Männer & Frauen (1) [>>]

Was eigentlich nicht zusammenpaßt [^^] [^]


Themenstreusel: Männer/Frauen
Liebevoll schlagen
Zu Hyänen werden
Eine charakterschwache Frau
Eine trübe Mischung
Die wahre Ehe
Theoretischer Entwurf
Tüchtig einen an der Waffel
Was Partner miteinander treiben
Feindschaft geweckt
Eine moderne Ehe
Stärke und Schwäche
Romantisch verblödet
Keine Ausreden mehr
Ewige Suche
Der Augenblick
Kulleraugen und Po
Schweigen ist Gold
Zusammenarbeit?
Das Gesetz des Anstands
Aus der krummen Rippe Adams
Anstrengend
Störfaktor Frau
Schöne und häßliche Frauen
Sprechen ohne Schamgefühl
Eine moderne, selbstbewußte Frau
Heiratsunwillig (1)
Heiratsunwillig (2)
Dame oder Frau?
Beim Fensterputzen
Untauglich zum Genie
Wolf: Männer & Frauen
Die ohnmächtig Verliebten
Gutgemeinter Ratschlag
Mindestüppigkeit
Csikszentmihaly: Neue Herausforderungen
Weibliche Konkurrenz
Moor: Hochzeitfotos
Balzac: Ohne Täuschungen
Balzac: Grundregel
Balzac: Lüge und Wahrheit
Balzac: Genie
Maron: Verzicht und Folgen
Maron: Wer braucht wen?
Maron: Genetische Veranlagung
Bruyn: Die Spannung erhalten
Balzac: Memoiren zweier Jungvermählter
Werner: Die Nebenbuhler
Walser: Liebesgeschichten
Dahlmann: Entwicklungen
Katgorien des Nörgelns
Wortkarg zur Scheidung


Liebevoll schlagen

"Das Dumme ist, daß alles so kompliziert geworden ist", sinnierte Peter. "Man weiß gar nicht mehr, woran man bei den Frauen ist. Weißt du, ich habe vor kurzem einen russischen Eheratgeber aus dem sechszehnten Jahrhundert gelesen, und da stand, daß man seine Frau liebevoll schlagen soll, damit sie nicht für den Rest des Lebens blind und taub ist. Für einen solchen Ratschlag würde man heutzutage gesteinigt werden. Trotzdem hätte das vieles für sich - in leicht abgemildeter Form natürlich. Es ist wie bei diesem alten Satz über eingeborene Diener: 'Schlag sie grundlos, und du wirst keinen Grund haben, sie zu schlagen'" (Edward St. Aubyn: Nette Aussichten) ^


Zu Hyänen werden

Wenn unter siebzig Weibern zehn Männer sind - und Sie ahnen ja nicht. Da werden Weiber zu Hydranten, wie mein Giselher, also mein ehemaliger Giselher zu sagen ge - gepfle - also gesagt hat - weiß schon, zu Hyänen. Schiller: 'Glocke'. Zu Hyänen. Und ich sage Ihnen: so alt und zwischen Schlaganfall und scheintot kann eine gar nicht sein, daß sie nicht zur Hyäne wird, wenn einer frei rumläuft. Aber meistens sind's ja eh schwer verheiratete Ehekrüppel, und die Alte paßt auf wie ein Schießhund. (Herbert Rosendorfer: Die Kellnerin Anni)  ^


Eine charakterschwache Frau

Bei aller Stärke zählte sie zu den charakterschwachen Menschen, für deren innere Balance es unerläßlich ist, jemanden Schuld zuzuschieben. Nie würde sie eingestehen, daß auch sie Teile der Katastrophe verursachte, die beide manchmal noch Ehe nannten; Sündenbock war stets der Alte. Freilich knüpfte sie die Beweisketten oft so kompliziert, daß sie selbst darin hängenblieb, und ließ sich ihre Schuld an einem Vorfall dann nicht leugnen, zerdrückte sie die Zigarette, starrte aus dem Fenster und murmelte ihr Leckt mich doch all am Arsch! (Ralf Rothmann: Wäldernacht, S. 132)


Eine trübe Mischung

Die Liebe ist allemal eine quälende Trübung unseres chemischen Elements, wir werden mit einem anderen Element (mit vielen zumeist) im Kolben durcheinandergeschüttelt zu einer grauen Mischung. Wie herrlich, wenn unser Wesen aus der Verbindung zurücktritt und auf dem Heimweg sich sammelt zu seiner alten Wahrheit! Dann erst können wir lieben! Aber wollen denn die Weiber, daß wir sie lieben? Sie wollen nicht uns, sondern die trübe Mischung! (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 85/86)


Die wahre Ehe

Erst was zwanzig Jahre gewährt hat, darf auf den Namen "Ehe" Anspruch erheben, denn erst mit zwanzig Jahren Dauer ist die Paßhöhe menschlicher Ewigkeit erklommen. Und dieses Wort Ehe, es bedeutet ja nichts anderes als "Ewe" oder "Ewa", was soviel heißt wie Ewigkeit. Es gibt Forscher, die, noch feiner unterscheidend, die Vokabel auf das lateinische "aequum aeternum" zurückführen, als da ist "das ewig gleiche". Nun, dieses "aequum aeternum", aus hundert Elementen zusammengesetzt, zwei Jahrzehnte lastet es auf den Menschen als Behagen und Unbehagen, als Haß, Sentimentalität, Lüge, Angst, Sorge, Verheimlichung, Fluchttrieb; doch insolange es noch lastet und fühlbar bleibt, ist es noch widerruflich, schließt es die Hoffnung auf Befreiung ein, die sich im Anfang oft mächtig aufbäumt, allmählich immer schwächer und leiser wimmert, um dann als gleichgültiger Hauch zu verlöschen. Und dies ist der Augenblick, in dem die wahre Ewe oder Ehe einsetzt, ein mächtiges Ding, das auf sein Eigenbleiben pocht und sich um die Leute wenig kümmert, von denen es sich tragen läßt. (Franz Werfel: Die tanzenden Derwische. Erzählungen, S. 45)


Theoretischer Entwurf

In meinem theoretischen Entwurf hatte ich Mann und Frau beim anderen ankommen sehen, immer war einer der beiden regennaß und trug ein weißes Leinenhemd, und dann tropften die Haare, die immer schwarz waren, und die beiden standen im Regen und rissen sich die weißen Hemden vom Körper, fielen in den Schlamm, wälzten sich darin herum, bissen sich und verkehrten miteinander, bis der Morgen die Nacht ablöste. Schnitt. Im nächsten Bild saß das Paar dann ohne Übergang in zwei Schaukelstühlen vor einem Kaminfeuer, trank Rotwein und las sich aus Erstausgaben vor, wobei ich weder Wein trank noch genau zu sagen wußte, was eigentlich der Schmackes an einer Erstausgabe war. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 185)


Tüchtig einen an der Waffel

Frauen neigen häufiger als Männer dazu, ihre Existenz durch aberwitzige Geschichten aufzuwerten. Sie werden wiedergeboren, haben heilerische Fähigkeiten, Borderline oder werden von Meteoriten infziert. Normal. Männer sind einfach, Frauen brauche einen Grund zum Sein. Die Frau, von der ich zu berichten wußte, zeigte mir gerne ihre Fingernägel, unter denen sie Spuren fremden Lebens glaubte. Ich hatte noch nie daran gezweifelt, daß Menschen tüchtig einen an der Waffel hatten. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 127)


Was Partner miteinander treiben

In der Naivität eines Alleinlebenden war ich davon ausgegangen, daß Paare ihre Freizeit intensiv gestalten müßten, weil sich ansonsten die Stille, die zwischen ihnen steht, als bösartiges Geschwür manifestieren würde. Das Beziehungsmodell, das mir von verschiedenen Kunstformen her bekannt war, basierte auf rein sexueller Anziehungskraft, die nach einer gewissen Zeit erlosch. Was Partner dann miteinander trieben, blieb unklar und wurde meist als Elend verittelt. (Sibylle Berg: Der Mann schläft, S. 95)


Dame oder Frau?

Keine Jahreszeit ist besser geeignet, den Unterschied zwischen Dame und Frau zu studieren, als der Frühling. Wer sich durch Ausstellungsbedürfnis besonders hervortut, das sind die Weiber. Die Weiblichkeit zwischen März und Mai 'hold' zu nennen, kommt einem Frevel an der Sprache gleich. Während die Dame ihre Eleganz stets unabhängig von Jahreszeiten beweist, erliegen die meisten Frauen dem Irrtum, sie müßten besonders im Frühjahr beweisen, welches Geschlecht das Stärkere sei. In Wirklichkeit rutschten sie nur ständig auf ihrer Hautcreme aus oder haben das Gesicht voller Sonnenbrille. Was sie auf der Suche nach ihrer eigenen Tragödie für ein Zelebrieren halten, driftet regelmäßig ins Vulgäre und beweist doch nur, daß sie Krampfadern im Gehirn haben. (Gerhard Köpf: Ein alter Herr, S. 155)


Beim Fensterputzen

Wenn man einem Mann beim Putzen zusah, behauptete Frau von Wiesensteig, vergesse man mit einem Mal das Mindere dieser Arbeit, wobei dieses Mindere ja bloß historisch bedingt sei. Männer verstünden es, mit Würde an eine solche Tätigkeit heranzugehen. Ein Mann, sagte sie, der ein Fenster putzt, putzt ein Fenster. Eine Frau hingegen verwandelt diesen Vorgang in einen Akt der Selbstgeißelung. (Heinrich Steinfest: Ein sturer Hund, S. 64)


Untauglich zum Genie

Könnte nicht, frage ich mich und Sie, der öfter, manchmal auch heuchlerisch beklagte Mangel an weiblichen Kunst-"Genies" außer mit den Lebensumständen der Frauen, auch mit ihrer Untauglichkeit zusammenhängen, sich dem auf den Mann zugeschnittenen Geniebild einzupassen? (Christa Wolf: Die Dimension des Autors, S. 608)


Die ohnmächtig Verliebten

Wie rastlos sind die ohnmächtig Verliebten heute wie zu allen Zeiten. Sie schreiben zwei, drei SMS in kürzesten Abständen hintereinander, nicht mit den Fingern auf Girtarrensaiten suchen sie heute ihre Leiden zu stillen, sondern an der winzigen Tastatur ihres Handys. (Adam Soboczynski: Die schonende Abwehr verliebter Frauen, S. 167)


Wolf: Männer & Frauen

Sie sagt, nach ihrer Beobachtung gehöre zum Leben der Frauen mehr Mut als zu dem der Männern. Wenn Sie von einer Frau hören, die diesen Mut aufbringe, verlange es sie danach, mit ihr bekannt zu sein. Es sei nämlich dahin gekommen, daß die Frauen, auch über Entfernung hinweg, einander stützen müßten, da die Männer nicht mehr dazu imstande seien. Das muß sie ihm schon näher erklären. Ach Kleist, Sie wissen es doch. Weil die Männer, die für uns in Frage kämen, selbst in auswegloser Verstrickung sind. Ihr werdet durch den Gang der Geschäfte, die euch obliegen, in Stücke zerteilt, die kaum miteinander zusammenhängen. Wir sind auf den ganzen Menschen aus und können ihn nicht finden. (Christa Wolf: Kein Ort. Nirgends, S. 118)


Gutgemeinter Ratschlag

Du hast noch nie begriffen, was Liebe ist. Na schön. Trotzdem halte ich daran fest, daß du gut daran tätest, diese hochriskante Verbindung zu einer Frau zu lösen, die offenbar die freudlose Lebenseinstellung einer Kindergartenleiterin hat und bestimmt den Großteil ihres Ehelebens damit zubringen wird, ihrem Gatten mit dem Lineal auf die Finger zu klopfen. (P.G. Wodehouse: Onkel Dynamit, S. 183)


