich Tiefdruckwetter. Diese abenteuerhindernde Gräue. Schon normalerweise fiel es Valeska vor Wintersonnenwend schwer, hoffnungsverbrauchende Tätigkeiten zu beginnen. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 675)

[Ambiente] ein geschirrstarrend gedeckter Tisch. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 665)

[Weise] Salmans einfache Würde. Die Ruhe, der nicht Fatalismus zugrunde liegen konnte, aber Hingabefähigkeit dem Gang des Lebens gegenüber. Obgleich es immer schlecht ausgeht: mit Tod.

[Frauen] Die italienischen Sitten erlauben den weiblichen Menschen in den Erscheinungsformen Mädchen oder Mutter. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 524)

[Typen] ... in der Turnhalle probten die Volkstanzwachteln. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 455)

[Typen] Clemens las mit Farbstiften und Lineal. Valeska schlang. Er bevorzugte Bücher, die die Welt ordneten. Sie bevorzugte Bücher, die beschrieben, wie man Welt macht. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 337)

[Verwandtschaft] ... brachte das Gespräch wieder auf meine Großmutter. Obgleich ebenfalls ein Original, stand die bei der Verwandtschaft wegen ihres übersichtlicheren Verhaltens in höherem Ansehen. (Irmtraud Morgner: Trobadora Beatriz, S. 267)

[Nahrung] Die klebrige Mumie einer Banane... (Vladimir Nabokov: Durchsichtige Dinge)

[Entscheidung] Zwei Monate später fand im Speisesaal der ABF eins der üblichen Tanzvergnügen statt. Lutz tanzte nicht. Er tanzte nur mit Ziel. Wenn kein Ziel da war, tanzte er nicht. Er besah sich die Mädchen: schlafen oder nicht schlafen. Keine gefiel ihm. Also nicht schlafen. Also nicht tanzen. Also Schnaps. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 235)

[Lebensalter] Uwe war zwanzig, als er das Meer zum erstenmal sah. Mit zwanzig war das Meer unendlich. Mit dreißig hatte es Ufer. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 112)

[Gesten] Mr. Letterblair hatte seinen Federhalter an die große runzlige Nase gelegt und sah daran mit einem Ausdruck herab, wie ihn ältere tugendsame Herren annehmen, um Jüngeren dadurch zu verstehen zu geben, daß Tugend immerhin nicht gleichbedeutend mit Unkenntnis ist. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 438)

[Hoffnung] Seine wirtschaftliche Lage erschien wirklich um nichts glänzender als die Ned Winsetts; aber er hatte in einer Welt gelebt, in der, wie der sagte, niemand, der Ideen liebte, geistig zu hungern brauchte. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 263)

[Reisen] In Übereinstimmung mit der Familientradition war ihm Reisen stets nur ein Anschauen und Zuschauen gewesen, wobei der die Anwesenheit irgendwelcher Mitmenschen stolz zu übersehen pflegte. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 258)

[Automatisch] "Mein Gott", dachte er, "habe ich denn auch den Ring?", und wieder vollführte er die Zwangsbewegung jedes Bräutigams. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 244)

[Anbau] Im Garten, der das Einfamilienhaus umgab, hatte Onkel Kurt so viele Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäume gepflanzt, daß die Vertilgung der Ernten von Herbst bis Herbst schnell zur hauptsächlichen, schwer bewältigbaren Lebensaufgabe wurde. Tante Jenny nahm stopfende Präparate, um ihr annähernd gewachsen zu sein. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 78)

[Natur] Schwalben schnitten mit ihren Flügelmessern die duftende, tönende Luft dicht über den Gräsern. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 21)

[Natur] Die Sonne war der Gewalttätigkeit bereits abgeneigt, dem Horizont zu. (Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, S. 21)

[Saturiert?] "Der Unterschied besteht darin, daß diese jungen Leute es als selbstverständlich ansehen, daß sie alles bekommen, was sie sich wünschen; wir dagegen sahen es als selbstverständlich an, daß wir es nicht bekamen. Ob aber etwas, dessen man von vornherein schon so sicher ist, das Herz auch in so wilden Aufruhr bringen kann?" (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 19)

[Mimik] Er konnte sich vorstellen, wie sich die Festigkeit und Ruhe ihrer Gesichtszüge, die in lebenslanger Herrschaft über die kleinen Widerwärtigkeiten des Lebens den trügerischen Schein von Autorität angenommen hatten, plötzlich auflösen würden. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 193)

[Nörgler] "Komisch, diese Menschen, die immer an allem herumnörgeln müssen. Die Leute mit den schlechtesten Köchen behaupten immer, man vergifte sich, wenn man auswärts speist." (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 449)

[Gespräch] Archer zuckte im Geist die Achseln und lenkte das Gespräch zurück auf Bücher, wo Winsett zwar seine Launen, aber immerhin auch etwas zu sagen hatte. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 166)

[Auf halbem Wege] Auf ihrem Haar, das weiß zu werden versucht hatte, dem aber nur auszubleichen gelungen war... (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 208)

[Lebensalter] "Jetzt ist's zu spät; ihr Leben ist vorbei." Sie sagte das mit der kaltblütigen Gelassenheit alter Leute, wenn sie Erde auf das Grab junger Hoffnungen werfen. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 203)

