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[Wortperlen] "Dedeär" (= DDR) [Per Leo: Flut und Boden].

[Wortperlen] "Nachkriegsschwermut" (Per Leo: Flut und Boden).

[Dichter] Die Nazis gaben ja auch vor, Hölderlin zu lieben, obwohl es keiner großen Phantasie bedarf, ihn beim Anhören einer Hitlerrede tot umfallen zu sehen. (Per Leo: Flut und Boden)

[Größe] Der Anblick von Frau Sandmann war ein Schock. Nicht nur überragte sie meinen Vater um einen ganzen Kopf, der Kussmund mit Zigarette, den sie als Brosche trug, verwies auch auf Dimensionen der Existenz, von denen sein Strickschlips wohl nicht mal zu träumen wagte. (Per Leo: Flut und Boden)

[Weihnachten] Angeblich zerfällt die Weihnachtszeit in drei Phasen ansteigenden Übels: zunehmenden Stress vor dem Fest, zunehmende häusliche Gewalt während des Festes, zunehmende Scheidungsrate nach dem Fest. Dazu kann ich nur sagen, dass bei uns Weihnachten nicht gestritten wurde. Dass meine Eltern sich im September scheiden ließen. (Per Leo: Flut und Boden)

[Irrtum] Johann, "der süße kleine Jan", der im Herbst 1913 letztgeborene seiner Söhne, hatte sich schon bei der Taufe ein für alle Mal vergriffen, als er als einziger der vier Brüder nicht nach rechts fasste, zum über die Wiege gehaltenen Säbel, sondern nach links zur Bibel. (Per Leo: Flut und Boden)

[Autorität] Es lag eine Erinnerung an Macht über ihm, eine verblasste Aura von Autorität. (...) Trotzdem verstummte alles Geschwätz, sobald er den Raum betrat, und alle Schwätzer gravitierten ergeben auf die fast unbewegliche Masse seines Körpers hin. Man sprach nicht mit ihm, sondern zu ihm. (Per Leo: Flut und Boden)

[Tod] Den Wintergarten verließ er nur noch zum Schlafen und Essen. (...) Bald darauf kam ein Zivi. Dann internierte ihn der Tod. (Per Leo: Flut und Boden)

[Alter] Wie viele Männer seines Alters existierte er im Ruhestand wie ein Findling nach der Eiszeit. (Per Leo: Flut und Boden)

[Sport] Ja, wir haben leider Gottes in Deutschland heutzutage auch eine große Menge solcher Herrchen, die es unter ihrer Würde halten, sich überhaupt nach kräftiger, gesunder Jungen Art auszutoben, die sich höchstens einmal zu einem philisterhaften Bummel versteigen. (Per Leo: Flut und Boden)

[Geschichte] Das - vom Vater mit fast liturgischem Bedacht ausgesprochene - Jahr "1813"... (Per Leo: Flut und Boden)

[Geräusche] ...dem röchelnden Punsch auf dem Stövchen lauschen. (Per Leo: Flut und Boden)

[Schicksal] Die Zeichen des Lebens sind stärker. Als wolle die Vorsehung noch ein letztes Mal alle Zweifel an ihrer Güte ausräumen... (Per Leo: Flut und Boden)

[Bauen] So wurde C. Architekt. Seiner künstlerischen Neigung kam das sicher entgegen, obwohl es rückblickend auch ein paar Platten weniger hätten sein dürfen. (Per Leo: Flut und Boden)

[Rituale] Schon am Morgen hat der Großvater eine Zigarre gedrittelt. Mit einer Laubsäge, denn Tabak ist Laub. (Per Leo: Flut und Boden)

[Wortperlen] "Frischluftjubel" (Per Leo: Flut und Boden)

[Geschichte] Anscheinend befand sich der allgemeine Geschichtssinn meines Vaters nicht, wie bei den Berufshistorikern, im Hippocampus, sondern etwas weiter hinten, im exklamatorischen Sprachzentrum. Was seinen Unterweisungen eine leicht hysterische Note verlieh: Athen - Wiege des Abendlandes! 1789 - Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Auschwitz - was Menschen Menschen antun können! (Per Leo: Flut und Boden)

[Psychische Hilfe] "Was ist mit Ihnen?", fragte sie irgendwann. "Na ja, ich fühle mich irgendwie so leer", sagte ich schließlich verzagt, fast abwiegelnd, "orientierungslos. Ich weiß nichts mit mir anzufangen." "Das Übliche also." Wie bitte? Keine zwei Minuten in professionellen Händen und schon die Gewissheit, dass es doch noch schlimmer ging. (Per Leo: Flut und Boden)

[Feste] Die Großeltern luden nicht zum Fest, sie gaben ihrer Sippe ein Datum bekannt. Absagen war keine Option. Das hatte meine Mutter erfahren müssen, als sie nach unserem Umzug in den Süden eine Anreise von 800 Kilometern als unzumutbare Härte darzustellen versuchte. (Per Leo: Flut und Boden)

[Schüchtern] Ditzsche wirkte, außer beim Tanzen, permanent beschämt. Einen Dauerbeschämten hältst du nicht aus. Sobald die Musik aus war, sah Ditzsche zu Boden. Wusste nicht, wohin mit den Ellenbogen und Schultern, stellte keiner Frau je eine Frage. Und das geht nicht, Frauen musst du Fragen stellen. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Vorstellung] Aber mal unter uns: Hast du dir noch nie vorgestellt, bei einem Spaziergang zum Beispiel, nachdem der Briefträger gerade in einem Hauseingang verschwunden ist, wie das wäre, aus dem gelben Kasten am gelben Fahrrad eine Handvoll weißer Briefe rauszuholen oder gleich aufzusteigen und wegzuradeln und den Tag mit dem Leben und den Rechnungen anderer Leute zu verbringen? (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Schönheit] Schön wie alle konzentrierten Menschen schön sind. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Geräte] Herr Schramm (...) fährt den Feldhäcksler Mammut 6800 durch das mehrheitlich schlafende Dorf, und er fährt siebzig, und der Feldhäcksler Mammut 6800 ist nicht das leiseste Gerät. Der Feldhäcksler Mammut 6800 hat 350 PS und die, findet Herr Schramm, sind vollkommen ausreichend, um alle Fragen zu beantworten, die einem Feldhäcksler im Laufe seines Lebens gestellt werden.

[Natur] Ein Kirschbaum garnierte den Innenhof. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Unbehaust] ...wenn dir also das Leben so richtig in den Hintern tritt, dass du aufs Gesicht fliegst und obendrauf gibt's noch Diabetes... (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Krieg] ... die Männer an Kriege verloren. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Nacht] In den Straßen, der Himmelsbaum der Sterne, behangen mit feuchter nachtblauer Frucht. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Frauen] Herr Schramm hat Familie. Aber wie das so ist. Und Frauen? Im Sommer hat er die Frauen ein letztes Mal abgewogen, pro und kontra. Hat sich umgesehen. Aber in seinem Alter und mit seiner Geschichte. Und bei uns, wo kaum einer sagt, was er fühlt. Schwierig. Witwen höchstens. Aber die Witwen macht die Einsamkeit im Alter gläubig. Schwierig. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Freitod] "Hast du den Ausweis mit?" "Wozu denn?" "Ich hab meinen nicht dabei. Keinen Führerschein, gar nichts. Du könntest mir Zigaretten besorgen. Wenn nicht, könntest du den Ausweis holen und dann Zigaretten besorgen." "Warum holen Sie nicht Ihren?" "Das schaff ich vor dem Selbstmord zeitlich nicht mehr." (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Physis] Herr Schramm sieht aus wie jemand, der mit seinem Körper nicht mehr viel vorhat. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[DDR] Solang noch ein DDR-Fön irgendwo Haare trocken kriegt, ist die DDR nicht tot. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Gefühlslagen] ... charmant aufgeregt, wie Melancholiker sind, wenn sie etwas gut finden. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Mutter] Mu ist aufgestanden und hat Rote Beete mit Spiegeleiern zum Frühstück gemacht, da war schon klar, dass es ihr besser geht. (...) Nach einer Stunde läuft sie auf die Straße, kurvt zur Promenade, immer schneller, Sebastian Vettel in dick, läuft auf den Steg beim Fährhaus, klatscht den Fährmann ab und springt in den See rein, eine Arschbombe, die Landschaften formt. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Vorlesen] Mu hat zum Beispiel herausgefunden, dass Fürstenfelde mal eine Stadt war, das Stadtrecht aber versoffen wurde, und jetzt ist Fürstenfelde ein Dorf. Sie kennt auch alle Märchen von hier. Besser man fragt sie nicht: Sie erzählt die nach, dass du Angst kriegst: verstellte Stimme, Körpereinsatz, so was. Die Kids lieben das oder rennen weg. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Nonsens] Die neueste CD von unserem Feuerwehrchor, Schall und Rauch, "We didn't start the fire" kostet 7,89 Euro. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Ursprung] Zum Fest hat sich ein Rentner aus Kalifornien angekündigt, der auf seinem Stammbaum herumklettern möchte. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Herkunft] Geburt ist unser erstes Glückslos. Meines war eine Niete. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Karriere] "Wie alt sind Sie, zwanzig?" "Vierundvierzig." "Und immer noch lokale Redaktion, ja?" (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Natur] Erst im Menschen schlägt die Natur die Augen auf und nimmt von sich Notiz. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Wetter] Zaghafte Jahreszeiten: läge kein Schnee ab und zu, vermutete man immer den kalten Frühling. Alle Blüten farblos, ja nicht auffallen. Keine Hummel hat auf so was Lust. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Ring] "tief eingefleischter Ehering" (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Verheißungsvoll] Die Stichworte "provozieren", "das Sagen haben" und "Gesicht einschlagen" klangen, so aneinandergereiht, sehr vielversprechend. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Feiern] "Eine Schlägerei macht kein Fest besser, es sei denn, sie rettet es. Auch stimmt es nicht, dass früher besser gefeiert wurde. Die Zeiten waren bloß noch mieser. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Glocken] Drei Glocken nutzen wir. (...) Sind noch jung, zwei schlanke, verspielte Burschen, (...). 1926 gegossen als Ersatz für zwei bronzene Glocken, die zehn Jahre zuvor in den Krieg ziehen mussten. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Gut] Johann fand Kirchenglocken schon als Fötus gut. Wenn die geläutet haben, sagt Mu, hat er gekickt. So was ist halt in dir drin. Bei anderen sind es Regionalzüge oder Hände (bei Massenmördern). (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[90er] Mu sagt, die Neunziger waren kriminell, was Architektur und Musik angeht, man sollte die alle nachträglich einsperren, außer Nirvana. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Jungfrau] (Klassenfahrt letztes Jahr, trotzdem noch Jungfrau). (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Gäste] Gastfreundschaft hätte er mal besser, mal schlechter gekonnt, je nach Gast. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Tod] Gölow geht hin und kauft ihm einen Sarg. Er kauft ausdrücklich einen bequemen Sarg. Er recherchiert im Internet zwei Nächte lang, Barbara wird ungeduldig: Warum bequem, was macht das noch für einen Unterschied? Gölow sagt, der Fährmann hatte einen kaputten Rücken. Das seien so Bewegungen beim Rudern, beim Seilanziehen, ganz egal, ob du die jahrelang richtig oder falsch ausgeführt hast, am Ende brauchst du einen bequemen Sarg. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Herbst] Den Äckern pflücken die Raben die Wintersaat aus dem Leib. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Enttäuschung] In deutschen Haushalten finden sich im Schnitt mehr Bakterien auf der Fernbedienung als auf der Klobrille. Herr Schramm denkt über "im Schnitt" nach. Es geht um die Relation. Klobrillen sind größer als Fernbedienungen. In seinem eigenen Haushalt, denkt Herr Schramm, finden sich im Schnitt mehr Enttäuschungen über ihn selbst als über die Welt. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Alkohol] Imboden ist sonst ein stiller, aber heftiger Trinker. Vor drei Jahren starb seine Frau, da hat er überhaupt erst angefangen. Ulli sagt, der muss jetzt die ganzen nüchternen Jahre aufholen. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Zeit] Im Kiecker, dem alten Wald, meißelt der Specht die Millisekunden unserer Sterblichkeit ab. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Passend] Bist du stumm geboren, bist du fürs Angeln irgendwie auch prädestiniert. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Widerspruch] Der Fährmann ist tot, und die anderen Toten wundern sich, was soll ein Fährmann unter der Erde? Er hätte ordentlich im See bleiben sollen und gut. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Wenig Worte] Große Männer, blond und wortkarg, Verben nur im Imperativ. (Sasa Stanisic: Vor dem Fest)