Mindestüppigkeit

Ich wünsche allen Männern zwei Frauen und allen Frauen zwei Männer, wenigstens phasenweise, denn zwei Frauen oder zwei Männer sind die Mindestüppigkeit, mit der wir den Kampf gegen unser armseliges Leben antreten können, ohne uns gleich dem Gesetz der Kargheit auszuliefern. (Wilhelm Genazino: Die Liebesblödigkeit, S. 45)


Neue Herausforderungen

Die einzige Möglichkeit, flow in die Beziehung zu bringen, besteht darin, neue Herausforderungen in ihr zu entdecken. Das sind vielleicht nur einfache Schritte, wie die Änderung der Eß-, Schlaf-, und Einkaufsgewohnheiten. Man versucht vielleicht, über andere Themen zu reden, neue Orte zu besuchen, neue Freunde zu gewinnen. Mehr als alles andere bedeutet es aber, die Aufmerksamkeit auf die Komplexität des Partners zu richten, ihn oder sie besser und auf tiefere Ebene kennenzulernen. (Mihaly Csikszentmihaly: Flow. Das Geheimnis des Glücks, S. 239)


Hochzeitfotos

Es ist bekannt, daß immer, wenn ein frischverheiratetes Paar zum erstenmal sein Hochzeitsporträt zu Gesicht bekommt, die Braut nur auf die Braut schaut und der Bräutigam ebenfalls. Bräutigame könnte man spaßeshalber in der Dunkelkammer sofort austauschen, Bräute nie. (Margriet de Moor: Sturmflut, S. 205)


Weibliche Konkurrenz

"Willst du auch mit Nili schlafen, wie alle anderen?" "Was? Wo hast du den Mist denn her?" "Weiß ich nicht. Ich kann sie nicht ausstehen. Tut mir leid" "Warum? Sie ist so nett!" ruft er mit aufrichtigem Unverständnis über meine Feindseligkeit. Verflixt, Kushnir, du hast das gerade so gut hinbekommen. Warum bist du nur so ein blinder putz wie all die anderen Männer, die meinen, jede schöne Frau sei "nett"? Warum erkennen nur wir aufgeweckten Mädels die Wahrheit? Warum? Warum? "Na ja, ich habe nichts gegen sie", schwindele ich. "Sie... sie mag mich nur nicht." "Warum glaubst du das?", bohrt er. Sein Blick wird zusehends leerer, sein Penis nagt an den Frontallappen seines Hirns und fällt über die letzten Reste Weisheit und Verstand her, die er zuvor an den Tag gelegt hatte. (Iris Bahr: Moomlatz oder Wie ich versuchte in Asien meine Unschuld zu verlieren, S. 178)


Ohne Täuschungen

Bei ihrer dritten Inkarnation, denn mit jeder Leidenschaft wird eine Frau etwas gänzlich anderes, macht sie im gleichen Maß Fortschritte im Schwindeln; das ist der einzige Ausdruck, der die Auswirkung der Erfahrung richtig wiedergibt, die dergleichen Abenteuer verleihen. Nun aber hatte die Marquise de Rochefide sich nach ihrem Spiegelbild beurteilt. Geistvolle Frauen sind nie in Selbsttäuschung befangen; sie zählen ihre Falten, sie wohnen dem Entstehen ihrer Krähenfüße bei, sie sehen ihre Gerstenkörner keimen, sie kennen sich auswendig und bekunden es oft gar zu sehr durch die Größe ihrer Bemühungen, sich zu konservieren. (Honore de Balzac: Beatrix)


Grundregel

"Es handelt sich nicht darum, euch Männer zu lieben", hatte sie ein paar Augenblick vor Calystes Eintreten gesagt, "man muß euch schurigeln, wenn man euch in der Hand hat; darin beruht das Geheimnis derer, die euch für sich festhalten wollen. Die schatzhütenden Drachen sind mit Klauen und Flügeln bewaffnet...!" (Honore de Balzac: Beatrix)


Lüge und Wahrheit

Ich habe also eine Schmollmiene aufgesetzt, und Calyste war auf eine reizende Weise beunruhigt. Auf die mir zugeflüsterte Frage: "Was hast du...?" habe ich wahrheitsgemäß geantwortet: "Nichts!" Und ich habe nur zu gut gemerkt, welch einen geringen Erfolg die Wahrheit zunächst erzielt. In Fällen, wo Raschheit Frauen und Reiche retten muß, ist die Lüge eine entscheidende Waffe. (Honore de Balzac: Beatrix)


Genie

Nie zuvor habe ich einen so köstlichen Abend verlebt. Genie ist etwas sehr Großes und Erhabenes! Warum hast du mich nicht mit Genie begabt? Hat man Genie, dann kann man sich unter den Frauen die auswählen, die man liebt, sie gehört einem unweigerlich." (Honore de Balzac: Beatrix)


Verzicht & Folgen

Da Frauen die Kinder bekommen und von der Natur meistens auch mit dem Wunsch, diesem biologischen Auftrag zu folgen, ausgestattet sind, werden sie häufiger und in existenziellerer Weise als Männer gezwungen, ein Wollen gegen ein anderes Wollen abzuwägen. Oder aber, und das ist meine Erfahrung, sie entscheiden sich, die Vollkommenheit woanders zu suchen als in der Perfektion des Einen, das heißt, die Eindrücke des Lebens in das Werk zuzulassen. (Monika Maron: quer über die gleise. Essays, Artikel, Zwischenrufe, S. 90)


Wer braucht wen?

Über die männliche Körperkraft lachen Frauen erst, seit sie ihrer nicht mehr bedürfen. Und der Mann als Krieger ist auch erst verpönt, seit der Soldat im Krieg die geringste Rolle spielt und selbst die zarteste Frau die bedrohliche Knöpfe bedienen könnte. Eigentlich müßten sich die Männer nur damit abfinden, daß sie nicht unentbehrlicher sind als die Frauen, sogar ein bißchen weniger, weil er weibliche Anteil an der Fortpflanzung einfach größer ist. Der schöne Gedanke, daß die Frauen die Männer nur noch brauchen, um sie zu lieben, sollte sie enztücken, statt sie zu ängstigen. Offenbar fühlen sie sich aber sicherer, wenn sie für Geld, Titel oder Muskelkraft geliebt werden und nicht, weil sie so glug, gut, schön oder niedlich sind. (Monika Maron: quer über die gleise. Essays, Artikel, Zwischenrufe, S. 83)


Genetische Veranlagung

Für das Ergebnis der Erziehung an männlichen Kindern scheint es ohnehin gleichgültig zu sein, ob man ihnen das Weinen verbietet oder sie zwingt, mit Puppen zu spielen, was meiner Freundin J.J. Recht gibt, die behauptet, es handele sich bei der männlichen Vorliebe für unterlegene Frauen um eine genetische Veranlagung. Der Mann müsse, um seinen genetischen Auftrag zu erfüllen, die Beute in die Höhle schleppen, und wenn schon nicht die ganze, dann wenigstens die größere. Und ein Mann, der im Restaurant die Rechnung nicht bezahlen könne, ginge seelisch einfach vor die Hunde. Nur Künstler seien imstande, ein solches Defizit auszugleichen. Ihre Beutegabe sei ihr Genie, sogar ein vermeintliches Genie reiche dafür aus, behauptet J.J. (Monika Maron: quer über die gleise. Essays, Artikel, Zwischenrufe, S. 83)


Heiratsunwillig (1)

Madame de Bray hatte sich vorgenommen, ihn zum Heiraten zu bewegen - ein aussichtsloses Unterfangen, denn nichts war schwieriger als ihn zu ernstlicher Prüfung der Möglichkeiten zu veranlassen. Er berief sich meistens darauf, daß er das Alter, in dem man aus Neigung heirate, schon hinter sich habe, und daß zum Eingehen einer Ehe, wie zu allen hochwichtigen oder gefährlichen Unternehmungen im Leben, der Auftrieb einer starken Begeisterung nötig sei. "Es ist ein Spiel - das gewagteste Hazardspiel von allen", äußerte er, "das sich nur durch den Wert, die Menge, die Glut und Aufrichtigkeit der Illusionen, die man einsetzt, entschuldigen läßt und überhaupt erst unterhaltend wird, wenn man auf beiden Seiten va banque spielt." (Eugène Fromentin: Dominique, S. 6)


Heiratsunwillig (2)

"Sie wollen wirklich niemals heiraten?" fragte Madame de Bray wieder einmal. "Vermutlich nicht", sagte d'Orsel, jetzt in viel ernsterem Tone. "Es gibt so vieles, was ich mit weniger Gefahr für andere und weniger Besorgnis um mich selbst hätte tun können - und schon das habe ich nicht getan. Das Leben aufs Spiel setzen bedeutet nichts, die Freiheit und Glück vollends an eine Frau verpfänden...? Ich habe mir einige Jahre die Sache reiflich überlegt - das Ende vom Liede ist doch, daß ich mich aufs Heiraten nicht einlassen werde." (Eugène Fromentin: Dominique, S. 42)


Eine moderne, selbstbewußte Frau

Marias unsaubere, kindliche Fingernägel. Ich hatte Lust, ihr Haar zurückzustreichen, um ihre Ohrläppchen zu sehen. Fred bemerkte, daß ich sie ansah. Er ging zu ihr, drückte einen Finger auf ihr rechtes Wangenbein und zog das Augenlid nach unten. Er lächelte mich an: Schau, eine gut ausgebildete narzistische Hypochondrie. Ich möchte sie klassisch nennen. Schwein, sagte Maria ruhig. Sie blieb unbewegt sitzen und wehrte ihn nicht ab. Fred ließ sich nicht unterbrechen: Dazu eine Anlage zur Hysterie, als Ergebnis verdrängter Triebe und unverarbeiteter Außenreize. Du mußt wissen, sie leidet. Sie ist unverstanden, unterdrückt, kastriert. Sie hat irgendwo gelesen, daß die moderne, selbstbewußte Frau unglücklich zu sein hat, und sie will auch eine moderne, selbstbewußte Frau sein. Also hat sie Depressionen. Ach, Gott, wie depressiv sie ist. Und der Schuldige an dem ganzen Elend bin ich, der Mann, das Ungeheuer, der Patriarch. Der ihr beständig seinen Willen und seinen Penis aufdrängt. Eine Systemneurose: Macht kaputt, was euch kaputt macht und so weiter. Unter ihrem Kopfkissen hat sie ein großes Küchenmesser, um mir die Eier abzuschneiden, falls es meiner maskulinen Perversionen gelüsten sollte, sie zu bumsen. Als ihr Ehemann und Arzt kann ich zwei Spätfolgen diagnostizieren: erstens, ihre Kochkünste, mit denen es nie weit her war, verkümmern galoppierend. Zweitens, die Idiotie wächst dazu proportional. Sie wird verrückt. Als Arzt gebe ich ihr höchstens zwei Jahre, als Ehemann bin ich weniger optimistisch. (Christoph Hein: Der fremde Freund, S. 59f.)