[Nutzlos] Am nächsten Morgen suchte Archer in der Stadt vergeblich nach gelben Rosen. Infolgedessen kam er erst spät ins Büro, bemerkte, daß seine Abwesenheit niemandem auch nur im geringsten interessiert hatte, und war plötzlich voller Verzweiflung über die so komplizierte Nutzlosigkeit seines Daseins. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 167)

[Einsichten] So wenig anstrengend seine berufliche Pflichten auch waren, so würde doch die ganze Familie Mingott ihn für leichtfertig gehalten haben, wenn er mitten im Winter von Ferien gesprochen hätte, und er nahm Mays Abreise mit der Resignation hin, die, wie er fühlte, einer der Hauptfeiler seines Ehelebens sein werde. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 158)

[Umstände] Bisher hatte sie in einer von dramatischen Möglichkeiten so geladenen Atmosphäre gelebt, daß ihre Kraft, das Tragische anzuziehen, offenbar nicht bemerkt worden war. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 153)

[Kunst] ... wogegen Malte ausgemergelte Greise auf die Leinwand bannt, die so verzweifelt trübselig aussehen, daß dagegen die Bilder von Käthe Kollwitz wie Karnevalsdekorationen wirken. (Michael Schulte: Der Frühstücksdirektor, S. 30)

[Annäherung] Jacobowsky: "Ich sehe zwei Gegensätze, die ganz gut miteinander auskommen!" Der ewige Jude: "Oh, wir sind ein Herz und eine Seele! Lassen Sie Gegensätze nur alt genug werden, dann finden sie sich, wie die Parallelen im Unendlichen." (Franz Werfel: Jacobowsky und der Oberst, S. 103)

[Gewalten] Jacobowsky: "Ich sende ein Dankgebet zu Gott, weil ich soeben langsam erkenne, daß Sie kein deutscher Feldgendarm sind, sondern nur ein französischer..." Brigadier: "Stornieren Sie Ihr Dankgebet, Monsieur! Begegnungen mit der Gendamerie sind auch in Frankreich keine Lustbarkeit... Ausweis, bitte!" (Franz Werfel: Jacobowsky und der Oberst, S. 77)

[Unglück] "Man bekommt Routine im Fliehen und Verlieren. Merken Sie sich, Madame: kein Unglück ist in der Wirklichkeit so groß wie in unserer Angst: ausgenommen vielleicht Zahnschmerzen...." (Franz Werfel: Jacobowsky und der Oberst, S. 20)

[Irrtum] In Deutschland wuchs ich auf, von der festen Überzeugung gewiegt, ein kleiner strammer Deutscher zu sein. Dieser begreifliche Irrtum wurde leider viel zu spät aufgeklärt, und zwar durch Hitlers 'Braune Millionen'. (Franz Werfel: Jacobowsky und der Oberst, S. 19)

[Un/Eigennützig] Madame Bouffier: "Da sehen Sie's, meine Herrschaften, hab ich recht gehabt? Immer nur an anderen denken..." Jacobowsky irritiert unterbrechend: "Sie überschätzen mich, Madame Bouffier. Natürlich möchte ich, daß sich alle wohl fühlen, aber doch nur aus dem einzigen Grunde, damit ich mich selbst wohl fühlen kann." (Franz Werfel: Jacobowsky und der Oberst, S. 17)

[Verstehen] "Gott, wie romantisch!" platzte endlich Janey heraus. Niemand wußte recht, aus welchen Tiefen ihre fragmentarischen Kommentare jeweils kamen, und ihre Angehörigen hatten längst den Versuch aufgegeben, sie zu verstehen. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 120)

[Sprache] "Wenn das alles nur gut ausgeht!" sagte sie im Tonfall von jemandem, der vom Gegenteil überzeugt ist. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 120)

[Gesten] ... beugte sich herab, um ihr die Sorgenfalte wegzuküssen. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 121)

[Typen] Ein halbgelähmter, bleicher, hämischer Kerl - ein ziemlich stattlicher Kopf, aber die Augen mit zu vielen Wimpern. So einer, wißt ihr, der, wenn er nicht mit Frauen umginge, Porzellan sammelte. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld)

[Arbeitsplatz] Mehr und mehr wurde ihm bewußt, daß der Leiter der Firma Duff & Trotter einen jener Posten bekleidete, die man wohl unter dem Arbeitstitel "Ruhige Kugel" zusammenfassen könnte. (Pelham G. Wodehouse: Jetzt oder nie, S. 11)

[Boss] Joss musterte ihn kühl. Er hatte seinen Chef sehr, sehr gern, neigte jedoch zur Ansicht, daß es für diesen das allerbeste wäre, wenn man ihm ab und zu einen Tritt in die Weichteile versetzte. (Pelham G. Wodehouse: Jetzt oder nie, S. 21)