[Wald] Ich war nie bei den Pfadfindern gewesen, lehnte zu Lebzeiten jeden Weg ab, der nicht asphaltiert und mit mindestens fünfzig Sachen befahrbar war. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Pfarrer] "Asche zu Asche, Staub zu Staub", sabbelte der schwarze Kleiderständer mit der Häkeldecke über der Kutte, und warf ein Schäufelchen Erde auf den Sarg. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Orientierung] Wenn irgendwo mehr als zehn Bäume zusammenstehen, ist mein Orientierungssinn überfordert. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Vegetarier] Martin nannte einen vietnamesischen Imbiss, in dem er gern Zeug futterte, mit dem ich nicht mal mein Kaninchen foltern würde... (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Los gehts] Birgit kam in die Küche getaumelt. Sie war weiß wie die Wand, hatte Schweißtröpfchen auf der Stirn und hielt sich den Bauch, als würde er ihr sonst auf die Füße platschen. "Ich glaub, es geht los." (...) Auf der Station wurde Birgit dann gleich von der schon kindgeil grinsenden Hebamme in das Gebärzimmer Nummer drei geschleust. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Sprechen] Ihre Stimme war so kalt, dass ich die Eiszapfen an ihren Stimmbändern klirren hörte. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Sprachen] ... telefonierte auf Russisch. Oder einer dieser Pelzmützensprachen, die für mich alle gleich klangen. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Haare] ...da die Augenbrauen des Wirts bei anderen Zeitgenossen für eine ganze Frisur gereicht hätten. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Basteln] Eine Girlande mit dem Schriftzug "Herzlich Willkommen" war in der Eingangshalle aufgehängt worden. Die Buchstaben sahen aus, als hätte die Handarbeitsgruppe der Kriegsblinden sie gebastelt. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Umwelt] Die Feinstaubwolke, die die Karre ausstieß, als sie angelassen wurde, würde am nächsten Tag für fragende Gesichter im Bundesumweltamt sorgen. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Formen] Die Tussi vom Typ Büffelhüfte... (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Ermittlungen] Es hatte also einen weiteren Verdächtigen gegeben, der aus reichlich zweifelhaften Gründen von Platz eins der Verdächtigen-Charts verschwunden war. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Öko] ... Klamotten von Naturmode-Labels, deren Baumwolle so völlig pestizidfrei und kompostierbar war, dass man sie vermutlich auch hätte essen können. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Wortperlen] "Milchzahnterrorist" (= Kleinkind) (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Gefängnis] ... lebenslange Karriere im Cafe Viereck. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Stau] ...Martin, der vermutlich noch freundlich und verbindlich bleibt, wenn ihn jemand auffordert, die Brieftasche rauszurücken und dann von der Brücke auf die A1 zu springen. Was übrigens nicht so gefährlich wäre, wie es sich anhört, weil auf dem Kölner Ring immer Stau ist. Überfahren wird man also nicht, höchstens landet man auf einem stehenden Fahrzeugdach und bricht sich ein Bein. (Jutta Profijt: Knast oder Kühlfach)

[Bezeichnungen] Er war kein Ermittler, nur ein kleiner Polizeiobermeister des alleruntersten Dienstes, der höflicherweise mittlerer Dienst genannt wurde. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Tod] "Wenn die unseren Viersternefriedhof gesehen hätten! Da hätte sich mancher ein kleines 2-mal-3-Meter-Stückerl Land für den erweiterten Ruhestand gekauft." (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Dringlich] Der "Schmied von Kochel", das war die Chiffre für allerdringendste Fälle von GiV, also Gefahr in Verzug: Bürgerkrieg bricht aus, Meteor rast auf die Erde zu, Bierpreiserhöhung. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Anrufbeantworter] Hier ist der Anrufbeantworter der Familie Gudrian. Lieber Dieb! Wir sind zwar momentan außer Haus, ein Einbruch lohnt sich jedoch in keinem Fall. Liebes Marktforschungsinstitut! Wir sind nie zu Hause - wir sind ausgewandert und kommen auch nie mehr zurück. Lieber Freund! Sprich was drauf. Nach dem Piepston. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Künstler] Der Hobbyzauberer war der Mittelpunkt vieler Feten, Retter manch langweiliger Hochzeitsfeiern und Harmonizer verlogener Beerdigungen. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Bebauung] Der Name Bergpanorama entsprach allerdings nicht mehr ganz den Tatsachen, rundherum war im Lauf der Zeit ein Wildwuchs von mörderschicken Seniorenresidenzen, Wellnessoasen und Zweitwohnungsbunkern entstanden. Die Architekten hatten den Blick auf den Berg schwer verwellnesst. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Dringlichkeit] Kriminalhauptkommissar Hubertus Jennerwein hatte heute Bereitschaftsdienst. Bereitschaftsdienst war praktisch gleichbedeutend mit: freier Tag. Nur im äußersten Notfall, zum Beispiel wenn sich die Sonne zu einem roten Riesen ausdehnte und die Bayrische Polizei über geeignete Gegenmaßnahmen beraten müsste, dann würde auch der Bereitschaftsdienst hinzugezogen werden. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Mond] Im Westen hing eine verhungerte Mondsichel, machtlos gegen die unermessliche Dunkelheit. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Männer] Einen Großteil der Zeit, die ein Mann fern von den Frauen seiner Familie verbrachte, verging mit dem Erfinden von Ausflüchten, wie er sie verbracht hatte. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Befindlichkeit] Er war in jenem Zustand strahlender Verzückung, wo kein äußeres Detail zu unbedeutend ist, um in das Muster des eigenen Glücks eingewoben zu werden. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Selbstwert] Sie wusste nun, dass Tarrant den Mythos von der intellektuellen Einsamkeit für sein Selbstgefühl brauchte. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Hilfe] Wenn Mrs Spear so unvermittelt aus dem Meer ihrer Bedrängnisse auftauchte, sah ihr noch immer hübsches Gesicht fast wie ertrunken aus, und dann hatte Halo das Gefühl, sie müsse sie künstlich beatmen und andere Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreifen. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Ehe] Mr Spear, der "eingeheiratet" hatte und immer noch sanft vom Widerschein dieser Ehre erglühte. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Typen] Sie war klein und dünn wie Mrs Weston, verfügte aber nicht über deren scharfe Kontur und durchdringendes Wesen. Mrs Tracy hatte etwas Schwankendes, Verschattetes wie ihr verdunkelter Vorgarten, besaß aber eine geisterhafte Anmut, als erblicke man sie durch einen Schleier, weniger durch den Schleier der Jahre als durch den des Scheiterns. Anders als Großmama Scrimser stand sie ihrer Schönheit nicht gleichgültig gegenüber, sondern resigniert, wie ihrem ganzen Leben, vermutete Vance. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Typen] Schiri war natürlich Bastian Eidenschink (persönliches Profil: ehemaliger Klassensprecher). Niemand hatte ihn je Volleyball spielen sehen. Es gibt so Typen, die immer nur Schiedsrichter sind. Beruflich werden sie Mediatoren, Tierpsychologen oder Blechschadenschätzer für Versicherungen. Angefangen haben sie als Klassensprecher. (Jörg Maurer: Felsenfest)

[PC] Heute spielten die Mac-User (Profil: stylisch, smart, designorientiert) gegen die PCler (Profil: übelst mainstreamig, old-fashioned, Tag und Nacht am Neustarten). (Jörg Maurer: Felsenfest)

[Wesentlich] Vielleicht hatten in seinem Kopf zu lange Dunkelheit und Verwirrung geherrscht, so daß ihn die plötzliche Klarheit nun blendete und er mehr Zeit brauchte, um sich zu ihr zurückzutasten. Aber nein - das eigentliche Problem bestand darin, dass es bei den meisten Menschen so lange dauerte, bis sie das Wesentliche entdeckten; dass sie kostbare Minuten damit vergeudeten, Müll beiseitezuräumen, um zum Kern der Dinge vorzustoßen. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Krankheiten] Er wusste sehr wenig über Tuberkulose, kannte nur ihre melodramatischen Symptome wie Fieber, Blutstürze und nächtliche Schweißausbrüche - die Art von Schwindsucht, wie sie in sentimentalen Romanen vorkommt. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Mimik] Er hatte ein nichtssagendes Gesicht, nicht geschaffen für seelische Notfälle. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Bewegungen] Der Lift spuckte ihn auf der Chefetage aus. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Musik] Vance lauschte im wirren Entzücken derer, für die die Welt der Töne ein unverständlicher Himmel ist. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Erfolg] Nichts hatte sich in seinem Leben verändert, einzig der naive Glaube an die Großzügigkeit seiner Mitmenschen war verschwunden. (...) Im Rest der Welt kannte er niemanden, der bereit gewesen wäre, sich einen erfolglosen Romancier aufzubürden. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Streit] Der Streit mit Tarrant war unentschieden und lahm verebbt, wie die meisten geschäftlichen Auseinandersetzungen. Vance begriff allmählich, dass nur intellektuelle Meinungsverschiedenheiten, abstrakte Kämpfe um ein absolutes Ziel, erhaben enden können. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Ehe] ... wurde sie (...) in das brackige Altwasser ihrer Ehe geschwemmt. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Geist] Entweder waren die jungen Männer eine Labsal für die Augen, aber wie ein kalter Guss für die Phantasie, oder ihre ansprechenden Geistesgaben waren unangemessen einquartiert. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Armut] Miss Lorburns Welt war bevölkert von Freunden und Verwandten, die ihr mit dem Beiwort "arm" am treffendsten beschrieben schienen. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Irrtum] ... erfasste sie blitzschnell, wie sehr sie sich verrechnet hatte. Es ist zu simpel, anzunehmen, eitle Menschen seien immer dumm. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Wortperlen] "Entenfütterergegend". (Die ZEIT 13/14: Der Bart bleibt dran)