Sprechen ohne Schamgefühl

Es wird für einen Mann immer schwer sein, den Mangel an Verschwiegenheit zu begreifen, den Frauen in ihren Liebesangelegenheiten an den Tag legen. Sie haben kein Schamgefühl. Ohne Verlegenheit sprechen sie miteinander über die intimsten Dinge. Keuschheit ist eine männliche Eigenschaft. (W. Somerset Maugham: Die Macht der Umstände, S. 214)


Schöne und häßliche Frauen

Häßliche Frauen aller Länder vereinigt euch. Die Schönen jehörn erst dazu, wennse alt werden. Solange se jung sind, sind se doof. Wennse nur irgendwat am Leibe haben, wat ihnen schön vorkommt, malnse sich die Stelle rot oder grün, oder ziehn was Glänzendes drüber, damitse ooch jeder sieht. Hier, seht her, ich habe was Schönes. Und wenn eener dann seine Hand uff dit Schöne legt, globense, sie habn jewonnen. Je schöner se sind, desto blöder werdnse, weilse globen, für sie herrscht n Ausnahmezustand uff der Welt. Sie werdn jeliebt, ernährt, jestreichelt, und wennse alt sind, könnse sich uffhäng, weil ihr Oller überhaupt nur son Stück spiegelblanke Haut jeliebt hat, die nun leider verschrumpelt. Denn jeratense ins Grübeln, bloß dit könnse nich mehr, weil ihr bißchen Jehirn ihnen inzwischen einjegangen is wegen Nichtbenutzung. (Monika Maron: Das Mißverständnis. Vier Erzählungen und ein Stück, S. 110)


Störfaktor Frau

"Sagen Sie mir Leger, was halten Sie von Frauen?" fragte Joseph und zündete sich eine Zigarette an, während der andere ihm mit krummen Rücken ein altes Pergament brachte. Leger seufzte und antwortete mit bekümmerter Miene: "Es muß sie wohl geben. Aber sie schaden dem Studium der schönen Literatur. Ich persönlich bin der Meinung, sie sollten einen Schleier tragen, so daß wir nicht mehr durch das freche Schauspiel ihrer Frätzchen von unserer Arbeit abgelenkt würden. (Eine Maßnahme, die, nebenbei bemerkt, die Häßlichen und die Alten, das heißt die Mehrzahl der Frauen, begeistern würde und außerdem den Vorteil hätte, sie alle von diesem Wettbewerb des Fleisches zu befreien, zu dem sie bei Strafe des Ausschlusses aus der Gesellschaft genötigt sind.) Meinen Sie, Newton hätte das Gesetz der Schwerkraft entdeckt, wenn er an Frauen gedacht hätte?" "Auf die Schwerkraft, Leger, kann man verzichten, die Frauen dagegen... Sie sind manchmal so schön..." "Niemals so schön wie eine Maxime von La Rochefoucauld oder eine Originalausgabe des 'Verliebten Teufels' von Cazotte. Glauben Sie mir, mein lieber Doktor, das Vergnügen, das die Frauen uns verschaffen, entschädigt bei weitem nicht für die Qualen, die sie uns bereiten. Sie schmarotzen an unserem Geist, knabbern unsere Zeit an und stören unsere Arbeit. Mit einem Wort, sie verschlimmern das Leben nur." "Leger, Ihr Radikalismus beunruhigt mich..." "Wird es am Ende, lieber Doktor, soweit kommen, daß wir, um uns ganz und gar unseren Studien widmen und die Ruhe des Geistes, den größten Schatz nach der Gesundheit, genießen zu können, bald genötigt sein werden, es wie die griechischen Asketen zu machen, die sich mit einem stolzen Messerstreich mannhaft das Ding abschnitten? Denn schließlich kann man sich nicht mehr mit einem schönen alten Schmöker ruhig auf eine Bank im Jardin du Lexembourg setzen, ohne daß mitten im schönsten Satz eine dieser Kreaturen vorbeigeht und einige erlesene Teile ihres Körpers zur Schau trägt... Und je mehr sie danach aussehen, als wollten sie sich anbieten, desto schwieriger sind sie! ... Offen gesagt, lieber Doktor, muß man nicht ein erloschenes Auge und ein gepanzertes Hirn haben, um diesem infamen Überangebot erotischer Provokation zu widerstehen, diesem besessenen Ausbreiten von allem, was einem Hintern ähnelt, all diesem frischen Fleisch, mit dem Kino, Fernsehen und Werbung uns schamlos überfüttern? Als legte man es bewußt darauf an, uns in lüsterne Schweine zu verwandeln! ... Wenn die Freiheit darin besteht, daß einem das Wasser im Munde zusammenläuft, bis man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht, dann zum Teufel mit der Freiheit. (Henri-Frederic Blanc: Im Reich des Schlafes, S. 69)


Anstrengend

Es war ihr noch nicht gelungen, ihm diesen Glauben zu nehmen. Du bist anders, sagte er immer wieder, die deutschen Frauen, die ich vorher kannte, waren anstrengend und gespalten, erst schroff emanzipiert, dann erschreckend zahm, als wüßten sie nicht, was sie wollten, als liefen sie immer unglücklich einer falschen Rolle hinterher, und dann schnell ins Bett und schnell die Probleme auf den Frühstückstisch gebracht. Wenn Frauen anstrengend sind, hatte sie erwidert, dann sind die Männer doppelt anstrengend, ihr wißt immer nur einen Abend lang, was ihr wollt, und haltet am nächsten Morgen schon wieder das Maul und wollt eure Ruhe haben. Anstrengend, das Männerwort. Sie wollen es bequem haben mit uns, wir sollen weich und flauschig und pflegeleicht sein, kratzfest und stabil. Wehe, wir zeigen uns lustlos. Wehe, wir sprechen von dem, was sie auch alle haben: Probleme, Ärger, Ängste. Die Feiglinge. (Friedrich Christian Delius: Adenauerplatz, S. 235)


Aus der krummen Rippe Adams

"Laß den, der an Gott glaubt und an den Jüngsten Tag, seinem Nachbarn Schaden tun; doch laß ihn die Frauen gut behandeln. Sie ward geschaffen aus der Rippe Adams; und es ist der obere Teil der Rippe, welcher am krümmsten ist. Wenn du versuchst, sie geradezubiegen, so wird sie brechen; wenn du sie aber in Ruhe lässest, so wird sie krumm bleiben. Daher soll ein Mann die Frauen gut behandeln." (Muriel Spark: Das Mandelbaumtor, S. 266)


Das Gesetz des Anstands

Sollte die Frau einer deutschen Berühmtheit nicht ruhig, gemütlich, breit und langsam sein? Ist nicht er das Hirn, sie die willige Dienerin? Das ist völlig gerecht. Wenn es große Männer geben soll, so muß sich auch jemand finden, der sich um sie kümmert. Dies muß jemand sein, der geduldiger, treuer und verehrender ist als ein Dienstbote, der aber nicht wie ein Dienstbote in der Lage ist, bei der geringsten Veränderung den ganzen Kram hinzuwerfen. Eine Ehefrau ist die Hecke zwischen den kostbaren Blüten des männlichen Geistes und der Hitze und dem Staub der gemeinen alltäglichen Plackerei. Sie ist der schützende Flanell, wenn die Winde des Alltags kalt wehen. Sie ist Prellbock, Trösterin und Köchin, und solange sie diese verschiedenen Rollen freudig übernimmt, ist alles in Ordnung. Erst wenn sie Widerstand leistet, wenn sie so weit geht, auf dem Pfad erhitzter Rebellion durchaus klug sein zu wollen, aus eigener Kraft und in der Öffentlichkeit, so hat sie, jedenfalls in Deutschland, gegen jedes Gesetz von Religion und Anstand verstoßen. (Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen. Ein Reiseroman, S. 82)


Zusammenarbeit?

Wenn die Frauen nur wollten, würde es nicht beim Protest einiger weniger bleiben. Und zuerst müßte diese geheime Gegenerschaft unter Frauen überwunden werden, ehe eine wirkliche Zusammenarbeit zustande kommen könnte. Wenn Charlotte von Zusammenarbeit sprach, dachte sie offenbar nur an diejenigen, denen die Jahre, anstelle der Macht der Jugend, die traurige Vernünftigkeit verliehen haben, die aus wiederholter Enttäuschung kommt - eine Zusammenarbeit also der Ältergewordenen. Und die deutsche Ältergewordene bleibt in den allermeisten Fällen zurückgezogen in ihrer Küche und denkt nicht im Traum an Zusammenarbeit. Hat sie nicht die Streitereien ihrer ersten Ehejahre hinter sich gebracht, hat sie nicht die Kinderstuben gefüllt, und ist sie nicht ein wenig unförmig geworden? Wenn rebellische Gedanken je in ihrem Kopf entstehen, wird sie sich im Spiegel betrachten, und sie wird denken, daß Frauen wie sie, die irgend etwas anderes tun, als ihr Heim in Ordnung zu halten und ihre Familie zu füttern, sich auf beinahe rührende Weise lächerlich machen. (Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen. Ein Reiseroman, S. 80)


Schweigen ist Gold

Unterdessen waren wir bei den Kastanienbäumen vor dem Gasthaus angekommen. Ich so schweigsam, daß mein Begleiter überzeugt war, ich sei eine der intelligentesten Frauen, die er je getroffen hatte. Ich weiß das daher, weil er, als wir an "Frau Förster" Waschhaus und Rosengarten vorübergingen, sich mir plötzlich zuwandte und sagte: "Wie kommt es nur, daß deutsche Frauen so unendlich viel intellektueller sind als Engänderinnen?" Intellektuell! Wie hübsch. Und das alles nur, weil ich an der richtigen Stellen den Mund gehalten habe. (Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen. Ein Reiseroman, S. 52)


Kulleraugen und Po

Käthe beklagte immer diese vielen Scheidungen, "kaum hat man mal eine die nett war, hat mal mit ihr Tee getrunken und geplaudert, ist mal mit ihr einkaufen gegangen - dann verschwindet sie als Geschiedene in Garmisch oder an der Cote d'Azur, und es taucht irgendeine neue auf, Blondine mit Po und Kulleraugen, Schwarzhaarige mit Kulleraugen und Po, mit Busen, ohne - kaum so alt wie die eigene Tochter; mein Gott, was müßt ihr Männer alles an Busen, Pos und Kulleraugen vermißt haben in eurem Leben." (Heinrich Böll: Fürsorgliche Belagerung, S. 95)


Der Augenblick

Daß die Amerikanerin für einen Augenblick so schwach wurde, das nutzte Natercio gleich, denn es ist ja bekannt, daß bei jeder Frau ein Augenblick kommt, wo sie schwach wird, und wer richtig was von Frauen versteht, der ist eben so gut und weiß, wann so ein Augenblick da ist. (Joao Ubaldo Ribeiro: Der Heilige, der nicht an Gott glaubt, S. 40)


Ewige Suche

Zum Glück für die Frauen hat aber doch jede Liebe ihre besondere Physiognomie, und wenn auch jeder Mann schließlich dem anderen gleicht, so ist doch auch jeder vom anderen wieder verschieden. Das erklärt auch allein das ewige Suchen der Frau nach dem Mann, der ihren tausend Launen besser berecht wird als der andere. Aber soll man sie wegen dieses ewigen Suchens eigentlich tadeln? Die Natur dreht und ändert sich ständig, und da will man von einer Frau verlangen, daß sie immer die Gleiche bleibe? Wißt ihr, ob das Eis denn wirklich kalt ist? (Honore de Balzac: Tolldreiste Geschichten, S. 169f.)


Keine Ausreden mehr

Müde und alleine, denn kein Mann blieb bei ihr, seit Karla in Amerika war, blieb einfach keiner, und gerade war schon wieder einer gegangen. Sie hatte ihn in der Bar kennengelernt. Sie hatte getanzt, die Brust mit Heftpflaster abgeklebt, seinen Blick darauf gesprüt, überall gespürt. Es war schön, jung, hatte lange schwarze Haare, wie ein Indianer sah er aus, und sie hatte getanzt, als wäre sie mit ihm alleine. Sie waren durch den Morgen gelaufen, wie das nur Schauspieler bringen so hysterisch, er war einen Strommast hochgeklettert, um ihr eine Leitung zu pflücken, sie hatte geschrien vor Schreck, sich ein bißchen in die Hose gemacht vor Lachen über sein Gesicht, als er Stromschlagopfer spielte, sie hatten sich geküßt. Am Meer hatten sie gesessen, immer hocken sie in Wassernähe, und hatten über ein Drehbuch gesprochen, das sie schreiben wollten, hatten über das neue Traumpaar Hollywoods - sich - geredet, und seit drei Tagen rief er nicht an. Karla war alt genug, um zu wissen, was das bedeutete. Alt genug, um sich keine Ausreden mehr einfallen zu lassen, wie früher, die toten Geschichten noch ein bißchen zucken zu lassen, daß sie dann bei ihrem Ende nur noch mehr schmerzen. Ein verliebter Mann ruft immer an, das ist die Wahrheit. Er ruft einmal am Tag an oder fünfmal, ein halbes Mal, und er labert und stottert, er schweigt oder schickt ein Fax, aber er tut es, und tut er es nicht, ist die Geschichte zu Ende oder hat nie angefangen. (Sibylle Berg: Amerika, S. 60f.)