[Essen] Lord Holbeton tranchierte den Schinken mit der geschliffenen Eleganz, die seinem ganzen Tun eignete, und nun breitete sich Stille aus, die nur von einem krachenden und an einen Waldbrand erinnernden Geräusch zerrissen wurde, als Mr. Steptoe die Zähne in seinen Toast schlug. Dieser mit den Kieferknochen eines Gorillas gesegnete Mann vermochte selbst aus Kartoffelpüree einen beträchtlichen Lärmpegel herauszulocken, doch zu wahrer Meisterschaft lief er erst auf, wenn er Toast verspeiste. (Pelham G. Wodehouse: Jetzt oder nie, S. 11)

[Gehabe] Sie kennen die dumme, pompöse Art, die Männer annehmen, wenn sie geschäftsmäßig sein wollen. (W. Somerset Maugham: Vor der Party. Erzählungen, S. 125)

[Nur so] "Das ist keine Empfehlung. Eine wahre Geschichte ist nie so wahr wie eine erfundene." "Was soll das heißen?" "Nichts Besonderes", gab ich zu. "Es klingt bloß gut." (W. Somerset Maugham: Vor der Party. Erzählungen, S. 121)

[Dilettanten] Seit die Religion aus der Mode gekommen ist, wenden vornehme Damen, die in allzu schlechten Ruf geraten, ihr Interesse den schönen Künsten zu, und wenn ihnen die Angehörigen ihrer eigenen Klasse die kalte Schulter zeigen, steigen sie manchmal in die Gefilde der Dichter, Maler und Musiker hinab. (W. Somerset Maugham: Vor der Party. Erzählungen, S. 125)

[Zusammenhalt] Eine der Eigenschaften, die er bei den Mingotts am meisten bewunderte, war ihr entschlossenes Eintreten für die wenigen schwarzen Schafe in dieser sonst tadellosen Zucht. (Edith Wharton: Zeit der Unschuld, S. 19)

[Aussehen] Sie hatte prachtvolle Augen und eine Haut, die ich bei aller Mühe, einen weniger abgedroschenen Ausdruck dafür zu finden, nur als pfirsischartig bezeichnen kann. (W. Somerset Maugham: Vor der Party. Erzählungen, S. 16)

[Frühling] Für dieses weite Herz war der Frühling kaum zu ertragen. Er trieb nicht nur die Schöpfung zum Äußersten, nein, er blies auch mit würzigen Winden in unschuldige Nasenlöcher. (Knut Hamsun: Schwärmer; Vagabundentage, S. 19)

[Gründe] "Das ist vielleicht ein Schneesturm draußen! Sieben Hexen müssen sich aufgehängt haben." (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 237)

[Eigener Feind] Meine Faulheit, meine Leidenschaft und meine leeren Phantasien hatten mich in einen hypnotischen Gedächtnisschwund fallen lassen. Jetzt hörte ich die Stimme meiner Mutter sagen: 'Kein Feind kann einem Mann das antun, was er sich selbst antut.' (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 24)

[Tiere] Auf dem Deckel des Abfallkübels balancierte eine Katze. Sie richtete ihre stachelbeergrünen Augen auf mich und miaute. War sie hungrig? Verzeih mir, ich habe nichts für dich. Wende dich an den Bösewicht, der dich geschaffen hat. (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 50)

[Namen] "Wie heißen Sie eigentlich?" "Aaron Greidinger." "Aaron was? Das ist ein schwieriger Name. In Amerika haben wir keine Zeit für lange europäische Namen. Da ist Zeit Geld. Ein Russe kam mal zu uns ins Büro, und er hieß Sergei Ivanovic Metropolitanski. Schon vom Aussprechen eines solchen Namens konnte man Asthma bekommen. Wir nannten ihn Met, und so ist es geblieben. (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 24)

[Männer] Wie alle Schürzenjäger drängte es ihn, über seine Erfolge Bericht zu erstatten. (Isaac Bashevis Singer: Schoscha, S. 24)

[Alkohol] Benno, das Genie, verglühte vor ihren Augen wie eine Sternschnuppe, und die Freunde sahen das nicht nur mit Bedauern. Isidor betrachtete es geradeheraus als Rehabilitierung seiner eigenen Lebensform: Wenn sogar Künstler saufen, die ausschließlich aus eigener Vollmacht handeln, wer kann dann die Pfarrer anklagen, die unter so vielen Zwängen stehen? (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 340)

[Entschärft] Alle diese Stammtisch-Jäger waren inzwischen um die siebzig, hatten Prostata-Operationen hinter sich und waren daher nach den Worten der lebenserfahrenen Wirtin "entschärft". (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 24)

[Erweiternd] Um die bewußtseinserweiternde Wirkung des Alkohols, die mich, wie ich zufrieden feststelle, allmählich auf die Höhe Brunoischer Weltsicht gelangen läßt, noch zu heben, bestelle ich mir zwei weitere Schnäpse. (Monika Maron: Die Überläuferin, S. 113)

[Barriere] Nach den psychischen Wurzeln der Tics und Schrullen zu forschen, die der Graf sich eigens zugelegt hatte, um die Nacktheit seiner Seele zu schützen, hätte Bruno als anmaßend und indiskret empfunden... (Monika Maron: Die Überläuferin, S. 113)

[Feststellung] ... dachte sogar, daß man mit Menschen eigentlich gut auskommen könne, wenn man sie nicht braucht. (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 223)