[Ehe] "mit dem heiteren Fatalismus des fügsamen Gattens" (Amelie Nothomb: Im Namen des Lexikons)

[Mimik] Es war einer jener Tage, an denen sein Gesicht wie eine vollkommen symmetrische Fassade wirkte, allerdings wie eine mit geschlossenen Fensterläden. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Vertrauen] ... gehören zu der Spezies Mensch, die sich beim Überqueren der Straße darauf verlässt, dass Autofahrer nichts mehr fürchten, als zum Mörder zu werden. (Monika Maron: Zwischenspiel)

[Liebe] Olga (...) versank gerade in Nickis blauen Augen und verjüngte sich dabei sekündlich. (Monika Maron: Zwischenspiel)

[Gefühle] Meine Gefühle für ihn schienen sich seiner Schrumpfgestalt angepasst zu haben. (Monika Maron: Zwischenspiel)

[Alkohol] Als er mich ansah, verstörten mich die wachen, wasserblauen Augen in seinem vom Alkohol gezeichneten Gesicht, das, wie bei den meisten Säufern, etwas Affenartiges hatte. Ich hatte mich schon früher gefragt, ob unsere zivilisatorische Haut wirklich so dünn war, dass man sie sich einfach wegsaufen konnte und gleich darunter der Affe zum Vorschein kam. (Monika Maron: Zwischenspiel)

[Frauen] Eine Bedienung kommt, die wir bisher noch nicht kennen. Sie hat Haare unter den Armen bis runter zum Ellbogen und trägt einen Oberlippenbart allererster Klasse. Und sie trägt einen Ehering. Wahrscheinlich hat sie den von ihrem Werwolf. (Rita Falk: Schweinskopf al dente)

[Zugucken] ... Anblick eines Mannes, der über leere Grundstücke zum Rand des Ahornwäldchens schlenderte. Selbst auf diese Entfernung machte er den Eindruck von jemandem, der nicht gesehen werden möchte, aber tut, was er kann, um dies nicht zu verraten. Angesichts dieses Schauspiels änderte sich Vance' Laune augenblicklich; er blieb an den Zaun gelehnt stehen, paffte spöttisch seine Zigarette und pfiff eine Melodie aus einem Vaudeville1. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Kunst] ... wie manche Leute in einem Museum vorm Betrachten eines Bildes zuerst den Namen des Malers auf dem Schildchen nachlesen, um zu wissen, ob es einen Anlass zur Begeisterung gibt. (Emmanuel Carrere: Limonow)

[Gestik] Sie hob die gefalteten Hände mit einer Nunc-dimittis-Geste geläuterter Frömmigkeit. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Glaube] ... hatte irgendwo im geräumigen Hinterstübchen ihres Gehirns ein Plätzchen gefunden, wo Jenseitsglaube und Gewitztheit in gutem Einvernehmen beieinander wohnten. (Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River)

[Beziehungen] Ein paar Ohrfeigen zur rechten Zeit lösen jede Art von Geweihproblemen. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Abfall] "die mentalen Kötel seiner Untergebenen" (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Dämmerung] Es war beinahe Morgen... der Rand der Dächer belebte sich mit einer Ahnung Blau. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Formen] ... mir die langsame Kurve deiner Niere vorzustellen. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Wortperlen] "öliges Kanonikusgehabe" (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Alkohol] Der Chamapgner bewirkte, daß wir auf den Stühlen levitierten. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Musik] ... der vom Piano zerquetschte wütend die Noten wie jemand, der nachts im Schlafzimmer Küchenschaben mit dem Pantoffel zermalmt. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Mimik] ... hißte das professionelle Lächeln eines wohlmeinenden Diplomaten. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Kleidung] Odetes Mutter schoß im Kohlkopf ihrer Röcken ein Furzgewitter ab. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Tiere] Gelbe Hunde schnüffelten eingehend das Bouquet der Rinnsteine. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Körperlichkeit] Ihre Hinterbacken hoben und senkten sich abwechselnd wie die Schöpfeimer eines Göpelwerkes. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Gestig] Er entließ den Fahrer mit einer flüchtigen Fingertaubenbewegungbewegung ins Nichts. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Tiere] Eine Gruppe triefäugiger Straßenköter verfolgte mit weichen Schnauzen einen stolzen Hündinnenhintern. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Mimik] Der mickrige Fahrer, der den sich in alle Unglücksfälle schickenden Märtyrerausdruck eines Altarbildes aufsetzte. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Sex] Es erregte ihn, sich auszudenken, wie anders sein Leben geworden wäre, glücklich oder unglücklich, wenn das Bett im Schlafzimmer jubelndes Schlachtengeschrei ausgestoßen und nicht die lauwarme Zurückhaltung geherrscht hätte, in der die Körper sich bei gelöschtem Licht keusch näherten, ängstlich zu reglosen Schmetterlingsbegattungen nacheinander tasteten. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Alkohol] Der kleine Laster ist um sieben Uhr wieder hier, ich dulde keine Kreuzwegstationen in den Tavernen. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Verlegenheit] ... folterte die Mütze mit der Verlegenheit seiner Finger. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Krankheit] ... röchelte unter erschrecktem Keuchen und Pfeifen sein grimmiges Kongobüffelasthma. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Drogen] ...daß die sich im Klo mit Gras volldröhnen (...), am kollektiven Schnuller einer von Mund zu Mund wandernden Fluppe. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Eifer] Die winzigen Hühner, die wie besorgte Geschäftsführer das Gras durchflöhten... (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Wetter] Ein jäher Wind zischelte dicht am Boden... der Reißverschluß der Blitze würde ... herabzischen und den Bauch des Buches durchbohren. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Drogen] Zwei Cousins von Ines streiften ihn, ohne ihn zu sehen, trieben, von der Karavellenbrise des Heroins gebläht, über die Auslegware. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Geräusche] Zahnprothesen, die wie Eiswürfel in Getränken gegeneinanderklickerten. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Unscheinbar] Seine kleine verwischte Gestalt wirkte so, als gehörte sie zur Einrichtung. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Dusche] ... den Kopf unter den Wasserstrahl zu neigen, während der Oberstleutnant ersterbende Morseschniefer nieste und hustete. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Alkohol] Ein Betrunkener, der mit gesenktem Kopf trotzig seine kosmische Wut ... herausbrabbelte. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Taschentuch] "Der junge Herr, rief Esmeralda hingerissen aus und suchte in der Schürzentasche ... das Tuch für die Gefühle." (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Sputum] ... kreisrund und eiweißglibbrig ein riesiger Fleck Auswurf. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Kleidung] Der Kommandeur der Kaserne, der hin und wieder mit einem Clownstick die Hosen hochzog. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Essen] ... verquälte Mittagessen und peinvolle Abendessen, die einem von der Maurerkelle des Dienstmädchens in den Mund (Aufmachen) geschoben wurden. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Wortperlen] "kleine häusliche Verwöhneinheiten" (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Abbildungen] ... die Jesusse mit offengelegtem Herzen und dem Kokottenmund auf den Kalendern der Sakristei. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Essen] "Ich esse nichts, schnaufte der Onkel. Und für den Jungen hier ein Steak vom leprakranken Esel." (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Uhr] Auf dem Bücherschrank hielten die Zeigers des Weckers reglos die Arme ausgebreitet. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Im Wohnzimmer] Der Don Quichotte aus Ton bedrohte mit zerbrochener Lanze unnütz eine Lampe. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Adipositas] "indolente Gemächlichkeit von Fettleibigen" (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Vergleich] Ein Glatzkopf wächst überrascht hinter der Zeitung hervor wie die Nilpferde im Zoo aus dem Wasserbecken. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Bach] Ein stinkender Bach stolperte aufs Geratewohl über die Steine. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Tod] ... nutzloses Lateingebrabbel vor den Särgen. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Wortperlen] "schriller Bremsenseufzer" (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Unfall] ...stehen vor dem explodierten Unimog und der aus den Fugen geratenen Wirbelsäule des im Lenkrad erhängten Fahrers. (Antonio Lobo Antunes: Fado Alexandrino)

[Wortperlen] "der Scharflick der Unbeteiligten" / "das Lametta des Tagesruhms". (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Laune] "Man ist ungnädiger Laune. Ich darf mich zurückziehen?" (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Wortperlen] "Kofferheule" (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Sprache] Das dünne Lexikon meiner Sprache, ein Herbarium von Klischees, in dem die gepreßten und zartstaubigen Wortblätter rascheln. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Formen] Die Ferngasleitung wie ein träg in der Sonne gerekelter Schlangenleib. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Eifer] Er belächelte ihren strengen Eifer einer Schwesternschülerin. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Alkohol] ... bewegte sich gravitätisch wie Mann, der weiß, daß er zuviel getrunken hat. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Schüsse] Eine MG-Salve steppte Nähte in den aufspritzenden Sand. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Farben] Das ekstatische Rot eines Mohnfeldes. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Essen] "gargantuasche Lust an Schnitzeln" (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Wind] Eine Bö hißte fahlgelbe Sandfahnen. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Licht] Das "ungebändigte Licht des Maitages... Sonnenspritzer auf Kranschienen..." (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Staub] Dein Motorrad am Wegrand, vom Staub gepudert. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Wortperlen] [etwas] ist perdu. Danke, Brigitte Reimann.

[Tod] Herzinfarkt, der Heldentod am Schreibtisch. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Sprache] So versnobt, daß er alle Fremdwörter deutsch aussprach. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Seele] Die "lästige Bedeutung, die Geld gewinnt, sobald man keins besitzt". (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Wetter] "windüberfauchter Acker" (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Tod] Wenn ich tot bin, mir soll mal Einer mit Auferstehung oder so kommen : ich hau ihm Eine rein ! (AS)

[Zucht] Unordnung war ihm verdächtig, er witterte Zuchtlosigkeit im Denken, eine unernste Lebensführung. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Innen] Dieser robuste Bursche... war eines defekten Innenlebens so gut wie überführt. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Eleganz] Er war elegant, von der soliden Allerweltseleganz einer mittleren Gehaltsstufe.(Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Knabe] Er sah aus, als ob er nie im Leben eine Fensterscheiben einschmeißen wird. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand)

[Tiere] Im Schilf quarrten Frösche... ekelhafter lärmender Froschplebs. (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand).

