Anathema - BücherflücheDefinition und EinordnungBücherflüche oder Anathema (griech.). Durch eine Inschrift wird der evtl. Dieb eines Buches von vornherein verflucht und mit allen möglichen Strafen bedroht. Eine schon in vorchristlicher Zeit geübte Sitte, insbesondere bei Bibliotheksbeständen. Im Prinzip auch als frühes Urheberrecht verwendet, um Enstellungen und Verschandelungen vorzubeugen. Solomon FalschIhm, der da stiehlet eyn Buch aus dieser Bibliothek, möge es werden eyn Feuerzeychen in seyner Hannd, auf dasz sie bedecket sey mit Blattern und Blasen. Geschlagen sey er mit schwitzender Schwaere unnd verdorren moege seyn Gemaecht. Lasz ihn darben in unbeschreiblichem Schmerz, vergeblich rufe er umb Gnaden und von Elend fliesze über seyn Kelch. Kein Ende sey seyner Qual bis zur letzten Stunde der Verwesung. Diweylen aber moegen Buecherwuermer seyn zuckend Gedärm benagen mit scharfen Zähnden ohn Unterlasz, eyn Zeychen des Gewürmbes, des uns verdarb Eden und das unsterblich herrschet über die Suendiger. Und gehet der Dieb endtlich zu seyner letzten Statt, zu empfangen die Straffe im Thale Scheol, so moegen ihn heymsuchen ohn Gnad die Flammen von Gehenna und ihn verzehren auf immer und ewiglich. (Solomon Falsch, 1760) Assurer BibliotheksinschriftWer diese Tafel bricht oder sie ins Wasser legt oder auf ihr herumschabt, bis man sie nicht mehr entziffern kann, den mögen die Götter des Himmels und der Erde mit einem Fluch strafen, der nicht mehr getilgt werden kann, schrecklich und gnadenlos, solange er lebt, und seine Nachkommen sollen vom Land hinweggefegt, und sein Fleisch soll den Hunden zum Fraß vorgeworfen werden! [Bibliotheksinschrift, Assur um 1100 v. Chr.] Barceloneser BibliotheksinschriftWer Bücher stiehlt oder ausgeliehene Bücher zurückbehält, in dessen Hand soll sich das Buch in eine reissende Schlange verwandeln. Der Schlagfluss soll ihn treffen und all seine Glieder lähmen. Laut schreiend soll er um Gnade winseln, und seine Qualen sollen nicht gelindert werden, bis er in Verwesung übergeht. Bücherwürmer sollen in seinen Eingeweiden nagen wie der Totenwurm, der niemals stirbt. Und wenn er die letzte Strafe antritt, soll ihn das Höllenfeuer verzehren auf immer. (Inschrift in der Bibliothek des Klosters San Pedro in Barcelona) Sachsenspiegel
Große Angst überfällt mich, denn Schützen Bücherflüche?Bücher werden gestohlen, seit es sie gibt. Die Bibliothekare des Mittelalters verließen sich nicht nur darauf, ihre Bücher anzuketten, sie versahen sie auch mit schrecklichen Flüchen. In der Bibliothek des Klosters von San Pedro in Barcelona steht beispielsweise zu lesen: "Wer stiehlt, oder borgt und nicht zurückgibt... dem möge das Buch in seiner Hand zur Schlange werden und ihn angreifen. Er soll mit Schlagfluss behaftet sein und seine Glieder seien zermalmt. Er soll Schmerzen leiden und um Vergebung schreien, und seine Qualen sollen kein Ende haben, bis er gesteht. Mögen Bücherwürmer seine Eingeweide essen und wenn er endlich zu seiner letzten Strafe geht, mögen die Flammen der Hölle ihn auf ewig verschlingen." Anonymer Bücherfluch
So Du vom Nächsten dir eyn Buch borgst auß
Scheffels "Ekkehard"Er wandte sich zur Bibliothek, den Virgil auszulesen. Wie er droben stand im hochgewölbten Saal, einsam unter den schweigenden Pergamenten, da kam ein Gefühl der Wehmut über ihn; auch das Leblose stellt sich bei Abschied und Wiedersehen vor den Menschen, als trüg's eine Seele in sich und nähme Anteil an dem, was ihn bewegt. Die Bücher waren seine besten Freunde. Er kannte sie alle und wußte, wer sie geschrieben; – manche der Schriftzüge erinnerten an einen vom Tode schon entführten Gefährten... Was wird das neue Leben bescheren, das von morgen für mich anhebt? Eine Träne stand ihm im Auge. Jetzt fiel sein Blick auf das kleine in metallene Decke gebundene Glossarium, in dem einst der heilige Gallus, der am Bodensee üblichen Landessprache unkundig, sich vom Pfarrherrn zu Arbon die notwendigsten Worte hatte verdeutschen lassen.5) Da gedachte Ekkehard, wie des Klosters Stifter mit so wenig Ausrüstung und Hilfe dereinst ausgezogen, ein fremder Mann unter die Heiden, und wie sein Gott und sein unverzagt Herz in Not und Fährlichkeit ihn immerdar frisch gehalten... sein Mut stärkte sich, er küßte das Büchlein, nahm den Virgil aus dem Schrein und wandte sich, zu gehen. "Wer dies Buch wegträgt, den sollen tausend Peitschenhiebe treffen und Lähmung und Aussatz dazu!" stand auf dem ersten Blatte. Er schnitt's weg. Noch einmal schaute er um, als wollten ihm von Brett und Kasten die Bücher einen Gruß zuwinken. Da hub sich ein Knistern an der Wand, der große Bauriß, den der Architekt Gehrung einst auf drei Schuh langer Tierhaut zu des Abts Hartmuth neuem Klosterbau angefertigt hatte, löste sich von dem festhaltenden Nagel und stürzte nieder, daß eine Staubwolke daraus emporstieg. Ekkehard machte sich keine Gedanken drüber. (Joseph Victor von Scheffel Ekkehard. 5. Kapitel. Ekkehards Auszug) Rohe GewaltDer gühende Haß gegen Bücherdiebe überlebte die Jahrhunderte; auch heute noch verfolgen, wenn auch in rudimentärer Form, Verwünschungen den langfingrigen Bibliophilen. Anstelle der Eintragungen ins Buch trat das Exlibis. Dieser Brauch ist besonders unter der Studentenschaft gewisser Länder im Schwunge. Immer wieder kommt die Darstellung eines Erhängten als Symbol vor. Diese zarte Anspielung bedarf keiner Erläuterung. In Frankreich ist es die Figur Pierrots, die am Galgen hängt, und der darunter stehende Text ist, uralter Studentensitte gemäß, eine marrokanische Dichtung. Am gebräuchlichsten ist das Verslein:
Hier hängt Pierrot am Pfahl, Ein Beispiel für die praktischere Lebenseinstellung der amerikanischen Studenten ist das Verslein:
This book is one, my fist is another. Bibliografische Quellen
Internetquellen und Ressourcen
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