[Konvultion] Er fühlte sich, als sei seine Seele auf einmal flüssig wie heiße Lava und schlüge in Wogen gegen die Mauern seines Verstandes. (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 174)

[Gebete] Sie haben gebetet, bis ihnen die Avemarias zu den Ohren rauskamen. (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 27)

[Kummer] Stettner erzählte vom tiefsten Kummer seines Lebens, daß nämlich Bach evangelisch gewesen war. (Petra Morsbach: Gottesdiener, S. 24)

[Namen] Sie hieß Barbara. Klang ihr Name nicht wie Arbeit? (Joseph Roth: Barbara)

[Namen] Straßen ergeht es mit ihren Namen ähnlich wie den Frauen, sie sind geborene, verheiratete, geschiedene, wieder geborene, je nachdem, welchen Männern oder Regierungen sie gerade angehörten. (Monika Maron: Die Überläuferin, S. 10)

[Aufgabe] Er absolviert ein Medizinstudium und beginnt, die Nachlässigkeiten des Herrgotts zu korrigieren. (Hanna Krall: Da ist kein Fluß mehr, S. 93)

[Erotik] Doch als ich im melancholischen Nachglühen auf dem Bauch lag, das Kinn auf den Händen, um die ganze Länge ihres kühlen, gänsehautbedeckten Schenkels an meinem spürte... (John Banville: Athena, S. 275)

[Low-Speed] Mein Gehirn hatte sich auf Unterwassergeschwindigkeit verlangsamt. (John Banville: Athena, S. 256)

[Unscheinbar] Mrs. Haddon war so blaß und unauffällig, als fehle ihr eine Dimension... (John Banville: Athena, S. 116)

[Sex] ... wie die rostigen Zahnräder meiner seit langem außer Betrieb gesetzten Libido quietschend in Bewegung kamen. (John Banville: Athena, S. 69)

[Personen] Ich bin mir noch immer nicht sicher, welche Tante Corkys Versionen ihres schillernden Lebens stimmte, falls überhaupt eine. Ihre Papiere, so habe ich herausgefunden, erzählen eine andere Geschichte, aber wie mir bekannt ist, können Papiere gefälscht werden. Sie log mit derartiger Naivität und ehrlicher Überzeugung, daß es sich eigentlich nicht um Lügen handelte, sondern um eine Art fortgesetzter Neuerfindung des Ichs. (John Banville: Athena, S. 35)

[Gestik] Dieser Gang: eine Art schleppender, wiegender Trott, so als gehöre er einer Spezies an, die erst kürzlich begonnen hatte, aufrecht zu gehen. (John Banville: Athena, S. 19)

[Maxime] Maxime, mein Maxime, hatte schon die Runde durch alle einsamen, wohlhabenden und mittelalten Frauen an der Riviera gemacht, jede nicht ganz so fröhliche Witwe und nicht ganz so lebenslustige Geschiedene, die allen Stolz verloren hatte - oder kurz davorstand -, den sie jemals gehabt hatte. Er wurde von einer zur anderen weitergereicht, wie eine Nagelpflegerin oder eine Wahrsagerin. Wenn ich Secondhand war, dann gehörte Maxime zu den Remittenden. (Thomas Glavinic: Das Leben der Wünsche, S. 145)

[Fies] Was ich allerdings nicht wissen konnte, war, wie schnell er zum Gegenangriff übergehen würde. Für manche Leute ist das Blut des Feindes wie ein feiner Qualitätswein. (Gilbert Adair: Mord auf ffolkes Manor, S. 122)

[Eigenschaft] ... Schwäche der Begüterten, die alles, was trivial ist, prunkvoll machen möchten. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 244)

[Selbstläufer] Nach und nach befreit er seine Bewegungen aus den Fesseln des Willens, verfällt in jene leichte Trance, die den Gesten die Vollkommenheit der mechanischen und unbewußten Verrichtungen verleiht, ohne Überlegung und ohne Berechnung. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 134)

[Status] Man muß seine Identität als Erwachsener ständig neu aufbauen, dieses wacklige und vergängliche und so zerbrechliche Gefüge, das die Verzweiflung umhüllt und das sich vor dem Spiegel die Lüge erzählt, an die man glauben will. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 98)

[Sprache] Ich stelle auch fest, daß Chabrot sich auf eine Art ausdrückt, für die ich eine Schwäche habe - könnten Sie die unliebsamen Besucher hinauskomplimentieren? -, und das verwirrt mich. Diese höfliche Altmodischkeit gefällt mir. Ich bin eine Sklavin der Grammatik, sage ich mir, ich hätte meine Katze Grevisse (frz. Standardwerk der Grammatik) nennen sollen. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 85)

[Nützt nichts] Meine Mutter, die den ganzen Balzac gelesen hat und Flaubert bei jedem Abendessen zitiert, demonstriert tagtäglich, wie sehr das angeeignete Wissen eine gewaltige Hochstapelei ist. (Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, S. 49)

[Gesetzesübertretung] Ich warf meine Zigarettenkippen unbekümmert auf den Boden, bis ich mit achtundvierzig Jahren dafür verhaftet wurde. Das war in Thailand, was es umso peinlicher macht. Sagt man jemandem, daß man in Bangkok von der Polizei aufgegriffen wurde, nimmt er vernünftigerweise an, man hätte Sex mit einer Achtjährigen gehabt, ihr anschließend das Fell abgezogen und sie über einem Kohlenfeuer gebraten, wobei der letzte Teil, das Kochen ohne Genehmigung, nach thailändischem Gesetz verboten ist. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 316)

