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Bibliomane Hesse-Notate
- Auch finde ich mich im Vielerlei der Bücherwelt
leichter zurecht als im Wirrwarr des Lebens und bin
im Finden und Festhalten schöner alter Bücher besonnener
und glücklicher gewesen als in meinen Versuchen, anderer
Menschen Schicksale freundlich mit dem meinigen zu
verknüpfen. (Der Novalis)
- Es gibt uns jeder Dichter um so mehr, je vollkommener
er seinen Typ ausspricht. (Betrachtungen
und Berichte II)
- Das Büchermachen ist ein hübsches Spiel, und man kann
sich dabei unter Umständen verbluten.
- Auch heute noch gehört das Lesen zu den Waffen, mit
denen ich die Bedrücktheit eines finsteren Regentages
bekämpfe. (Betrachtungen und Berichte II, S. 124)
- Der durch die saftlose und entartete Sprache moderner
Durchschnittsdichtung verdorbene Vielleser wird kaum den
Weg zu diesen frühlingshaft frischen Dichtungen finden.
(Die Welt im Buch I, S. 432)
- ... das hindernislose Rennen des Gewohnheitslesers... (Die Welt im Buch I, S. 444)
- Ferner verstand man unter "Klassikern" eine bestimmte Zahl
von Dichtern, die zwar zum Teil von niemand mehr gelesen
werden, wohl aber schulfähig sind und aus unbekannten
Gründen Heiligenscheine tragen, während andre es mit allen
Verdienst zu dieser Ehre nicht bringen konnten. (Die Welt
im Buch I, , S. 101)
- ... bei A. Langen in München erschienen. Eine Novität ist es
freilich nicht, aber Sie sind ja nicht der Narr, bei schönen
Büchern nach dem Datum zu fragen. (Die Welt im Buch I,
S. 316)
- Und das Bücherschenken ist uns heute wirklich leicht
gemacht. Man kann gute Sachen für Pfennige haben.
Freunde von mir haben die hübsche Gewohnheit (die ich auch
manchmal übe), auf Reisen und an Orten, wo sie zu Gast
weilen, ihre Reiselektüre, soweit sie aus wohlfeilen Bändchen
besteht, einfach liegen zu lassen. (Die Welt im Buch I,
S. 327)
- Bekanntlich ist jeder Autor eines erfolgreichen Buches ein
Genie, jedoch nur bis zur Grenze der hundersten Auflage. Ist
diese überschritten, so sinkt das Genie in der Meinung der
Kritik zum Trottel herab. (Die Welt im Buch I, S. 348)
- Novalis ist eben nicht zum Nippen und Zeitvertreiben, er macht
Ansprüche an die geistige Kultur seiner Leser, und wie es
scheint, hat man das bei uns noch immer nicht gerne,
wenigstens nicht bei den Dichtern. (Die Welt im Buch I,
S. 246)
- Den neuesten
Roman des neuesten Modeautors nicht zu kennen, halten
viele für eine Schande, während sie zeitlebens die "alten
Schmöker" Schmöker sein lassen und nicht einmal ahnen, wie
viel vom Neuesten und Beliebtesten nichts als ein eilig
aufgewärmtes und für neu serviertes Altes ist.
- Daß Frenssen und Beyerlin zehnmal mehr Auflagen haben als
Keller und Mörike, steht wieder auf einem anderen Blatt. Das
große Publikum will seine Bücher nicht suchen, es nimmt lieber
das Neue, das ihm von selber ins Haus kommt, und schätzt
ein Buch desto eher, je mehr es dasselbe als zeitgenössisch
empfindet. (Die Welt im Buch I, S. 104)
- Diesmal ist's eine Pflichtreise, die ich antrete, ich habe
versprochen, einige Vorlesungen zu halten. Natürlich nur in
anständigen, leidlich hübschen Gegenden südlich der
Mainlinie, denn niemand kann mir zumuten, lediglich der
Literatur willen Reisen zu tun in Landstriche, wo kein Wein
mehr wächst. (Betrachtungen und Berichte I, S. 487)
- Wenn die Verleger-Reklamen recht hätten, wären ja
Shakespeare, Jean Paul, Gottfried Keller neben der Mehrzahl
heutiger Autoren nur arme Waisenknaben. (Hermann Hesse:
Die Welt im Buch I. Rezensionen und Aufsätze aus den
Jahren 1900-1910, S. 161)
- Ein Handwerker, der mit Material und Werkzeug schlampig
umgeht, macht nichts Gutes, und ein Dichter, der seine
Sprache nicht pflegt und bis ins Kleinste sauber hält, muß
gewärtigen, daß man ihn für einen Macher ansieht.