Romantisch verblödet

Wenn sich Karla das Berühren vorstellte, wie sie stundenlang nur die Härchen auf der Haut des Mannes aufstellen wollte, wußte sie noch nicht, daß sie Müll dachte und Männer nur ficken und sich nicht die Härchen aufstellen lassen mögen, daß Frauen romantisch verblödet sind und einem Traum nachhängen, das wußte sie noch nicht und dachte immer, der eine käme, mit all seinen Härchen. Immer mal wieder sollte einer kommen, aber der eine den rechten Härchen - nie. (Sibylle Berg: Amerika, S. 40)


Stärke und Schwäche

Diesen Glauben an eine endlose Wandelbarkeit, an das Sichändern durch zunehmendes Wissen oder eine neue Betrachtungsweise hatte er mit der Zeit als eine Seite ihrer Weiblichkeit zu sehen gelernt. Hatte er einst geglaubt, oder gemeint, glauben zu müssen, Männer und Frauen seien bis auf die offensichtlichen körperlichen Unterschiede im wesentlichen gleich, so argwöhnte er nun, daß eines ihrer vielen Unterscheidungsmerkmale gerade diese Einstellung zum Wandel war. Jenseits eines bestimmten Alters erstarrten Männer, wähnten sich auch unter widrigen Umständen eins mit dem Schicksal. Sie waren, was sie zu sein glaubten. Entgegen ihren Worten glaubten Männer an das, was sie taten, und verharrten darin. Das war eine Schwäche und eine Stärke. Mochten sie aus Schützengräben springen, um sich zu Tausenden abknallen zu lassen, oder selbst schießen, oder letzte Hand an einen Symphonienzyklus legen, nur selten kam es ihnen in den Sinn, oder es kam nur den seltenen Ausnahmen unter ihnen in den Sinn, daß sie jetzt ebensogut etwas völlig anderes tun könnten. (Ian McEwan: Ein Kind unserer Zeit, S. 82)


Eine moderne Ehe

Eine moderne Ehe ist eine überaus zartbesaitete Organisation. Der Gedanke an eine leichte Trennung - alles neu beginnen, noch ist es nicht zu spät - hängt ständig in der Luft wie ein lang gehegter Wunsch, beispielsweise eine Weltreise zu machen oder einmal mit dem Dampfer Pobeda von Odessa nach Batumi zu fahren. In den zwanzig Ehejahren mit Rita gab es wohl keine einzige Woche, in der ich nicht so oder so an dieses Thema gedacht hätte. Nicht immer drang es an die Oberfläche, aber irgendwo tief drinnen, als leise Hoffnung und heimlicher Trost, war es immer da. Sitzt man in einem überfüllten Theater in stickiger Luft, ist es schön zu wissen, daß über der Tür hinter dem grünen Vorhang die Aufschrift "Notausgang" leuchtet. Man kann jeden Augenblick aufstehen und auf die Schrift zugehen. Und hinaustreten in die frische Luft und, da der Abend ja erst angebrochen ist, gehen wohin man will - in ein Restaurant, zu einem Freund. Doch wir verlassen ein Theater nur sehr selten vorzeitig. Höchstens wenn das Stück über Gebühr erbärmlich oder die Luft zum Ersticken ist. Die Karten sind nun mal bezahlt, und außerdem hat man keine Lust, aufzustehen und sich durch die Reihe zu drängeln, über irgendwelche Füße hinwegzusteigen und die tadelnden Blicke auf sich zu ziehen. Das Wissen aber um die Möglichkeit - in jedem Augenblick -, es ist tröstlich, und so muß es sein, damit man leichter atmen kann. Es heißt, in jedem Menschen, selbst im gesündesten, steckt der Tuberkulosebazillus, doch bedarf es besonderer Voraussetzungen, damit der Bazillus wachsen und der Krankheitsprozeß beginnen kann. Der Gedanke an eine Trennung schlummert wie ein Bazillus in einem. Bestreiten Sie das nicht, das ist eine Tatsache. Horchen Sie in sich hinein! (Juri Trifonow: Zwischenbilanz, S. 55)


Feindschaft geweckt

Dem Vertrauen der Männer in Institutionen, die von ihnen selbst und nicht von Frauen geschaffen waren, setzten Frauen ein anderes Prinzip des Ichseins entgegen, in dem das Sein mehr war als das Tun. Vor langer Zeit hatten Männer darin etwas Aufsässiges erblickt. Frauen umgaben einfach den Raum, den Männer zu durchdringen suchten. Die Feinschaft der Männer war geweckt. (Ian McEwan: Ein Kind unserer Zeit, S. 83)


Als gegeben hinnehmen

Es gibt Ehen, deren Entstehung die belletristisch geübteste Phantasie sich nicht vorzustellen vermag. Man muß sie hinnehmen, wie man im Theater die abenteuerlichen Verbindungen hinnimmt, die als Voraussetzung gegeben sind und die Grundlage für den mathematischen Aufbau einer Posse bilden. (Thomas Mann: Der Wille zum Glück, Erzählungen, S. 147)


Mit stoischer Ruhe

Schacht, wie alle Männer, war ein naives Gemüt. Lieb, aber gefühlsdumm. Vermutlich erfüllten ihn Zivis Kompliziertheiten mit einem gewissen Stolz. Er, der brave Schacht, war mannstark genug, eine haut- und haltlose Gattin mit stoischer Ruhe durch die Klippen der banalen Alltäglichkeit zu steuern. (Thomas Hürliman: Das Gartenhaus, S. 51)


Honig- und Wermutmond

In Voltaires Kurzroman "Zadig" heißt es: "Le premier mois de mariage... est la lune de miel et le second la lune d' absinthe." In meiner Ausgabe steht: "Zadig sollte bald erfahren, daß der erste Ehemonat der Honigmond, der zweite jedoch der Wermuthmond ist." Angeblich geht das auf ein arabische Sprichwort zurück. "La première lune après le mariage est de miel, celles qui la suivent sont d'absinthe". Als Pessimist und Misanthrop mag man diese Beschränkung nicht gelten lassen und würde sich gerne das gesamte beschissene Leben wenn nicht schön, so doch erträglich saufen.


Was man lernen kann

Wenn man mit einer Frau zusammenlebt, lernt man jeden Tag etwas Neues. Bisher habe ich gelernt, daß lange Haare den Abfluß verstopfen, bevor man 'Abflußreiniger' sagen kann; daß es sich nicht empfiehlt, einen Artikel aus der Zeitung auszuschneiden, bevor die eigene Frau ihn gelesen hat, auch wenn die fragliche Zeitung schon eine Woche alt ist; daß ich der Einzige in unserem Zweipersonenhaushalt bin, der drei Tage hintereinander ohne zu schmollen dasselbe zum Abendbrot essen kann; und daß Kopfhörer erfunden wurden, um Ehegatten vor den musikalischen Exzessen des anderen zu bewahren. (Audrey Niffenegger: Die Frau des Zeitreisenden, S. 293)


Wie ein Bügeleisen

Der Mann erhitzt sich wie eine Glühbirne: im Handumdrehen rotglühend und dann ebenso schnell wieder kalt. Bei der Frau dagegen, und das ist reine Wissenschaft, ist es wie beim Bügeleisen, verstehen Sie? Ganz sachte, bei schwachem Feuer, wie eine gute Suppe. Aber wenn sie dann einmal erhitzt ist, dann lodert sie. Wie die Hochöfen in Vazcaya." Ich dachte über Fermins thermodynamische Theorien nach. "Das machen Sie also mit der Bernarda?" fragte ich. "Das Bügeleisen aufs Feuer stellen?" Fermin blinzelte mir zu. "Diese Frau ist ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch, mit einer Libido wie feuriges Magma und dem Herzen einer Heiligen. Um eine wahrhaftige Parallität zu etablieren: Sie erinnert mich an meine kleine Mulattin in Havanna, die eine sehr fromme Santaria-Anhängerin war. Aber da ich im Grunde ein Kavalier der alten Schule bin, nutze ich das nicht aus, und so habe ich mich mit einem züchtigen Küßchen auf die Wange begnügt. Ich hab's ja nicht eilig, wissen Sie. Gut Ding will Weile haben. Es gibt so Lümmel, die meinen, wenn sie einer Frau die Hand auf den Hintern legen und sie protestiert nicht, dann haben sie sie schon in der Tasche. Anfänger. Das Herz des Weibes ist ein ausgeklügeltes Labyrinth, welches den engstirnigen Geist des Mannes herausgefordert. Wenn Sie eine Frau wirklich besitzen wollen, müssen Sie denken wie sie und als erstes ihre Seele erobern. Der Rest, die süße, weiche Verpackung, die einem Sinn und Tugend verdirbt, kommt dann als Zugabe." (Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes, S. 163)


Ein Irrtum

Seit Jahrhunderten leben die Männer in dem Wahn - und Dichter und Romanschriftsteller nähren ihn -, daß eine Frau immer das Höchste gebe, wenn sie sich gibt. Daher die fassungslose Haltung eines Mannes von Wert, wenn er entdeckt, daß seine Frau ihn mit einem Wertlosen betrogen hat. Daher die übertrieben schauderhafte Vorstellung, die man von dem Verlauf einer Hochzeitsnacht ohne Liebe hegt. Daher die Leichtigkeit einer "Verführung". Daher der übertriebene Respekt vor den Casanovas. (Joseph Roth: Zipper und sein Vater, S. 502)


Notwendigerweise

"Mein herzinnigster Carlinhos, es ist nutzlos, daß jemand 'seine Frau' sucht. Sie wird kommen. Jeder hat 'seine Frau' und muß ihr notwendigerweise begegnen. Du bist hier, in Cruz dos Quatro Caminhos, sie ist vielleicht in Peking. Aber du, der du da mit deinen Lackschuhen an meinem Rips scheuerst, und sie, die im Tempel des Konfuzius betet, ihr geht euch beide unmerklich, unwiderstehlich, unfehlbar entgegen. (Jose Maria Eca de Queiroz: Die Maias, S. 175)


Geometrie der Liebe

"Jedes Paar braucht seine Freunde und seine Familie, wenn es gemeinsam durchs Leben kommen will. Dieses Paar hier..." Er wartete schweigend, bis er die Stimme wieder fand. "Diese beiden werden jeden brauchen, den sie haben." Während er sprach, drückte der Doktor dem jungen Paar den Besenstiel in die Hand und wies sie an, das Innere des Kreises auszufegen. Sie machten zweimal die Runde, sämtliche Stunden eines ganzen Tags. Die Borsten des geschmückten Besens riefen jeden der Anwesenden zum Zeugen auf. "Ein paar ist kein richtiges Ehepaar, wenn es ein Paar bleiben will." "Hört, hört!", rief jemand im Zirkel. "Ein Paar, das müssen weniger als zwei sein und mehr als zwei, und beides zugleich." "Ganz recht", sagte Nettie Ellen, als der Besen an ihr vorüberkam. "Eine seltsame Mathematik ist das - die nicht-euklidische Geometrie der Liebe!" (Richard Powers: Der Klang der Zeit, S. 340)


Späte Reue?