[Wortperlen] "Schulterkugel". (Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand).

[Wortperlen] "mentale Energiesparlampe" (Bonner/Weiss: Generation Doof).

[Hospiz] ...ist die Ärztin beleidigt, als wir den Aufenthalt im Hoheitsbereich von 'Germanyâ's next Mutter Theresa' verkürzen. (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Schnell] ... müssen sie feststellen, wie die durchschnittliche Verweildauer eines Arztes am Krankenbett Einsteins Theorie widerlegt, dass nichts schneller sein kann als das Licht. (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Unglück] Gäbe es für Unglück einen Oscar, würde ich mir an deiner Stelle schon mal eine Dankesrede überlegen. (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Optimismus] ... mit unserem angestrengten und anstrengenden Optimismus, der noch für den Weltuntergang ein rosarotes Zierdeckchen gefunden hätte... (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Mutter] Ihr Herz war so groß, dass es eigentlich eine eigene Postleitzahl verdient hätte. (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Mutter] ... besaß Mutter ein unglaublich großes Talent zur Freude. Sie feierte furchtbar gern. Sogar den hessischen Fasching, was für eine gebürtige Norddeutsche schon fast einer Gen-Mutation gleichkommt. (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Unbehaust] Es gehörte zu den unverbrüchlichen Überzeugungen meiner Mutter, vom Glück stets übersehen zu werden. (Constanze Kleis: Sterben Sie bloß nicht im Sommer)

[Leben] "Die wunderbare Seltsamkeit des Lebendigseins" (Paul Auster: Sunset Park)

[Liebe] Auf jeden Fall aber scheint Cochran sich einen Ruf als einer der aktivsten Schürzenjäger seiner Zeit erworben zu haben. Das erkläre wahrscheinlich, warum seine Mutter sich in ihn verknallt habe, fährt Renzo fort und merkt melancholisch an, wie leicht es einem routinierten Verführer gewesen sein müsse, das Herz einer unerfahrenen Siebzehnjährigen sturmreif zu schießen. (Paul Auster: Sunset Park)

[Mimik] Johannas Gesicht zerfiel, wie das oft ist bei Menschen, die abgründig müde sind. (Silvia Bovenschen: Nur Mut)

[Essen] Leonie starrte auf das flache, von einer feinen Soße beglänzte Kalbsschnitzelchen auf ihrem Teller. Zurückhaltender konnte ein gebratenes Fleisch kaum in Erscheinung treten. (Silvia Bovenschen: Nur Mut)

[Haus] Die Villa war Charlottes Elternhaus. Dessen großzügige Ausmaße und sein Komfort milderten ihre stilistischen Bedenken gegen den historistischen Zuckerbäckerstil. (Silvia Bovenschen: Nur Mut)

[Kinder] Aus allen Ecken sprießen Babys hervor, überall auf dem Globus wuchten und würgen Frauen frische Bataillone von Neugeborenen zur Welt und tragen damit ihr Scherflein zum Fortbestand der menschlichen Rasse bei... (Paul Auster: Sunset Park)

[Haus] Alles in beklagenswertem Zustand... Mäuse oder Eichhörnchen, die unterm Dach Staffelrennen veranstalteten... (Paul Auster: Sunset Park)

[Depression] Ihr Körper war gut in Schuss, ihre Züge waren ein erfreulicher Anblick, aber was sie ausstrahlte, war Frust und ängstliche Unruhe, und angesichts ihrer allzu blassen Haut und der strähnigen, glanzlosen Haare fragte er sich, ob sie womöglich an Depressionen litt und ihre Tage in einem Kellerraum des Hotels Melancholie verbrachte. (Paul Auster: Sunset Park)

[Einzelheiten] Das einfühlsame Weglassen der hässlichen Einzelheiten... (Paul Auster: Sunset Park)

[Stadt] Das Mittelland, eben noch ein paar hundert Kilometer hügeliger Lieblichkeit, begann sich in den hässlichen Siedlungsbrei zu verwandeln, der von St. Gallen bis Genf nicht weiß, ob er Stadt, Land oder Industriebrache ist. (Urs Widmer: Reise an den Rand des Universums. Autobiographie)

[Denken] Sie wechselte den Gang in ihrem Gehirn auf Leerlauf und wartete ein paar Sekunden, wohin sie das führte. (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Sex] "Täuschen Sie Ihre Orgasmen auch vor?" "Gewöhnlich ist dafür keine Zeit, er ist nach ein paar Minuten fertig. Ich mach's mir selbst." Eva sagte: "Armer Brian, in der Bundesliga der Liebhaber ist er Alemannia Aachen." (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Männer] "Ich kenne Männer wie Sie. Wir hatten einen oder zwei davon im Geschwader. Große Klappen, Prahler. Im Gefecht immer die Letzten, aber immer als Erste wieder zu Hause. Kein Feindkontakt, aber viel Pech mit plötzlicher und rätselhaft schlechter Sicht, Funkstörungen und blockierten Waffen. Schummelten beim Kartenspiel, waren grob zu ihren Frauen und rundum Riesenarschlöcher." (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Mimik] Er setzte ein schmales Lächeln auf, das als eine Art Satzzeichen zu dienen schien. (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Geschwindigkeit] "Der Fahrstuhl ist wahnsinnig langsam. Manchmal komme ich mir vor wie in einem Samuel-Beckett- Stück." (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Kleidung] Sie trug ein leichtes Flanellnachthemd, wie es der Wolf in Rotkäppchen trägt. (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Wortperlen] "geistiger Pygmäe" (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Denken] "Ich hab mein Gehirn schon so lange nicht mehr benutzt, dass sich das arme Ding in eine Ecke verkrochen hat und auf Futter wartet." (Sue Townsend: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb)

[Begehrt] Es waren jene Jahre, da der Lehrermangel so akut war, dass an jedem halbwegs sprachfähigen fünftsemestrigen Studenten drei Schuldirektoren herumzerrten, um ihn in ihre Schule zu schleifen. (Urs Widmer: Reise an den Rand des Universums. Autobiographie)

[Frauen] ... eine unfaßbar simple Person mit der Ausstrahlung einer kleindeutschen Doris Day... (ANH)

[Bauen] Wohl selten hat eine Kleinstadt ihren Aufbruch in die architektonische Moderne so gnadenlos vergeigt wie meine Heimatstadt. (Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war)

[Bart] ... hatte er einen seit seiner Geburt nie mehr gestutzten Vollbart, in dem sich die Spuren eines ganzen Lebens verfangen hatten. (Urs Widmer: Reise an den Rand des Universums. Autobiographie)

[Wetter] Die bei uns heimische Schneeflocke ist von deprimierender Kurzlebigkeit. (Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war)

[Eltern] Die Arbeitsteilung meiner Eltern war stets dieselbe. Mein Vater schmiedete Pläne und meine Mutter schuftete. (Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war)

[Fertigkeiten] Das Aufklappen der Motorhaube, für meinen Vater schon eine technische Meisterleistung... (Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war)

[Hund] Ich liebte unseren Hund. Wenn ich unglücklich war, lag ich weinend an seinem Bauch und schluchzte: "Keiner versteht mich, nur du!" Ich wollte diesem Hund nahe sein. Er durfte in meinem Bett schlafen. Ich lag an die Wand gedrückt, direkt vor seinem schlafoffenen Maul, aus dem es nach abgetautem Kühlschrank roch. (Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war)

[Möbel] Der Direktor saß hinter einem monströsen Schreibtisch. Weder die Tür noch die Fenster seines Zimmers erschienen mir groß genug, um diesen Klotz hineinzubekommen. Die ganze Schule musste um diesen Schreibtisch herumgebaut worden sein. (Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war)

[Wortperlen] "Branchenegoist" (Erich Loests "Der elfte Mann")

[Tagesdienst] Ich hoffe, die Fron des Tuns wird des Abends Anlaß zum rückblickenden Genuß am erfüllten Tagwerk sein. (Hans Pleschinski: Königsallee)

[Essen] Die Speise duftete köstlich. Direktor Merck zerteilte einen Happen Fleisch, der bereits beim Nahen der Messerklinge wohlgefällig zerfallen wollte. (Hans Pleschinski: Königsallee)

[Einiges] "Aber Sie sind so jung. Und eine Frau. Und dann noch eine Preußin. Da kommt halt viel zusammen." (Jörg Maurer: Unterholz)

[Dunkel] Die Nacht war schwarz gewesen wie die abgeschabte Lederhose eines Schlierseer Trachtenvereinsvorsitzenden. (Jörg Maurer: Unterholz)

[Religion] Gleich war es sieben Uhr, in wenigen Minuten würde die Morgenmesse beginnen. Jennerwein betrat das Gebäude, ein paar ganz frühe Kirchenvögel waren schon da und pickten Lobpreisungen aus den Gebetbüchern mit Goldrand. (Jörg Maurer: Unterholz)

[Mimik] Sie versuchte sich an einem Lächeln. (Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren)

[Sprache] ... legte ... Wert auf eine akademische Ausdrucksweise, auch wenn sie damit... metaphorischen Schiffbruch erlitt. (Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren)

[Gebäude] Am linken Bildrand ragte ein grüngläsern verspiegeltes Gebäude in den Himmel, welches in einer unverständlichen konvulsivischen Gebärde, als plage es ein architektonischer Reizhusten, in unregelmäßigen Abständen größere Gruppen junger Leute ausspie... (Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren)

[Blicke] Ein paar ältere Herren lauschten ihr, die Blicke versenkt in dem Ausschnitt mit dem sichtbaren Brustwarzenhof. (Uwe Timm: Vogelweide)

[Alter] Vier Frauen, deren breitkrempige Hüte die vom Alter und Wohlleben verwüsteten Gesichter beschatteten. (Uwe Timm: Vogelweide)

[Sprache] Gastgeber mit "künstlich entrüstetem 'Das wäre aber nicht nötig gewesen!'" (Thomas Breuer: Leander und der tiefe Frieden)

[Charakter] ... sich der Verfeinerung seines Charakters widmen. (Sibylle Berg: Wie halte ich das nur alles aus?)