(Hermann Hesse: Die Welt im Buch I. Rezensionen und
Aufsätze aus den Jahren 1900-1910, S. 182)
- Ich muß aufhören, das Leben ist zu kurz
für solche Gespräche. Ich werde bei Ihnen
stets den kürzern ziehen, denn es ist nach
meiner Erfahrung weit leichter, eine Dichtung
kritisch zu analysieren als sie zu schreiben.
(Hermann Hesse: Stufen des Lebens. Briefe,
S. 81)
- Meine Bücher führen den Leser, wenn er
willig ist, bis dahin, wo er hinter den Idealen
und Moralen unserer Zeit das Chaos sieht.
Wollte ich weiter "führen", so müßte ich lügen.
Die Ahnung der Erlösung, der Möglichkeit des
Chaos neu zu ordnen, kann heute keine "Lehre"
sein, sie vollzieht sich im unaussprechbaren
innersten Erleben Einzelner. (Hermann Hesse:
Stufen des Lebens. Briefe, S. 28)
- Ich bin immer etwas mutlos, wenn ich sehe, daß
das, wovon ich glaube, daß es deutlich in meinen
Büchern steht, von den Lesern nicht gesehen wird.
-
Ist nicht vor allem der ein Dichter, dem es
gelingt, uns das lieben zu lehren, was ihm
selbst lieb ist? (1904)
-
Das Volk liest anders als der Gebildete, es hungert
nicht nach Stil und psychologischen Finessen, sondern
vor allem nach einem fesselnden Geschehen, es sucht
zunächst stoffliche Befriedigung. (1905)
-
Wir wollen uns eingestehen, daß trotz allen Glanzes
und aller Anpreisungen unsre Zeit wie jede andre weit
mehr Hinfälliges als Bleibendes schafft, daß bei
Büchern wie auch sonst der Vorzug der Neuheit oft
ein bedenklicher ist und daß es kurz gesagt unendlich
viel mehr alte Werke gibt, die unsere Hingabe
verdienen und unsre Lesemühe lohnen, als neue.
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"Dichter sind meistens Leute, die nichts erleben.
Ich kann dir sagen, mir sind im Leben schon tausend
Sachen passiert, die man hätte aufschreiben sollen.
Immer dachte ich, warum erlebt nicht einmal ein
Dichter so was, damit es nicht untergeht. Ihr macht
immer einen Mordslärm um Selbstverständlichkeiten,
jeder Dreck reicht für eine ganze Novelle--"
(Hermann Hesse: Liebe)
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Wenn es Sitte wäre, über ein neues Buch erst zwei
Monate nach der Lektüre zu schreiben, wieviel würde
schon in dem bißchen Zeit untergesunken und
vergessen sein.
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Die Dichtung schafft einen magischen Raum, in dem
das sonst Unvereinbare vereinbar, das sonst
Unmögliche wirklich wird.
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Das Amt des Dichters ist nicht das Zeigen der Wege,
sondern vor allem das Wecken der Sehnsucht.
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Der Verleger muss 'mit der Zeit gehen', wie man sagt.
Er muss aber nicht einfach die Moden der Zeit übernehmen,
sondern auch, wo sie unwürdig sind, ihnen Widerstand
leisten können. Im Anpassen und im kritischen
Widerstehen vollzieht sich die Funktion, das Ein- und
Ausatmen des guten Verlegers.
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Beim Schreiben kommt man sich immer wie ein
kleiner Herrgott vor und nacher ists eben
Schulbubenarbeit gewesen.
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Neutralität beim Kritiker ist beinah immer verdächtig
und ein Mangel ... an Leidenschaft im geistigen
Erleben. Der Kritiker sollte seine Leidenschaft, falls er
eine hat, nicht verbergen, sondern gerade zeigen. Er
sollte nicht so tun, als sei er ein Messapparat oder
ein Kulturministerium, sondern soll zu seiner eigenen
Person stehen.