Sie muß doch Familie haben. Hat ihr Mann sich ganz von ihr zurückgezogen? Ich weiß nicht, ob das der rechte Ausdruck ist, sie sprach sehr nett von ihrem Mann. Na ja, so geht es gewöhnlich! Wie? Daß die Worte nach der Scheidung immer netter werden - wenn man anfängt, die Geschichte zu bereuen. (Knut Hamsun: Das letzte Kapitel, S. 493)


Ehegeschichte

Die Heirat wird hier von den Eltern der Beteiligten abgesprochen. Es gibt keine Liebesbriefchen, keine verstohlenen Rendevous, keine Ausritte, kein Hofieren in dämmrigen Salons, keine der unter Liebenden üblichen Streiterein und Versöhnungen, nichts von allem, was am Platze ist, wenn man der Ehe entgegengeht. Der junge Mann nimmt das Mädchen, das sein Vater für ihn auswählt, heiratet sie, und wenn sie dann entschleiert wird, sieht er sie zum erstenmal. Wenn sie ihm nach ausreichendem Kennenlernen genehm ist, behält er sie; aber wenn er an ihrer Reinheit zweifelt, jagt er sie zu ihrem Vater zurück; desgleichen, wenn er feststellt, daß sie krank ist; oder wenn sie es innerhalb einer gehörigen und angemessenen Frist versäumt, Kinder zu gebären, kehrt sie prompt in das Heim ihrer Kindheit zurück. (Mark Twain: Die Arglosen im Ausland, S. 71)


Haltung eines Mannes

Männer schmutzen, machen Unordnung, wollen schmackhaft und gesund ernährt, gelegentlich gelüftet, sinnvoll beschäftigt und sauber eingekleidet werden. Sie machen sich keine Gedanken darüber, woher das Essen auf dem Teller und das saubere, faltenfreie Hemd im Kleiderschrank kommen - und sie fühlen sich belästigt, wenn man sie dazu auffordert. (...) Ein Mann hat eine lange Lebenserwartung und will im Alter aufwendig gepflegt werden. Das Aussetzen eines Mannes an einer Autobahnraststätte steht unter Strafe und Heimplätze sind rar. Überlegen Sie also VOR der Anschaffung, ob Sie dies auf sich nehmen wollen! (Ingeborch Schubiak aka Syberia)


Wirkungen der Musik

Viele Frauen reagieren praktisch wehrlos, sobald man ein Instrument gut beherrscht. Das ist kein Klischee, ist schlicht und einfach wahr. Oft noch die unmusikalischsten unter ihnen haben eine Art eingebauten Unterwerfungsmechanismus, der auf handgemachte Klänge anspricht. Du spielst auf dem Klavier etwas, und es ist, als spielten deine Finger mit den intimsten Stellen der Zuhörerinnen, als besäßen Frauen etwas wie eine natürliche Demut vor der Magie der Pianisten. (Helmut Krausser: UC, S. 146)


Geduld, nicht Liebe

Im Familienleben ist die Hauptsache - Geduld. Hörst du, Vanja? Nicht Liebe, sondern Geduld. Die Liebe kann nicht lange dauern. Zwei Jahre hast du in Liebe verbracht, und jetzt ist dein Familienleben augenscheinlich in den Abschnitt eingetreten, da du, um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, deine ganze Geduld aufwenden mußt..." (Anton Cechov: Das Duell)


Ein Leben lang

Ein paar Gedanken zum Thema Heiraten. Heiraten ist ein Relikt aus einer Zeit, als die Menschen sich mit 15 das Jawort gaben und mit 30 starben. Also eine Verbindung, die auf den überschaubaren Zeitraum von rund 15 Jahren geschlossen wurde. Zur gleichen Zeit war übrigens auch die Sklaverei noch legal. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 87)


Handicap

Schwedische Wissenschaftler haben herausgefunden, wieviel Zeit ein Mann im Monat verliert, wenn er mit einer Frau zusammenzieht. Weil er plötzlich Sachen machen muß, die er nie machen würde, wenn er noch allein wäre. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 80)


Haare

Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, daß Frauen lange Haare haben. Ganz im Gegenteil. Aber sie gehören auf den Kopf. Nicht unter die Arme, nicht ins Waschbecken, nicht auf meine Bürste und nicht auf meine Jacke - schon gar nicht, wenn sie nicht von meiner Freundin sind. Als Gott das perfekte Verbrechen erfand, schloß er zwei Gruppen davon aus: Katzen und Frauen. Beide hinterlassen überall, und egal wie lange sie sich dort aufgehalten haben, genug Haare, um daraus einen Beweis zu stricken. Oder einen warmen Pullover in Größe 52. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 65)


Zukunftsvision

In John Updikes 1968 erschienenem Roman Ehepaare ("Couples") heißt es: "Im Jahre 1990 wird in jedem Zimmer ein Gerät stehen, und jeder kann jeden beobachten. In dem Artikel hieß es-" sie kam ins Stottern und brachte den Satz dann eilends zu Ende - "niemand könne mehr Ehebruch begehen." (...) "Mein Gott", sagte Frank, "die werden noch die Institution der Ehe unterminieren."


Autos und Frauen

"Die Richtige": Woher weiß ich, daß sie es ist? Vor allem, wenn ich doch noch gar nicht alle kenne! Wie einfach ist dagegen der Autokauf. Die Modellpalette ist bekannt, man sieht die Typen jeden Tag auf der Straße und kann sich ein Bild davon machen, wie sie beim jeweiligen Pflegestand in ein paar Jahren aussehen. Wem das nicht reicht, der ersteht eine der zahllosen Fachzeitschriften und läßt sich ausführlich beraten und informieren. Dann geht man zum Händler seines Vertrauens und macht erst mal ein paar Probefahrten mit Modellen, die man sich nie leisten können wird. Und hinterher sucht man dann sein Modell aus. Wobei man noch wählen kann, in welcher Farbe und Ausstattung und mit welchen Extras. Und wenn man scharf auf das Teil ist, daß der Nachbar hat - dann kauft man sich das gleiche. Nur jünger! Mal im Ernst: Treten da nicht jedem Mann, der auf Brautschau ist, vor Neid die Tränen in die Augen? Und dann bekommt der Autokäufer auch noch Garantie - und die erste Inspektion ist umsonst! Kein Wunder, daß so eine Beziehung zu einem Auto dann länger hält als viele Ehen! (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 61)


Ansprüche

Im Leben eines Mannes schlägt irgendwann die Natur unbarmherzig zu. Unsichtbare, hinterhältige Gene manipulieren ungeniert in ihm herum, und seine Hormone spielen sich plötzlich auf wie Teenager auf dem Fünfmeterbrett: Es ist Paarungszeit, das Männchen der Gattung Homo sapiens gelüstet es nach einer Gespielin. So war es, seit wir auf Flossen auf dem Wasser gekrochen sind und dort auf das erste Weibchen trafen - das fünf Minuten vorher aus dem Wasser gekrochen war, weil es sich noch die Haare fönen und sich ein bißchen frisch machen wollte. Damals war Mann dann auch nicht so wählerisch. Hauptsache, die Kleine hatte gutgewachsene Flossen und roch noch ein bißchen nach Fisch. Heute ist das alles ein bißchen komplizierter. Vor allem, seitdem irgend so ein schwachsinniger Softie die Parole mit den "inneren Werten" ausgegeben hat. Wahrscheinlich hatte er damit auch nur auf sich selbst angespielt, weil er zwar ganz nett, aber leider häßlich wie eine Kreuzkröte mit Akne war. Seitdem rennt jedenfalls die ganze Welt hinter "der Richtigen" her. Die toll aussieht, aber auch was in der Birne hat. Mit der man lachen, aber auch ernsthaft diskutieren kann. Die im Ballkleid genauso eine gute Figur macht wie in zerrissene Jeans. Die Manieren hat wie eine Baronesse, sich im Bett aber aufführt wie ein Söldnerflittchen. Und die vor allem ein richtig dufter Kumpel ist. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 60)


Männer sind aufmerksamer

Lassen Sie mich mal eines für alle Zeiten richtigstellen: Männer sind nicht wehleidig! Das ist eine ganz üble Behauptung von Müttern und Gattinnen, die immer nach dem Lindenblatt auf dem Panzer der männlichen Siegfrieds-Seele suchen. Männer haben einfach nur mehr Phantasie und Verantwortungsbewußtsein als Frauen. Sich bei jedem Schnupfen bis in die Symptomatik einer fiebrigen Grippe mit Lungenentzündung hineinzusteigern zeugt doch nur von der Fähigkeit, das ganze Ausmaß der potentiellen Gefahren erkennen zu können. In jedem verstauchten Knöchel einen komplizierten Splitterbruch zu vermuten zeigt nur die Sensibilität gegenüber den Risiken unserer entmenschlichten Diagnostik. Was glauben Sie denn, warum viel mehr Frauen als Männer an unerkannten Krankheiten sterben? Weil wir einfach viel aufmerksamer und kritischer sind. Deswegen sind Männer, die im medizinischen Bereich forschen, auch erfolgreicher. Die meisten richtig fiesen Krankheiten wurden von Männern entdeckt, die sicher waren, darunter zu leiden. Nennen Sie es Hysterie - wir nennen es den unbedingten Willen zum Fortschritt. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 56f.)


Mit Frauen reden

Das ist generell eines der größten Mißverständnisse zwischen Männern und Frauen. Frauen reden gerne. Männer natürlich auch - aber nicht mit Frauen! Ein Mann, der ein langes Gespräch mit einer Frau führt, hat dafür nur drei mögliche Gründe: Entweder will er einen guten Eindruck machen, oder er ist betrunken, oder er will mit ihr ins Bett. Oder alles drei. In einer WG will man aus mindestens acht der oben genannten Gründe nicht mit seiner Mitbewohnerin ins Bett. Einen guten Eindruck will man sowieso nicht mehr machen. Und so oft kann sich aus medizinischen Gründen gar nicht betrinken, um der Diskussionslust einer Frau Rechnung zu tragen. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S. 51f.)


Ein großer Irrtum

Wie alle großen Irrtümer der Geschichte, begann auch dieser Schöpfungsakt mit Zustimmung und Begeisterung. Ich muß nicht daran erinnern, daß die Indianer auch jubelten, als Kolumbus in ihr Leben trat. Und daß dieser Jubel gleichzeitig der Abgesang auf eine Hochkultur war. Und genau wie später Häuptling Rothaut stellte sich auch Häuptling Blödmann hin und sprach: "Danke, Herr. Und das mit der Rippe ist auch in Ordnung. Eine weniger, die brechen kann." Dies war dann auch die Geburtsstunde einer Fähigkeit, die den Mann fortan auszeichnete: Sich alles irgendwie schönreden zu können. (Jens Oliver Haas: 101 Gründe ohne Frauen zu leben, S.10)


Andere Interessen

"Ich gebe Ihnen teilweise recht", sagte Miriam. "Es ist eine falsche Vorstellung, die die Männer im allgemeinen hegen, daß Frauen ganz besonders dazu neigen, ihr gesamtes Wesen in das zu werfen, was fachmännisch mit Liebe bezeichnet wird. Milde ausgedrückt, haben wir sie nicht nötiger als ihr, außer wenn wir mit unserem Herzen sonst nichts Rechtes anzufangen wissen. Wenn Frauen andere Interessen im Leben haben, sind sie nicht in Gefahr, sich zu verlieben. Ich kann mir viele Frauen vorstellen, die vollauf mit Kunst, Literatur und Wissenschaften beschäftigt sind, und Unmengen, deren Herzen und Gedanken auf anspruchslosere Art beschäftigt sind - die ein hochstehendes einsames Leben führen und in Hinsicht auf euren Sexus von keinerlei Opfer wissen." (Nathaniel Hawthorne: Der Marmorfaun, S. 122)


Vorlieben

Ich spreche nicht einmal davon, daß es bei Frauen Fälle gibt, wo es ihnen sehr, sehr angenehm ist, beleidigt worden zu sein, trotz der zur Schau getragenen Entrüstung! Solche Fälle kommen bei allen vor. Der Mensch liebt es im allgemeinen sehr, wirklich sehr, beleidigt zu sein; haben Sie das noch nicht bemerkt? Bei Frauen aber ist dies noch ganz besonders der Fall. Man kann sogar so weit gehen zu sagen, daß sie sich damit gern die Zeit vertreiben. (Fedor M. Dostoevskij: Schuld und Sühne, S. 379)