[Umgangsformen] In Tokio machte ich einem westlichen Touristen einmal ein Kompliment, weil er so elegant auf dem Rücken durchs Wasser zog. "Als wären sie unter Ottern groß geworden", sagte ich. An der Art, wie er nickte und zur nächsten Bahn wechselte, war zu erkennen, daß ich eine elementare Grenze überschritten hatte. Das Gleiche gilt offenbar auch für die Umkleide. Jemand kann einen Blutegel auf dem Arsch haben, aber solange es kein sprechender ist und solange er einen nicht persönlich anspricht, hält man besser den Mund. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 312)

[Orte] Badezimmer, der Operationssaal der Heimchirurgie... (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 8)

[Mimik] Ich wartete und setzte währenddessen den zerstreuten, sanften Blick auf, den das Warten vor Türen stets verlangt... (John Banville: Athena, S. 16)

[Bewegung] ... einem anstürmenden Bus ausweichend, der mich zornig anmuhte... (John Banville: Athena, S. 15)

[Kleidung] Mein einziges teures Kleidungsstück ist ein marineblauer Kaschmirpullover. Er hat vierhundert Dollar gekostet und sieht aus, als hätte man ihn dem Maul eines Tigers entrissen. "Was für eine Schande", sagte die Frau in der Reinigung, als ich ihn zum ersten Mal dorthin brachte. Sie hatte den Pullover zu einem kleinen Päckchen zusammengefaltet und strich sanft mit der Hand darüber, als sei es ein frisch verstorbenes Kaninchen. "Wie weich er sich anfühlt", flüsterte sie. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 51)

[Schlechte Wahl] Dann hatte sie ihn mit einem gewissen Robby betrogen, ein Arschloch von der Uni in North Carolina, dessen Hauptfach es war, anderen Leuten das Leben zu verfuschen. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 43)

[Ausstrahlung] Wenn die Leute Hugh nach dem Weg zur nächsten Citibank fragen, wollen sie von mir wissen, wo es zur nächsten Blutbank geht. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 51)

[Aussehen] Der Typ, der hinterm Steuer saß, hatte kein Hemd an und sah aus, als dürfe er sich bald zum ersten Mal rasieren. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 25)

[Einschränkung] "Ich habe deinen Vater immer mit offenen Armen aufgenommen, auch wenn ich sagen muß, daß mich die ständigen Bulletins über den Zustand seiner Blase und seines Darms ziemlich nerven. (David Lodge: Wie bitte? S. 255)

[Übergewicht] Gaia ist verzweifelt wegen ein paar Kilo Fett (die sie für unnütz und schädlich hält), die sie loswerden möchte, wobei sie sich in Svevosche Verheißungen diätetischer Erlösung verstrickt und unvorstellbare Rationen von Massagen auf sich nimmt. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 270)

[Saisonal] Endspurt zu den Weihnachtsfestivitäten... (David Lodge: Wie bitte? S. 206)

[Mimik] ... vertraute Maske des Miesepeters... (David Lodge: Wie bitte? S. 207)

[Wirkungen] Dank des Tischgebets hatte das Essen noch weiter abkühlen können. (David Lodge: Wie bitte? S. 226)

[Anlaß] Der Vorfall versetzte mich in akute Weltuntergangsstimmung... (David Lodge: Wie bitte? S. 137)

[Mangel] Ich begriff, daß mir in den letzten Jahren die Befriedigung gefehlt hatte, Menschen zu beeindrucken, die geistig nicht so gut ausgestattet waren wie ich... (David Lodge: Wie bitte? S. 159)

[Peter] Peter kommt aus dem Arbeitermilieu, spricht mit hörbar regionalem Einschlag und benutzt hier und da Dialektwörter. Er hat an der damaligen Fachhochschule Rechnungswesen und Buchprüfung studiert und arbeitet in der Industrie, so daß er kulturell ein wenig unterernährt und von der Familie, in die er eingeheiratet hat, etwas eingeschüchtert ist. (David Lodge: Wie bitte? S. 103)

[Gedächtnis] "Sagen hilft in meinem Alter nichts, du mußt es mir schon schriftlich geben." (David Lodge: Wie bitte? S. 35)

[Gesellschaft] gesellschaftlich-kulturelles Karussell (David Lodge: Wie bitte? S. 35)

[Alter] Marshall McLuhan hat irgendwo gesagt (McLuhan - mein Gott, daran merkt man, wie alt ich bin!) (David Lodge: Wie bitte? S. 35)

[Ansicht] Es ist eine verbreitete Meinung, wer schön sei, könne das Leben nicht bis auf den Grund genießen. Als würde dieses Privileg eine Art Trägheit der Phantasie bewirken. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 278)

[Fremdblick] In Wirklichkeit hatte er wegen eines Mädchen noch bleiben wollen. Ich könnte nicht sagen, ob es eher ungewohnt oder beklemmend war, meinen Bruder verknallt zu sehen. Ist es nicht immer schrecklich, ein selbstbewußtes Individuum in den süßlichen Maschen der Verliebtheit verstrickt zu sehen? (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 109)