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Es ist hübsch über Bücher zu schreiben, und je und
je tue ich es sogar heute noch, obwohl ich längst
weiß, daß es nichts nützt« (Neue Rundschau, 1925)
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Die Dichter, wenn sie Romane schreiben, pflegen so
zu tun, als seien sie Gott und könnten irgendeine
Menschengeschichte ganz und gar überblicken.
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Und ein Buch, das man zweimal mit Genuß gelesen
hat, muß man unbedingt auch kaufen, selbst wenn
es nicht billig sein sollte.
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Der einzelne Leser ist meistens wortärmer, aber
viel gescheiter als jene öffentliche Meinung, die
von einer Schicht substanzloser Intellektualität
gebildet wird und zum Glück nicht so mächtig ist,
wie sie zu sein glaubt.
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In der Stunde, da unsere Phantasie und
Asssoziationsfähigkeit auf voller Höhe ist, lesen
wir ja überhaupt nicht mehr, was vor uns auf dem
Papier steht, sondern schwimmen im Strom der
Anregungen und Einfälle, die uns aus dem
Gelesenem zukommen.
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Alles Geschriebene erlischt in kurzer oder langer
Zeit. Alle Schriften und aller Schriften Erlöschen
liest der Weltgeist und lacht. Für uns ist es gut,
einige von ihnen gelesen zu haben und ihren Sinn
zu ahnen. Der Sinn, der sich aller Schrift entzieht
und ihr heimlich dennoch innewohnt, ist immer
derselbe.
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Ein Gedicht zu lesen ist von allen literarischen
Genüssen der höchste und reinste. Nur der reinen
Lyrik ist gelegentlich jene Vollkommenheit möglich,
nur sie erreicht jene ganz von Leben und Gefühl
durchdrungene ideale Form, welche sonst Geheimnis
der Musik ist.
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So ist es bei allen Dichterwerken - man verliert
sich an sie wie an eine Naturgewalt, wie an einen
Sturm, auf den man horcht, und wie an das Meer,
auf dem man seinen Blick verirren läßt. Und erst
viel später, beim zweiten und dritten Wiederlesen,
freut sich der ruhiger gewordenen Sinn am
Entdecken des Künstlerischen, am Einzelnen wie an
der Organisation des Ganzen, und geht mit immer
neuen Freuden den unzähligen großen und kleinen
Schönheiten nach.
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Wer sich einem Autor, einem Lehrer, einer Lehre
blind und gerne hingibt und unterwirft, wer den
Helden einer Dichtung nachahmt, statt sich von
ihm auf dem eigenen Weg bestärken zu lassen, der
wäre auch ohne Buch und Autor kein Eigener und
Eigensinniger geworden. Und wenn die Leute schon
die Sehnsucht nach Gleichschaltung haben, dann
ist es ja doch noch besser, wenn sie Lehren der
Gewaltlosigkeit annehmen, als das Gegenteil.
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Das ist der Unterschied zwischen Kunst und
Feuerwerk, daß uns von den Gebilden wahrer
Kunst ein Niederschlag bleibt, der sich mit
Erlebtem, Eigenstem, mit tiefsten
Kindheitserinnerungen und persönlichsten
Lieblingsträumen zu mischen und neue Farben
in unser Seelenleben zu bringen vermag, auch
noch lange, nachdem wir die Dichtung gelesen
und vielleicht die Namen der Bücher und den des
Dichters wieder vergessen haben.
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Echte Dichtung wird immer wieder ihre Leser
finden, soweit sie menschliche Grundwahrheiten
und Zustände zum Inhalt hat.
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Warum soll man sich nicht mit Büchern
unterhalten? Sie sind oft ebenso klug wie
Menschen und oft ebenso spaßhaft, und sie
drängen sich weniger auf.
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Man kann ja viel lesen, und ein beiseits lebender
Bücherfreund verzehrt die Bücher und Meinungen
wie der Gesellschaftsmensch die Menschen - man
wundert sich oft, wieviel davon man vertragen
kann. Aber dann muß man einmal wieder alles
wegwerfen und eine Weile durch den Wald laufen,
dem Wetter und den Blumen, den Nebeln und Winden
nachspüren und in sich den stillen Punkt
wiederfinden, von wo aus die Welt zur Einheit
wird.