Überschätzt

Zwei Bilder, deren Farben und Linien sich, übereinandergelegt, an keiner Stelle decken: Vater und Mutter. Als ich fünfzehn war, sah mich der Vater an, so!, und sagte, weißt du, das mit Mann und Frau überschätzt man. Auch die Mutter war erleichtert, als sie eine alt werdende Frau wurde. (Urs Widmer: Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr, S. 85)


Die Ehe

Die Ehe war natürlich früher einmal eine Realität. Und zwar in einem Bauernstaat, der um 1860 herum zu verschwinden begann. Heute ist die Ehe eine Art Halbwirklichkeit, keine richtige Fiktion (wie die Mitbestimmung), aber auch keine richtige Wirklichkeit (wie die Tarifverhandlungen), irgend etwas dazwischen, eine Inzenierung ritueller Erwartungen, die die Menschen prägen und ihre Handlungen lenken (ungefähr wie die Landeskirche), obwohl der Unterschied zwischen Beschwörung und Wirklichkeit ihnen doch in die Augen springen muß. (Lars Gustafsson: Das Familientreffen, S. 156)


Geringfügig

Es braucht keine große Gründe, um eine Frau zu lieben, und die Größe der Liebe hängt niemals von der Größe des Grundes ab. Manchmal genügt ein einziges Wort, das sie sagt, manchmal nur ihre Taillenlinie, die einem Mohnblumenstengel gleicht. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 29)


Eigenschaften

Die Liebe macht viel Appetit, und jedes Ding war an seinem Platz und in seiner Schublade, denn eine Frau, die sehr, sehr verliebt ist, wird auch sehr, sehr ordentlich, genau umgekehrt wie der Mann, bei dem mit der Liebe augenblicklich das große Chaos ausbricht. Und herrliche Augenbrauen hatte sie, Brauen, für die Männer, die was davon verstehen, töten würden. Es braucht nicht mehr als einen einzigen herrlichen Punkt bei einer Frau, um einen Mann bei der Stange zu halten. Wir Männer müssen wie ein Stück Vieh auf dem Fleischmarkt stehen, müssen alles herzeigen, was wir haben, außen und innen, aber eine Frau ist was anderes. Man kann die ganze Frau das ganze Leben über lieben nur wegen einer kleinen herrlichen Eigenschaft, die sie hat.- Bloß merk dir, daß Frauen das nicht wissen und man es ihnen unter keinen Umständen verraten darf. (Meir Shalev: Judiths Liebe, S. 35)


Fangnetze

Die Männer sollten niemals kokettieren, da unter 99 Weibern immer 100 Gänse sind, die ihnen zuflattern; indes weibliche Koketterie weniger schadet, da die Männer als kältere und gleichsam kosmopolitische Spitzbuben selten damit gefangen werden, wenn sie nicht gar zu jung und unflügge im Neste sitzen. (Jean Paul: Dr. Katzenbergers Badereise)


Zweierlei Ansichten

Das war eine der Eigenschaften, kam es Frank in den Sinn, die er an Männern so mochte: ihr Minimalismus in allem, was Beziehungen anging, die geschlechtsspezifische Erkenntnis, daß der Schrank des Lebens, emotional gesehen, so ziemlich leer war. Nichts von dieser nimmermüden, lästigen, glanzäugigen Hoffnung, mit der Frauen einen beschwirrten. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 257)


Sie

Was ihn an ihren hysterischen Anfällen am meisten störte, war, daß sie erwartete, wenn sie sich von ihnen erholte, habe auch er sich erholt. Trotz all ihres Feminismus beanspruchte sie für sich noch immer das feminine Recht auf sinnlose Gefühlsstürme, gefolgt vom automatischen Sonnenschein männlichen Verzeihens. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 214)


Zum Beweis

Willst du deine Geliebte in einer Stunde besser kennen lernen als in einem Monate Zusammenliebens? Sieh ihr eine Stunde lang unter Freundinnen und Feindinnen (wenn dies kein Pleonasmus ist) zu! (Jean Paul: Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz, S. 47)


Lebensersatz

Jenny hatte ein Problem. Unterwegs hätten sie beide, Tussy und sie, sich gefragt, seit wann es eigentlich diese Zwangsvorstellung von der glücklichen Einzelliebe gebe. So daß alle Leute auf dieses Phantom fixiert seien und keiner sich mehr was anderes vorstellen könne. Sie übersprangen einige Jahrhunderte, landeten in der Zeit der Ritter. Ach, sagte Jenny verächtlich. Minnesang. Sie meine etwas anderes. Sie meine, seit wann vor dem inneren Auge eines jeden Mitteleuropäers, wenn er das Wort "Glück" höre, ein Paar auftauche, das sich gegenüberstehe und zwischen denen gerade "der Blitz" einschlage. All dieser Unsinn. Die romantische Liebe als Lebensersatz. All das. (Christa Wolf: Sommerstück, S. 97)


Ausdauer

Ausdauer gibt jeder Werbung den Anstrich von Ernsthaftigkeit, jedem Verführer verleiht sie den Heiligenschein des Liebende und rührt deshalb Frauen so sehr, die es nötiger als Männer haben, durch Liebe anerkannt und erhoben zu werden. Der unvorteilhafteste Mann kann durch Ausdauer Vorteil gewinnen: den nämlich, der Frau Qualitäten zu bestätigen, an die sie ohne ihn nicht glauben könnte. (Günter de Bruyn: Babylon. Erzählungen, S. 111)


Erwarten und geben

"Der einer Frau unterstellte Mann muß ihre Anordnungen als Anmaßungen empfinden, weil sein Verhältnis zu ihr dem natürlichen entgegengesetzt ist. Von Frauen erwarten wir leider nicht in erste Linie Intellekt und gute Arbeitsleistung; daran messen wir den Wert des Mannes. Von der Frau erwarten wir vor allem Schönheit, und wenn die fehlt: daß sie versucht, sie für uns vorzutäuschen. Wir geben uns ja schließlich dafür auch Mühe, klüger und stärker zu scheinen, als wir sind." (Günter de Bruyn: Babylon. Erzählungen, S. 107)


Selbst muß man erfahren

Anderer Leute Kinder kommen einem nicht sehr real vor, bis man selber welche hat. Und Ehefrauen auch nicht, bis man selber eine ist. Und sogar dann... Exfrauen sind die schlimmsten, die Art, wie sie den Männern im Kopf bleiben. (John Updike: Der Mann, der ins Sopranfach wechselte, S. 90)


Auswahl

(: Also nichts wie Mißverschtändnisse im Leebm ! / Mann kennt sich zu weenich. Viel zu weenich. / (Und Schefer hat vielleicht doch damit Recht, wenn er emmfiehlt : sich die Gattinn nur aus dem eigenen Geburzort zu wählen ? : Nur=Die kennt ja alle Schtraßn, Menschn, Schpiel=Winkl. Schpricht dieselbe Fammilien= Schprache; glaupt dieselbm Götter (Oder, richtiger: Lockaal=Gottheitn : nur=mit=ihr ist annähernd=volle Verschtändijunk möklich!) [Arno Schmidt: Kaff auch Mare Crisium, S. 196]


Vor Frauen

Wo käme ich hin, wenn ich zugäbe, daß ich im Grunde nichts als Angst vor diesen Seelenriesinnen habe. Sie würden mich wie einen Gartenzwerg mit der Mütze voran in den Erdboden rammen. Also ziehe ich den Bauch ein und geben meiner Stimme jene Wolfstiefe, die ihnen eine Gänsehaut bereitet und mir das Federbettchen füllt. Daß ich ihnen nicht geben kann, was sie wollen, merken sie ja doch erst am nächsten Morgen. Was sollen sie auch von einem wie mir noch erwarten? Zärtlichkeit? Ein fauler Zauberlaut. Hingabe? Ein Wort wie eine Absatz im Nacken. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 120)


Einen Kuchen backen

Frauen (...) überrollen unser Ich so oft, bis es nur noch Wir sagt. Und wenn wir ihnen zu verstehen geben, daß wir uns mal wieder ein wenig nach uns selber sehnen, daß ein bißchen Einsamkeit ja nicht gleich beißt, reißen sie das Steuer rum, wir fliegen raus und wachen im Rinnstein auf mit verbeulter Krone. - Ich habe noch keine getroffen, die im Kern ihres Herzens nicht alles wollte, auch wenn das, bei Licht besehen, weniger als nichts war: Mann, Küche, Kind und Kegel. Und solange es Frauen gibt, wird keine feministische Schafsmucke daran etwas ändern. Mit ihrem ewigen Familienbetrieb machen sie aus der wildesten Orgie eine Kleinbürgerhochzeit, aus dem glühendsten Beziehungskrieg einen faulen Frieden. Man will die Verhältnisse ändern - sie ändern sich ein Abendkleid. Man will die Welt in Brand stecken - sie backen einen Kuchen. Man geht ihnen an die Gurgel - sie drehen flehend die Augen in Richtung Kind. Wenn du glaubst, du hast sie im Griff, steckst du schon in ihrer Schlinge; wenn du an ihnen klebst, bist du geleimt. Und daß sie mir immer ein Rätsel bleiben werden, finde ich nicht mal schlimm. Vertrackt finde ich nur, daß sie sich auch selbst ständig ein Rätsel sind. Wie soll man da noch eine Linie reinkriegen. Ich glaube, ihr Leben versteht sich derart von selbst, daß sie es gar nicht bemerken. Sie denken mit ihrem Duft, dichten mit den Hüften. Da kann einer wie ich nur steif herumstehen in seinem Charakterblech und sie vorüberziehen lassen wie ein Wetter. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 118f.)


Dumpfe Mutteraugen

Endlich konnten sie nur noch Mutter sein. Er las eine beängstigende Genugtuung in ihren Mienen, einen Triumph darüber, mit dem vermutlich langersehnten Baby auch den Gatten zu haben: dingfest unter Dach und Fach. Die Männer daneben wirkten widerlich friedfertig, wie um ihr Rückenmark gebracht, hilflose Angestellte ihrer eigenen Erektion, überrumpelt von einem Naturgesetz, mit dem sie in ihrer Paragraphenwelt wohl kaum mehr gerechnet hatten. Und plötzlich ohne Skrupel, an Frauen im allgemeinen zu denken (er konnte sie ja nicht besonders finden im Moment), hatte er Lust, das ganze Geschlecht zu verfluchen: diese ondulierten Gehirne, diese blöde blickenden Blumengesichter. Daß sie sich stets und unausgesprochen für etwas Besseres, womöglich Moralischeres hielten, ihr stillgebieterisches Auftreten, wo immer sie gingen, ihre Zweifellosigkeit, als wäre jeder Hüftschwung, eine Welt-Bewegung - Erbarmen! Kein einziges, qualvoll zur Sprache gebrachtes Liebesgedicht waren sie wert, diese Lockenwickler, alle Symphonien vorbeigegeigt an diesen Ohren voll Babygebrüll, alle Bilder in den Sand gemalt vor diesen dumpfen Mutteraugen. Kannst du mir, fragte er sich, ein totalitäres Regime der Vergangenheit oder Gegenwart zeigen, in dem die Frauen den Widerstand organisiert oder in die Hand genommen hätten? Charakterlos wie Wasser finden sie überall ihren Weg, Hauptsache sie haben eine Brut im Bauch. Häng ihnen einen Säugling an jede Brust, und sie finden das Leben noch lebenswert im schlimmsten Stacheldrahtverhau. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 85f)