[Ostsee] ... kommt die Ostsee in Sicht, dieser Überfluß an blauer Weite. (Gisa Klönne: Das Lied der Stare nach dem Frost)

[Alkohol] Glühwein... nicht das ideale Folgegetränk nach einem strammen Wodka auf fast nüchternen Magen. (Gisa Klönne: Das Lied der Stare nach dem Frost)

[Kommunikation] Vorn an der Theke duellierte sich der erregte Tenor eines Mannes mit Nancys Sopran. (Gisa Klönne: Das Lied der Stare nach dem Frost)

[Verlangen] ... sein verborgenes Verlangen, das von keiner Hoffnung gelindert war. (Oskar Panizza: Das Liebeskonzil)

[Charakter] Es enthält wohl jeder Charakter einen vom Schöpfer tief eingebauten absichtlichen Konstruktionsfehler. (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)

[Kellner] Der Oberkellner, welcher Conrad bediente, war von etwas säuerlicher Hochanständigkeit. (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)

[Aufstehen] "Wann müssen Sie denn morgens mit der Weberei anfangen?" "7 Uhr" "Also kurz nach Mitternacht". (Heimito von Doderer: Ein Mord den jeder begeht)

[Vergleich] Sie warteten, bis die Gepäckausgabe (vergrößertes Modell einer Sushibar) ihr Gepäck ausgab. (Olga Martynova: Mörikes Schlüsselbein)

[Witz] "Erinnerst du dich noch an diesen alten Witz, wie einer mit schwerem Kater erwacht, seinen Freund anruft und fragt, ob bei ihm gestern tatsächlich eine Zitrone auf dem Tisch gehüpft sei. 'Ach, du warst das', schreit der Freund, 'der meinen Kanarienvogel in den Tee gepresst hat?'" (Olga Martynova: Mörikes Schlüsselbein)

[Tanz] Man muß einräumen, daß aus diesen Tänzen der wilden Neuzeit sehr wohl etwas Erfreuliches gemacht werden kann, wenn die rechten Leute sich ihrer annehmen. (Thomas Mann)

[Kraft] "Fühlst du dich schwach?" Jas lächelte. "Nein, ich könnte einen Baumstamm zu Zahnstochern zerhacken." (Orson Scott Card: Heißer Schlaf)

[Identität] "Wer sind Sie?" fragte Jas. "Eine Frage, die ich seit meiner Jugend zu beantworten versuche. Gehen wir?" Sie gingen. "Ich stellte fest, daß ich weder Gott noch Napoleon war. Das enttäuschte mich so sehr, daß ich es nicht weiter einzuengen versuchte." (Orson Scott Card: Heißer Schlaf)

[Eklige Natur] Jas (...) fand sich in einem der riesigen Parks wieder. (...) Echte Bäume auf richtigem Rasen. Die Einwohner waren im großen und ganzen kaum beeindruckt - die meisten hatten nie einen Baum gesehen, und Chlorophyll roch irgendwie unangenehm. Grüne Gewächse waren lediglich Formen von Fäulnis, und Fäulnis bedeutete, daß man seinen Verdunster neu einstellen lassen mußte. (Orson Scott Card: Heißer Schlaf)

[Sprüche] Durst wird durch Bier erst schön. (F.C. Delius: Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde)

[Sprüche] Des Pfarrers Kinder, des Müllers Vieh, geraten selten oder nie. (F.C. Delius: Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde)

[Außer Atem] Er japste wie ein Marathonläufer, der die Strecke aus Versehen zweimal gelaufen war. (Jutta Profijt: Kühlfach betreten verboten)

[Krankenhaus] ... brüllte Tristan mit feuchter Lispelaussprache. Mann, der Typ ging ab wie Vettel von der Pole. Panschten die barmherzigen Spritzenschwestern denn kein Valium mehr in den Frühstückstee, um die Patienten ruhig und zufrieden zu halten? Wenn diese Selbsterhaltungsstrategie des Klinikpersonals dem Rotstift zum Opfer gefallen war, musste es wirklich schlimm um die Kohle im Gesundheitswesen stehen. (Jutta Profijt: Kühlfach betreten verboten)

[Wortperlen] "Textamazone" (= Lektorin); "Katholikenjoint" (= Weihrauch); (Jutta Profijt)

[Schönheit] Was für ein Schönheitsideal hatte diese Frau? Die wählte vermutlich Alf zum sexiest man alive und bekam bei den Fraktionsführern im Bundestag weiche Knie. (Jutta Profijt: Kühlfach 4)

[Politik] Die Popularität von Gorbi, wie ihn diejenigen zu nennen begannen, die Mitterrand Tonton tauften, hatte ihn von Anfang an genervt: Der Chef der Sowjetunion ist nicht dazu da, um kleinen bescheuerten Journalisten aus dem Westen zu gefallen, sondern um sie das Fürchten zu lehren. Wenn naive Freunde zu Eduard sagten: "Was für ein toller Typ, das freut dich bestimmt", reagierte er darauf wie ein gestandener Katholik, dem man dazu gratuliert, dass Eugen Drewermann Papst geworden ist. (Emmanuel Carrere: Limonow)

[Gelegenheit] Jahrelang hatte ich mir irgendwelche nichtsnutzigen Schlampen ins Bett geholt, Hauptsache, sie hatten Riesenhupen und machten den Tankstutzen auf, wenn das Rohr kam. (Jutta Profijt: Kühlfach 4)

[Alkohol] Alle sind dabei, in die tumbe Grube des Vollrauschs abzugleiten. (Emmanuel Carrere: Limonow)

[Alkohol] Als er entdeckte, dass sie schon vom Aufstehen an zu trinken begann, musste er sich eingestehen: Was er zunächst für einen ordentlichen Durst gehalten hatte, war in Wirklichkeit Alkoholismus. Diese Unterscheidung ist nie leicht zu treffen und für Russen noch schwieriger. (Emmanuel Carrere: Limonow)

[Frauen] ... dass die meisten - mindestens sechzig Prozent - alte Jungfern waren, mithin also gänzlich ungebändigt von dem wohltätigen Einfluss der heiligen Ehe. (Roald Dahl: Küsschen, Küsschen! Elf ungewöhnliche Geschichten)

[Radio] Man setzte sich im Wohnzimmer vor das Radio. Heinrich drehte vorsichtig an den Knöpfen und suchte den entsprechenden Kanal, als handelte es sich um einen heiligen Akt. "Du spielst so liebevoll an dem Radio rum, als wäre es deine Ehefrau" (...) Heinrich ging auf den Scherz ein und erwiderte: "Ich verkneife mir jetzt jeden Vergleich mit den Tönen, die da herauskommen." (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)

[Alkohol] Es würde ihr jedenfalls, da war sie ganz optimistisch, leichtfallen, die Runde an diesem Tag bis zum Ende bei Laune zu halten, mithilfe von etwas Schnaps war ihr das noch immer gelungen. "Schwatzwasser" nannte sie den guten Appelkoorn aus Holland, eigentlich eine grauslich süße Plörre, aber er erfreute sich wachsender Beliebtheit. (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)

[Tod] Genau wie Gertrud ging auch Katty davon aus, dass das ewige Leben auf der Erde stattfinden würde. (...) Sie verweigerte dem Tod und seinem Vorboten jegliche Aufmerksamkeit, strafte beide mit unerschütterlicher Ignoranz und ging mit ihren vierundachtzig Jahren deshalb so oft wie möglich zu Feierlichkeiten, welche sie grundsätzlich als Letzte verließ. Wenn im Dorf Kirmes oder Karneval war, musste man Katty mit der Kehrmaschine aus dem Festzelt fegen... (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)

[Vorteil] "Es gibt wirklich Schlimmeres als schwule Ehemänner. Ich sage euch, am Ende hast du alles, was du willst: herzensgute Kinder und deine Ruhe." (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)

[Hoftiere] Jedes Tier auf dem Hof trug den Namen einer Figur aus der römischen oder griechischen Mythologie. Der Hahn krähte unter dem Namen Apollo und die Sauen hießen Alekto, Megaira und Tisiphone, wie die Furien. (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)

[Körperlich] ...hatte er Segelohren, an denen man nicht einmal aus Höflichkeit vorbeigucken konnte. (Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern)

[Erwachsener] Er ist einer, der als Erwachsener auf die Welt gekommen ist. (Urs Widmer: Liebesnacht)

[Alkohol] In jenem Land bekommt, wer Alkohol trank, eine Hand abgehackt. Es war keine Gegend für Egon. (Urs Widmer: Liebesnacht)

[Zeichen] "deutlich an die Wand gemalte Menetekel mißachten" (Urs Widmer: Liebesnacht)

[Einsamkeit] Ich war so von Einsamkeitsängsten geschüttelt, daß ich gern zum Zahnarzt ging. (Urs Widmer: Liebesnacht)

[Andere Länder] Die disziplinierten Schweizer hielten sich an die Verkehrsvorschriften, die Franzosen hingegen schüttelten mit kurzen, ruckartigen Bewegungen den Kopf hin und her, um ihre Empörung über jene zu zeigen, die ihnen das Recht auf Geschwindigkeit verweigern wollten, und verwandelten das Autofahren in eine orgiastische Feier der Menschenrechte. (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)

[Übersehen] Sie hatte keineswegs die Angewohnheit, Bettlern Almosen zu geben. Wenn sie ein paar Meter entfernt an ihnen vorbeiging, sah sie sie nicht. Sie litt an geistiger Weitsichtigkeit. (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)

[Fett] ... in den Falten seines fetten Halses, die an übereinandergestapelte Fahrradreifen erinnerten. (M. Agejew: Roman mit Kokain)

[Allein] Das Alleinsein: süßes Fehlen von Blicken. Einmal waren ihre beiden Kollegen krank, und sie konnte vierzehn Tage lang allein im Büro arbeiten. Überrascht hatte sie festgestellt, daß sie abends nicht mehr so müde war. (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)

[Musik] In diesen Krach hinein erklang irgendwo von oben, wie vom Himmel herab, eine auf dem Klavier gespielte Fuge von Bach. Offenbar hatte jemand im obersten Stock ein Fenster geöffnet und die Musik so laut wie möglich aufgedreht, um die strenge Schönheit Bachs als drohende Warnung gegen eine Welt ins Feld zu schicken, die vom richtigen Weg abgewichen war. (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)

[Bedachtsam] Rabbi Brandeis (...) gehörte zu jener seltenen Spezies von Menschen, die nie sprechen, ohne vorher nachzudenken. Wenn er über jemanden sagte: "Herr Soundso ist ein Trottel", dann klang das also, als würde er sagen: "Nach reiflicher Überlegung, Konsultation der einschlägigen Talmudstellen und dem Wiederlesen von Kants drei Kritiken sehe ich mich leider zu dem Schluss gedrängt, dass Herr Soundso ein Trottel ist." (Hannes Stein: Der Komet)

[Ehebruch] Was soll man darum herumreden: Ehebruch kommt eben in den besten Familien vor. Und dem Tod blieb in diesem Hotelzimmer im "Goldenen Hirschen" kein Reich mehr. Die Einsamkeit dankte für ein paar Stunden ab, die Angst verlor ihren Kopf. Beinahe wäre Alexej glücklich gewesen. (Hannes Stein: Der Komet)

[Kleidung] Auch war ihm neu, dass Anzüge bequem sein können. Bis dato war er dem Irrglauben verfallen gewesen, man müsse sich zwischen steifer Eleganz, die zwickt und Falten wirft, oder sackförmig-bequemer Schludrigkeit entscheiden. (Hannes Stein: Der Komet)