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Von jedem Buch, das wir lesen, wird unser
innerer Kompaß abgelenkt; jeder fremde Geist
zeigt uns, von wieviel anderen Punkten aus man
die Welt betrachten kann.
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Ein wahrhaft guter Leser ist viel mehr als
hundertausend oberflächliche. Daher sind auch
die Unternehmungen, Siege und Gründungen der
Dikatatoren, Eroberer etc. so wenig haltbar,
die alle nur der Quantität gelten und mit
Hilfe der Quantität gemacht werden.
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Nicht zwei von tausend Büchern vermögen das
Gefühl zu erwecken, nicht einen Autor, sondern
die Dinge selbst reden zu hören.
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Wer keinen Sinn für Verse hat, wird gewiß auch
beim Lesen guter Prosa die feinsten Werte und
Reize sprachlicher Schönheit übersehen.
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Je mehr mit der Zeit gewisse Unterhaltungs-
und gewisse volkstümliche Belehrungsbedürfnisse
durch andere Erfindungen befriedigt werden können,
desto mehr wird das Buch an Würde und Autorität
zurückgewinnen. Wir haben heute den Punkt noch
nicht ganz erreicht, wo die jungen
Konkurrenzerfindungen wie Radio, Film usw. dem
gedruckten Buch gerade jenen Teil seiner
Funktionen abnehmen, um den es nicht schade
ist.
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Das Destillieren der Klassiker hat das lesende
Volk besorgt, nicht die Wissenschaft, und auf
vielen Gebieten ist diese hinter dem Volk noch
um viele Schritte Wegs zurück.
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Was den Grund und Urwert jeder Dichtung angeht,
nämlich ihre sprachliche Potenz, so ist da das
"Volk" in seinem Urteil eher sicherer und
unbeirrbarer als die Leute mit den
philologischen und ästhetischen Analysen und
Urteilsbegründungen. Und namentlich bei
negativen, absprechenden Urteilen empfinde ich
die vom "Volk" her kommenden tiefer und
schmerzlicher als die der Intellektuellen.
-
Man stößt immer wieder auf den Einwand, Sachen
von großen Dichtern gehören nicht vor die
"Vielzuvielen", wie Perle nicht vor die Säue.
Aber das ist Geschwätz. Die etwaige Gefahr der
Wirkung einer guten Dichtung auf Naive ist
zumindest nicht halb so groß als die der
Zeitung, die jeder in die Hand bekommt, ja
als die der Bibel.
-
Ein altes Buch ist immer tröstlich, das redet
so aus der Ferne her, man kann zuhören oder
nicht, und wenn plötzlich mächtige Worte
aufblitzen, so nimmt man sie nicht wie aus
einem Buch von heute, nicht von einem so oder
so genannten Herrn Verfasser, sondern wie aus
erster Hand, wie einen Möwenschrei und einen
Sonnenstrahl.
-
Unter leidlich gesunden Menschen, denen der
Zweifel an sich selber fremd ist, wird der
Leidenschaftliche am Dichter die
Leidenschaftlichkeit, der Gescheite die
Gescheitheit, der Gütige die Güte lieben;
unter schlechter balancierten Lesern wird sehr
häufig das Gegenteil eintreten, daß der stark
Geistige nach naiver Sinnlichkeit, der
Unbeherrschte nach beherrschter Kühle hungert.
-
Die Zahl der Leser, welche für dichterische
Eigenschaften eines Buches empfänglich sind
und einen gut geschriebenen Satz von einem
klischeehaften zu unterscheiden wissen, ist
klein.
-
Die Bücher sind nicht dazu da, unselbständige
Menschen noch unselbständiger zu machen, und
sie sind noch weniger dazu da, lebensunfähigen
Menschen ein wohlfeiles Trug- und Ersatzleben
zu liefern. Im Gegenteil, Bücher haben nur
einen Wert, wenn sie zum Leben führen und dem
Leben dienen und nützen, und jede Lesestunde
ist vergeudet, aus der nicht ein Funke von
Kraft, eine Ahnung von Verjüngung, ein Haus
von neuer Frische sich für den Leser ergibt.
- Wer sich in der unsterblichen
Welt der Bücher etwas heimisch gemacht hat,
der wird bald nicht nur zum Inhalt der Bü
cher, sondern zum Buch selbst in ein neues
Verhältnis treten.