Beziehungen

Was ist armseliger, lächerlicher, trostloser als ein Pärchen? Jedes ein kleines Kuhdorf für sich. Kaum gehen sie eine Beziehung ein, die Versprengten, gehen sie auch schon ein an der Beziehung, und du kannst zusehn, wie jeder Glanz einbüßt im Schatten des anderen. Weil sie versorgt sind und niemandem mehr gewinnen müssen, verlieren sie alles Gewinnende, inklusive Phantasie. Jeder die Vorrichtung des anderen zur reibungslosen Triebabfuhr, einhellig bis zur Unkenntlichkeit. Man hat sich so lange etwas zu sagen, bis man sich nichts mehr zu verschwigen hat, von der Schnapsflasche im Besenschrank mal abgesehen. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 66)


Beeinflussungen

Als er dann, mit vierzehn Jahren, eine erste Freundin liebte, zog ihn seine Mutter in ein bis dahin unübliches und darum verstörendes Vertrauen. Sie, die er nie anders als in wadenlangen Kleidern, hochgeschlossenen Blusen sah (er konnte sich keine Nackheit vorstellen unter ihrer Garderobe), die allen Familienmitgliedern kommentarlos befahl, sich einzuschließen im Bad, die jeden Dreck persönlich nahm und selbst das Wasser im Toiletten parfümierte, erzählte ihm nun, oft schon beim Frühstück und im verrutschten Morgenrock, von ihren intimen Unpäßlichkeiten, von Verdauungsproblemen und der Konsistenz ihres Kots, von ihren "Schmierblutungen" - ein Wort, das sie besonders gern, mit bitterem Genuß, wie ihm schien, gebrauchte -, von ihren verschiedenen Ausflußarten, den Flecken in Wäsche und Bett, vom Klarheitsgrad und Geruch ihres Urins. Zeigte er sich angewidert, redete sie um so atemloser und detailgenauer weiter, die kleinen, harten Augen weit aufgerissen. Obwohl er, seine Übelkeit unterdrückend, stets höflich zuhörte, empfand er ihre Offenbarungen doch als Schläge in den Unterleib, als einen Versuch, ihm die Freundin abzutreiben mit allen Mitteln, ihm das Weibliche, von dem sie ihn verzaubert sah, zu verekeln. (Ralf Rothmann: Messers Schneide, S. 32)


Liebe oder Schätzung

"Sie ist eine prächtige Tochter, aber sie ist es mir zu sehr. Es ängstigt mich ein bißchen. Und ist auch ungerecht gegen Instetten. Wie steht es denn eigentlich damit?" "Ja, Briest, was meinst du?" "Nun, ich meine, was ich meine, und du weißt auch was. Ist sie glücklich? Oder ist da doch irgendwas im Wege? Von Anfang an war mir's so, als ob sie ihn mehr schätze als liebe. Und das ist in meinen Augen ein schlimm Ding. Liebe hält auch nicht immer vor, aber Schätzung gewiß nicht. Eigentlich ärgern sich die Weiber, wenn sie wen schätzen müssen; erst ärgern sie sich, und dann langweilen sie sich, und zuletzt lachen sie." (Theodor Fontane, Effie Briest, S. 198)


Diagnose

Nur Frauen verstehen sich auf die Kunst, die Liebesseligkeit zu variieren: daraus entspringen ihre Koketterie, ihr Neinsagen, ihre Angst, ihre Streitsucht und die klugen, geistvollen Albernheiten, mit denen sie morgen etwas in Frage stellen, das gestern keinerlei Schwierigkeiten geboten hatte. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Kenntnisse erlangen

Das war mein voller Ernst. Wenn Sie über eine Frau wirklich Bescheid wissen wollen, so müssen Sie nicht sie selbst betrachten, denn sie kann zu schlau für Sie sein. Betrachten Sie auch nicht die Männer, von denen sie umgeben ist, denn sie können zu vernarrt in sie sein. Aber sehen Sie sich eine andere Frau an, die immer in ihrer Nähe ist, und besonders eine, die unter ihr steht. In diesem Spiegel werden Sie ihr wirkliches Gesichts erblicken, und das Gesicht, das sich in Frau Sands spiegelte, war sehr häßlich. (Gilbert Keith Chesterton: Father Brown kann nicht glauben. Detektivgeschichten, S. 122)


Damals. Und heute?

Wenn eine junge Frau mit Geld einen alten Mann heiratet wegen Geld und sonst nichts und schläft mit ihm stundenlang und guckt fromm, dann ist sie eine deutsche Mutter von Kindern und eine anständige Frau. Wenn eine junge Frau ohne Geld mit einem schläft ohne Geld, weil er glatte Haut hat und ihr gefällt, dann ist sie eine Hure und ein Schwein. (Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen, 1932)


Was Liebe bedeutet

Das einzige wirkliche Problem bestand natürlich darin, daß Verliebtheit, was immer das sein mochte, in jener Zeit ununterbrochen auf der Lauer lag und mehr darauf erpicht schien, uns in einen Hinterhalt zu locken, als der Tod. Was Liebe bedeutete, konnte ich nicht benennen. Thjum zufolge war es alles, was übrigblieb, wenn das Gelaber, mit dem die Leute hinter dem Objekt her gewesen waren, verstummte: ein ängstlich zusammengekauertes Etwas, das mit knapper Not ihren ehernen Vorstellungen entronnen war, erleichtert zum Vorschein zu kommen, um sich zu offenbaren. (Adrianus Franciscus Theodorus van der Heijden: Fallende Eltern, S. 21)


Zwei Arten der Liebe

Wenn ein Mann von Liebe spricht, dann meint er begehren, dann meint er Geschlechtsverkehr und Orgasmus. Wenn eine Frau von Liebe spricht, dann meint sie Seele und Verschmelzen, dann meint sie alt werden und reden und anfassen ohne Ende und Symbiose. Die meisten Männer und Frauen sterben enttäuscht, weil sie bis zum Ende daran festhalten, daß ihre Art der Liebe die einzig wahre ist, und das kann nur zur Katastrophe führen. (Sibylle Berg: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot, S. 67)


Die wahre Hölle

Frauen, all diese armen Frauen, die glauben, neue Sachen würden irgend etwas an ihrer Unfähigkeit, sich am Morgen für eine Anziehsache zu entscheiden, ändern. Nichts wird sich für sie ändern, niemals. Das ist die wahre Hölle, die Frauen durchleben müssen, bis sie irgendwann sterben und mit viel Glück als Mann oder Hund wiedergeboren werden. (Sibylle Berg: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot, S. 33)


Einmischung

"Es ist ganz natürlich, daß du willst, daß jemand, den du liebst, tut, was du willst oder was du gut fändest für ihn; aber du mußt alles kommen lassen, wie's kommt beim anderen. Du darfst dich bei Leuten, die du liebst, genausowenig einmischen wie bei Leuten, die du nicht einmal kennst. Und das ist schwer", fügte er hinzu, "denn oft ist dir danach zumute, dich einzumischen - du willst derjenige sein, der die Pläne macht." (John Irving: Gottes Werk und Teufels Beitrag, S. 796)


Unverheiratet

Ich habe auch nicht geheiratet. Gelegenheit dazu bot sich mir mehrfach; aber ich habe jedesmal abgelehnt. Dabei mag ich Frauen sehr. Daß ich ledig geblieben bin, ist eines der Dinge im Leben, die ich ein wenig bedaure. Vor allem im Urlaub wirkt sich das störend aus. Im Urlaub bringen die Leute unverheirateten Männern ab einem gewissen Alter ziemliches Mißtrauen entgegen: Sie vermuten bei ihnen einen starken Egoismus und wohl auch einen gewissen Hang zum Laster; ich kann ihnen nur recht geben. (Michel Houellebecq: Plattform, S. 11)


Zwischenwesen

Die Frau ist das vollkommenste Wesen unter allen Geschöpfen; zuletzt hervorgegangen aus den Händen, welche die Welten geformt haben, muß sie reiner als alles andere den göttlichen Gedanken zum Ausdruck bringen. Auch ist sie nicht wie der Mann dem Urgranit entnommen, der weicher Ton wurde unter den Fingern Gottes, nein, aus der Seite des Mannes hergeleitet, ein weicher, bildsamer Stoff, ist sie eine Uebergangsschöpfung zwischen dem Menschen und dem Engel: Daher sehen wir sie stark, wie der Mann stark ist, und von einer feinen Intelligenz durch das Gefühl, wie der Engel. (Honore de Balzac: Eugenie Grandet)


Chancen einräumen

"Ihr seid sehr gnädig, Gräfin. Darf ich Euch sagen, was ich an Euch bewundere?" "Das wird jetzt ein raffinierter Versuch, mir zu schmeicheln, nicht wahr?" Der Abbe lachte. "Es ist so erfrischend", sagte er, "sich mit jemandem wie Euch zu unterhalten. Wißt Ihr, daß Ihr wahrscheinlich die einzige Frau seid, der ich auf meinen Reisen begegnet bin, die zu mehr als eingeübter Koketterie fähig ist?" "Das bezweifle ich. Vielleicht habt Ihr den anderen Frauen nur nicht genug Zeit gegeben, damit Sie Euch zeigen konnten, wie sie wirklich sind." (Thomas Wharton: Salamander, S. 83)


Spiel mit dem Tod

Das ist es doch, was eine Frau immer will: umworben, umschmeichelt, überredet, verführt werden! Selbst wenn sie kapituliert, möchte sie sich nicht offen ergeben, sondern in einer köstlichen Gefühlsverwirrung sich sträubend, doch ohne Widerstand. Sie fällt, aber sie fällt nicht unwiderruflich. Nein, fallen und von dem Fall wieder erstehen, neugeschaffen, jungfräulich, bereit, sich von neuem bestürmen zu lassen und abermals zu fallen. Ein Spiel mit dem Tod, ein Spiel mit der Auferstehung. (J.M.Coetzee: Der Meister von Petersburg, S. 69)


Es wird alles gut

"Nach allem, was ich gelesen habe, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Es wird alles gut." "Nach allem, was du gelesen hast?" "Selbsthilfebücher. Die decken alles ab. Ich habe die meisten von vorne bis hinten gelesen." "Und du hast über das hier gelesen." "Über alles mögliche." "Du bist ja genauso schlimm wie ich." Sie fühlt ihn wieder zucken. "Bei meinen allgemeinen Leseerfahrungen bin ich unter anderem auch auf sexuelle Informationen gestoßen." "Tatsächlich?" Zucken. Er lächelt mit beiden möglichen Körperteilen. "Ja, tatsächlich, und manchmal wollte ich auch etwas über Männer lesen. Ich wollte sie gern haben, denn ab und zu kamen sie mir doch wie ein ganz nützlicher Einfall vor, gar nicht so, wie man mir immer erzählt hatte, oder wie ich sie erlebt hatte. Ich meine, natürlich geht ihnen manches daneben; jedem Menschen geht manchmal etwa daneben, das wußte ich, aber dann habe ich manchmal einen Mann beim Gehen beobachtet oder beim Schuhzubinden, oder bei was anderem, Schlangestehen im Supermarkt, und er sah so schön aus, so klar... so wie eine Frau nie aussehen kann. Ich bin eine Frau und Männer sind genaus so gemacht, wie ich nicht bin Und das ist gut so." (A. L. Kennedy: Gleissendes Glück, S. 185)


Ebenso stark

Frauen werden im allgemeinen als ruhige Wesen betrachtet; aber Frauen fühlen ebenso stark wie Männer; sie brauchen Anwendungsmöglichkeiten für ihre Begabungen und Betätigungsfelder für ihre Energien im selben Maße wie ihre Brüder. Sie leiden unter zu starker Behinderung und dem Mangel an Entwicklungsmöglichkeiten nicht weniger als Männer, und es ist engherzig, wenn die stärker bevorzugten Mitmenschen meinen, sie sollten sich auf das Puddingkochen, Strümpfestricken, Klavierspiel und Stickereien beschränken. Es ist gedankenlos, sie zu verurteilen oder sich über sie lustig zu machen, wenn sie versuchen, mehr zu lernen und mehr zu tun als das, was man aus Gewohnheit ihrem Geschlecht als nötig und gehörig zuschreibt. (Charlotte Bronte: Jane Eyre, S. 148)