[Skepsis] ... während ich der Stewardess mein Ticket gebe und um mich blicke, um mich zu überzeugen, daß keiner meiner Reisegefährten das finstere Aussehen eines islamischen Attentäters hat. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 237)

[Orte] ... frigide Atmossphäre eines unglückseligen Provinzmuseums. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 143)

[Pubertät] Die Leute zeigen (vor allem wenn sie sechszehn Jahre alt sind) eine natürliche Nachsicht der Schönheit und eine chronische Reizbarkeit der intellektuellen Anstrengung gegenüber. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 195)

[Ansichtssache] Beruhigungsmittel der Statistik (...) (wie viele Flugzeuge auf der ganzen Welt stürzen täglich NICHT ab? (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 103)

[Ehe] ... frustrierende Ehegewohnheit à la Tolstoi. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 102)

[Stolz] Mein Vater erlebte jede technische Verbesserung als einen persönlichen Erfolg oder zumindest als den abermaligen Trumph der hochintelligenten Gattung, der anzugehören er die Ehre hatte. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 97)

[Lob] "Du bist jetzt schon ein Mann!", sagte mein Vater mit einer gewissen rabbinischen Ungenauigkeit zu der dreizehnjährigen Flasche seines jüngeren Sohnes. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 63)

[Jugend] In der Zwischenzeit habe ich das Alter erreicht, in dem man entsetzt die rasche Vermehrung von Freunden und Mitschülern erlebt, die nichts anderes können, als sich ihrer brillanten Masturbation-Happenings zu rühmen. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 62)

[Snob] Als Luca dreiundzwanzigjährig, von der Versprechung "das Geld liegt auf der Straße" geblendet, sein Ingenieurstudium aufgibt, gehört er zu jenen Sprößlingen des jüdischen Großbürgertums, die schon in Wut geraten, wenn sie morgens im Büro nicht eine frische Rose in der Kristallvase vorfinden. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 37)

[Typen] Es handelt sich um einen wunderbaren Fünfundsechzigjährigen, der nach Mottenkugeln und Jasmin duftet: ein gelenkiger langer Lulatsch, den man, würde man seine sprichwörtliche Züchtigkeit nicht kennen, für einen zerknirschten Schwulen halten könnte (eine zurückhaltende Homosexualität, die durch eine gereizte Misogynie zum Ausdruck kommt). (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 32)

[Zweischneidig] Es läßt sich mich einiger Sicherheit voraussagen, daß im Jahr 2025 Schußwaffen an Automaten auf der Straße zu bekommen sind, wohingegen das Rauchen in ganz Amerika verboten sein wird. (David Sedaris: Schöner wird's nicht, S. 210)

[Kommunikation] "Dann sag mir, woher weißt du so genau, daß er ihn essen wollte?" "Meinst du, er hat ihn zur Zierde gekauft?" (Man beachte, daß die Sonninos nach jüdischer Art der Frage den Vorzug gaben, im Gegensatz zur typisch christlichen der Behauptung.) (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 15)

[Erinnerung] ...holt er spontan aus dem Grundbuch der Erinnerung. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 11)

[Regeln] ... daß er die Maxime verraten hat, die im Guten wie im Schlechten über sein Leben entschied: 'Besser, man stinkt nach Scheiße als nach Armut!', so hatte er sich in den letzten fünfzig Jahren obsessiv jeden Tag vorgesagt. (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 11)

[Torschlußpanik] Bepy spürte mehrere Stunden, nachdem er die Diagnose eines Blasentumors kassiert hatte, es gab kein Entrinnen, da suchte er sich aus der unendlichen Zahl schauderhafter Fragen diese aus: 'Werde ich noch eine Frau ficken können oder war das schon alles?' (Alessandro Piperno: Mit bösen Absichten, S. 11)

[Party] Sie begleitete mich zu den akademischen Feiern und den Empfängen, auf denen schuppengeplagte Linguisten rohe Selleriestängel in Joghurtsauce dippten. (Gregor Hens: Himmelssturz, S. 22)

[Frauen] Daneben stand ich, gesalbt von ihrer Gegenwart. (Gregor Hens: Himmelssturz, S. 63)

[Damals] Die Frau, die niemals etwas sagte, eine typische Dulderin der Fünfziger. (Gregor Hens: Himmelssturz, S. 37)

[Eitelkeit] ... dachte ich an den Reiz, den die Gelegenheit zu einer Selbstinzenierung auf eine Persönlichkeit ausüben mußte, die so deutlich die Eitelkeit jener verriet, welche berechtigt sind, die Sakramente auszuteilen. Er verströmte die Autorität eines Mannes, der zur Rechten des Königs sitzt. (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 343)

[Scharf] Er wirkte auf dieselbe Art streng wie eine geschliffene Klinge: bedrohlich, wenn man sie nicht mit äußerster Vorsicht handhabt. (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 56)

[Stabil] Sie ist ehrgeiziger als all diese unsinkbaren Ich- schaff's-allein-Feministinnen zusammen... (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 302)