[Wortperlen] "Lebensgeständnisse". (Hannes Stein: Der Komet)

[Sparen] Sie kaufte ihm Hemden, Seidenkrawatten, Parfüm, Wein, Whisky (sie selbst trank nicht), Unterwäsche und Socken. Wenn er wieder wegmusste, buchte sie seine Flüge für ihn. Als klägliche Gegenleistung brachte er ihr kostspielige Geschenke aus Duty- free-Shops mit, eine moderne Form des Geizes, bei der himmelschreiende Bequemlichkeit und kalkuliertes Steuersparen zusammenwirken. (Ian McEwan: Solar)

[Ehe] Seine Ehe war im vergangenen Jahr mit sanft-bösem Knirschen auf eine Sandbank gelaufen. (Hannes Stein: Der Komet)

[Unbeliebt] "Hast du ihn gekannt?", fragte er. "Nur vom Wegschau'n". (Volker Klüpfel, Michael Kobr: Milchgeld)

[Macht] Eine bonbonrosa Diktatur, die das Hirn verklebt. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)

[Teufel] Verdammt noch mal, ja, ich glaube an den Teufel, vor allem, wenn ich eure Visagen sehe. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)

[Tod] "Ich möchte einen Toten sehen." Da wir keinen fanden, gingen wir wenigstens auf den Friedhof Kuchen essen. (Henri-Frederic Blanc: Teufelei)

[Beleidigung] "Vergessen Sie mal für eine Weile, daß Sie Amerikaner sind, und strengen Sie ein bißchen Ihr Hirn an." (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)

[Haut] ... hatte er die jüdische Kaufmannsfrau kennengelernt und ihre Tochter, deren Haut so weiß war, dass er schneeblind hätte werden können, wenn er als Käfer auf ihr herumspaziert wäre. (Jenny Erpenbeck: Aller Tage Abend)

[Freundin] "Wie stellen wir uns seine Freundin vor?" Wir erwogen die uns bekannten Möglichkeiten: spröde Jungfrau (nunmehr Exjungfrau), aufgetakeltes Ladenmädchen, erfahrene ältere Frau, verseuchte Hure. (Julian Barnes: Vom Ende einer Geschichte)

[Sport] Wir drei hielten Schulsport für einen kryptofaschistischen Plan zur Unterdrückung unseres Sexualtriebs. (Julian Barnes: Vom Ende einer Geschichte)

[Intonation] Beim Morgengebet stimmte er vernehmlich in die Responsorien ein, während Alex und ich nur stumm die Lippen bewegten und Colin sich der satirischen Masche bediente, enthusiastisch zu brüllen wie ein Pseudo-Zelot. (Julian Barnes: Vom Ende einer Geschichte)

[Am falschen Platze] In diesem Augenblicke hörte man den Jodler einige Juchzer ausstoßen, so tirolerhaft echt, daß sich das Echo der Pichelsberge nicht veranlaßt sah, darauf zu antworten. (Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel)

[Geld] Ein sehr guter Mensch, das muß ich zugeben, hat ein gutes, weiches Herz, nichts von dem Kiesel, den die Geldleute sonst hier links haben. (Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel)

[Nomen est omen?] An der Schmalseite des Tisches, mit dem Rücken gegen das breite Gartenfenster, war das Gesellschaftsfräulein, Fräulein Honig, placiert worden, deren herbe Züge sich wie ein Protest gegen ihren Namen ausnahmen. (Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel)

[Vergleich] Beards oft chaotische Vergangenheit glich einem reifen, stinkenden Käse, der klebrig über seine Gegenwart troff, doch diese Geschichte hier war zu etwas Festerem geronnen, eher Parmesan als Epoisses. (Ian McEwan: Solar)

[Geräusche] Sie mußte sich mit beiden Händen am Beckenrand festhalten und tief ein- und ausatmen. Sie tat dies ernst und eifrig, und es war, als sei aus der Tiefe des Wassers eine alte Dampflokomotive zu hören (dieses idyllische, heute vergessene Geräusch, das sich für diejenigen, die eine Dampflokomotive nicht mehr kennen, nicht anders beschreiben läßt als das Schnaufen einer älteren Dame, die am Rand eines Schwimmbecknes laut ein- und ausatmet). (Milan Kundera: Die Unsterblichkeit)

[Körper] ... schlang meinen Arm um ihre Taille... und was für eine Taille! Eine solche Taille vermag die Natur nur auf besondere Bestellung anzufertigen und auch nur einmal in zehn Jahren. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Ehe] "Was soll ich machen, mein Herzchen?" sagte der Mann in dem Ton, in dem sich angeheiterte Ehemänner vor ihren gestrengen Gattinnen entschuldigen." (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Alkohol] Nikolaj Maksimyc Putochin war ein Mißgeschick widerfahren, dem großzügige, unbekümmerte russische Naturen ebensowenig entgehen können wie dem Gefängnis oder dem Bettelsack: Er hatte sich aus Vershen sinnlos betrunken, im Rausch Familie und Diest vergessen und sich volle fünf Tage und Nächte in Lasterhöhlen herumgetrieben. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Tod] An einem wunderschönen Morgen wurde der Kollegienassessor Kirill Ivanovic beerdigt, der an zwei Krankheiten gestorben war, die in unserer Gegend weit verbreitet sind: an einer bösen Frau und am Alkohol. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Schönheit] "Sie war schön, elegant, schlank wie eine Pappel, jung, unschuldig, klug, feurig wie die Morgenröte im Sommer! Ich glaubte, wenn am Himmel keine Sonne schiene, so wäre es auf Erden trotzdem hell, weil vor ihrer Schönheit keine Nacht standhalten könnte!" (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Ehe] "O du böses, dummes, stumpfsinniges Geschöpf!" brummte er und ballte die Fäuse. "Der Teufel hat mich mit dir verheiratet! Uff! Um diese Hexe zu überschreien, müßte man eine Kanone sein!" (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Geld] "Wieviel brauchst du?" fragte er. "Die Fahrt nach Moskau kostet elf Rubel zweiundvierzig..." "Ach, das Geld, das Geld!" seufzte der Vater ( er seufzte immer, wenn er Geld sah, selbst wenn er es in Empfang nahm). (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Frauen] Sie war eine kleine, füllige Frau von etwa zwanzig Jahren, gut gebaut, mit schwarzen Brauen, immer rosig und kokett, aber in ihrem Gesicht und an ihrer Gestalt gab es nicht einen einzigen kräftigen Zug, nicht eine einzige kühne Linie, auf der das Auge hätte verweilen können, gleichsam als hätte es der natur bei der Erschaffung von Tatajana Ivanovna an Begeisterung und Überzeugung gefehlt. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Putz] ... begann auf dem Gut ein Laufen und Rennen, wie ich es sonst nur in der Zeit vor Weihnachten gewöhnt war. Nur das Himmelsgewölbe und das Wasser im Fluß blieben verschont, alles übrige aber wurde gewaschen, geputzt und neu angestrichen. Wäre der Himmel niedriger und kleiner gewesen und der Fluß nicht so schnell geflossen, so hätte man auch sie mit einem Ziegelstein abgescheuert und mit einem Bastwisch blankgerieben. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Schüchtern] Die auf einem zweiten Hocker stehende Petroleumlampe sandte, gleichsam schüchtern und der eigenen Kraft nicht trauend, ein spärliches, flimmerndes Licht... (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Typen] Sonja, ein Mädchen von etwa sechs Jahren mit einem Lockenköpfchen und einer Gesichtsfarbe, die man nur bei sehr gesunden Kindern, teuren Puppen und auf Bonbonnieren findet... (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Licht] Das Licht im Wald war nur aus der Ferne poetisch, von nahem jedoch jämmerlich Prosa. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Nacht] Heiseres Hundgebell ertönte, und durch die kahlen Zweige schimmerte ein trübes Licht. Was man auch für ein Misanthrop sein mag - wenn man in einer regnerischen, stockfinsteren Nacht zu später Stunde im Wald ein Licht sieht, dann zieht es einen unwiderstehlich zu den Menschen. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Wetter] Das Wetter war abscheulich. Es war scheinbar genauso empört wie Pjaterkin, es haßte und litt mit ihm. In der wie Ruß undurchdringlichen Luft wehte ein feuchter, kalter Wind und pfiff in allen Tonarten. (Anton Cechov: Gespräch eines Betrunkenen mit einem nüchternen Teufel. Erzählungen)

[Aussehen] Esprit war ganz schwarz gekleidet, wie jeden Sonntag, mit gestärkter Hemdbrust, und sein kahler Schädel leuchtete unter der Lampe, während seine dichten Brauen und sein dicker Schnurrbart vergeblich versuchten, ihm sein Aussehen eines bescheidenen, arbeitsamen braven Mannes zu nehmen. (Georges Simenon: Ankunft Allerheiligen)

[Klein] Was ihn vielleicht am meisten erstaunte, war die Tatsache, daß sie so klein, so schmächtig und so jung war. Nie zuvor hatte eine Frau ihm einen solchen Eindruck der Zerbrechlichkeit gemacht. Sie erinnerte ihn an einen Vogel, der kaum den Ast berührt, auf dem er sich niederläßt. (Georges Simenon: Ankunft Allerheiligen)

[Interieur] Es war warm und angenehm in dier parfümierten Wohnung, die voller Samt und Seide, voller Nippsachen und zerbrechlicher Dinge war. Selbst das Telefon verbarg seine allzu utilitaristischen Linien unter der Krinoline einer Marquise mit feinem Prozellangesicht. (Georges Simenon: Ankunft Allerheiligen)

[Mimik] Trotz des Zwangs, den er sich auferlegte, liebenswürdig zu wirken, konnte sein verlebtes Gesicht nicht gefallen. (Henri Alain-Fournier: Der große Meaulness)

[Verschwiegen] Atala (...) hielt ein Geheimnis, das ich dunkel ahnte, ohne es erraten zu können, noch gerade im Gehege ihrer Zähne zurück. (François-René Chateaubriand: Rene, Atala und andere Erzählungen)

[Beleidigungen] Ich wäre ja gerne mal für einen Tag in deinem Kopf. Bestimmt schön ruhig da drin.