Frage unter Frauen

Woran liegt es, meine Teure, daß wir, die wir ebensoviel Verstand haben wie die weisesten und größten des andern Geschlechts, oftmals die dümmsten Männer zu unsern Gefährten und Günstlingen erwählen? Es steigert meinen Ärger bis zum höchsten Grad, wenn ich an die Unzahl von verständigen Frauen denke, die sich von Dummköpfen zugrunde richten lasse. (Henry Fielding: Tom Jones, S. 715)


K(l)ein Unterschiede

Ein Fräulein steht auf dem Hof und wartet auf einen Passanten. Von ihm will sie erfahren, wie der ihr Beschiedene heißen wird. Es kommt jemand. Sie öffnet rasch die Pforte im Hoftor und fragt: - Wie heißen Sie? Zur Antwort auf ihre Frage hört sie ein Muhen und sieht durch die halbgeöffnete Pforte einen großen dunklen Kopf... Auf dem Kopf Hörner. "Das mag ja sein, - denkte das Fräulein. - Der Unterschied liegt nur im Maul." (Anton Cechov: Wahrsager und Wahrsagerinnen. Sylvesterbilder)


Partnerschaft

Intimität ist jene Situation zwischen zwei Menschen, welche es ermöglicht, alle Komponenten des persönlichen Wertes voll zur Geltung zu bringen. Dies erfordert eine Art der Beziehung, die ich als Kollaboration bezeichnen möchte, worunter ich die klar umrissene Anpassung des Verhaltens des einen Partners an die zum Ausdruck gebrachten Bedürfnisse des anderen Partners verstehe, mit dem Ziel einer immer mehr identischen, das heißt nahezu gegenseitigen Befriedigung, wobei immer ähnlichere Mittel angewandt werden, um dem anderen eine Gefühl der Sicherheit zu geben. (H.S. Sullivan)


Ehe ist Arbeit

Die erste Verliebtheit verfliegt bald. Ich sehe das an vielen jungen Paaren, die sich schnell wieder scheiden lassen, wenn die Leidenschaft nachlässt. Aber Ehe ist nicht ewige Liebe und Glück. Ehe ist Arbeit: viel reden, planen, Kompromisse machen. Ehe ist ein Job, kein Vergnügen. Das Wichtigste ist der Abstand: Eine Frau braucht Freiraum, um sich zu verwirklichen. Für mich war es das Schreiben. (Rosamunde Pilcher)


Kleidungs-Gen

Viele Frauen haben den Eindruck, dass Männer biologisch vorprogrammiert sind, sich hässliche Klamotten zu kaufen. Das ist gar nicht so abwegig. Mindestens 100.000 Jahre lang hatte Kleidung für Frauen die Funktion, Männer anzulocken, Männer dagegen schreckten mit ihrer Kleidung Feinde ab. Männer bemalten sich Gesicht und Körper, steckten sich Knochen durch die Nase, trugen einen Büffelschädel auf dem Kopf oder banden sich einen Stein an den Penis. Es würde uns nicht überraschen, wenn Wissenschaftler entdecken würden, dass Männer, vor allem heterosexuelle Männer, ein Gen für schlechte Kleidung haben. (Allan Barbara Pease: Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen)


Einspurig

Männliche Gehirne sind einspurig organisiert. Sie können sich nur auf jeweils eine Sache konzentrieren. Wenn ein Mann eine Karte öffnet, macht er das Radio aus. Wenn sie mit ihm redet, während er in einen Kreisel fährt, verpasst er die richtige Ausfahrt und gibt ihr die Schuld, weil sie geredet hat. Wenn das Telefon klingelt, bittet er alle im Raum, leise zu sein, damit er rangehen kann. Manche Männer, oft solche in höchsten Positionen, haben schon Schwierigkeiten, gleichzeitig zu gehen und Kaugummi zu kauen. (Allan Barbara Pease: Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen)


Grundlegende Angst

"Manchmal glaube ich, daß Männer Frauen gegenüber eine tiefsitzende Neurose haben", sagte Maria zu mir. "Es ist eher eine Art von Verdacht, ich würde kein Geld drauf wetten, aber ich glaube - verzeih den kindischen Charakter dieser Bemerkung-, aber dadurch, daß ich alle möglichen Bücher gelesen habe, und aufgrund von Erfahrung habe ich tatsächlich das Gefühl, Männer haben vor Frauen ein bißchen Angst. Und daß sie sich deshalb so verhalten, wie sie sich verhalten." (Philip Roth: Tatsachen. Autobiografie eines Schriftstellers, S. 227)


Altersstufen

Das Herz einer Frau von fünfundzwanzig Jahren ist so wenig noch das Herz eines achtzehnjährigen Mädchens wie das Herz einer Frau von vierzig das einer Frau von dreißig ist. Im Leben der Frauen gibt es viel Altersstufen. Jedes Alter erschafft eine neue Frau. (Honore de Balzac: Eine Evastochter)


Katgorien des Nörgelns

DAS EIN-THEMA-NÖRGELN "Kurt, wie war das mit dem Müll-Rausbringen?" Eine Pause. "Kurt, du hast gesagt, du würdest den Müll rausbringen." Wieder fünf Minuten später: "Was ist jetzt mit dem Müll, Kurt? Er steht immer noch da."
DAS MULTI-NÖRGELN "Der Rasen vor dem Haus sieht aus, als wollten wir Heu machen, Nigel, der Türgriff fällt aus der Schlafzimmertür, und das Fenster nach hinten raus klemmt immer noch. Wann willst du eigentlich mal den Fernseher richtig einstellen und... so weiter und so fort."
DAS ICH-WILL-NUR-DEIN-BESTES-NÖRGELN "Hast du heute schon deine Tabletten genommen, Karl? Und lass die Pizza stehen - das ist schlecht für deine Cholesterinwerte und dein Gewicht..."
DAS BEI-ANDERN-LÄUFT-ES-BESSER-NÖRGELN "Also, Moira sagt, dass Shane ihren Grill schon sauber hat und dass sie morgen eine Party geben. Bei deinem Tempo ist der Sommer vorbei, bis du so weit bist."
DAS IM-VORAUS-NÖRGELN "Also, ich hoffe, dass du dich heute mit dem Trinken zurückhältst, Dale. Wir wollen nicht wieder so ein Fiasko erleben wie letztes Jahr." (Allan Barbara Pease: Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen)


Wortkarg zur Scheidung

Der Deutsche Ernst Horst sprach im Durchschnitt dreieinhalb Wörter pro Tag zu seiner Frau Susanne. Beim Scheidungstermin gab sie zu, daß sie sich nie gestritten hätten, aber, so fuhr sie fort, wie hätten sie es auch tun sollen, da er nie gesprochen habe? Sie protokollierte seine Äußerungen, von denen die längste lautete: "Die Kaffee schmeckt wie Spülwasser". Als sie ihm die Scheidung vorschlug, antwortete er: "Einverstanden". (Karl Shaw: Die schrägsten Vögel der Welt. Lexikon der Exzentriker, S. 414)


Die Spannung erhalten

Schon immer ist bei Frauen Disziplin Kälte, Selbstachtung Berechnung genannt worden - von den Männern, die in derlei Bereichen den Ton angeben und im Grunde ihres weiten Herzens überzeugt sind, daß die Gesetze der Monogamie nur für die Frauen gelten. Wir, Mann von Gottes Gnaden, erotisch erfahren und auch zu wärmendem Seelischen fähig, tun hiermit kund und zu wissen, daß unser Programm vorsieht, das Fräulein zur Buhlerin, zur morganatischen Gattin, zur Frau linker Hand, zum Kebsweib, zur Nebenfrau auf Zeit, zur Geliebten zu machen, womit, wenn nicht Frigidität vorliegt, gemeinsamen Bettfreuden nichts im Wege steht! Und die Mädchen, die nicht als unmodern, zickig, verkorkst gelten wollen, richten sich danach, gehorchen nicht ihrer weiblichen Klugheit, die ihnen (um Steigerung möglich zu machen) befiehlt, nicht als Anfang vorwegzunehmen, was Höhepunkt zu sein hat, machen es dem Mann zu leicht, verlangen ihm nichts ab, stellen ihn nicht in Frage, legen sich gehorsam hin, lassen sich Majestät in den Schoß fallen, um nicht zu enttäuschen, und enttäuschen dadurch erst recht, weil sie sich billig machen, sich selbst zur preisgeminderten Ware degradieren. (Günter de Bruyn: Buridans Esel, S. 144f.)


Memoiren zweier Jungvermählter

Täglich auf dieselbe Weise geliebt zu werden, und dennoch ganz anders, nach zehn Jahren des Glücks noch genauso geliebt zu werden wie am ersten Tag! Eine solche Liebe bedarf der Jahre: man muß sich geraume Zeit haben begehren lassen, muß manche Neugier erweckt und gestillt, viele Sympathien erweckt und erwidert haben. Gibt es denn Gesetze für die Schöpfungen des Herzens wie für die in der Natur sichtbaren Schöpfungen? Gibt es eine Heiterkeit, die Bestand hat? In welchem Verhältnis soll die Liebe ihr Tränen und ihre Freuden mischen? (Honore de Balzac: Memoiren zweier Jungvermählter, S. 347)


Die Nebenbuhler

Wie immer bewirkte die Anwesenheit eines kleinen Publikums, insbesondere einer Frau, daß die redenden Männer sogleich in ein Konkurrenzverhältnis traten, dies scheint, so widerlich es ist, fast ein Gesetz, selbst enge Freunde spüren, wie die Gegenwart einer Frau sie gleichsam nebenbuhlerisch einfärbt und die Sache, um die es geht, zwar nicht vergessen läßt, sie aber zum an sich beliebigen Prüfstein für Sachverstand und Redegewandtheit macht, zum Anlaß, Leuchtkraft zu zeigen. (Markus Werner: Bis bald) ^


Entwicklungen

"Im übrigen erkennt man den Zustand einer Beziehung auch daran, was für Worte die an der Beziehung beteiligten benutzen: Wenn sie zu spät zu einer Party kommen, sagen frische Pärchen am Anfang noch leicht verschämt: "Wir sind nicht aus dem Bett gekommen" und kichern dabei ein wenig. Später folgt dann "Wir hatten Sex" und dann küssen sie sich sofort danach. So in der Mitte folgt ein trockenes "Gefickt", während der eine schon auf der Suche nach der Bar ist. Am Ende kommen sie pünktlich, trinken viel und gehen als letzte." (© Don Dahlmann)  ^


Liebesgeschichten

Seitdem Sie von Ihrer Frau hintergangen worden sind, kommen Sie sich noch bräver und rechtschaffener vor als vorher. Ich mache Sie auf diese Eigenliebe ergebenst und gehorsamst aufmerksam. Ihrer Frau kamen Sie zu tugendhaft vor, als daß sie sich nicht hätte bewogen fühlen müssen, der Summe Ihrer vorzüglichen Eigenschaften entgegenzuarbeiten; denn das Zurschaugestelltsein der Tugend an einem Mann, als sei seine Tugend ein Gemälde und er die Wand, woran das Bild befestigt ist, hat für seine Frau etwas Revoltierendes. Ihre bis ins Unabsehbare ausgedehnte Solidität, mein Herr, gab Ihrer Frau Anlaß, Ihnen notorisch untreu zu werden. Sie sagten mit Ihrem hochgeschätzten Gesichtsausdruck in einem fort zu Ihrer Frau: "Paß auf dich auf; sieh dich vor usw." Sie besitzen einen von Selbstgefälligkeit zusammengefalzten Mund, wie ihn ein mir bekannter erfolgsloser Dichter aufweist, dessen Bedeutung sich darin deklariert, daß er bei sehr viel Begeisterung wenig Begabung und bei sehr viel gutem Willen wenig Glück hat. (Robert Walser: Liebesgeschichten) ^


[Nach oben]  [Startseite]  [Bücherlei]