[Frauen] "Wenn du tot bist", sagt sie, "ist es dann von Bedeutung, ob du die richtige Frau geheiratet hast?" "Nein. Es ist nicht mal von Bedeutung, wenn man am Leben ist. Tanz weiter." (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 257)

[Langweilig] Bei ihr wird sogar Ehebruch langweilig. Sie ist die reinste Mutter Teresa der Schlafzimmer. (Philip Roth: Der menschliche Makel, S. 173)

[Dauer] Diese Zeit, die es braucht, diese Männer, die es braucht, bis man endlich weiß, was einem tiefinnerlich zusagt! Und dann entdeckt man, daß das, was einem behagt, nicht das ist, was erträglich ist im Leben. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 297)

[Zeit] Am nächsten Morgen läutet der Wecker um fünf. Das ist nicht die richtige Tageszeit für einen Gefühlsüberschwang. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 217)

[Seeleute] Für die meisten Seeleute bedeutet das Land gähnende Langeweile. Sie, die auf dem Meer an der Farbe des Wassers erkennen können, wo sie sind, weigern sich, in einem Garten eine Pfingstrose von einer Anemone zu unterscheiden. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 214)

[Anzeichen] Mein Herd, die Spaßbremse, sagt mir jeden Tag, daß ich nicht kochen kann, und bevor ich mich rechtfertigen kann, kommt meine Waage mir zu Hilfe und ruft aus dem Badezimmer: "Also irgendwas muß er schon hinbekommen - sein Gewicht sprengt fast die Anzeige." (David Sedaris: Schöner wird's nicht)

[Kategorien] ... als Montherlant die jungen Mädchen souverän in zwei Kategorien einteilte: Den hübschen sprach er jegliche Intelligenz ab, um sie besser verachten zu können, den intelligenten sprach er die Schönheit, weit weg von seinem ach so göttlichen Penis. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 239)

[Lebensalter] Sie kam bereits in die Jahre, in denen eine lange Reise nach einem Monat intensiver Arbeit in einem anstrengenden Klima einen nicht gerade schöner macht. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 168)

[Endlosurlaub] Maman siezt den Herrn Gemahl, auf dessen gelangweiltem Gesicht die ungezählten Urlaube mit seiner Ehefrau zu lesen sind, und jetzt nach der Pensionierung ist der Endlosurlaub angebrochen... (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 134)

[Natur] Die Sonne sank rasch am Horizont, und es kam der kurze Augenblick, wo seit urewigen Zeiten der Mensch einen Schauer in seinem Rücken fühlt, weil er ahnt, daß diese Alltäglichkeit ein Wunder ist. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 92)

[Igitt] Frederique und ich hatten den Tag in Dakar verbracht, "um Einkäufe zu machen" - eine Formulierung, bei der die Männer meist die Flucht ergreifen. (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 89)

[Beleidigungen] "Die für dich passende Umgebung nennt man psychiatrische Anstalt", sagte mein Vater. (David Sedaris: Schöner wird's nicht)

[Merkmale] Sein sonores Lachen entblößte jenen schräg abgebrochenen Schneidezahn, der so erfreulich wirkte wie beim Piraten die schwarze Augenbinde: Er machte ihn zum Haudegen... (Benoite Groult: Salz auf unserer Haut, S. 46)

[Wachstum] Ich war draußen im Garten und hab der einen oder anderen Feuerbohne mit Integrationsproblemen auf die Sprünge geholfen. Sie wachsen mit dem nötigen Dreh drin, aber am Anfang sind sie blind wie kleine Kätzchen und brachen in die falsche Richtung auf. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 254)

[Beeinflussungen] Weißt du noch, als man den Zusammenhang zwischen Depression und häuslichen Lichtverhältnissen entdeckt hat? Was du bei der Wattstärke zulegst, sparst du an den Psychiaterrechnungen! Warum sollte das bei der freien Natur nicht auch klappen? (Julian Barnes: Darüber reden, S. 231)

[Reibung] Warum zieht es die Zunge unausweichlich zu jedem dentalen Schlagloch hin, warum entschlüpft sie der Befehlsgewalt, sobald sie diese Unebenheit ausfindig macht, um sich daran zu reiben wie eine Kuh am Pfosten? Stuart war unsere Unebenheit, unsere jähe Kaverne. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 201)

[Tätigkeiten] Nach dem Kaffee tat ich mein Verlangen nach Morpheus' wolliger Armbeuge kund, und sie verzogen sich. Ich gab ihnen drei Minuten Vorsprung, dann ließ ich bogartesk meine Schrottmühle aufheulen. (In Wirklichkeit mußte ich meinen ungnädigen und hartleibigen Motorblock umschmeicheln und umkosen, bis er ein widerwilliges Fünkchen von sich gab. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 116)

[Im Alter] Mrs Dyer war winzig klein; der Kopf saß ihr auf dem Rückgrat wie eine Sonnenblume auf dem Stengel; und ihre Haare hatten die Albinophase hinter sich und wiesen nun die Farbe eines Gitane-gegerbten Zeigefingers auf. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 112)

[Ausdrücke] ... mich hat es megamordsverficktnochmal erwischt. Über kurz oder lang werd ich etwas in der Art sagen müssen. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 81)