-
Denn die Feinde der guten Bücher und des
guten Geschmacks überhaupt sind nicht die
Bücherverächter oder Analphabeten, sondern
die Vielleser.
-
Für den Wert, den ein Buch für mich haben
kann, kommt seine Berühmtheit und Beliebtheit
so gut wie gar nicht in Betracht.
-
Es gibt Leser, welche zeitlebens mit einem
Dutzend Bücher auskommen und dennoch echte
Leser sind. Und es gibt andre, die alles
geschluckt haben und über alles mitzureden
wissen, und doch war all ihre Mühe
vergebens.
-
Von den vielen Welten, die der Mensch nicht
von der Natur geschenkt bekam, sondern sich
aus dem eigenen Geist erschaffen hat, ist
die Welt der Bücher die größte.
-
Es gibt keine Liste von Büchern, die man
unbedingt gelesen haben müßte und ohne welche
kein Heil und keine Bildung ist! Aber es gibt
für jeden einzelnen eine beträchtliche Zahl
von Büchern, in welchen gerade er, dieser
Eine, Befriedigung und Genuß erleben kann.
-
Bücher sind wie Menschen: Sie wollen verstanden,
bewertet und vor allen Dingen geliebt werden.
- Bewährte Lebensregel: Gelesene Bücher einzutragen.
- Es ist mit dem Lesen wie mit jedem anderen Genusse:
er wird stets desto tiefer und nachhaltiger sein,
je inniger und liebevollerwir uns ihm hingeben. Man
muß seine Bücher wie Freunde und Lieblinge behandeln,
jedes in seiner Eigenart schätzen und nichts von ihm
verlangen, was dieser Eigenart fremd ist.
- Das in Büchern niedergelegte Denken und Wesen der
Autoren aller Zeiten ist nichts Totes, sondern eine
lebendige, durchaus organische Welt.
-
Liebe Bücher, deren Sprache uns besonders zart und
sympathisch anmutet, sollte man je und je laut lesen.
-
Lesen ohne Liebe, Wissen ohne Ehrfurcht, Bildung
ohne Herz ist eine der schlimmsten Sünden gegen
den Geist.
-
Man macht sich gelegentlich über die jetzige
Überproduktion an Büchern in unserem kleinen
Lande lustig. Aber wenn ich noch etwas jünger und
noch bei Kräften wäre, würde ich heute nichts
anderes tun, als Bücher herausgeben und verlegen.
-
Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne
Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und
Bilder die Wände bedecken.
-
Ein Buch lesen, heißt für den guten Leser: eines
fremden Menschen Wesen und Denkart kennen zu
lernen, ihn zu verstehen suchen, ihn womöglich
zum Freund zu gewinnen.
-
Manche Bauersfrau, die nur die Bibel besitzt
und kennt, hat aus ihr mehr herausgelesen und
mehr Wissen, Trost und Freude geschöpft, als
irgendein verwöhnter Reicher je aus seiner
kostbaren Bibliothek holen kann.
-
Man darf ruhig die vielen Lehrbücher, Überblicke
und Philosophiegeschichten ungelesen lassen, jedes
Werk eines originalen Denkers gibt uns mehr, denn
es nötigt zum Selberdenken und erzieht und
steigert unser Bewußtsein.
-
Den neuesten Roman des neuesten Modeautors
nicht zu kennen, halten viele für eine Schande,
während sie zeitlebens die "alten Schmöker"
Schmöker sein lassen und nicht einmal ahnen,
wieviel vom Neuesten und Beliebtesten nichts
als ein eilig aufgewärmtes und für neu
serviertes Altes ist.
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Ich weiß, wenn ich mich in ein schönes Buch
verliere, so tue ich Besseres, Klügeres,
Wertvolleres als alle Minister und Könige
dieser Welt seit Jahren getan haben. Ich baue,
wo sie zerstören - ich sammle, wo sie
zerstreuen - ich lebe Gott, wo sie ihn
leugnen oder kreuzigen.
-
Nach meiner Erfahrung gibt es für Ferienzeiten
gar keinen schöneren Vorsatz als den, keine
Zeile zu lesen und nachher nichts Hübscheres,
als bei guter Gelegenheit dem guten Vorsatze
mit einem wirklich schönen Buch untreu zu
werden.
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