[Typen] Wie wärs mit dem dicken Literaten, der früher Pastor war!? In ihm vereinigt sich ein Restchen pfäffischer Heimtücke mit journalistischer Giftdrüsen-Hypertrophie, – eine angenehme Mischung, sollte ich meinen ... Aber diese Art Leute sind schwer zu fassen. Es gibt keinen Strick, aus dem sie sich nicht zu winden vermöchten. (Otto Julius Bierbaum: Das höllische Automobil)

[Beleidigungen] Ich bin nicht so dumm, wie du aussiehst. (Otto Julius Bierbaum: Das höllische Automobil)

[Frauen] ...so lange Mann und Weib sich befehden auf diesem ekelerregenden Globus, id est: seitdem Adam und Eva vom Appelboome verbotene Südfrüchte gegessen haben. (Otto Julius Bierbaum: Der Negerkomiker)

[Instinkt] Er hatte den Instinkt der auf Andere angewiesenen Spaßmacher, im rechten Augenblick aufzuhören. (Otto Julius Bierbaum: Der Negerkomiker)

[Frauen] Eine niederträchtige Sorte Eva. Sie frißt nicht blos den Apfel, sondern auch den Mann. Die Schlange hat sie schon als Vorspeise genossen. (Otto Julius Bierbaum: Der Negerkomiker)

[Anziehend] Etwas Furchtbares hatten diese Augen für jeden, der ihnen einmal nahegekommen war und die Unglücksgabe der Phantasie besaß. (Otto Julius Bierbaum: Der Negerkomiker)

[Unbehaust] Ein unerträgliches Gemisch aus körperlicher Müdigkeit und inneren immerwährendem Verzehrtsein von irgend etwas, für das er keinen Namen wußte, hielt sie in ihrem Sessel gebannt. (Gustav Meyrink: Walpurgisnacht)

[Taktik] Mascha spielte brav, was sie immer tat, wenn sie dicke Luft roch, Glückliches Zweitkind. Still beobachten und lernen. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Wortperlen] "freudescheue Zunft geschwollner Stoiker" (Wieland: Musarion)

[In jenen Tagen] Die Mode war in jenen alten Tagen / Die tiefe Weisheit gern in Bildern vorzutragen; / Und klüglich wie uns deucht; denn ungebrochnes Licht / Taugt ganz gewiß für blöde Augen nicht. (Wieland: Musarion)

[Faul] Ich kenne mich jetzt lange genug, um zu wissen, wo meine Talente liegen. Ich bin eher dazu geboren, mich lasziv auf Liegemöbeln zu räkeln und dabei raffinierte Süßspeisen zu naschen, als in ungesunder Kunstfaserkleidung Extremsport zu betreiben. (Katinka Buddenkotte: Ich hatte sie alle)

[Haß] Stärker als alles spürte er plötzlich etwas anderes: Haß. Nicht den trüben, blinden, kleinen des Lagers, den alltäglichen Groschenhaß der Not einer verhungernden Kreatur gegen eine andere, irgendeines Vorteils oder Nachteils wegen - nein, er spürte einen kalten, klaren intelligenten Haß. (Erich Maria Remarque: Der Funke Leben)

[Mimik] Er krümmte sich plötzlich und stöhnte. Die Haut seines Gesichts verzog sich nur an den Augen und an den Lippen - sonst waren keine Muskeln mehr da, um Schmerz anzuzeigen. (Erich Maria Remarque: Der Funke Leben)

[Sonne] Die Sonne hatte es nicht besonders eilig, hinter den Gipfeln der Hörni zu verschwinden. Fast sah es so aus, als ob sie sich Zeit ließe und den Tag etwas in die Länge zöge, weil sie auch mitfeiern wollte. (Philippe Claudel: Brodecks Bericht)

[Leben] Eine kleine Hand tastete um die Mauerecke, griff nach einem Hahnenfuß, brach den Stängel ab und griff nach der nächsten Blume. (...) Stolz hielt Poupchette den Blumenstrauß aus Hahnenfuß, Gänseblümchen und Vergissmeinnicht in der Hand, den sie für ihre Mutter gepflückt hatte. Die Blumen zitterten noch vor lauter Leben, weil sie noch nicht gemerkt hatten, dass sie bereits gestorben waren. (Philippe Claudel: Brodecks Bericht)

[Angst] Ich zitterte wie eine alte Schnarre im Karfreitagswind. (Philippe Claudel: Brodecks Bericht)

[Bulla] Seine Frau ist jünger als er und heißt Bulla. Sie ist dick und redselig und riecht nach Getreide und Zwiebeln. Angeblich brennt es zwischen ihren Schenkeln wie Feuer, und viele Eimer Wasser sollen nötig sein, um diese Glut zu löschen. Sie rennt den Männern hinterher wie andere dem Sinn des Lebens. (Philippe Claudel: Brodecks Bericht)

[Allein] Ich fühlte mich wie eine kleine, verlassene Kaulquappe in einer Frühlingspfütze. (Philippe Claudel: Brodecks Bericht)

[Wechseljahre] Es gibt Tage, da erinnern die Schwankungen ihrer gefühlten Körpertemperatur an ein Börsenbarometer. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Haltung] Die Handtasche hält sie sich mit zwei Händen vor den Unterleib wie eine Kirchgängerin das Gesangbuch. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Chaos] Fröhliches Chaos regierte die Welt, Atome und Hormone, Alkohol und Adrenalin. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Aussehen] Spaghetti-Träger über Nilpferd-Schultern... (Stephan Thome: Grenzgang)

[Zentrum] "Wie finden wir uns später im Zelt? Oder soll ich einfach dahin gehen, wo ein paar Männer einen Kreis bilden?" "Wenn in Bergenstadt Männer einen Kreis bilden, steht in der Mitte keine Frau, sondern ein Bierfass." (Stephan Thome: Grenzgang)

[Gerd] "Das ist Gerd, mein Mann, das sind Kerstin und Karin, ich bin die Gabi und schlage vor, du machst uns drei Kir Royal." "Joh." Gerd hat die Stimme, nach der sein Aussehen verlangt. Man kann ihn sich gut vorstellen, wie er nach dem letzten Hieb mit der Axt einem Baum beim Fallen zusieht. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Ziel] Seit Neuestem stutzte er sein Schamhaar; eine Maßnahme, die ihr im Ergebnis angenehm, aber in der Motivation unklar war. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Nachsinnen] Sie sitzt im ehelichen Bad der Preissens und kontempliert missmutig ihr Leben. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Takt] "Werden Sie an Silvester auch immer so sentimental?" "Manchmal." Sie hält das für keine sehr taktvolle Frage an die Adresse einer alleinstehenden Frau, (Stephan Thome: Grenzgang)

[Kommunikation] Das Gespräch tut ihr gut, sie mag den ruhigen Fluss seiner Rede und die Aufmerksamkeit seines Schweigens und vermutet, dass irgendwo in seinem Familienstammbaum ein paar Pfarrer hocken. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Als ob] Die Fensterbank tut vergebens so, als wäre sie aus Marmor. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Voraus] Der Vorgeschmack des schlechten Nachgeschmacks... (Stephan Thome: Grenzgang)

[Position] Am Morgen (...) hatte er versucht, den Status quo zu bestimmen, seine exakte Position am Kap der verlorenen Hoffnung. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Krise] Sie (...) bemerkt zum ersten Mal, dass er ein neues Auto hat. Das zweite in drei Jahren. Sportlich und trotzdem groß, mit offenem Verdeck. Die Art von Auto, mit der man eine Midlife-Crisis bekämpft, bevor sie sich einstellt. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Technik] ... hat den ganzen Tag das Radio gespielt. Ein Transistor, dem man manchmal einen Klaps versetzen mußte, damit er sich auf seinen Sender konzentrierte. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Unscheinbar] Herr Wedel sah genauso aus wie die Jungen, die man immer vergisst, wenn man die Mitschüler seiner ehemaligen Abiturklasse aufzählt, auch wenn es ein sehr geburtenschwacher Jahrgang war. (Katinka Buddenkotte: Ich hatte sie alle)

[Gesten] Jede ihrer Gesten war von so präziser Luftigkeit, daß man sich neben ihr fühlte wie ein Wesen mit Hufen. (Ralf Rothmann: Shakespeares Hühner)

[Optimismus] "Der Optimismus, den du von mir verlangst, ist gerade nicht verfügbar." (Stephan Thome: Grenzgang)

[50 Cent] "Ich klaue die CDs meiner Tochter, um auf dem Laufenden zu bleiben. Bei den Kindern geht ja heute alles über Musik, und im Moment hören sie einen tätowierten, schwarzen Ami, der so ähnlich heißt wie sehr wenig Geld." (Stephan Thome: Grenzgang)

[Edeka] Lächelnd biegt sie um die Ecke zur Gemüsetheke, von der bei König's erfahrungsgemäß nicht viel zu erwarten ist (...). Unentschlossen streichen Kerstins Augen über grüne Gemüsekästen (...) Pilze kann sie keine entdecken, auch keine Auberginen, und der Broccoli sieht aus, als hätte er Schlimmes hinter sich. (...) "Bei König's Gemüse zu kaufen ist ein bisschen so, wie wenn man sich ein Haustier aus dem Tierheim mitnimmt." (Stephan Thome: Grenzgang)

[Besitz] Ohne Granitznys unermüdlichen Einsatz würde es nicht einmal das Schulgebäude geben, diesen zweistöckigen Neubau in den Lahnwiesen. Das hier ist Granitznys Schule, Genitivus possessivus ohne Abstriche. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Tipptopp] Immer noch trägt der Junior den Bürstenhaarschnitt des Vaters, und soweit ein Schwarzweißbild darüber Aufschluss gibt, scheinen sich auch die Blutdruckwerte einander anzunähern. Tipptopp ist eins der Lieblingswörter des Alten, egal ob es um Frisuren, Hecken oder Politiker geht, und Daniel kann ihn imitieren, wie er dabei eine Miene macht, als zitiere er griechische Klassiker im Original. Wie schon Platon wusste: Hauptsache tipptopp. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Figur] Der Schulleiter sieht aus wie eine Mischung aus Buddhafigur und einem Operntenor im Spätherbst seiner Karriere. (Stephan Thome: Grenzgang)

[Entkorken] Dorit reichte Thoralf eine schwer entkorkbare Weinflasche. Ich reklamierte meine häuslichen Ziehungsrechte, aber Dorit erklärte, das letzte Mal wäre mir beinahe eine Ader im Kopf geplatzt. Und eine nur halb entkorkte Flasche mit einem toten Mann daneben wäre ihr eins zu viel. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Typen] Der Besitzer oder Pächter, der eine Deutschlandfahne über das Schlüsselbrett gehängt hatte und aussah, als würde sein Haarschnitt für ihn denken... (Ralf Rothmann: Shakespeares Hühner)

[Haare] Die Friseuse massierte mir irgend etwas in die Kopfhaut, vermutlich eine Nährlotion für den Heiligenschein. (Ralf Rothmann: Shakespeares Hühner)

[Haare] Aber mein Gott, was sind Haare, dieses Gehirnstroh, und was machen die Menschen für ein Theater darum. Als Mama einmal geschäftlich nach Mexiko musste, war ihre einzige Sorge der Adapter für den Lockenstab gewesen. Sie konnte keinen kriegen und sah schon alle Verhandlungen gescheitert, weil die Außenrolle nicht richtig wippte. (Ralf Rothmann: Shakespeares Hühner)