[Frauen] Sie trug ein Leinenkostüm von der Farbe blasser Kressesuppe, und der Rock hörte über dem Knie auf. Leinen wird, wie wir alle wissen, ebenso leicht zerdrückt wie scheue Liebe; sie sah unzerdrückbar aus. Ihr Haar war nur auf einer Seite zurückgesteckt, und sie lächelte in die allgemeine Richtung der gesamten Menschheit. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 63)

[Schutzgeist] Da bin ich, ein vertrauensseliger Freigeist, der seine Wahl mit verbundenen Augen und einer Stecknadel trifft, ein sanfter Zirkusdirektor der friedlichen Künste, jemand, der intuitiv die Schwachen gegen die Starken in Schutz nimmt, den Wal gegen die gesamtnipponsche Fischreiflotte, das nasse Robbenbaby gegen den Schlächter im Holzfällerhemd, den Regenwald gegen das Achseldeodorant. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 206)

[Maximen] Wie englisch. Drängen Sie sich niemals in anderer Leute Frohsinn hinein, prosten Sie ihnen nicht durchs ganze Restaurant zu, tun Sie einfach so, als hätte da niemand geheiratet, es sei denn, sie machen zu viel Lärm, und dann können Sie sich beschweren...) (Julian Barnes: Darüber reden, S. 200)

[Rat] ... gut beraten wäre, umgehend eine Gummizelle anzumieten. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 184)

[Begrüßung] Ich wurde empfangen, als sei ich ein (...) eimerloser Autowäscher. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 111)

[Furcht] ... steht mir vor Angst das Cerebellum still. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 52)

[Gesten] Wir hatten beide Anoraks, aber Oliver wollte nie seine Kapuze überziehen, weil, er sagte, damit sehe er aus wie ein Mönch, und er wolle das Christentum nicht unterstützen. Von daher wurde er nasser als ich. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 38)

[Funktion] ... die wichtigste 'raison d'etre' von Nahrungsmitteln sei die, das scheußliche Muster des darunterliegenden Tellers vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 34)

[Stoffe] Eins der wichtigstens Pheromone, oder Sexausdünstungen, des Menschen heißt Isobutyraldehyd, und es liegt in der mächtig pulsierenden Kohlenstoffkette unmittelbar neben dem Geruch von - Bohnenschößlingen! (Julian Barnes: Darüber reden, S. 34)

[Geschenkt] Ich hätte nie gedacht, daß Bailey mal das ganze Südostasiengeschäft unter sich haben würde, sagt man sich. Ich weiß noch, wie er gefragt wurde, was das wichtigste Anbauprodukt von Thailand sei, und er hat geantwortet Transistorradios. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 23)

[Typen] Dieser absolute Neandertaler von Bankzweigstellenleiter, den ich am Ende meines ersten Uni-Semester aufsuchte. Einer von der Sorte, der eine Erektion kriegt, wenn er hört, daß der Diskontsatz ein zehntel Prozent gestiegen ist. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 21)

[Blumen] "Ich glaube, ich nehme die da", deutete Thomas auf einen zu seinen Füßen stehenden Bottich, "die großen Gänseblümchen." "Das sind Margeriten", erklärte die Verkäuferin. "Spricht was dagegen?" Es erschien ihm wie eine Ironie des Schicksals, daß er nach all den Jahren ausgerechnet Blumen kaufte, die selbstgepflückter aussahen als alles, was er seinerzeit im Botanischen Garten geklaut hatte. (John von Düffel: Houwelandt, S. 227)

[Musik] Stuart, da sollte ich dich gleich vorwarnen, ist so ein Mensch, für den Mozarts KV 467 das Elvira-Madigan- Konzert ist. Bei klassischer Musik hat er es am liebsten, wenn er ein paar Streicher hört, die Vögel nachahmen, oder Uhren, oder eine kleine Tschufftschuff- Eisenbahn, die den Berg hoch fährt. Ist das nicht goldig stillos? (Julian Barnes: Darüber reden, S. 30)

[Unpraktisch] Ich bin nicht so clever wie Oliver. In der Schule bekam ich manchmal bessere Noten als er, aber das war dann, wenn er keine Lust hatte, sich anszustrengen. Ich war besser in Mathematik und Naturwissenschaften und in praktischen Dingen - ihm brauchte man im Metallwerkraum nur eine Drehbank zu zeigen, dann legte er schon einen Ohnmachtsanfall hin. (Julian Barnes: Darüber reden, S. 13)

[Kirre] Viel zu lange hatte er schon in diesem Zustand der Familienbenommenheit vor sich hin gedämmert. (John von Düffel: Houwelandt, S. 259)

[Erziehung] Thomas hielt sich selbst für keinen sonderlich guten Vater. Wenn Kinder - wie Beate ihm ständig vorgehalten hatte - vor allem Ordnung und Verläßlichkeit brauchten, dann war er der falsche Mann, obwohl er nicht einsah, wie eine von Stabilität geprägte Erziehung die Kinder aufs wirkliche Leben vorbereiten sollte, das nach seinen einschlägigen Erfahrungen höchst instabil war. (John von Düffel: Houwelandt, S. 107)


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