[Friseur] Der Salon war voller Chrom, und der Lüster unter der Decke funkelte in der Morgensonne, während die Schere um meine Ohren zwitscherte. (Ralf Rothmann: Shakespeares Hühner)

[Höflichkeit] Oh, es ist frevelhaft und eine Sünde wider den Heiligen Geist, zu glauben, daß die Höflichkeit das grausame Opfer der Lüge fordere, und das wozu? Zu dem kümmerlichen Zwecke, einem anderen Menschen die Seele zu streicheln. (Otto Julius Bierbaum: Der Mann mit dem porösen Schädel)

[Sprt] ... diese stier blickenden Radfahrer, die mit jeder Bewegung zeigten, daß sie auf ärztlichen Befehl ihre Maschine bewegten. (Otto Julius Bierbaum: Der Mann mit dem porösen Schädel)

[Fahrplan] Ich schlug ein sehr schnelles Tempo im Gehen ein; denn um es offen zu bekennen: obwohl mir eine so revolutionäre Seele zu eigen ist, wie nur sonst einem, und obwohl ich neuen Ideen mit aller Inbrunst anhänge, glaube ich dennoch, wie alle Franzosen, da man doch wenigstens an ein Buch zu glauben das Bedürfnis hat, an die dogmensichere Unfehlbarkeit des Buches, in dem die Fahrpläne der Eisenbahnen niedergelegt sind. (Otto Julius Bierbaum: Der Mann mit dem porösen Schädel)

[Kunst] Allerdings kommt mir die Manier, jeder verräucherten Ölschwarte frisch nach ihrer Entdeckung auf irgendeinem Speicher sofort den oder jenen berühmten Namen anzuheften, ein bißchen allzu hurtig und skrupellos vor. (Otto Julius Bierbaum: Der Mann mit dem porösen Schädel)

[Zwangsläufig] ... eine verschwommene Erinnerung an eine Nacht mit einem bärtigen Ostdeutschen in einer Wohnung, in der man morgens, weil der Kohleofen ausgegangen war, derart fror, dass der Geschlechtsverkehr unvermeidlich wurde. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Wortperlen] "Krankenschwestern-Plural" (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Wortperlen] "Wasserverwandte" (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Stolz] Sein kleines Mädchen, das erste Kind. Große blaue Augen und ein dickes Büschel schwarzer Haare, direkt nach der Geburt. Gewickelt wie ein Striezel, so machte man das damals, in einem Körbchen hinter einer Glasscheibe. Sie lag in der ersten Reihe, die schönsten Äpfel legen sie nach vorne, hatte er seinen Freunden erzählt. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Bemerkung] Der Mensch wird allgemein nicht schöner im Laufe des Lebens, aber bei manchen ist die Verschlechterung stupend. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Getränk] Bionade (...), das Süßgetränk der diplomierten Süßgetränkverächter. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Geburten] Drillinge wären keine so gute Nachricht, da geht erstens gern etwas schief, und wenn nicht, kommt nachher RTL. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Mondän] Sie selbst ist mit Abstand das Mondänste, was diese Klinik zu bieten hat, obwohl das nicht allen gefällt. Sie fragt sich ja öfter, wieso Gynäkologinnen im Durchschnitt aussehen wollen wie Biobäuerinnen oder wie diese Dörrpflaumen von Pastorinnen. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Näseln] Der stellvertretende Institutsleiter Kabasta, der so näselte wie die bedauernswerten Wiener Emigranten, die in den Hollywoodfilmen der Vierziger-und Fünfzigerjahre die Psychoanalytiker spielen mussten. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Essen] Die Pho Ca hielt, was ich mir von ihr versprochen hatte. Es schlürfte und nudelte nur so vor sich hin. Eine Hühnersuppe, die Schusswunden heilen konnte und einen die Gewinnzahlen von morgen träumen ließ. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Geschichten] Sie lagen am Landwehrkanal in der Sonne und redeten in alle Richtungen, über Männer, Bücher, Träume. Zum ersten Mal gestand Sally jemandem die Affäre mit ihrem Pariser Gesangslehrer, den sie wie wahnsinnig geliebt hatte, so lange, bis dessen Frau dahinterkam. Was es ausmachen konnte, eine Geschichte zu erzählen, anstatt sie ohnmächtig in sich selbst kreisen zu lassen! (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Alkohol] Das Fest endete im Morgengrauen, mit einer Handvoll Leuten in der Küche. Der Trunkenheitsgrad war nicht unbeträchtlich. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Kinder] Mascha leckte oberbrav ihr Eis und schmulte aus dem Augenwinkel herüber, ob sich ihre Eltern gleich küssen würden. Kinder beobachten Zärtlichkeiten ihrer Eltern ja doch mit einem gewissen Argwohn, was seltsam ist, da sie sich schließlich denselben verdanken. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Verhalten] ... benahm sich in jeder Hinsicht wie das Prämienmodel aus dem Tochterkatalog. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Jung] ... bekam man am Schulanfang Claudias Mutter öfter zu sehen. Sie war jung, denn sie hatte Claudia in einem skandalösen Alter bekommen, das ungefähr mit dem Ende ihrer eigenen Schulzeit zusammengefallen sein musste. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Sommerferien] Die Gewissheit, dass es jemals Schule gegeben hatte, löste sich in der Hitze auf. Die hektischen Überlebenskämpfe kurz vor dem Zeugnis nahmen sich von hier, in der Tiefe des Zeitgrabs, genauso schemenhaft aus wie die Aussicht auf den unvermeidlichen Wiederbeginn im Herbst. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Bauen] Judiths Vater (...) war so verliebt und kopflos gewesen, mit geliehenem Geld diese Ruine zu kaufen. Weil sie theoretisch Jugendstil war. Aber seither, seit über vierzehn Jahren, wuchs ihm die Renovierung in hinterhältigen Schritten über den Kopf, als wüsste das Haus genau, dass er sich niemals geschlagen geben würde, und verurteilte ihn, den autodidaktischen Bauarbeiter, daher zu lebenslang. (Eva Menasse: Quasikristalle)

[Zustand] Ich trank den Kaffee, und das akute Fehlen einer Zukunft machte sich durch Entspannung bemerkbar. Mein Herz schlug nur noch so vor sich hin, ich befand mich in einem Zustand, den ich an bewegteren Tagen als Nahtoderfahrung erlebt hätte. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Könner] ... sah zu Manne rüber, der gerade mit seinem Taschenmesser einen Apfel klein schnitt und sich die Schnitze bedächtig mit der Messerspitze in den Mund schob, wie es nur Männer tun, die vor 1977 einen technischen Beruf erlernt haben, seit dreißig Jahren mit derselben Frau verheiratet sind und klemmende Geschirrspülertüren und Waschmaschinenunwuchten grundsätzlich selbst reparieren. (Stefan Schwarz: Hüftkreisen mit Nancy)

[Wachstum] Seine Gartenschere war zu hören: beim Wein sicherlich; denn den mußte man dieses Jahr immerzu lichten, weil er sich gebärdete, als stünde er an einem Moselhang und nicht an einem dürftigen Staketengitter unter einer märkischen Kiefer. (Christa Wolf: Erzählungen 1960-1980)

[Kontakt] Viel Kontakt hatten die beiden nicht. Sie gingen behutsam miteinander um, nahezu höflich - zwei vom Schicksal aneinander gebundene Menschen, der eine ungeeignet als Vater, während der andere sich gerade erst bewußt wurde, daß er überhaupt existierte und daß man mit diesem Dasein vielleicht etwas anfangen könnte, bevor es wieder zu Ende sein würde. (Remco Campert: Eine Liebe in Paris)

[Schlaf] Der Schlaf, der morgens zwischen den Lidern klebt: Ist er die Substanz des Schlafs oder das Substrat der ausgeschiedenen Müdigkeit? (David Wagner: Leben)

[Radar] Bis heute habe ich nicht verstanden, auf welche Weise Menschen spüren, daß sie beobachtet werden, zumal aus einer Richtung, die gar nicht in ihrem Sichtfeld liegt. Gibt es ein Intuitionsradar? Einen Sensor für Beobachtungspartikel? (David Wagner: Leben)

[Anästhesie] In der OP-Schleuse begegne ich einem freundlichen Anästhesisten, dem Zauberer, der mich gleich verschwinden lassen wird. (David Wagner: Leben)

[Geiz] Geld war nicht das glücklichste Gesprächsthema, dachte Richard. Nicht zufällig hatte sein Vater Triumphe in Molieres Komödie 'Der geizige' gefeiert. (Remco Campert: Eine Liebe in Paris)

[Balazc] ... einer der merkwürdigsten Menschen, denen ich je in dem Menschenplunder begegnet bin, den ich habe sehen dürfen. (Honore de Balzac: Zweite Frauenstudie)

[Raum] ...betrachte einen Feuerlöscher, er hängt in einer Wandnische, in der auch eine Heiligenfigur stehen könnte. (David Wagner: Leben)

[Krankenhaus] An der Hand einer Physiotherapeutin krieche ich über den Flur, sie ermahnt mich, die Füße zu heben, nicht zu schlurfen. Ich schlurfe weiter, weil ich sie noch einmal bitte nicht schlurfen sagen hören möchte, auch ihre Stimme gefällt mir. (David Wagner: Leben)

[Joggen] Unterwegs treff ich den Flötzinger. Er trägt seinen grün-blauen Jogger und joggt. Weil er gemerkt hat, dass er bei den Weibern nicht mehr so gut ankommt. Und jetzt hat er beschlossen, etwas für seine optische Erscheinung zu tun. So eine Phase hat er schon einmal gehabt. In ganz jungen Jahren. Da hat er sich einen Schnauzer wachsen lassen und angefangen zu laufen. Eine ganze Gruppe war das damals. Ein Haufen junger Leute, allesamt mit rosa oder hellgelben Jogginganzügen und Stirnbändern verkleidet, durchhopsten unsere heimatlichen Wälder. Allen voraus der Flötzinger. Als Anführer quasi. Oberstirnbandführer sozusagen. (Rita Falk: Winterkartoffelknödel)

[Schnupfen] ... muss die Oma zum Zahnarzt. Ich eigentlich auch, aber ich täusche einen Schnupfen vor. Hab mir daheim eine Viertelstunde lang die Nasenflügel mit Schleifpapier (Mittlere Körnung) behandelt und jetzt sind die rot, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Wie wahnsinnig verschnupft halt. Und mit verstopften Nasenlöchern kann man unmöglich zahnmedizinisch behandelt werden. (Rita Falk: Winterkartoffelknödel)

[Depp] Der Hans war immer ein Stiller, ein - wie soll ich jetzt sagen -? Ja, vielleicht auch nicht der Hellste. Sagen wir, so haarscharf am Dorfdepp vorbei vielleicht. (Rita Falk: Winterkartoffelknödel)


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